Duffy – Superstar: Western

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Duffy – Superstar: Western
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Glenn Stirling

UUID: 791dd5a8-28d4-40df-a0c6-bdecdae8c987

Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (http://write.streetlib.com) erstellt.

Inhaltsverzeichnis

  Duffy – Superstar: Western

  Copyright

  1

  2

  3

  4

  5

  6

  7

  8

Duffy – Superstar: Western

von Glenn Stirling

Der Umfang dieses Buchs entspricht 111 Taschenbuchseiten.

Richter Curley verhängt übers Duffys Freunde nach einer gewaltigen Schlägerei eine drakonische Strafe. Um die zu bezahlen, soll ein Boxkampf gegen den „stärksten Mann der Welt“ gewonnen werden. Aber gegen diesen Mann kann man nicht gewinnen, es sei denn, man hat eine gute Idee.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author /COVER FIRUZ ASKIN

© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de

Folge auf Twitter

https://twitter.com/BekkerAlfred

Zum Blog des Verlags geht es hier

https://cassiopeia.press

Alles rund um Belletristik!

Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe!

1

Harpertown war eine schöne Stadt … gewesen. Als Duffy nach einem scharfen Ritt auf seinem knochigen Braunen in Harpertown eintraf, glich die Stadt einem Trümmerfeld. Eigentlich gab es nur ein einziges Gebäude, das unversehrt schien, und das war das Office von Sheriff Moreno und das dahinterliegende stabil gebaute Gefängnis.

Die vierzig Häuser, die längs der Straße standen, sahen erheblich mitgenommen aus. Manche waren sicherlich nicht mehr bewohnbar. Aber überall wurde gewerkelt, schlugen die Leute Bretter in die Löcher, die da merkwürdigerweise in den Wänden klafften. Neue Fenster wurden eingesetzt, und da und dort musste auch ein Dach repariert werden.

Allmählich begann Duffy zu ahnen, warum ihm Sheriff Moreno den Kurierreiter geschickt hatte. Das alles hier sah verdammt nach Gommy aus.

Sheriff Moreno saß in seinem Schaukelstuhl vor dem Office, hatte eine lange Havanna im Mund, der Hut war von ihm in die Stirn geschoben, und so schaukelte er im Schatten des Vordaches, während seine Augen finster über die Straße blickten.

Als Duffy von seinem braunen Wallach herunterstieg, begann sich die düstere Miene des Sheriffs ein wenig zu entspannen.

Duffy lockerte den Sattelgurt, warf einen prüfenden Blick auf seinen alten Freund Moreno, der ein kräftiger, muskulöser Bursche war und dem man seine mexikanische Herkunft deutlich ansah. Aber er galt hier unten im heißen Süden als einer der härtesten Sheriffs überhaupt.

„Augenblick, Sergio, ich muss erst Mr. President versorgen.“

„Nennst du diesen verdammten Kleiderständer etwa Mr. President? Das ist ja schon eine Beleidigung unseres Präsidenten.“

„Er ist ein Pferdepräsident“, erklärte Duffy gelassen und nahm jetzt den Sattel völlig herunter, führte seinen knochigen und weiß Gott nicht hübschen Wallach zur Tränke und ließ ihn saufen.

Einen richtigen Schweif besaß Mr. President nicht, im Gegenteil sah sein Schwanz wie ein abgekehrter uralter Besen aus. Zwischen den Ohren besaß Mr. President eine kahle Stelle. Die rührte von einem Kugelwechsel mit Indianern her, ein Streifschuss hatte ihm da einen schönen Scheitel gezogen. Da kam an Haaren nichts mehr nach. Glotzaugen und eine Rammsnase besaß er ebenfalls, und seine Hinterhand ähnelte verteufelt der einer Kuh. Vorn hatte er so etwas wie O-Beine, und trotzdem war Duffy der Meinung, Mr. President sei ungefähr das beste Pferd der Welt. Und tatsächlich zeigte sich nach dem harten Ritt von Lilac City bis hier herüber kein einziger feuchter Fleck am Bauch des Wallachs.

