Mit Erfolg promovieren in den Life Sciences

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Mit Erfolg promovieren in den Life Sciences
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Dieter Brockmann

Michael Kühl

Mit Erfolg promovieren

in den Life Sciences

Ein Leitfaden für

Doktoranden, Betreuer und Universitäten


Inhaltsverzeichnis

  Vorwort

  1 Was ist eine Promotion? 1.1 Die heutige Bedeutung der Promotion in den Lebenswissenschaften 1.2 Der Begriff Promotion und seine ­geschichtliche Entwicklung 1.3 Dissertation, Disputation und Rigorosum 1.4 Promotionsregeln und Promotionsordnung 1.5 Der Inhalt der Promotion im Wandel der Zeit 1.6 Akademische Grade in den Lebenswissenschaften heute

  Weiterführende Literatur

  2 Rechtlicher Rahmen der Promotion 2.1 Das Promotionsrecht 2.2 Beteiligte universitäre Gremien und ­Personen 2.3 Zulassung zur Promotion 2.4 Abgabe und Begutachtung der Arbeit 2.5 Besondere Regelungen

  Weiterführende Literatur

  3 Die Entwicklung der ­modernen Promotion 3.1 Einzelpromotion versus Promotionsprogramme 3.2 Charakteristika strukturierter Promotionsprogramme an Universitäten 3.2.1 Transparente Selektionskriterien 3.2.2 Fachliches Mentoring: Die Betreuung des Doktoranden 3.2.3 Soziales Mentoring 3.2.4 Mobilitätsprogramme 3.2.5 Internationalisierung, Networking 3.2.6 Konfliktmanagement 3.2.7 Transparente Notengebung 3.2.8 Qualitätsmanagement in Promotionsprogrammen 3.3 Promotionsprogramme in Deutschland 3.4 Fast-Track-Programme 3.4.1 Promotion unmittelbar nach einem Bachelorstudium 3.4.2 Master/PhD-Programme

  Weiterführende Literatur

  4 Optimale Promotions­bedingungen 4.1 Wissenschaftliche Faktoren 4.1.1 Das Promotionsthema 4.1.2 Die Reputation des Erstbetreuers, der Arbeitsgruppe bzw. des Instituts 4.1.3 Die Qualität des Promotionsprogramms 4.2 Praktische Faktoren 4.2.1 Finanzierung, Laufzeit und Dotierung der ­Promotionsstelle 4.2.2 Struktur und Verantwortlichkeiten in der Arbeitsgruppe 4.2.3 Infrastruktur des Instituts und des Fachbereichs 4.2.4 Infrastruktur und Ressourcen des strukturierten ­Promotionsprogramms 4.3 Persönliche Faktoren 4.3.1 Das Verhältnis zwischen Betreuer und Doktorand 4.3.2 Stimmung in der Arbeitsgruppe 4.3.3 Stimmung im Promotionsprogramm

  Weiterführende Literatur

  5 Strukturiert promovieren: Die Promotion als Projekt 5.1 Die Planung eines Projektes 5.2 Der Projektplan 5.3 Der Meilensteinplan und das Gantt-Diagramm 5.4 Verlaufskontrolle 5.5 Die Abschlussphase I: Die Veröffentlichung der wissenschaftlichen Arbeit 5.5.1 Die Bedeutung wissenschaftlicher Publikationen 5.5.2 Der Publikationsprozess: Implikationen für das eigene Zeitmanagement 5.6 Die Abschlussphase II: Das Schreiben der Dissertation 5.6.1 Die klassische Monographie 5.6.2 Die kumulative Promotionsschrift 5.6.3 Vergleich kumulative Promotionsschrift vs. ­Monographie 5.6.4 Das Schreiben der Arbeit – Keine Angst vor dem weißen Blatt 5.7 Qualitätsmanagement

  Weiterführende Literatur

  6 Hilfsmittel des Zeit- und Selbstmanagement 6.1 To-do-Listen 6.2 Die SMART-Methode 6.3 Die ALPEN-Methode 6.4 Eisenhower-Prinzip 6.5 Arbeitszeiten effizient nutzen 6.6 Das Pareto-Prinzip 6.7 Wochen und Tagesplanung: Das ­Kieselprinzip 6.8 Selbstmanagement

