Allerscheinheiligen

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Allerscheinheiligen
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Allerscheinheiligen




Titel




DIE LUST




Allerscheinheiligen




WIE EINE SEIFENBLASE




DIE 3000-€-BEICHTE




FAHRT NACH JUIST




PERVERS




DIE KLEINE SCHWESTER DES GLÜCKS




MÄNNER.



10 


KLEINER BEZIEHUNGSRATSCHLAG



11 


LUSTIGLUST



12 


KAMPF/LUST



13 


SCHMETTERLINGE IM BAUCH



14 


SÜCHTIG



15 


KLEINES EINMALEINS



16 


ENTZAUBERUNG



17 


AUF KNIEN



18 


EINE NACHT



19 


unisex



20 


NACHTS AUF NORDERNEY



21 


UNSCHULDIG



22 


WIE EINE KÖNIGIN



23 


HÜBSCHER MANN!



24 


SEHN-SÜCHTIG



25 


Impressum







Titel

Allerscheinheiligen



Noch ein Yoga-Roman, Kurzgeschichten und Gedichte mit ab und zu ein bisschen Sex



zsuzsa







DIE LUST



Ach ja, die Lust,



wenn sie nicht wär,



dann wär nur Frust -



das Leben leer!






Allerscheinheiligen



Für alle,

 bei denen ich vielleicht doch

 eine Spur hinterlassen habe.



Allerheiligen



ist ein christliches Fest, zu dem aller Heiligen gedacht wird – auch solcher, die nicht heiliggesprochen wurden – sowie der vielen Heiligen, um deren Heiligkeit niemand weiß.



Sie sah erstaunlicherweise ganz hübsch aus, wie sie da aufgebahrt unter der weißen Kuppel lag: Ihre wegen geplatzter Äderchen roten Backen waren einer noblen Leichenblässe gewichen, ihre vollen Wangen waren eingefallen und ließen sie schmaler wirken, ihre sonst so wirren Haare waren zu einer ansehnlichen Frisur gekämmt, ihre unter der Brust gefalteten Hände verdeckten ihren seit einiger Zeit mit leckeren Köstlichkeiten angefutterten Speckbauch und ihre Hängebrüste lagen wohlgeformt auf ihrem stillen Brustkorb. Das weiße Leinentuch umschmeichelte ihren Körper und ließ ihn sogar fast schlank aussehen.



Leider hatte man jedoch vergessen, ihren blutstropfenroten Fußnagellack zu entfernen, und so ragten ihre Zehen - eigentlich das Hübscheste an ihr – ziemlich vorwitzig in die Höhe, was die Anmut dieses Augenblickes etwas störte.



Wenn Ralf eine Mütze aufgehabt hätte, dann hätte er sie abgenommen und verlegen in den Händen gedreht, als er an ihren blütenweißen Sarg trat. Er hatte aber keine und so stand er nur mit leeren Händen wortlos da. Auf der Stele vor ihm thronte eine edle Kristallschale, darin ein feiner weißer Briefumschlag mit seinem Namen darauf. Er wusste eh nicht, warum er hierher kommen sollte und jetzt sogar noch allein mit der Toten in dieser riesigen Halle war, darum nahm er den unverschlossenen Umschlag und öffnete ihn unwirsch.




„Lieber Ralf. Du warst die Liebe meines Lebens. Ich habe dich immer geliebt, von unserem ersten Kuss bis zu den kalten Nächten, in denen ich bei dir blieb. Du warst immer da, auch wenn wir nicht zusammen sein konnten. Ich danke dir, dass es dich gibt. Deine S.“