Das musste eigentlich auch Sheriff Moreno feststellen, der für solche Dinge ein Auge besaß. Aber er schwieg. Er wartete ab, bis Duffy endlich mit seinem Pferd fertig war und es in den Corral neben dem Office gelassen hatte.

Als Duffy dann vor Moreno trat und einen kurzen Blick in die Runde warf, fragte er nur: „Gommy?“

Moreno nickte.

„Und Tornado-Tuck, wo ist der?“ Der Sheriff deutete mit dem Daumen über die Schulter nach hinten. In dieser Richtung befand sich das Gefängnis.

„Donnerwetter! Und wo steckt Gommy jetzt?“, erkundigte sich Duffy

Sheriff Moreno sah den langen, dürren Duffy an wie ein Fabelwesen. „Warum fragst du mich nicht einfach irgend etwas Leichteres?“

„Das heißt also, er ist abgehauen.“

„Langsam, langsam“, beschwichtigte ihn Moreno. „Meine Männer sind ihm auf der Spur. Irgendwann wird er sich mal schlafen legen.“

„Wollen die ihn einfach abknallen?“, wollte Duffy wissen.

Moreno schüttelte den Kopf. „Wir sind Tierliebhaber. Einen wild gewordenen Elefanten einfach abzuschießen ist ja nicht fair, verstehst du? Wir haben eine andere Masche, warte nur, wir werden ihn dir bringen. Aber vorher möchte ich dir etwas zeigen.“ Moreno stemmte sich aus seinem Schaukelstuhl hoch, ließ seine Zigarre vom linken Mundwinkel in den rechten wandern und schaute Duffy grimmig an. „Du kannst dir denken, was.“

Duffy dachte, dass ihm Moreno Tornado-Tuck zeigen wollte. Vielleicht sah der aus, als wäre eine Herde Büffel über ihn hinweggetrampelt. Aber das war es nicht. Moreno deutete auf die Häuser. „Ich werde sie dir alle zeigen, und zwar der Reihe nach, wie es passiert ist. Fangen wir mit dem Saloon an, er ist gleich da drüben. Und wie du erkennen kannst, wird er gerade abgerissen. Der Wiederaufbau lohnt nicht.“

„Verdammt, willst du nicht endlich sagen, wie es angefangen hat?“

„Immer mit der Ruhe“, wurde Duffy von Moreno beschwichtigt. „Im Übrigen hast du hoffentlich genug Geld mitgebracht, wenn du sie haben willst. Die Kaution wird höher sein als jemals zuvor. Wir haben einen neuen Richter in der Stadt, den wirst du noch kennenlernen.“

„Einen neuen Richter? Ist Richter Mills nicht mehr da?“, fragte Duffy besorgt. Mit Mills hatte er immer noch reden können, aber wer weiß, wie dieser Neue sein würde.

„Er heißt Curley“, erklärte ihm Moreno, während sie über die Straße auf den ehemaligen Saloon zugingen. Davon standen nicht einmal mehr die Grundmauern. Was aus Holz gewesen war, lag zersplittert um dieses Fundament herum. Für den nächsten Winter brauchte sich hier niemand um Heizmaterial zu sorgen, denn mehr war im Großen und Ganzen von dem Saloon nicht übriggeblieben. Vier Männer beschäftigten sich in unermüdlichem Fleiß damit, diese Trümmer abzuräumen.

Ein großer Dicker war der Saloonbesitzer. Er war ein aufgeschwemmter Bursche mit einer Glatze, die er jetzt gerade zeigte, als er sich den Schweiß davon wischte, bevor er den Hut wieder aufstülpte.