  Weiterführende Literatur

  7 Promotion – und was dann? 7.1 Generelle Übersicht: Karriereoptionen nach der Promotion 7.1.1 Der Postdoc und die Postdoktorandenphase 7.1.2 Die akademische Laufbahn 7.1.3 Industrieunternehmen 7.1.4 Behörden und Verwaltung 7.2 Finanzierungsoptionen für die Postdoktorandenphase 7.3 Vergütung der Postdoktorandenphase

  Weiterführende Literatur

  8 Rechtliche Vorgaben in den Lebenswissenschaften 8.1 Das Gentechnikgesetz (GenTG) 8.2 Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) und die Biostoffverordnung (BioStoffV) 8.3 Die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) 8.4 Das Tierschutzgesetz (TierSchG) 8.5 Die Ethikkommission 8.6 Das humane Stammzellgesetz (StZG) 8.7 Das Embryonenschutzgesetz (ESchG)

 

  Weiterführende Literatur

  Links zu den wichtigsten Gesetzestexten und Verordnungen

  9 Gute Wissenschaftliche Praxis 9.1 Selbstverständnis und Verpflichtung der Wissenschaft: Ethische Implikationen 9.2 Wissenschaftliches Fehlverhalten 9.3 Datenmanipulationen (Falsification) 9.4 Datenerfindung (Fabrification) 9.5 Plagiate (Plagiarism) 9.6 Ursachen und Motivation für wissenschaftliches Fehlverhalten 9.7 Eigene Datenerfassung und Daten­auswertung 9.7.1 Das Laborbuch 9.7.2 Elektronische Daten 9.7.3 Aufbewahrung von Daten 9.7.4 Statistische Auswertung von Daten 9.8 Nutzungsrechte an wissenschaftlichen Daten 9.9 Veröffentlichung wissenschaftlicher Daten 9.10 Verfahren bei wissenschaftlichem ­Fehlverhalten

  Weiterführende Literatur


PD Dr. Dieter Brockmann, Studium der Chemie mit Schwerpunkt Biochemie an der Ruhr Universität Bochum und Habilitation für das Fachgebiet Molekularbiologie an der Universität Essen. Während dieses Zeitraumes u. a. Teilprojektleiter im DFG-geförderten Graduiertenkolleg „Zell- und Molekularbiologie normaler und maligner Zellsysteme“. Seit 2002 Bereichsleiter Wissenschaft und Forschung an der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm und verantwortlich für den Aufbau des Studiengangs Molekulare Medizin (Bachelor, Master, Promotion). Seit 2006 „Managing Director“ der International Graduate School in Molecular Medicine Ulm, die seit 2007 im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder gefördert wird.

Prof. Dr. Michael Kühl, Studium und Promotion der Biochemie in Berlin, Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich der Entwicklungsbiologie in Ulm, Seattle (USA) und Göttingen. Seit 2002 Universitätsprofessor für Biochemie und Molekulare Biologie in Ulm. Forschungsschwerpunkte im Bereich der frühen embryonalen Entwicklung. Seit 2006 auch Leiter der International Graduate School in Molecular Medicine Ulm, die seit 2007 im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder gefördert wird.

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im ­Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 3-8252-4217-6 (Print)

ISBN 978-3-8463-4217-6 (E-Book)

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© 2015 Eugen Ulmer KG

Wollgrasweg 41, 70599 Stuttgart (Hohenheim)

E-Mail: info@ulmer.de Internet: www.ulmer.de Lektorat: Denise Anders, Sabine Mann Herstellung: Jürgen Sprenzel Umschlaggestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Titelbild: © photolars/Fotolia.com Produktion: primustype Hurler GmbH, Notzingen | v2 Druck und Bindung: Graphischer Großbetrieb Friedr. Pustet, Regensburg Printed in Germany

