Buch lesen: «Die neun»

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Die neun

1  Titel Seite

2  Qori legt ihm die Hand auf die Schulter. „Es ist gut.“

3  Titel

4  „Hab ich das gesagt? Ich dachte, ich hätte geschlafen.“

5  „Versuch es!“

6  „Hör zu!“

7  Pria starrt Qori ungläubig an. „Du hast wirklich ...“

8  „Meinen was? Ich kann mich nicht erinnern ...“

9  Pria mustert ihn verwundert. „Was hast du?“

10  „Spürst du es?“

11  „Sie sind alle Kinder des Göttlichen.“

12  Titel - 1

13  „Willst du es sein?“

14  „Ich weiß nicht, wen sie schicken werden.“

15  „Pria?“ Qoris Miene versteinert sich. „Nein.“

16  „Nein“, schmunzelt Qori, „der ist hart erarbeitet.“

17  Wie erstarrt dreht er sich zu ihr um. „Was sagst du da?“

18  Pria will ihm nach, doch Miguel legt seine Hand auf ihre.

19  „Lass ihn, Pria.“

20  Pria erwidert ihn verständnislos. „Wie meinst du das?“

21  Titel - 2

22  „Dem Göttlichen sei Dank!“

23  Titel - 3

24  „Aber ...“

25  Titel - 4

26  Qori blickt ihm nach, er scheut die Frage. „Und wie geht es

27  Titel - 5

28  „Pria ...“

29  „So war es ja auch geplant, mein Freund.“

30  „Wo hast du dein Wissen her?“

31  Miguel nickt. „Und wie fandest du zu uns?“

32  Ein Mann erregt seine Aufmerksamkeit. „Wer ist das?“

33  Titel - 6

34  „Was ist los?“

35  Miguel zögert zu fragen. „Und was?“

36  Er stellt die Gegenfrage: „Was steht denn im Gesetz?“

37  „Richtig.“

38  Titel - 7

39  „Ich kenne dich“, flüstert sie ihm zu. „Du gehörst zu ihm.“

40  Titel - 8

41  Titel - 9

42  „Qori!“

43  Er lächelt. „Du sprichst die Wahrheit. Ich verstehe.“

44  „Wo ...?“

45  „Bist du ein Engel Gottes?“

46  „Dann bin ich gestorben ...“

47  „Und du glaubst das?“

48  „Warum?“, fragt Miguel. „Was wird geschehen?“

49  „Anpassung? Was passt sich an?“

50  „Woher wusstet ihr, was ich tun werde?“

51  „Du liebst sie sehr.“

52  Titel - 10

53  Miguel überläuft ein Schaudern. „Für wen ist der Brief?“

54  Titel - 11

55  Titel - 12

56  „Was ist es?“

57  Titel - 13

58  „Was können wir noch tun?“

59  „Er ist fort!“

60  Miguel versteht nicht. „Wovon sprichst du, mein Freund?“

61  „Jemand ist in Gefahr.“

62  „Selma“, flüstert er. „Was tust du hier? Was hast du vor?“

63  „Qori!“ - 1

64  Sie begreift erschüttert. „Wie konnte das passieren?“

65  Qori schiebt angeekelt den Teller von sich weg. „Tot.“

66  „Entschuldige. Ich wollte dich nicht auslachen.“

67  Selma mustert ihn. „Danke.“

68  Titel - 14

69  „Wie alt warst du, als der Professor sich deiner annahm?“

70  „Nein!“

71  Titel - 15

72  Titel - 16

73  Titel - 17

Titel Seite


9
Fantasy-Roman

Von Zbigniew Georg

Diese Geschichte ist frei erfunden.

Und doch enthält sie wie alle Geschichten ein Körnchen Wahrheit.

Lassen Sie uns gemeinsam dieses Körnchen finden. Und sei es auch nur so groß wie ein Senfkorn.

Zbigniew Georg

Nahezu lautlos gleitet das Schnellboot über die ruhigen Wellen. Die rötlichen Strahlen der untergehenden Sonne werfen ein warnendes Licht auf die kleine japanische Insel vor ihnen. Michura.