Moreno flüsterte Duffy ins Ohr: „Ich werde ihnen nicht sagen, dass Gommy und Tornado-Tuck deine Freunde sind. Sie würden dich aufspießen. Was glaubst du, was hier für eine Stimmung herrscht? Aber ich erzähle es dir so wie einem Fremden. Übrigens hatte ich vor dir noch mit einem Burschen von der Zeitung gerechnet. Ich habe ihm extra einen Kurier geschickt, dass er kommen soll. So eine Sache wie die hier muss ja schließlich in irgend etwas festgehalten werden. Ich habe da an eine Zeitung gedacht, was meinst du?“

„Gute Idee. Was zahlt er uns dafür? Ich meine, Gommy und Tornado-Tuck, die müssen doch etwas dafür bekommen, wenn man ihre Story abdruckt.“

„Ich weiß nicht, ich hatte eigentlich daran gedacht, dass ich etwas bekomme“, meinte Moreno. „Aber gut“, er blickte wieder auf den Trümmerhaufen, „hier waren sie also drin. Vierzehn Männer tranken friedlich ihren Whisky oder machten ihr Kartenspiel, als dieses tollwütige Nashorn und der verrückt gewordene Elefantenbulle in den Saloon kamen. Am Anfang war es ja noch ganz ruhig. Gommy stellte sich an die Tränke, und du weißt ja, wie er ist. Nach dem fünfzehnten Glas Bier tat er einen Rülpser und begann sich zu langweilen. Aber um diese Zeit hatte Tornado-Tuck an dem Spieltisch, an den er sich gesetzt hatte, schon alles Bargeld verloren, sein Pferd verspielt, das er im Mietstall untergebracht hatte, und war gerade dabei, seinen Revolver einzusetzen. In diesem Augenblick kam also Gommy vorbei, der mal draußen ein menschliches Bedürfnis verrichten musste. Und so im Vorbeigehen sieht er doch, dass einer von den Männern angeblich falsch spielt. Er hat es jedenfalls behauptet, niemand kann sagen, ob es stimmt, denn danach etwas nachzuprüfen, war unmöglich. Er schreit also, dass da einer falsch spielt.“

 

„Dann wird es wohl so gewesen sein“, meinte Duffy.

Moreno zuckte die Schultern. „Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber du kannst dir ja vorstellen, was dann passiert ist. Es gibt die widersprüchlichsten Aussagen. Tatsache ist, dass es dann zu einer Keilerei kam. Wie gesagt, die zwei gegen mehr als ein Dutzend. Aber wie Gommy gebaut ist, hat er nicht sehr lange gebraucht, und Tornado-Tuck scheint auch kräftig zugelangt zu haben. Danach kam die halbe Stadt angelaufen.“

„Und wo warst du?“, fragte Duffy.

„Zu diesem Zeitpunkt noch etwa drei Meilen von der Stadt entfernt. Ich kenne die ganze Geschichte deshalb nur vom Hörensagen. Pass auf, wie es weitergeht.“

„Ich kann es mir denken“, meinte Duffy.

„Die Keilerei ging also durch die ganze Stadt. Als zwei Dutzend Verletzte am Boden lagen, waren deine Freunde dabei, auch noch die Nachbarhäuser zu Kleinholz zu verarbeiten. Es begann aber damit, dass sie vor der aufgebrachten Menge in so ein Haus flüchteten, und dass dann welche von uns eindrangen, und so nahm die Geschichte ihren Verlauf. Das ging also bis zum Mietstall, und dann wollten die los. Sie hatten ihre Pferde und waren drauf und dran, die Fliege zu machen. Da bin ich gekommen.“

„Hast du auch ein paar abgekriegt?“, fragte Duffy grinsend.

Der Sheriff lüftete seinen Hut, und Duffy konnte eine stolze Beule erkennen, die da gewachsen war wie ein Zuckerhut.

„Prächtig! Und wie sieht Gommy aus?“

„Es ist nicht Gommy gewesen, es war Tornado-Tuck mit einem Zaunpfosten. Aber danach habe ich ihn mit einem soliden Stück Brennholz von den Füßen gefegt und auf meine Weise gefasst.“

„Auf deine Weise, was heißt das?“

„Wir waren schließlich zu sechst, und dann kamen noch vier von uns mit einem Schrank, aus dem sie die Türen gerissen hatten. Den Schrank haben wir dann ganz einfach von hinten über Tornado-Tuck gestülpt und uns dann mit zehn Mann daraufgesetzt. Er konnte nicht heraus. Hinten in der Rückwand des Schrankes, die ja zuoberst lag, war ein Astloch. Ich habe eine Handvoll Pfeffer in dieses Astloch geworfen, und das hat ihm den Rest gegeben. Wie einen wild gewordenen Stier haben wir ihn dann an drei Lassos gefesselt ins Gefängnis gebracht.“