Vorwort

Die Promotion ist ein entscheidender Schritt in der Karriere eines jeden Wissenschaftlers, denn sie ist der Nachweis der Befähigung zur selbständigen und eigenverantwortlichen hypothesen-getriebenen Forschung. Folgerichtig gilt die abgeschlossene Promotion in den Lebenswissenschaften als Türöffner für eine erfolgreiche Laufbahn an den Universitäten, in der biomedizinischen und pharmazeutischen Industrie sowie für zahlreiche mit dem Gesundheitssystem vernetzte Berufe. Für eine akademische Laufbahn an Universitäten, Fachhochschulen und vergleichbaren Institutionen ist sie sogar Voraussetzung. Ohne eine sehr gute Promotion, deren Erfolg vielfach an den daraus resultierenden Publikationen in hochrangigen internationalen Journalen mit entsprechendem Impaktfaktor gemessen wird, ist ein Aufstieg in eine Gruppenleiterposition, Juniorprofessur und spätere Professur und Institutsleitung nicht möglich.

Vor noch nicht allzu langer Zeit wiesen Promotionsverfahren in den Lebenswissenschaften häufig zahlreiche Schwächen auf. Hierzu zählten intransparente Auswahlkriterien, starke intellektuelle und finanzielle Abhängigkeit der Doktoranden vom Doktorvater/Doktormutter1, zu lange Promotionszeiten, die mangelnde Integration in die wissenschaftliche Gemeinschaft, nicht vergleichbare und intransparente Bewertungskriterien sowie keine gezielte Vorbereitung auf das spätere Berufsleben als Wissenschaftler durch mangelnde Angebote an extracurricularen Kursen wie z. B. Projektmanagement oder Gute Wissenschaftliche Praxis. Der Status des Doktoranden innerhalb der Universität und der wissenschaftlichen Gemeinschaft war nicht klar definiert. Zur Verbesserung dieser Situation wurde daher von der Politik und den großen Fördereinrichtungen wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ein Maßnahmenkatalog erarbeitet und in Teilen umgesetzt. Ziel aller Maßnahmen sollte eine bessere Strukturierung der Promotionsphase sein.

In seiner Schrift „Empfehlungen zur Doktorandenausbildung“ schreibt der Wissenschaftsrat 2002: „Die Promotionsphase muss sachgerecht strukturiert werden. Dies erfordert transparente Verfahren, klare gegenseitige Verantwortlichkeiten und einen sinnvoll bemessenen Zeitrahmen. ... Die Promotion ist in Deutschland nicht allein auf eine wissenschaftliche Laufbahn ausgerichtet. Die Gestaltung der Promotionsphase kann sich daher nicht ausschließlich an den Anforderungen der Ausbildung des Hochschullehrernachwuchses orientieren. Der Anspruch auf eine selbständige wissenschaftliche Forschungsleistung bleibt gleichwohl unverzichtbar.“ Diese Empfehlungen implizieren, dass die Promotionsphase neben einem Kerncurriculum zur vertieften wissenschaftliche Ausbildung auch die Möglichkeit bieten soll, weitere berufsfeldrelevante Schlüsselqualifikationen zu erwerben.