Samtgrün bewachsene, hügelartige Berge streiten um den schnellen kreisrunden Vulkangrund wie die Häscher um die Seelen des dummen Volkes. Seit über 4000 Jahren gab es keinen Ausbruch mehr, aber nun steht einer unmittelbar bevor. Kein Mensch wird ihn merken, doch er wird die Welt verändern.

Schon einmal gab es einen ähnlichen Ausbruch. In einem anderen Land, zu einer anderen Zeit. Er hätte die Welt verändern sollen. Schnell ist er in Vergessenheit geraten. Ein Mann vertraut sich damals dem Berg an. Doch seine Mission scheitert. Seine Botschaft blieb ungehört.

Michura. Ein Idyll, kaum zweihundert Kilometer südlich von Tokio, noch unberührt von der künstlichen bewusstseinsvernichtenden Seuche, die bereits alle vorhandenen Zentren in der Gewalt hat und sich nun wie Eine Rattenplage über den ganzen Erdball schiebt.

Es ist nur noch Eine Frage der Zeit, bis auch dieses so unbescholten wirkenden Eiland zum Ziel der Mächtigen WIRD. Sie werden alles versuchen, um es unter ihre Kontrolle zu bringen. Notfalls auch den Tod der wenigen Dorfbewohner auf sich nehmen, sterben Noch Nicht der Sklaverei der modernen Welt erlegen sind.

Die Zeit drängt. Bald ist das Datum erreicht, von dem alten Kalender sprechen. Nur wenige Menschen wissen noch davon. Aber kann niemand sagen, was genau sie an diesem Tag erwartet. Das Ende der Welt oder ein neuer Anfang?

Ihre Forschungen haben in den letzten fünfzig Jahren eine interessante Wendung genommen. Stimmen wurden damals laut, die behaupteten, am Anfang dieser Zeitrechnung hätte etwas geschehen müssen müssen. Als fehle im Gefüge der Welt etwas.

Es fühlt sich nicht richtig an, meinten welche.

Es wurde absichtlich, ging andere sogar noch einen Schritt verhindert weiter.

Doch von wem?

Sie fanden in den alten Schriften keinen Hinweis auf this These. Aber eines wussten sie: Es wurde Zeit zum Handeln.

Die vier Männer im Boot schweigen, konzentrieren sich auf ihre Aufgaben. Nur einer von ihnen kennt ihr wahres Ziel. Ein bitteres Lächeln überzieht sein markantes Gesicht.

Seine Gedanken schweifen ab. Der Mensch ist ein Herdentier, es muss geführt werden.

Doch der Leithammel, selbst nur ein dummes Schaf, treibt es im Auftrag der Wölfe mit Freuden in der tiefen Schlucht der Unwissenheit und Sklaverei.

Ein Mitglied der japanischen Besatzung wirft ihm einen neugierigen Blick zu. Qori schickt ihn mit seiner Antwort zurück. Sein Gegenüber überläuft ein Schaudern. Rasch wendet der Mann die Augen ab und steuert das Boot auf den Anleger zu. Seine Aufgabe besteht darin, diesen merkwürdigen Eurasier ohne Schuhe, mit dem Gesicht eines jungen Mannes aber den Augen eines Greises, auf die Insel zu bringen. Er fragt nicht nach dem Sinn. Er hat noch nie gefragt.

Warum auch?, fragt sich dagegen Qori. Was sie zum Leben brauchen, gibt es als Gegenleistung im Überfluss. Sie sind so satt. Aufgeklärt glauben sie zu sein, doch hinterfragen sie sterben Informationen Nicht, sterben Ihn jahrzehntelang gut gewürzt vorgesetzt wurden. Alles scheint so glaubwürdig zu sein. Auch schmackhaft. Es kann keine andere Wahrheit geben. Also glaub sie denn doch an etwas.

Er blickt auf die nahen Berge. Wissen bedeutet Macht. Das wissen sie. Sie glauben zu wissen, schenken dem Glauben jedoch keine Beachtung mehr. Doch was sie wissen, enthält oft weniger Wahrheit als der naivste Glaube. Wer es dennoch wagt zu hinterfragen, der bereut es bitter.