Ups! Jetzt aber! Was war das denn? Was sollte das denn jetzt? Klar kannte er sie, von früher, er hatte mit ihr rumgeknutscht und ihr unter das hellblaue Shirt gefasst und wenn sie über seinen Hosenbuckel strich, wäre er fast gekommen, aber darum war das doch keine Liebe! Ja, und er hatte sie immer mal wieder mit zu sich genommen, manchmal, wenn sich keine andere, bessere Gelegenheit ergeben hatte in der Disko, war sie auch über Nacht geblieben, außerdem hatte sie ja ein Auto von ihrem Vater, das war praktisch, weil sie ihn dann oft nach Hause fuhr, auch wenn es nochmal 20 Kilometer von der Stadt entfernt war, aber sie machte das ja schließlich freiwillig. Kein Zwang! Das war immer seine Devise gewesen, jeder kann doch machen, was er will! Und er machte sowieso immer, was er wollte! Manchmal wollte er Sex, manchmal auch einfach in Ruhe arbeiten an seinen Schneidersachen oder den Töpferdingen oder einfach in der Werkstatt an irgendwelchen Ideen, und dann blieb sie und setzte sich in eine Ecke und schaute ihm zu. Er mochte die Stimmung ganz gern, aber auch nicht immer. Einmal, da waren sie vielleicht 20, hatte sie bei ihm übernachtet und am nächsten Tag waren sie nach Köln gefahren, sie saßen beide hinten und seine Mutter fuhr. Er zischte ihr zu, sie würde nach Sex stinken, und sie war total beleidigt gewesen und hatte fast überhaupt nicht mehr mit ihm geredet. Auch egal! Er brauchte niemanden, um sich zu amüsieren!



Über Jahre hatten sie sich immer wieder getroffen, und irgendwann hatte er mal bemerkt, dass sie die einzige Frau war, mit der er so lange zusammen war. Also „zusammen“ war ja nicht richtig, eben ab und zu weggehen, Spaß haben, mal in die Kiste steigen (ihr hatte das seiner Meinung nach allerdings keinen Spaß gemacht, keine Ahnung, warum sie es dann tat). Dass sie ihn geliebt hat? Ihr Problem!



Das wäre echt nix geworden! Oh man, keine Chance! Was bildete die sich ein? Wir waren doch nur Freunde! Jedenfalls so was Ähnliches wie Freunde. Halt gute Bekannte, vielleicht ein bisschen mehr. Als sie sich nicht mehr gemeldet hat, ich glaube, sie hatte einen Freund, endlich, so mit 27, habe ich auch nix gemacht. Ich hab ihr immer gesagt, melde dich, wenn du magst. Und sie hat es nicht getan, und ich auch nicht. Ich hab sie aber auch nicht vermisst, nicht, dass ich wüsste. Vielleicht hab ich manchmal in Träumen ihre kleinen Brüste berührt, unter dem hellblauen Shirt, aber an mehr kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern.



Als Ralf aus der Halle in das gleißende Sonnenlicht tritt, reißt eine Sturmböe ihm den Brief aus der Hand. Er fröstelt und duckt sich vor dem trockenen Staub, der umherwirbelt und läuft schnell zu seinem verbeulten Bulli, der einsam auf der großen Parkplatz auf ihn wartet. Meine Güte, was ist das für eine unendliche Weite um ihn herum! Nur Landschaft, Ton in Ton fast ohne Farbe, so weit das Auge reicht. Schnell steigt er ein und lenkt sein verwahrlostes Auto auf die einzige Straße, die von hier wegführt. Noch einmal schaut er in den Rückspiegel und wird jäh von dem weißen Sonnenball geblendet, der Strahlen wie Laserschwerter hinter ihm herwirft und ihn, so scheint es, mit strenger Hand verscheucht. Er gibt Gas und mit jedem Meter ist er noch erleichterter, dass er wieder in sein eigenes Leben fahren kann. Und mehr und mehr vergisst er, warum er eigentlich hier war.