Als eine der ersten Maßnahmen zur Verbesserung der Promotionsphase wurden von der DFG bereits 1990 die Graduiertenkollegs eingeführt (DFG: Monitoring des Förderprogramms Graduiertenkollegs, Bericht 2011). Im Zentrum dieses Programms steht „die Qualifizierung von Doktorandinnen und Doktoranden im Rahmen eines thematisch fokussierten Forschungsprogramms sowie eines strukturierten, interdisziplinären Qualifizierungskonzepts. Ziel ist es, die Promovierenden auf den komplexen Arbeitsmarkt ‚Wissenschaft‘ intensiv vorzubereiten und gleichzeitig ihre frühe wissenschaftliche Selbstständigkeit zu unterstützen“. Die Bedeutung dieses Programms belegen folgende Zahlen: Laut DFG Jahresbericht wurden im Jahre 2013 von der DFG 253 Graduiertenkollegs gefördert. In dieser Zahl sind 57 internationale und 52 lebenswissenschaftliche Graduiertenkollegs enthalten. Auch die Bundesländer und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen haben spezifisch strukturierte Programme zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses eingeführt (z. B. die Max Planck Research Schools oder die Helmholtz-Graduiertenschulen und Helmholtz-Kollegs). Die aktuellste Entwicklung auf dem Gebiet der strukturierten Doktorandenausbildung sind die durch die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder geförderten Graduiertenschulen. Mit diesem Förderinstrument werden zwei gleichwertige Ziele verfolgt. Zum einen sind Graduiertenschulen auf die Qualifizierung herausragender Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler innerhalb eines exzellenten Forschungsumfelds ausgerichtet, zum anderen sind sie als Strukturmaßnahme auf die Profilierung und Herausbildung wissenschaftlich führender, international wettbewerbsfähiger und exzellenter Standorte in Deutschland angelegt. Damit gehen die Graduiertenschulen weit über das Konzept der DFG-Graduiertenkollegs hinaus. Sie sind vielmehr strukturell als Dachorganisation zu verstehen, die übergeordnete Strukturen, Regularien und Qualitätsstandards für eine strukturierte Promotionsphase an einer Universität schaffen. Aktuell werden im Rahmen der Exzellenzinitiative 45 Graduiertenschulen gefördert, darunter 12 in den Lebenswissenschaften.

Diese knappe Auflistung veranschaulicht, welche große Bedeutung Politik und Fördereinrichtungen einer Optimierung der Promo­tionsphase weg von der häufig anonymen Einzelpromotion hin zu transparenten strukturierten Promotionsprogrammen beimessen. Absolute Voraussetzung und essenzielle Grundlage für eine erfolgreiche Promotion bleibt jedoch nach wie vor ein exzellentes und innovatives Forschungsthema, mit dem sich der Doktorand identifizieren kann und dessen Bearbeitung er hochmotiviert angeht. Strukturierte Promotionsprogramme können also nur die Rahmenbedingungen verbessern, um eine Promotion zielgerichtet, transparent, in einem angemessenen zeitlichen Rahmen und erfolgreich abschließen zu können.

Intention dieses Buches ist es daher, die notwendigen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Promotion aufzuzeigen, das Für und Wider strukturierter Programme im Vergleich zur Einzelpromotion abzuwägen und Empfehlungen zum Aufbau und Durchführung strukturierter Promotionsprogramme zu geben. Dabei gehen wir aus drei Sichtweisen vor: (1) die des Doktoranden/der Doktorandin, (2) die des Betreuers/der Betreuerin und (3) die der Institutionen Graduiertenkolleg, Graduiertenschule und Universität. Den Doktoranden wollen wir zudem einen Leitfaden an die Hand geben, was aus unserer Sicht ein gutes und innovatives Promotionsprogramm ausmacht, um ihnen damit eine Entscheidungshilfe bei der Auswahl einer Promotionsstelle zu geben. Abschließend sei angemerkt, dass sich viele der hier diskutierten Punkte und Programmbausteine auf die Lebenswissenschaften beziehen; doch die grundlegenden Prinzipien der strukturierten Promotionsprogramme sind auch auf andere Fachbereiche übertragbar.

Unabhängig von der Teilnahme an einem strukturierten Promotionsprogramm kann man das Unterfangen Promotion strategisch angehen. Dies spiegelt sich darin wider, die Promotion als Projekt zu begreifen und Methoden des Projekt-, Zeit- und Selbstmanagements zu verwenden. Diesbezüglich enthält dieses Buch, so hoffen wir, Tipps und Tricks. Zahlreiche Checklisten, die über das Buch verteilt sind, sollen den Doktoranden helfen, die Rahmenbedingungen der eigenen Promotion optimal zu gestalten. Zu guter Letzt sei an dieser Stelle noch angemerkt: Die optimale Gestaltung der Rahmenbedingungen für die Promotion ersetzt nicht die Grundvoraussetzung für den Erfolg, nämlich neue Erkenntnisse im gewählten Forschungsgebiet zu erzielen.