„Und Gommy?“

„Er hat noch ein paar Häuser abgerissen, dann ist es ihm gelungen, einen Gaul zu erwischen, und mit dem ist er auf und davon.“

„Jetzt wollt ihr ihm auch noch Pferdediebstahl anhängen, was? Aber ihr habt doch sein Pferd.“

„Der Richter fällt das Urteil, nicht ich. Und er bestimmt auch die Höhe der Kaution. Du musst ganz einfach Richter Curley einmal erleben. Also, wie gesagt, meine Männer sind hinter Gommy her.“ Er zog seine dicke Taschenuhr aus der Weste, ließ den Deckel aufspringen und blickte aufs Zifferblatt. „Wenn mich nicht alles täuscht, werden sie in etwa zwei Stunden da sein. Du kannst in Ruhe irgendwo etwas essen … Wenn du etwas bekommst. Im anderen Fall könntest du bei mir ein paar Happen zu dir nehmen.“

„Ist das Restaurant auch abgerissen?“

„Nicht ganz so schlimm wie der Saloon, aber unglücklicherweise ist Gommy dort in die Küche geraten. Er hat den großen Herd umgeworfen und das gesamte Porzellangeschirr zerschlagen. Es hat einen höllischen Lärm gegeben, denn zu diesem Zeitpunkt bin ich gerade in die Stadt gekommen. Na ja, vorläufig haben die keine Gefäße, um ihr Essen irgendwem zu servieren. Jetzt verstehst du ungefähr, wie die Kaution ausfallen wird.“

„Und wo wohnt dieser Richter?“ Duffy sah sich suchend nach allen Seiten um.

„Das letzte Haus dort hinten. Es ist so gut wie nicht beschädigt. Durch eine der Scheiben ist geschossen worden, aber von unseren eigenen Leuten. Und die Frauen des Richters haben natürlich eine fürchterliche Angst gehabt.“

„Hast du Frauen gesagt?“, fragte Duffy verblüfft.

„Er hat zwei“, erklärte ihm Moreno. „Mit keiner ist er verheiratet, und er liebt sie beide. Seine Frauen finden das gut, sie lieben sich zu dritt. Aber mach dir keine falschen Hoffnungen, solche menschlichen Regungen besitzt Richter Curley nur bei sich selber. Aber die Leute hier finden, dass er ein guter Richter ist. Wir sind alle unheimlich zufrieden mit ihm. So, Duffy, ich glaube, du müsstest schon eine wirklich gute Goldgrube gefunden haben, wenn du das hier alles bezahlen willst, was deine Freunde angerichtet haben.“

Duffy machte sich da auch ziemliche Gedanken. Eine Lösung des Problems hatte er bis jetzt noch nicht gefunden.

Moreno gab ihm dazu einen Tipp. Grinsend sagte er: „Weißt du was? Wir beide sind alte Freunde. Du hast mir mal aus der Patsche geholfen. Wenn du mir jetzt erklärst, dass du nie einen Menschen gekannt hast, der Gommy heißt und auch mit keinem befreundet bist mit Namen Tornado-Tuck, dann würde ich dir auf der Stelle glauben und dir empfehlen, weiterzureiten in eine schöne Zukunft. Deine beiden Freunde nämlich – wenn du behauptest, dass sie noch deine Freunde sind – können dich unheimlich teuer zu stehen kommen. Es sei denn, du befolgst meinen Rat. Aber dann musst du sehen, dass du innerhalb der nächsten halben Stunde verschwindest. Wenn sie Gommy bringen und der dich sieht und dir womöglich etwas zuruft, dass die anderen glauben, er sei dein Freund, ist es um dich geschehen. Dann musst du entweder zahlen, bis du schwarz wirst, oder ich muss noch dein Leben schützen.“

Duffy war nicht ganz so pessimistisch wie Moreno. Aber Sergio Moreno war nun einmal sein alter Freund, und er wollte ihm, nach alldem, was der hinter sich hatte, nicht noch mehr Ungemach bereiten.

