Is' ja SAGENhaft! Norddeutsche Sagen voll verulkt

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Is' ja SAGENhaft! Norddeutsche Sagen voll verulkt
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Lars Kramer

illustriert von Rudi Kohls


Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2014

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet

über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Copyright (2014) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

Für

Anna, unsere kleine Zahnfee.

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Widmung

Prolog

Ein Reptil mit Stil

(Der Lindwurm bei Kirchweye)

Wie Erlkönig auf Speed

(Der wilde Jäger in Rügen)

Auch Große haben Kleine

(Hünensteine bei Ganderkesee)

Gift – Wenn die Alte weg muss –

(Der Giftmischer Blentermann)

Ganz in Gneis

(Die Sage von der Visbeker Braut)

Knüppel upp’n Kopp

(Der dankbare Zwerg)

Erst klaut die Magd, dann rauscht die Linde

(Die Gertrudenlinde)

Als der Däne mit dem Holm

(Der Dänholm bei Stralsund)

Die eingeweckte Olle

(Die Ururalte)

Tischlein, leck mich!

(Der Tisch der Unterirdischen)

Epilog

Biographien

Schmökertipps


Prolog

Märchen, Sagen und Legenden,

von Hans Wurst bis Rübezahl,

starten meist, bevor sie enden,

mit dem Satz: „Es war einmal …“

Dieser hohlen Eingangsphrase,

die noch für Romantik steht,

folgt alsbald die Fabelphase,

wo’s ans Eingemachte geht.

Und so kommt, was unvermutet,

nach harmonischem Beginn,

ist der Erste ausgeblutet

und verbuddelt bis zum Kinn.

Erst wird feengleich geheuchelt,

dass man sich geborgen fühlt,

dann sogleich der Held gemeuchelt,

bis er schließlich abgekühlt.

Schnell wird klar, dass manch ein Märchen

scheinbar nur den Zweck erfüllt,

dass vor Schreck uns jedes Härchen

gänzlich mit ’nem Pelz umhüllt.

Hexen, Geister und Dämonen,

trügerischer Elbenwald,

in dem manche Wesen wohnen,

die von fieser Grundgestalt.

Die Motive solch’ Geschichten

liegen somit auf der Hand:

Auf CS-Gas zu verzichten,

ist echt blöd im Märchenland!

Auch das Schöne ist oft hässlich.

Ja, das ist des Pudels Kern.

Nichts im Leben ist verlässlich.

Haltet Euch von Wölfen fern!

Demzufolge ist ’ne Fabel

nicht nur reines Showprogramm,

sondern immer auch Parabel

für so manches Unschuldslamm.

Zeitportrait aus Brauch und Sitte,

Aberglaube und Moral,

abgemischt noch mit der Bitte:

Überliefern peroral!“

So erhalten sich die Mythen,

und wir werden uns stringent

vor dem Bösen immer hüten,

dann gibt’s auch ein Happy End.

In den Sessel nun gekuschelt,

falls Ihr dort nicht längst schon hockt,

diese Zeilen leis’genuschelt,

bis die Logik ausgeknockt!

Los geht’s auf den nächsten Seiten,

auf ins deutsche Sagenland,

in die sagenhaften Weiten

bis zum Sagenweltenrand!

Also, hurtig umgeblättert,

nur noch rasch ’nen Tee gebrüht!

In den Märchenwald gebrettert,

bis Rapunzels Schlüpfer glüht!

Viel Spaß

beim Schmökern!

1.
Ein Reptil mit Stil
(Der Lindwurm bei Kirchweye)

Vor zwei Jahrhundert’ oder dreie,

vermutlich ist’s noch länger her,

da machte jedem bei Kirchweyhe

ein Lindwurm echt das Leben schwer.

Der fiese Echsenpyromane,

der zündelte wie’s ihm gefiel.

Er grillte Menschen wie Fasane

und latschte im Godzilla-Stil.

Er schwärzte Häuser, ganze Orte,

den Rest davon, den trat er platt.

Nicht schwer für eine Dino-Sorte,

die so ’ne Stiefelgröße hat.

Allmählich war’n die braven Leute

vom „Dauerfeuer“ voll frustriert,

weil Schwund der halben Siedlermeute

den Grundstückswert echt reduziert.


Drum wurd’ ein Ritter angeheuert,

damit sich’s wieder besser wohnt.

Ein Dutzend ward zuvor „gefeuert“,

doch blöderweise schon entlohnt.

Man hatte nun zwar reichlich „Kohle“,

doch war buchstäblich „abgebrannt“,

weil Drachendrecksacks Schlund und Sohle

versauten Haus und Hof und Land.

Doch was sich ließ an Geld behüten,

das schmissen alle in ‘nen Topf,

um Ritters Dienste zu vergüten,

zu spalten den Reptilienkopf.

Und unser Held mit Namen Weyhe,

der sandte noch ein Stoßgebet:

„Dort, wo den Drachen ich entzweie,

für Gott ein Kirchlein bald entsteht!“

Nachdem vollendet war der Spruche,

da schnappte er sich rasch sein Schwert

und hastete zum Allerbruche,

weil wohl der Lindwurm dort verkehrt.

Und unser Held sollt’ Recht behalten.

Er fand ihn vor, er roch Benzin,

denn feiste Drachenklauen krallten

sich um ‘nen Eimer Kerosin.

Der eitle TNT-Rex-Dandy,

der gurgelte grad ein Gemisch

aus Spiritus versetzt mit Brandy.

So riecht sein Atem wieder frisch.

So kriegt der Drachenrachen Zunder.

Der Schuppenpanzer glänzt wie neu.

Es brennt der ganze Menschenplunder

erst ordentlich mit dem Gebräu.

Und wie die Echse so am Schwelgen

von Feuersbrunst und Flammenmord

bemerkt sie, wie des Ritters Felgen

sich schleichend nähern, steuerbord.

Sofort wird’s Maul weit aufgerissen,

die Augen tödlich angeschlitzt.

Grad hat der Held sich vollgeschissen,

schon wird er gnadenlos geblitzt.

Und gleich darauf die Schwanzattacke.

Der Lindwurm packt den Lindwurm aus:

„Mich deucht, dies Würmlein hat ’ne Macke,

drum steht der Sinn mir nach zu haus’.“

„Doch kann ich mich kaum blicken lassen,

 

besudelt, wie ich hier so steh’.

Der Pöbel wird mich sicher hassen.

Ojemine, ojemine!“

„Nun gut. So sei es. Ich geh’ rüber.

Verflixt! Verdammich! Echt zu dumm!

Mein Beinkleid, das ist eh hinüber,

so bring ich halt den Drachen um.“

Er zückt den Speer. Er greift zum Degen,

bestärkt ob des Gedankenspiels.

Und ohne groß zu überlegen,

pflückt er die Rübe des Reptils.

Und da Recycling seine Masche,

und er die Tat beweisen muss,

macht er sich eine Kroko-Tasche

aus Lindwurmhaut mit Reißverschluss.

Dann kommt er an, der Held der Stunde,

genießt den Jubel, den Applaus.

Sein Name ist in aller Munde

und die Geschichte hiermit aus.

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