Wir möchten dem Eugen Ulmer Verlag in Stuttgart, insbesondere Frau Sabine Mann und Frau Susanne Böttcher, für die Gelegenheit danken, unsere Ideen und Erfahrungen zu strukturierten Promotionsprogrammen und zur Durchführung von Promotionsvorhaben darzulegen. Wir danken Herrn Prof. Tobias Böckers und Frau Sarah J. Brockmann (M. Sc. Biochemie), beide Universität Ulm, für die kritische Durchsicht des Manuskripts und ihre wertvollen Anregungen. Herrn Prof. Dr. Hans A. Kestler danken wir für die Bereitstellung von Abbildung 8. Fehler, die sich trotz mehrfacher kritischer Durchsicht eingeschlichen haben, sind selbstverständlich einzig den Autoren anzulasten.

 


Ulm, im Herbst 2014PD Dr. Dieter BrockmannProf. Dr. Michael Kühl

1Nach Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes sind Frauen und Männer gleichberechtigt. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Rahmen dieses Buches jedoch in einigen Fällen auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.

1Was ist eine Promotion?

„Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen.“ – Albert Einstein

Inhalt

Die Promotion oder der Erwerb eines Doktorgrades stellt nach dem Bachelor- und dem Masterstudium die dritte Ausbildungsebene im heutigen deutschen Universitätssystem dar. Sie dient dem Nachweis der Befähigung zu einer selbstständigen und eigenverantwortlichen hypothesengetriebenen Forschungsarbeit mit dem klaren Ziel des Erkenntnisgewinns. Dies beinhaltet vor allem auch die intellektuelle Weiterentwicklung und Vertiefung eines Forschungsthemas. Nach erfolgreicher Promotion erhalten die Absolventen einen Doktorgrad. In den Lebenswissenschaften ist dieser heute zum Teil Voraussetzung für den Eintritt in eine wissenschaftliche Karriere an Universitäten, in der Pharmaindustrie und anderen mit dem Gesundheitswesen und medizinischen Forschung verknüpften Berufsfeldern. Was heißt aber eigentlich „Promotion“? Wann, zu welchem Zweck und wie ist das Promotionswesen entstanden? Welche Bedeutung hat die Promotion heute und welche Qualifikation soll sie nachweisen? Und vor allem: Wie hat sie die Bedeutung erlangt, die man ihr heute zuspricht? Dies sind zentrale Fragen, die in diesem einführenden Kapitel beantwortet werden sollen.

1.1Die heutige Bedeutung der Promotion in den Lebenswissenschaften

Warum soll ich promovieren und warum will ich promovieren? Diese zwei einfachen Fragen sollte sich jeder angehende Doktorand am Ende des Masterstudiums stellen und ganz individuell beantworten. Die Antwort auf diese Frage wird bei Naturwissenschaftlern in den Lebenswissenschaften sicher anders ausfallen als bei Kandidaten, die ein Studium der Human- oder Zahnmedizin absolvieren. Daher sollen beide Gruppen hier initial getrennt voneinander betrachtet werden.

Ein paar wichtige Begriffe zu Beginn

Akademischer Grad: Abschlussbezeichnung; wird nach dem Abschluss eines Studiums oder einer Promotion durch Aushändigung einer Urkunde verliehen. Darf dann als Berufsbezeichnung geführt werden und im Falle des Doktorgrades auch in offizielle Dokumente (z. B. Personalausweis, Reisepass) eingetragen werden.

Akademischer Titel: Häufig werden akademische Grade auch als akademische Titel bezeichnet. Der Begriff Doktortitel findet häufig Anwendung, was jedoch (in Deutschland) juristisch inkorrekt ist.

Disputation: (lat. disputatio, die Erörterung, die Unterredung) Mündlicher Teil der Promotionsprüfung (häufig auch Verteidigung genannt) nach Abgabe der Dissertation, häufig auf das Promotionsthema beschränkt.