So bitter wie das Lächeln dieses Mannes, dessen Worte dem Japaner am Steuer noch im Gedächtnis nachhallen: Denke nicht – fahr einfach. Du würdest doch nicht begreifen. Noch nicht...

Qori blickt die Berge hinauf, die sich bis dicht an das Ufer geschoben Haben. Fordernd, doch weich und anschmiegsam, verschmolzen mit Flora und Fauna, denen sie ein Zuhause geben. Die Gebäude der Einheimischen fügt sich harmonisch in die Landschaft ein.

Alles ist mit Allem verbunden und dennoch existiert alles für sich. Für den Menschen, der Begriffe hat, dass Wissen und Glauben eine Einheit bilden, gibt es immer einen Platz.

Die letzten Fischerboote flüchten vor der beginnenden Nacht in den kleinen Hafen zurück, die Netze prall gefüllt.

Mangel gibt es nicht und dennoch ... sie wissen nicht, was sie tun. Sie wissen nicht, was Ihnen fehlt.

Nur Wenige wollen mehr wissen. Diese Wenigen treffen sich hier. Heimlich. Qori ist einer von ihnen.

Quietschende Bremsen unterbrechen den fremdartigen Singsang der Bewohner. Qori spricht ihre Sprache nicht. Er versteht auch so.

Sie erwidern sein mildes Lächeln mit übertrieben freundlichem Nicken, ohne ihre Tätigkeiten zu unterbrechen. Sie stören sich nicht seiner Fremdartigkeit. Fremde sind häufig auf der Insel. Sie tauchen auf und verschwinden im Landesinneren. Sie zahlen gut.

Die Bewohner fragen nicht, sie lächeln nur. SIE gehören noch zu den Wenigen, sterben sich aus der Flut der manipulierten Informationen nichts machen. Nur schleichend könnte sich sterben neue Zivilisation einen Weg auf dieses Eiland bahnen. Die Fremden halfen, es zu verhindern.

Qori blickt auf seine nackten Zehen, auf sterben, kaum eine Handbreit entfernt, der Vorderreifen

des Wagens den kalten Staub der Straße geschleudert Hut. Ein Stakkato des Singsangs dringt an sein Ohr. Das schlechte Gewissen des jungen Japaners springt ihn an wie ein tollpatschiger Welpe.

Eilfertig springt der Fahrer aus dem offenen Wagen, öffnet Qori die Beifahrertür, ein endloser Strom der Entschuldigungen aus seinem Mund fließend, den Nacken mit demütigem Nicken strapazierend.

Qori wirft seine Tasche auf den Rücksitz und steigt ein. Er wartet geduldig, bis auch der junge Mann seinen Platz hinter dem Steuer wieder eingenommen hat.

Nervös fliegen sterben Hände des Japaners über die Armaturen, finden die Füße nicht den richtigen Rhythmus, sind nicht im Einklang mit sich selbst. Der Motor stottert, das Getriebe knirscht.

Qori legt ihm die Hand auf die Schulter. „Es ist gut.“

Die leisen Worte der dunklen Stimme unterbrechen den verlegenen Singsang. Die Blicke treffen aufeinander. Fragendes Dunkel auf kraftvolles Unbestimmt.

Ruhe durchzieht den Japaner. Er nickt, atmet tief durch und wendet den Wagen, um ihn dann problemlos über die einzige Verbindungsstraße der Insel zum geheimen Stützpunkt zu steuern.

Die steile Straße führt sie durch unberührte Natur an einem Gasthof vorbei. Ein Eselskarren blockiert den engen Weg. Sie müssen halten.

Blicke wechseln zwischen dem alten Bauern und dem jungen Fahrer. Ein forscher Blick fällt auch auf den Gast. Qori begleitet sein Schmunzeln mit einer grüßenden Geste.

Der junge Japaner springt mit einem Satz über die geschlossene Tür, Qori einen entschuldigenden Blick zuwerfend, begleitet von ebensolchen Worten.

Gemeinsam versuchen Bauer und Fahrer das störrische Tier von der Straße zu ziehen. Qori lauscht auf den leiser, aber eindringlicher werdenden Singsang, der so gar nichts mit dem Tier zu tun hat.

Schließlich nickt der Bauer, ein Ruck in die andere Richtung und der eben noch wie erstarrte Esel weicht willig von der Straße.