„Ich setze mich zu dir ins Office, esse ein paar Happen, und dann sehen wir weiter. Übrigens bin ich überzeugt, dass er die Kaution so hoch nicht veranschlagt.“

„Und wieso nicht?“, fragte Moreno. „Du hast doch kein schlechtes Gedächtnis. Dir ist doch ungefähr bekannt, wie das mit Gommy ist, wenn ihr ihn einsperrt. Oder wollt ihr ihn verhungern lassen?“

Der Sheriff schob sich den Hut auf die Seite und kratzte sich am Kopf. „O Hölle, daran habe ich nicht gedacht. Aber lass nur, wir füttern den schon durch. Am liebsten wäre mir natürlich, du bezahlst die Kaution, dann ist er weg, bis eine Verhandlung anberaumt wird. Aber der neue Richter hat komische Manieren, könnte sein, dass er gar keine Kaution verlangt, sondern die Verhandlung sofort ansetzt. Wenn ich ihm sage, dass Gommy so viel frisst wie sieben ausgewachsene Männer, könnte er sich dazu bereit erklären, was meinst du jetzt?“

„Und was denkst du, was dabei herauskommt?“

Moreno lachte. „Da müsstest du einmal eine Sitzung von Richter Curley erlebt haben. Und solange du den nicht kennst, will ich dir den Spaß nicht nehmen. Bleib ganz einfach da, und du wirst aus dem Staunen nicht herauskommen.“

2

Das Pferd, auf dem Gommy aus Harpertown geritten war, taugte für einen normalen Reiter, nicht für ein Schwergewicht, wie Gommy es war. Und deshalb war der Schecke schon todmüde, als Gommy gerade ein paar Meilen aus der Stadt heraus war. Und natürlich ritten sie hinter ihm her. Aber zu diesem Zeitpunkt herrschte Nacht, die Sicht war trotz des Halbmondes miserabel. Nebeldünste standen über der Prärie. Gommy versuchte zu entkommen.

Der Schecke tat sein Bestes, aber er war eben nur ein normales Pferd und nicht so ein Koloss wie das Tier, auf dem Gommy sonst ritt.

Als es durch ein sanftes Tal ging, brach der Schecke fast zusammen. Gommy hatte gar keine andere Wahl, und ein Pferdeschinder war er nicht. Also saß er ab, nahm das Pferd beim Zügel und verkrümelte sich im Gebüsch.

Die Verfolger kamen wenig später vorbeigejagt. Auf dem Geröll fanden sie keine Spuren, und so konnte Gommy genüsslich zusehen, wie sie keine Steinwurfweite von ihm entfernt vorbeigaloppierten.

Das Geräusch der Verfolger entfernte sich, der Schecke legte sich in der Hoffnung, dass dieses Spiel nun aus und vorbei sei, einfach hin, und Gommy blickte kopfschüttelnd auf das ermüdete Pferd. Was sollte er denn sagen? Er hatte eine Stadt in Trümmer gelegt und fühlte sich kein bisschen müde, jedenfalls nahm er das in diesem Augenblick an.

Aber während er so herumstand, da dachte er, dass man ebenso gut die Zeit, bis der Schecke sich erholt hatte, im Sitzen zubringen konnte. Und als er dann eine Weile später saß, hungrig wie ein Bär und nichts zu essen weit und breit, da sagte er sich, dass Schlafen ihm vielleicht über den Hunger hinweghelfen könnte. So legte er sich hin und schlief; der Schecke schlief auch.

Die wilde, verwegene Jagd, die da vorhin an ihm vorbeigebraust war, setzte sich aus aufgebrachten Bürgern der Stadt zusammen, die den tollwütigen Elefantenbullen endlich fassen wollten.

Mit Verspätung von einer halben Stunde aber kam ein zweites Aufgebot unter der Führung von Deputy Sheriff John Pommer.