Dissertation: (lat. dissertatio, die Auseinandersetzung, Erörterung, ausführliche Besprechung) Schriftliche Arbeit, in der die erzielten wissenschaftlichen Ergebnisse der Promotion dargestellt werden, aufgrund derer die Verleihung des Doktorgrades angestrebt wird. Die häufig verwendete Bezeichnung Dissertationsschrift ist nicht korrekt, weil die Schriftlichkeit bereits im Begriff Dissertation enthalten ist.

Drittmittel: Forschungsgelder, die nach Bewilligung auf Grundlage eines zuvor gestellten Antrags von einer externen Förderinstitution wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft nach Begutachtung zur Verfügung gestellt werden. Meist für die zweckgebundene Forschung im Sinne des Antrags zu verwenden (siehe auch Haushaltsmittel).

Drittmittelstelle: Wissenschaftlerstellen (Doktoranden, Postdocs) und Stellen für Technisches Personal, die aus Drittmitteln finanziert werden. Diese Stellen sind immer befristet.

Habilitation: Nachweis, ein Fach in voller Breite in Forschung und Lehre vertreten zu können, Befugnis zur eigenständigen Lehre (Venia Legendi) an einer Universität, kein akademischer Grad. Die Venia Legendi kann aufgrund einer nachgewiesenen mehrjährigen Forschungs- und Lehrtätigkeit verliehen werden.

Haushaltsmittel: Finanzielle Mittel, die der Universität bzw. einem Professor vom Bundesland für seine Forschungs- und Lehrtätigkeit zur Verfügung gestellt werden (siehe auch Drittmittel).

Haushaltsstelle: Stellen für wissenschaftliches und technisches Personal, die durch Haushaltsmittel finanziert werden. Meist sind die wissenschaftlichen Haushaltsstellen mit einer Lehrverpflichtung verknüpft.

Kolloquium: Sonderfall der mündlichen Promotionsprüfung, der sich in zwei Teile gliedert. Teil 1 beinhaltet die Vorstellung und kritische Diskussion der Dissertation, im 2. Teil muss der Promovend eine biomedizinische oder molekularbiologische Hypothese vorstellen und diese gegen den Prüfungsausschuss verteidigen.

Lebenswissenschaften: Die Lebenswissenschaften (Life Sciences, Biowissenschaften) sind ein Oberbegriff für Forschungsrichtungen und Ausbildungsgänge, die sich mit Prozessen und Strukturen von Lebewesen auf molekularer, zellulärer oder auf Ebene des Organismus beschäftigen. Ausgehend von der klassischen Biologie sind die Lebenswissenschaften heute stark interdisziplinär ausgerichtet und beziehen unter anderem die Bereiche Medizin, Biomedizin (Molekulare Medizin), Molekularbiologie, Biophysik, Bioinformatik und Biodiversitätsforschung mit ein. Auch Fachrichtungen wie die Medizintechnik und die Bioökonomie gehören nach den gängigen Definitionen zu den Lebenswissenschaften.

Promotion: Verleihung des akademischen Grades eines Doktors durch eine Universität. Bedingung zur Promotion ist in der Regel eine begutachtete schriftliche Arbeit (Dissertation) sowie eine erfolgreiche mündliche Prüfung (Disputation, Rigorosum oder Kolloquium).

Rigorosum: (= die strenge Prüfung) Mündlicher Teil einer Promotionsprüfung, kann im Gegensatz zur Disputation deutlich weiter gefasst sein und alle Themengebiete sowie Randbereiche eines Faches umfassen.

Venia Legendi: Lehrberechtigung (lateinisch: Erlaubnis zu lesen); Voraussetzung ist die Lehrbefähigung, die von einer Universität durch die Habilitation verliehen wird. Die Erlangung der Venia Legendi setzt in der Regel eine mehrjährige nachgewiesenen Forschungs- und Lehrtätigkeit voraus.