„Hallo Gerd. Danke, dass du mich geliebt hast, auch wenn uns beiden sicher klar war, dass wir nicht zusammen passen. Viel Glück! Susanne“



„Nicht zusammen passen“, dass ich nicht lache! Wieder so eine bornierte Behauptung, ohne dass sie weiß, wovon sie spricht! Typisch Lehrerstochter! Bourgoises Pack! Ich sie geliebt? Pah! Vielleicht ein bisschen verknallt, aber mehr nicht. Und nur, weil ich sie ab und zu in meinem alten Citroen oder dem lila Karmanghia abgeholt hab, braucht sie sich echt nix einzubilden! Sie war immer abweisend, stur, aber dann auch irgendwie wieder angezogen von mir. Als ich sie in Trier in ihrer Wohnung besuchte und sie das erste und einzige Mal mit mir ins Bett stieg, merkte ich, dass sie es nur aus Mitleid tat, oder vielleicht auch nur, um endlich einen Schlusspunkt zu setzen und Ruhe zu haben. Ich spürte, dass sie mir eigentlich nur wehtun wollte, und nahm sie darum ziemlich hart ran. Ich weiß noch genau, wie sie steif wie ein Brett dalag, kein Stück Zärtlichkeit! Und wie ich sie genommen hab und in sie reingestoßen bin bis zum Anschlag und wie sie sich anfühlte, ganz weich, obwohl sie so unbeweglich dalag, ich wär am liebsten in sie reingekrochen und nie wieder rausgekommen. Sie hat so gut gerochen! Wie ein reifer, schrumpeliger kleiner Herbstapfel, der im Keller auf der Stiege liegt … so nach zu Hause und Geborgenheit. Ich hab jetzt zwei entzückende Töchter, einen eigenen Klempnerbetrieb und bin glücklich. Hörst du! Glücklich! Ohne dich! Hat ja auch geklappt!



Ach ja. Einmal hab ich dich auf Stayfriends angeschrieben, wollte einfach nur mal Hallo sagen, da hast du ganz cool – und genauso borniert wie damals – geantwortet: „Die Vergangenheit ist vorbei, du kannst sie nicht ändern, die Zukunft kennst du nicht. Gibt es einen Grund, warum wir uns in der Gegenwart wiedertreffen sollten?“ Ich hab nicht geantwortet. Fuck.

 




„Liebe Sandra. Deine Yogastunde für mich und meine Gäste am heiligen Berg Es Vedra auf Ibiza war für mich etwas ganz Besonderes. Danke, dass du damit meinen 50sten Geburtstag zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht hast. Namasté!“



Namasté! Danke Mutter Erde, dass du mich trägst, danke Vater im Himmel, dass du mich führst! Danke Sivananda, dass du mich erleuchtest! Friede, Friede, Friede!



Was für eine schöne weiße Halle hier, und so schön kühl! Auf Ibiza, da ist ja meist echt heiß, aber ich hab es ja selbst so gewählt, damals von Frankfurt auszuwandern auf diese Touri-Insel, und alle Brücken hinter mir abzubrechen. Tom, mein Mann, lebt schon länger hier, sie nennen ihn „Capt‘n Hook“, er sieht auch so aus, und seit er beim Baumfällen verletzt wurde, humpelt er auch so. Aber ich will ja nicht jammern. So deutsche fette Touris wie die da, die wollen unbedingt erleuchtet werden. Darum kommen sie nach Ibiza und machen Yoga, obwohl sie eigentlich nichts kapiert haben. Als mich Stefanie, die Reiseleiterin, anfragte, ob ich eine Yogastunde für 20 Leute halten wollte, wollte ich erst absagen. Einfach zu viele. Aber wir brauchten das Geld echt dringend, und von irgendwas muss ja meine Tochter auch satt werden. Die Auftraggeberin wollte unbedingt in der Nähe vom heiligen Berg Yoga machen, und wir haben dann auch eine tolle Location direkt gegenüber gefunden. Als die Truppe dann ankam, hatte ich schon irgendwie den Kaffee auf. Lauter fette Deutsche, borniert bis zum Gehtnichtmehr, und ich sollte denen mal zeigen, was Yoga ist. Ich hab sie dann auch erst mal ziemlich rangenommen, aber eine – wohl die Schwester – hat sich total verweigert, einfach nicht mitgemacht. Und eine andere, ich glaub die Exfrau von dem Freund, hat andauernd gepust, das hab ich bis vorn gehört und gerochen. Die waren alle so steif! Konnten sich kaum bewegen, ihre dicken Bäuche immer im Weg, es knackste und krachte, als ich mal ein paar dynamische Übungen ansagte, und ich bin sicher, einige hatten ziemlich Muskelkater danach.