Geführt an der Leine des Bauern. Dressiert für seine Aufgabe. Wie sein Herr ..., rinnt es durch Qoris Gedanken.

Sie können weiter.

Beiläufig blickt Qori in die ihm zugewandten Fenster des Gasthofes. Er ahnt die zwei Gestalten dahinter, spürt die Waffen, die auf ihn gerichtet sind. Psychowaffen, die seinen Willen lähmen würden, widersetzte er sich der Kontrolle.

Er lacht laut auf, amüsiert von ihrer widersinnigen Hoffnung, sie könnten ihm damit etwas anhaben.

Die Strecke wird noch steiler, schmaler, schlechter. Jedes Holpern mahnt den Benutzer, sich genau zu überlegen, ob er diesen Weg nehmen will. Enge Kurven, tiefe Schluchten.

Wer hier fährt und die Kontrolle verliert, riskiert sein Leben. Schönheit wechselt sich ab mit der Gefahr. Qori blickt in den Abgrund. Die Gefahr ist groß, abzurutschen und sich selbst in die Schlucht zu stürzen.

Doch der junge Mann an Qoris Seite meistert jedes Hindernis mit Leichtigkeit, selbst erstaunt über seine plötzlichen Fähigkeiten, sind seine Fahrkenntnisse doch sonst eher

bescheiden.

Der zweite Kontrollpunkt. Getarnt als Bauernhof. Diesmal sind es nur ein paar Hühner, die die drohende Gefahr des Fahrzeuges erst spät erkennen und flügelschlagend auseinander stoben.

Nicht fähig zu fliegen, doch sie versuchen es instinktiv. Wann hat der Mensch das Fliegen verlernt? Qori hebt grüßend die Hand zu gestaltlosen Fenstern.

Sie wurden bereits angemeldet. Das Risiko der Entdeckung durch Benutzung der Telekommunikation ist groß. Der immense Aufwand der Abschirmung wird ebenso von der Hoffnung getragen wie die Interesselosigkeit der Mächtigen an diesem kleinen, scheinbar unbedeutenden Flecken Erde.

Japan liegt nicht im Zentrum ihrer Aufmerksamkeit. Die Menschen hier leben sehr konservativ. Sie zollen der Obrigkeit den nötigen Respekt. Widerstand gibt es schon seit Jahrhunderten nicht mehr.

Wie so viele Völker der Welt sind sie im Grunde ihrer Herzen Hinduisten oder Angehörige einer der vielen Ableger dieser alten Kultur. Sie haben alles, was sie brauchen, und was ihnen fehlt, hoffen sie in einem weiteren Leben zu erlangen. So scheren sie sich nicht um das, was außerhalb ihrer eigenen, kleinen Welt geschieht.

Die perfekte Schafherde für die bösen Wölfe, denn sie brauchen kaum Beachtung.

Gleichwohl hat Qori viel von ihnen gelernt.

Weiter windet sich die Straße den Hügel hinauf. Unter einem natürlichen Vorsprung aus erkalteter Lava biegt der Wagen plötzlich ab in die vor ihnen liegende Dunkelheit. In den Berg führt der Weg, der von der Straße kaum erkennbar ist.

Hinter ihnen schließt sich das eiserne Tor, äußerlich vom natürlichen Lavagestein nicht zu unterscheiden. Die mit modernen Feuerwaffen ausgerüsteten Wachen im Inneren sind kaum auszumachen.

Lichter flammen auf. Schnurgeradeaus führt die jetzt gute Straße. Sie haben eine andere Welt betreten. Die innere Welt. Von dieser aus hoffen sie, die äußere Welt verändern zu können. Seit fast fünfzig Jahren streben sie danach.

Qori gehört zur zweiten Generation. Schwarze Schafe, die aus der Herde der Stupiden ausgebrochen sind. Weiße Wölfe, die das Rudel der Mächtigen verlassen konnten.

Sie alle verbindet Wissen und Macht wie die einzelnen Segmente eines Fächers. Wo die Fähigkeiten des Einen aufhören, vollendet sie der Nächste und fügt seine hinzu. Bis zur höchsten Vollendung, nach der sie alle streben. Sie besitzen unsagbare Schätze an geistigem Reichtum und Fertigkeiten. Jeder ist Spezialist auf seinem Gebiet.