Die Bedeutung der Promotion in den Lebenswissenschaften für die eigene Karriere kann man am besten mit Hilfe entsprechender Statistiken abschätzen. Nach Angaben des statistischen Bundesamts (https://www.destatis.de; Stand: 06.02.2014) ist die Anzahl der Promotionen in Deutschland in den letzten Jahren generell gestiegen. Über alle Fächer verteilt stiegen sie von 18.494 im Jahr 1990 auf 26.807 Promotionen im Jahr 2012. Zwischen 1999 und 2012 schwankt diese Zahl laut Statistischem Bundesamt allerdings relativ konstant um einen Wert von 25.000 (siehe Abbildung 1, Seite 17). Nach einer Studie der Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) wird die Anzahl der Promotionen damit nur noch von den USA mit mehr als 65.000 Promotionen übertroffen (Hauss et al. 2012). Interessant ist in diesem Zusammenhang der normierte Begriff der „Promotionsquote“. Sie ist das Verhältnis von abgeschlossenen Promotionen zur Anzahl der altersgleichen Personen in der Bevölkerung. Sie lag im Jahre 2008 im Durchschnitt aller analysierten Länder bei 1,4 %. Die Promotionsquote in Deutschland lag dagegen deutlich höher bei 2,5 %. Sie wurde nur noch von der Schweiz (etwa 3,3 %), Schweden und Portugal (beide ca. 3 %) übertroffen.

Die Anzahl der biomedizinischen Promotionen in Deutschland exakt abzuleiten, ist jedoch nicht machbar, da eine Zuordnung der gelisteten Promotionen zu den Lebenswissenschaften nicht möglich ist. Allerdings entfallen von den 26.807 Promotionen in Deutschland im Jahre 2012 8.718 auf die Fächergruppe Mathematik und Naturwissenschaften sowie 7.350 auf die Fächergruppe Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften. Eine weitere Aufschlüsselung ergibt, dass die Zahl der Promotionen in der Humanmedizin mit 6.397 auf Platz eins liegt. Im Fach Biologie als wichtiger Bestandteil der Lebenswissenschaften schlossen 2.688 Kandidaten im Jahr 2012 ihre Promotion ab (https://www.destatis.de; Stand: 06.02.2014).


Abb. 1 Die Entwicklung der abgeschlossenen Promotionen in Deutschland.

a) Entwicklung der insgesamt abgeschlossenen Promotionen in Deutschland seit 2000.

b) Entwicklung der abgeschlossenen Promotionen in Deutschland seit 2009 in ausgewählten Fächern der Lebenswissenschaften.

Beide Grafiken nach Angaben des Statistischen Bundesamtes.

a) Entwicklung der insgesamt abgeschlossenen Promotionen in Deutschland seit 2000.

b) Entwicklung der abgeschlossenen Promotionen in Deutschland seit 2009 in ausgewählten Fächern der Lebenswissenschaften.

Beide Grafiken nach Angaben des Statistischen Bundesamtes.

Ein noch genaueres Bild ergibt sich bei Betrachtung der sogenannten fächerspezifischen Promotionsquote. Nach dem Bundesbericht zur Förderung der wissenschaftlichen Nachwuchses (BuWiN) 2008 lag die Promotionsquote 2006/2007 bei Chemikern bei 75,9 % und bei Biologen bei 46,8 %. Die Promotion ist also in vielen Disziplinen der Lebenswissenschaften keine Seltenheit; man kann schon fast davon ausgehen, dass die Promotion ein Muss für eine Führungsposition innerhalb der unterschiedlichen Ebenen eines Unternehmens ist. Auch bei Behörden und Ämtern ist sie ab einer bestimmten Position in der Hierarchie die Promotion eine Voraussetzung. Häufig sind auch die Einstiegsgehälter für Promovierte höher als von Nicht-Promovierten. So hat eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung ergeben, dass Promovierte im Durchschnitt mehrere Hundert Euro mehr im Monat verdienen als Masterabsolventen ohne Promotion (Enders 2005). Eine weitere Studie berechnet den Lohnvorteil promovierter Naturwissenschaftler gegenüber nicht-promovierten mit 14 %. Bei Humanmedizinern betrage der Vorteil immerhin noch 10 % (Heineck und Matthes 2012).