Der kleine drahtige und vollbärtige Mann führte sieben von Moreno vereidigte Männer auf Gommys Spur. Die Gewähr dafür, dass sie wirklich auf Gommys Spur ritten, verschaffte ihnen die Promenadenmischungs-Hündin Pretty. Pretty sah ein bisschen wie ein Schäferhund aus, ein bisschen wie ein Jagdhund, ein bisschen wie ein Schnauzer, und sie hatte wohl auch den Verstand von all diesen Rassen. Auf alle Fälle verlor sie die Spur nicht. Und so dauerte es gar nicht lange, dass die acht Männer ohne jede Hast in die Nähe von Gommys Lager kamen.

Das Verhalten von Pretty zeigte ihnen an, wie nahe sie Gommy waren. Also ließ Pommer anhalten, stieg von seinem Pferd, wobei man so richtig sehen konnte, wie klein er war. Und dann pirschte er sich mit seiner Hündin in Gommys Nähe. Wie ein gewaltiger Hügel lag der schlafende Elefantenbulle neben seinem ebenso schlafenden Pferd. Für das Pferd empfand Pommer Mitleid, für Gommy nicht.

Er schlich wieder zurück zu seinen Männern, und dann ging alles wie verabredet. Von einem Packpferd wurde etwas gelöst, ausgebreitet, und es stellte sich heraus, dass es sich um ein riesiges Fischnetz handelte. Mit diesem Netz ging man im Frühsommer auf Fischfang. Der Swaney River befand sich ja nicht weit von Harpertown. Mit diesem Netz also pirschten sich alle acht Männer, von denen jeder ein Ende davon in der Hand hielt, zu Gommy heran, und in dem Augenblick wurde endlich der Schecke wach. Er schnaubte, aber bei Gommy hätte es eines Böllerschusses bedurft, um ihn zu wecken.

Ängstlich, als hätten sie es mit einem feuerspeienden Drachen zu tun, hielten die Männer den schlafenden Gommy im Auge. Und auf ein Zeichen von John Pommer wurde dann das Netz übergeworfen, was Gommy nun doch aus dem Schlaf scheuchte.

Gommy warf sich herum, und das war genau der entscheidende Fehler. Denn jetzt wickelte er sich bei dieser Bewegung schon einmal in das Netz wie ein zappelnder Fisch, ein etwas großer Fisch, muss man schon sagen, so eine Art Walfisch.

Als er dann aber gar auf die Beine kommen wollte, wo die Männer an allen Seiten an diesem Netz herumzerrten und zogen, da strauchelte er, fiel wieder hin, rollte herum und hatte nun verteufelt Ähnlichkeit mit einer Krautroulade. Aber es kam noch besser, denn natürlich fuchtelte Gommy wütend mit den Armen herum. Und die Männer an den Seiten sorgten dafür, dass dieses Netz immer locker genug war, damit er es nicht womöglich zerfetzte.

Es war ein sehr gut gemachtes Netz. Dennoch gelang es Gommy, es an einigen Stellen zu zerreißen. Aber da wurde wieder ein Teil des Netzes übergeworfen, und schließlich gelang es dann John Pommer in einem tollkühnen Einsatz, sich auf dieses, einer riesengroßen Raupe ähnelnde Gebilde zu werfen und die Schlinge eines Lassos blitzschnell über Gommys Kopf, der natürlich auch vom Netz umwickelt war, zu streifen. Ein Ruck, und die Schlinge spannte sich um Gommys Hals.

Das andere Ende des Lassos hatte John Pommer sinnigerweise mit dem Sattel seines Pferdes verbunden, und das Pferd ließ er jetzt ein wenig anziehen.

 

Gommy ging die Luft nicht gleich aus, aber doch nach einer Weile so weit, dass seine Bewegungen immer lahmer wurden.

Nun machten sich die sieben Männer von Pommer an die Arbeit. Sie brauchten alle ihre Lassos und noch ein paar weitere dazu, um Gommy einzuwickeln, dass der schließlich aussah wie eine Raupe, die sich eingesponnen hat, um ein Schmetterling zu werden.

Nun wurde der gute Gommy, dieses Gebirge von einem Menschen, nicht etwa zum Schmetterling. Sie hatten für ihn in einer anderen Weise vorgesorgt.