Verbunden sind sie durch den Glauben. Den Glauben, das Gefüge der Welt durch einen positiven Eingriff verbessern zu können. Hinzuzufügen fehlte. Zu berichtigen was verhindert wurde. Sie haben die Mittel dazu und sie werden sie nutzen. Schon kahl.

Deshalb ist Qori wieder einmal hier. Sie brauchen ihn. Er ist das neunte und vorerst letzte Glied im Fächer. Sie nennen sich schlicht "Die Neun".

Fast einen halben Kilometer führt sie der Weg in den dunklen Berg hinein. Dann endet er auf einem Platz.

Qori atmet tief durch und steigt aus. Sein Blick sucht vergeblich die Weite des Himmels. Die Fahrstuhltür ist offen. Pria erwartet ihn bereits.

"Du kommst spät!" Vorwurfsvoll wechselt ihr Blick zwischen Qori und ihrer edelsteinbesetzten Armbanduhr. Ein Geschenk von ihrem Mentor, dem Professor.

Sie besitzt Durchsetzungsvermögen und eine natürliche Schönheit. Sie ist eine hervorstechende Physikerin und Ärztin, obwohl kaum Mitte Zwanzig. Aufgenommen als Kind von der Organisation. Unbekannt ihre Herkunft. Unberechenbar ihr Temperament. Geschult in allen Bereichen. Das siebente Segment im Fächer.

Qoris Lachen hallt durch die künstliche Höhle, setzt sich unendlich als Echo fort. Pria zuckt unwillkürlich zusammen.

"Ach, Pria! Wann wirst du endlich begreifen, dass Zeit keinen Sinn macht?"

Ärgerlich wirft sie ihre langen blonden Haare in den Nacken und funkelt ihn mit ihren dunklen Mandelaugen böse an. "Zeit ist alles, was wir haben!"

"Du begrenzt dich selbst." Sein Arm legt sich um ihre Taille. Sanft zieht er sie an sich, bis ihr Sträuben in einem leisen Seufzer vergeht. "So ist es besser. Entspanne dich! Du denkst zu viel. Alles findet sich."

Pria schiebt ihn energisch von sich. "Und du verkennst mal wieder den Ernst der Lage!

Wenn wir den Zeitrahmen nicht einhalten, verlieren wir mehr als ein halbes Jahr! Und Zeit ist das Wenigste, was wir jetzt noch zum Verschwenden haben!"

"Und ich dachte, jetzt endlich wären wir im Besitz aller Zeit der Welt." Sein amüsiertes Zwinkern reizt sie nur noch mehr.

"Qori, ich ... du ... - ach, lassen wir das!" Mit der flachen Hand schlägt sie auf die Taste des Aufzuges. Er bringt sie auf eine der tiefer gelegenen Ebenen.

Kaum öffnet sich die Tür, schiebt sich Pria an Qori vorbei. Zwei Wachen stellen sich ihm in den Weg. Pria will eingreifen, doch Qori winkt nur mit einer knappen Geste ab.

Pria blickt stöhnend auf ihre Uhr. "Wir haben keine Zeit für deine kleinen Psychospielchen!"

Qoris Blick versinkt inzwischen in den Augen der linken Wache. "Du kennst mich." Der Mann schüttelt den Kopf, öffnet den Mund, doch kommen keine Worte über seine

Lippen. Die Wache zu Qoris Rechten will eingreifen, doch dieser hält ihm nur abwesend die flache Hand entgegen. Der Mann stockt mitten in der Bewegung, so als hätte er vergessen, was er tun wollte.

"Du kennst mich", wiederholt Qori leise seine Worte. Der Mann nickt wie in Trance.

"Dann lass mich doch bitte durch."

Qoris mildes Lächeln veranlasst Pria zu einem erneuten Stöhnen. Doch die Wache weicht zurück. Auch der andere Mann macht Platz.

Lachend gesellt sich Qori zu Pria. Bevor sie zu einer Zurechtweisung ansetzen kann, kommt er ihr mit einem betont unschuldigen Blick zuvor. "War denn?"