Für einen Promovierten kann der Abschluss „Promotion“ allerdings auch zum Boomerang werden. Wenn Firmen vor die Alternative gestellt werden, einen kostengünstigeren Bewerber mit Master­abschluss oder einen teureren Bewerber mit Promotion einstellen zu können, kann die Entscheidung auch schon mal gegen einen promovierten Akademiker fallen. Letztendlich wird aber immer die für eine gegebene Position benötigte Qualifikation das ausschlaggebende Kriterium zur Einstellung sein.

Die Arbeitslosigkeit bei Akademikern liegt mit aktuell 2,4 % ex­trem niedrig (Weber und Weber 2013; Stienen 2011). Absolventen mit einer Promotion scheinen noch bessere Aussichten auf eine Anstellung zu haben. Die Arbeitslosenquote liegt hier bei geringen 1 %.

Für einen akademischen Karriereweg ist die Promotion Voraussetzung: Wer an einer Universität in Forschung und Lehre eine wissenschaftliche Karriere anstrebt oder zu einem späteren Zeitpunkt in der Forschung an einem außeruniversitären Forschungsinstitut arbeiten möchte, kommt an der Promotion und in vielen Fällen auch an der späteren Habilitation, der universitären Lehrbefugnis, nicht vorbei. In diesen Fällen wird die Bedeutung der Promotion in ihrer ursächliche Funktion sichtbar: dem Nachweis des selbständigen wissenschaftlichen Arbeitens mit dem Ziel, neues Wissen zu generieren und bereits Erlerntes auf andere Problemfelder anzuwenden.

Die Promotionsquote in der Humanmedizin ist ebenfalls sehr hoch und beträgt laut Bundesbericht zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses aus dem Jahre 2008 stolze 71,0 %. Allerdings scheint sie nach Daten des Statistischen Bundesamtes in den letzten Jahren rückläufig zu sein (https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/BildungForschungKultur/Hochschulen/Pruefungen Hochschulen.html; Stand: 26.02.2014). Promovierten im Jahre 2010 noch 7.287 Kandidaten im Fach Humanmedizin, waren dies 2012 nur noch 6.397. Einmal abgesehen davon, dass die humanmedizinische Promotion vom überwiegenden Teil der Studierenden parallel zum Studium nach der 1. Ärztlichen Prüfung und nicht als Vollzeitpromotion nach dem Studienabschluss durchgeführt wird, ist die Motivation zur Durchführung einer Promotion vielfach eine andere als bei naturwissenschaftlich orientierten Kandidaten. Die naturwissenschaftliche Promotion dient dem Erkenntnisgewinn und als Einstiegsportal in die Karriere in die Wissenschaft oder das Wissenschaftsmanagement. In der Humanmedizin scheint hingegen: „Die Tatsache jedoch, dass in Deutschland die berufliche und gesellschaftliche Anerkennung als Arzt oder Ärztin eng mit dem Doktortitel verbunden sind, lässt viele angehende Ärzte befürchten, ohne einen solchen akademischen Titel beruflich von vornherein im Nachteil zu sein.“ (Beisiegel 2009) Wir alle kennen dies aus eigener Erfahrung: Ist man krank, geht man zum Doktor. Die Befürchtung der jungen Ärzte besteht darin, dass Arztschilder ohne Doktortitel insbesondere von der älteren Generation vielfach „übersehen“ werden. Der Wissenschaftsrat bezeichnet diese parallel zum Studium entstandenen Arbeiten, die kaum oder keinen Erkenntnisgewinn erzielen, jedoch als „pro-forma-Forschung“ und empfiehlt daher in seiner Schrift „Empfehlungen zu forschungs- und lehrförderlichen Strukturen in der Universitätsmedizin“ (2004): Dass „Medizinabsolventen (aufgrund einer nicht-experimentellen Ab-­schluss­arbeit) in Anlehnung an den angelsächsischen Titel des ‚Medical Doctor‘ mit der Approbation die Berufsbezeichnung ‚Medizinischer Doktor‘ verliehen werden“. Ob diese Vorschläge eines Tages Realität werden, ist noch völlig offen.