John Pommer gab den Befehl, auf eine naheliegende Farm zu reiten und einen Wagen zu besorgen. Der Mann, der diesen Auftrag ausführte, vergoss fast Tränen, weil er jetzt nicht mehr mitansehen konnte, wie der gewaltige Gommy, der so gut wie ganz Harpertown zerstört hatte, jetzt hilflos wie ein Wickelbaby am Boden lag und schnaufte, dass es sich anhörte wie eine abfahrende Lokomotive.

Später dann kam der Wagen, und sie hatten alle acht zu tun, um den eingewickelten Gommy auf diesen Wagen zu wälzen. Oben dann banden sie ihn fest, als hätten sie einen echten Elefanten gefangen. Und die Fahrt ging los.

Nun, wo Gommy sich nicht wehren konnte, da verkniff es sich keiner von den hasserfüllten Männern, ihm ab und zu mit der Stiefelspitze in den Allerwertesten oder so im Vorbeireiten einmal in den Bauch zu treten. Gommy quittierte das mit einem drohenden Knurren. Im Augenblick machte er wirklich den Eindruck eines gefangenen Grizzlys.

Und so kam dann der Triumphzug in die Stadt. Die Männer des ersten Aufgebotes waren inzwischen längst zurückgekehrt und kochten vor Wut, als sie nun sahen, dass es acht Männern gelungen war, mit Hilfe einer Hündin Gommy aufzuspüren und einzufangen.

Da es nun mittlerweile Tag geworden war, ja, eigentlich schon auf Mittag zuging, beschlossen die Bürger, den Einzug von Gommy als ein besonderes Fest zu feiern. Und das erlebte auch Duffy mit. Er sah dem Treiben zusammen mit Sheriff Moreno von dessen Veranda aus zu.

Zunächst einmal wurde der Wagen mit dem gefesselten Gommy wieder umdirigiert und musste die Stadt verlassen. Denn in Harpertown war man noch nicht soweit.

Das Klavier hatte im Saloon Gommys Bombenangriff heil überstanden. Es klang zwar ein wenig verstimmt, aber den Pianisten, der einen Kopfverband trug, focht das nicht an. Das Klavier wurde mitten auf die Straße gestellt, und der Pianist begann den Triumphmarsch von Verdi zu spielen.

Es gab noch ein paar musikbesessene Menschen in Harpertown. Der eine besaß eine Fiedel, der andere eine Trompete, und schließlich gab es noch den Leiter der vereinigten Feuerwehr, und der hatte eine Pauke. Manche der Instrumente waren seit Jahr und Tag nicht mehr benutzt worden, und die Spieler selbst hatten wohl nicht mehr die Übung wie früher, falls sie die jemals besessen haben sollten. Auf alle Fälle aber ist es ein Zeichen von guter Gesinnung, wenn man Musik macht. Also machten die Musiker von Harpertown mitten auf der Straße Musik. Der mit der Fiedel kannte wohl die Melodie von Verdis Triumphmarsch und spielte sie einigermaßen mit. Der mit der Trompete hatte diesen Marsch im Leben noch nicht gehört und war der Meinung, dass die Melodie von „Glory, Glory“ zum Einzug Gommys viel besser passte, also spielte er das. Der mit der Pauke schien es von allen am leichtesten zu haben, aber unglücklicherweise orientierte er sich beim Taktschlagen an dem Trompeter.

Die Musik war auf alle Fälle unheimlich laut, und das kam bei der jubelnden Menge am meisten an, zumal wegen des Lärms, den die Menschen machten, die Musik sowieso kaum zu verstehen war. Und außerdem quietschte der Wagen, auf dem Gommy lag, denn der bedeutete für diesen alten Karren eine ganz schöne Last.

Schüsse wurden abgefeuert, natürlich in die Luft, Kinder quietschten vor Vergnügen, nachdem sie in der letzten Nacht Todesängste ausgestanden hatten. Frauen kreischten hasserfüllt in Gommys Richtung, und dazwischen die Katzenmusik, das Böllern der Revolver und Gewehre, und endlich der wilde Aufschrei von Gommy, als ihm ein Lausejunge mit einer Steinschleuder einen Kiesel direkt auf die Nase gefeuert hatte.