Ist ja schließlich auch kein Zuckerschlecken, spirituell sein zu wollen! Muss man sich halt auch mal ein bisschen anstrengen! Die Stunde ging zum Glück ziemlich schnell rum, und Tom und ich haben 200 Euro verdient, von denen wir noch mal 50 an die Reiseleiterin abgeben mussten. Tom, der die Gruppe durch Eivissa geführt hatte, hat mir erzählt, dass eine der Gäste ihn unheimlich angemacht hat während dem anschließenden Essen, irgendwas war mit deren Tochter, die aufs Klo musste auf der Busfahrt und Tom hat nicht angehalten. Also, diese blöden Touristen, wenn die nicht wären, wäre Ibiza echt eine Trauminsel! Meine Trauminsel! Ich suche zwar immer noch nach der ganz großen Erleuchtung, ich bemühe mich echt, aber ich glaube, die ganzen Touris saugen das Karma hier auf und zertrampeln es mit ihren Offroad-Reifen und rauben uns Einheimischen die letzten Orte des Friedens! Und so eine wie die glaubt, sie wäre irgendwie spirituell? Ha, dass ich nicht lache! Die und spirituell? Die liegt jetzt hier und ist mausetot, basta! Da ist nix von Spiritualität! Ich spür‘s genau! Hier ist nix Göttliches! Und ich weiß, wovon ich rede!




„Liebe Amida, auch wenn wir nicht so viel miteinander zu tun hatten, war es doch über die Jahre eine gute Nachbarschaft. Danke dafür! Susanne“



Leo steht schlacksig uninteressiert vor dem weißen Sarg. Seine großen Füße, die schon mit 16 echte Quadratlatschen waren, stehen genauso gelangweilt herum. Woher hatte er nur diese Größe? Von seiner Mutter oder seinem Vater jedenfalls nicht, die waren ganz normal! Nachdem er eine Weile einfach so rumgelungert war, widmet er sich doch der Toten und bleibt an ihren erhobenen Brüsten hängen.



Manchmal hab ich hinter dem Fenster gestanden und ihr heimlich beim Unkrautjäten auf dem Bürgersteig zugeguckt. Man konnte in ihren Ausschnitt schauen. Oh man, hatte die große Glocken! Mama sagte, sie wäre blöd. Einmal waren sie eingeladen worden zur Hauseinweihung, das weiß ich auch noch, da durfte ich mit meiner Schwester das erste Mal allein zu Hause bleiben, und dann nie wieder. Am Anfang haben wir sie auch mal zu Geburtstagen und so eingeladen, so wie die meisten Nachbarn dann einfach auch so kamen, aber die waren dann nicht mehr dabei. Papa fand das manchmal schade, er versucht ja immer, sich mit allen gut zu stehen, aber Mama sagte nur, ne, die will ich nicht bei mir haben, die sind so spießig mit ihrem blöden Garten und ihren Turteltaubensprüchen und die sitzen abends immer auf ihrer Terrasse und schauen Fernsehen, das nervt hier echt rüber. Ich hatte mit denen nix. Wie gesagt, außer den großen Glocken fand ich an der nix. Hab sie gar nicht bemerkt sonst und bin ja nur Mama zuliebe hergekommen. Was interessieren mich die Nachbarn?





„Liebe Nadja, danke, dass du dich entschieden hast, das Baby zu bekommen, auch wenn du erst 16 warst und Jani erst 15. Ich bin sehr stolz auf euch! Eure Uroma Susanne“



Uroma, Uroma … was denkt die sich eigentlich? Wir sind doch gar nicht verwandt! Das ist doch nur die Freundin von Kathis Vater, nicht mal verheiratet sind die! Und Jani ist ja nun der Sohn von Kathis Mann aus erster Ehe, da ist ja schon mal gar keine Verwandtschaft da. Und Jani und ich sind auch nicht verheiratet, da ist also auch keine Verbindung. Warum macht die da nur so ein Theater draus

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