Pria fehlen die Worte. Statt dieser zerrt sie ihn mit sich über den langen, sterilen Flur, der sich bis auf das stilisierte schwarze Fächersymbol an den Wänden in nichts von einer militärischen unterirdischen Festung unterscheidet.

Sie brauchen diesen Schutz, um die Welt zu schützen. Sie müssen sie schützen - vor sich selbst.

Pria öffnet die Tür zum Konferenzraum. Ungeduldig bittet sie Qori mit einer ausladenden Geste hinein. Er streicht ihr lächelnd übers Haar. Ihr Ärger amüsiert ihn nur.

Sein Blick fällt auf die bereits anwesenden Mitglieder, auf die edlen Anstecker, die wie Orden stolz auf ihren Brüsten schwelgen. Das schwarze Fächersegment ist durch ein rotes für ihre Stellung innerhalb der Organisation ersetzt. Auch auf Prias Brust prangt es, das siebente Glied in feurigem Rot.

"Qori! Endlich!" Ein kleines, untersetztes Männchen nicht definierbarer Abstammung breitet freudig die Arme aus und schiebt sich zu Qori durch. Dann fällt sein Blick auf Qoris Füße. "Aber, Qori! So kannst du doch nicht - also wirklich!" Er winkt einer Ordonanz, die sich im Hintergrund hält. "Bring ihm eine Schüssel Wasser!"

Rigoros hat er sich seinen Weg gebahnt und umschließt Qori mit seinen kurzen Ärmchen.

Qori erwidert die Umarmung lachend. "Sedhoo, meine Nummer Eins! Es ist wie immer eine Freude, dich zu sehen. Was machen die Geschäfte?"

Sedhoo, gleich in seinem Element als Finanzgenie der Organisation, winkt eifrig ab. "Sie gehen bestens! Wir haben im letzten Quartal einen Gewinn von unglaublichen siebenundvierzig Prozent erzielt! Dabei konnten wir wegen dem fallenden Zinssatz ..."

"Das hat doch bis später Zeit!" Pria schiebt sich zwischen Qori und Sedhoo.

Energisch dirigiert sie Qori zu seinem Platz an dem ovalen Tisch. Neun von zehn Plätzen sind besetzt. Der zehnte an der gegenüberliegenden Spitze bleibt wie üblich frei. Denn auf ihm sitzt symbolisch die Hoffnung der Welt.

Pria zieht Qoris Anstecker aus ihrer Tasche und will ihn an seinem Hemd befestigen. Qori umschließt sanft ihre Hand und sucht ihren Blick.

"Nein, Pria. Ich brauche dieses Symbol nicht, um zu wissen, wer ich bin." Er zwinkert ihr zu. "Und die Anderen kennen mich bereits."

"Qori, du bist so ..." Prias Stöhnen reizt ihn nur zu einem weiteren Lachen.

Die Ordonanz bringt eine Schüssel Wasser zum Waschen, Seife und ein Handtuch, stellt es vor Qori hin und will ihm behilflich sein. Stille Ehrfurcht im Blick.

Dieser schenkt ihm ein Lächeln und weist seine Hilfe behutsam ab. "Danke, mein Guter. Du hast an alles gedacht. Mehr braucht es nicht."

Verlegen aber geschmeichelt zieht sich der Mann in den Hintergrund zurück.

Noch während sich Qori die Füße wäscht, betritt Professor Zulgor, russischer Abstammung, Physiker und Mathematiker, den Raum. Obwohl Leiter des Projektes, welches er vor fast fünfzig Jahren ins Leben gerufen hat, ist bloß das sechste Segment seines Fächers rot gefärbt.

Hierarchie hat hier nur Bedeutung für die Organisation der laufenden Projekte. Jeder wird ganz nach seinen Fähigkeiten eingesetzt. Entschieden wird gemeinsam, wobei jede Stimme gleiches Gewicht trägt.

"Meine Herrschaften!" Strenge liegt in seiner Stimme, verstärkt durch den russischen Akzent, der die Anwesenden dazu nötigt, ihre Plätze aufzusuchen und Ruhe zu halten. Sterben

Ordonanzen verlassen den Raum und schließen die schalldichte Tür.