Mitten in diese Zeremonie platzte schließlich, vom anderen Ende der Stadt kommend, Richter Curley.

Er hatte ein Gesicht wie gehackte Nüsse, eine Nase wie ein Bierrettich und einen Körper wie ein Fass, das auf zwei Stempeln stand.

„Das ist der Richter“, sagte Moreno und machte eine leichte Kopfbewegung in Richtung des etwa fünfzigjährigen Mannes, der da mitten auf der Straße kam, gefolgt von einem Buckligen, der einen Kneifer auf der Nase trug und ein schweres Buch unter dem Arm mit sich herumschleppte.

„Wer ist der, der da hinter ihm her kriecht?“, wollte Duffy wissen.

„Das ist der Gerichtsschreiber, ohne den läuft bei Richter Curley gar nichts“, erklärte Moreno. „Du wirst gleich etwas erleben, pass mal auf.“

Der Wagen hielt jetzt etwa in Höhe des Office. Gommy war so festgebunden worden, dass er Duffy den Rücken zuwandte.

Eigentlich tat er Duffy leid. Aber die beiden hatten sich das alles selber eingebrockt, und so richtiges Mitleid konnte Duffy beim besten Willen nicht empfinden. Im Gegenteil, eher so etwas wie Schadenfreude. Das Problem war nur, die beiden wieder aus der Geschichte herauszupauken. Was Moreno anging, konnte sich Duffy auf den alten Freund schon etwas Hoffnung machen. Aber die anderen hier in der Stadt, die schäumten vor Wut, die wollten Gommy und Tornado-Tuck am liebsten zum Frühstück verzehren.

Duffy hatte beschlossen, sich Zeit zu lassen mit allem. Immerhin konnte er nicht gegen die ganze Stadt angehen. Nicht so einfach, denn jetzt waren sie entschlossen, aufzupassen. Und sie wollten ihr Schauspiel haben.

Der neue Richter gefiel Duffy gar nicht. Das schien ein eisenharter Bursche zu sein. Einer von denen, die besonders gerne Exempel statuieren.

Endlich hatte die blödsinnige Musik aufgehört zu spielen, und alles schaute gebannt auf Moreno. Der wiederum blickte zu Richter Curley hin, und nun flogen die Köpfe herum, alles sah Curley an.

Der Richter mit dem zerhackten Gesicht blickte starren Auges auf den gefesselten Gommy, der, in seinem Netz eingewickelt, nicht die mindeste Chance hatte, sich zu rühren. Außerdem war er noch mit unzähligen Lassos am Wagen festgebunden.

Moreno schob sich jetzt von seinem Schaukelstuhl hoch, und Duffy raunte ihm zu: „Was hast du jetzt vor?“

„Sieh es dir ganz einfach an, dann weißt du Bescheid“, knautschte Moreno zwischen den Lippen hervor, dann stampfte er auf die Straße.

Er baute sich neben dem Wagen auf, und viel hätte nicht gefehlt, und er wäre hinaufgestiegen und hätte ein Bein auf Gommy gestellt wie auf einen gefangenen Tiger.

„So“, rief der Richter mit einer Stimme, die so klang, als hätte einer auf einen Amboss geschlagen, „jetzt packt den verdammten Kerl ins Gefängnis!“

Moreno kratzte sich am Kinn, so einfach war das nicht, denn wenn sie Gommy erst loswickeln würden, musste ja unweigerlich das Ganze von vorn anfangen, was sie letzte Nacht mit ihm erlebt hatten. Am besten war, überlegte sich Moreno, zehn, zwölf Männer packten den Gefesselten und schleppten ihn mitsamt dem Netz ins Jail und machten ihn dort los.

Und so geschah es auch; zwölf Mann waren nötig. Sie hatten sich kurze Handhölzer gemacht, so etwa einen dreiviertel Meter lang. Die schoben sie unter Gommy hindurch, auf jeder Seite packte einer an, sechs hatten sie davon. Und jetzt trugen sie Gommy tatsächlich wie einen Walfisch vom Wagen herunter über die Straße und direkt durchs Office ins Jail. Ein Glück, dass die Türen des Gebäudes breit genug waren.

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?