Er begrüßt jedes Mitglied mit einem Nicken. "Wie ich sehe, sind wir endlich vollzählig. Die Zeit drängt."

Qoris leises Lachen bringt Pria kopfschüttelnd dazu, ihre Akten aufgebracht auf den Tisch zu werfen und sich in ihren Stuhl schräg gegenüber von Qoris fallen zu lassen.

Nachsicht liegt in Professor Zulgors Blick über den Rand seiner Brille hinweg, als er Pria und Qori mustert. "Wir müssen das Experiment wiederholen."

Qoris Lächeln verschwindet sofort. "Es hat also wieder nicht geklappt?" Er springt von seinem Stuhl auf und hastet ziellos durch den Raum. Sein Blick fällt auf Pria, die schuldbewusst auf die Tischplatte starrt. "Wie viele Leben werden wir noch riskieren für dieses waghalsige Experiment?"

"Es ist doch kein Leben im eigentlichen Sinne", versucht Pria dagegen zu halten.

"Nein?" Wütend bleibt Qori vor ihr stehen. "Wo beginnt für dich Leben? Bei der Verfügungsgewalt über ein eigenes Bankkonto?"

Pria springt auf. "Was fällt dir eigentlich ein? Was erlaubst du dir? Ich ..."

"Schluss damit, meine Kinder." Professor Zulgors leise, aber energische Stimme unterbricht den Streit. "Das führt doch zu nichts. Uns läuft die Zeit davon. Wir haben nur noch einen einzigen Versuch. Qori - wirst du uns noch einmal zur Verfügung stehen?"

Qori fährt sich mit der Hand durch das füllige Haar, schreitet auf und ab. Niemand wagt, die Stille zu unterbrechen. Jeder ist sich bewusst, von seiner Zustimmung hängt das ganze Projekt ab.

Endlos scheint die Zeit, bis Qori das Wort ergreift. "Wir sind nur Werkzeuge für das Göttliche Werk. Wir sind Gott. Jeder Einzelne von uns trägt diesen Funken in sich. Jeder Einzelne ist für sein Handeln verantwortlich. Vor sich selbst und vor dem Göttlichen. Wir opfern unsere Zeit, unser Geld, unsere Fähigkeiten, unser Leben für ein fragwürdiges Experiment. Wir basteln uns eine neue Vergangenheit zurecht, statt in der Gegenwart für die Zukunft zu arbeiten. Dürfen wir, die wir den Göttlichen Willen verkörpern, uns auch anmaßen, diesen Willen zu kennen? Wenn es der Göttliche Wille ist, warum sind es dann schon neun gescheiterte Versuche?"

"Weil Zehn die Zahl der Vollendung ist", meldet sich eine sanfte männliche Stimme aus dem Halbdunkel des Raumes. Das achte Segment seines Fächers ist rot gefärbt. Miguel, der Kabbalist und Alchemist mit dem geheimen Wissen der Mysterien alter Kulturen und dem fotografischem Gedächtnis. Ein wandelnder Datenspeicher durch alle Zeiten von frühester Kindheit an.

Qori blickt ihm tief in die Augen. "Und wenn wir uns irren? Wenn zwar das Experiment klappt, aber der erhoffte Wandel scheitert? War dann?"

"Dann war es der Göttliche Wille." Miguel begegnet seinem Blick offen.

"Schieben wir es also auf das Göttliche?" Qori lacht bitter auf. "Oh ja! Das ist ja so einfach!"

„Qori, wir verstehen sehr gut, wie du dich fühlst“, erklingt eine weibliche Stimme, die zu einer unscheinbaren, molligen Frau mittleren Alters gehört, deren fünftes Fächerglied rot gefärbt ist. „Was rätst du einer unfruchtbaren Frau, die sich so sehr Kinder wünscht, dass sie dafür bereit ist, auf künstlichem Wege ein Kind zu erschaffen, das ihr und ihrem Partner gleicht und ihrem Leben einen Sinn gibt?“

„Sie soll es sich sehr gut überlegen!“ Schärfe liegt in Qoris Stimme, aber die Wut ebbt langsam ab.

Malissa sucht seinen Blick. „Und wenn sie sich dafür entscheidet?“

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