Schönheit statt Asche

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Schönheit statt Asche
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Zac Poonen



Schönheit statt Asche



Christus-Leben statt selbstzentriertes Leben





Dieses ebook wurde erstellt bei






Inhaltsverzeichnis





Titel







Widmung







Dieses Buch und du







Kapitel 1: Die Verdorbenheit des selbstzentrierten Lebens







Kapitel 2: Der Pfad zum Christus-Leben - Gebrochen werden







Kapitel 3: Der Pfad zum Christus-Leben - Sich selbst entäußern







Kapitel 4: Die Schönheit des Christus-Lebens







Impressum neobooks







Widmung






Für ANNIE,







meine in Liebe ergebene Gehilfin,







die treu hinter den Kulissen stand







und mich in meinem Dienst aufrechterhalten hat.







Der Mund könnte nicht sprechen,







noch könnte die Hand schreiben,







wenn das Herz sie nicht mit Lebensblut versorgte.







Dieses Buch und du



Als Gott den Menschen schuf, hatte er einen großen und wunderbaren Plan. Von allen Geschöpfen wurde allein der Mensch mit der Fähigkeit erschaffen, das Leben Gottes zu teilen und an der göttlichen Natur teilzuhaben. Aber dieses Privileg konnte er nur genießen, wenn er sich aus freiem Willen entschied, ein gottzentriertes Leben zu führen.



Die beiden Bäume im Garten Eden waren ein Symbol für zwei Lebenswege. Adam konnte entweder vom Baum des Lebens (der Gott selbst symbolisierte) nehmen und durch das göttliche Leben leben oder aber vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen nehmen und dadurch sein eigenes selbstzentriertes Leben ausbilden und unabhängig von Gott leben. Wie wir alle wissen, entschied er sich für das Letztere. Da wir von Adam abstammen, haben wir jetzt alle dieses ausgeprägt selbstzentrierte Leben.



Als aber Adam fiel, änderte sich Gottes Plan für den Menschen nicht. Christus ist in die Welt gekommen, damit wir von dem selbstzentrierten Leben, das wir geerbt haben, befreit werden und erneut die Möglichkeit haben, vom Baum des Lebens zu nehmen. Das ist das Leben im Überfluss, das Christus uns anbietet.



Jesaja hatte prophezeit, dass Christus durch sein Kommen die Menschen aus Knechtschaft und Gebundenheit befreien würde (Jes 61,1-3). Der Mensch ist nicht nur vom Teufel, sondern auch durch sein selbstzentriertes Leben gebunden. Jesaja sagte, dass Christus bei denen, die er frei macht, die

Asche

 gegen

Schönheit


austauscht

. Asche ist ein sehr passendes Symbol für das selbstzentrierte Leben – denn Asche versinnbildlicht dessen Hässlichkeit und Nutzlosigkeit.

Christus bietet uns die Schönheit seines eigenen Lebens an, um damit die Asche unseres selbstzentrierten Lebens zu ersetzen.

 Was für ein Privileg! Und doch genießen viele Christen dieses Privileg nicht in vollem Umfang. Warum nicht?



Wie können wir in den vollen Genuss dieses Christus-Lebens kommen? Das ist das Thema dieses Buches.



Die Predigten dieses Buches wurden im Mai 1971 auf der Nilgiris-Keswick

-

Konferenz (Thema:

Tieferes Leben in Christus

) in Coonoor, Südindien, gegeben.



Wir werden auf den folgenden Seiten

vier

 Personen der Bibel betrachten, von denen jede uns etwas lehren wird





Kapitel 1: Die Verdorbenheit des selbstzentrierten Lebens



Wir können niemals die Befreiung von unserem selbstzentrierten Leben genießen, wenn wir nicht zuvor etwas von dessen völliger Verdorbenheit begreifen. Betrachten wir den älteren Sohn (im Gleichnis vom „verlorenen Sohn“ in Lukas 15), denn er veranschaulicht vielleicht besser als sonst jemand in der Bibel die völlige Verdorbenheit des selbstzentrierten Lebens.



Der jüngere Sohn wird gewöhnlich als der schlimmere der beiden angesehen. Aber wenn wir den älteren Bruder etwas sorgfältiger betrachten, werden wir feststellen, dass er in Gottes Augen genauso schlimm, wenn nicht schlimmer, war. Es stimmt, dass er nicht solche Sünden wie sein jüngerer Bruder beging. Aber sein Herz war betrügerisch und selbstsüchtig.





Die völlige Verdorbenheit des Menschen





Das menschliche Herz ist bei jeder Person grundsätzlich gleich. Wenn die Bibel das menschliche Herz als trügerisch und verzweifelt böse beschreibt (Jer 17,9), dann bezieht sich diese Beschreibung auf jedes Kind Adams. Vielleicht haben uns zivilisatorische Verfeinerung, mangelnde Gelegenheit und eine behütete Erziehung davon abgehalten, in die schweren Sünden zu fallen, in die manche andere gefallen sind. Aber deswegen dürfen wir nicht denken, dass wir besser seien als jene. Denn wenn wir demselben Druck ausgesetzt gewesen wären, hätten wir zweifellos die gleichen Sünden begangen. Es mag demütigend sein, sich diese Tatsache einzugestehen, doch es ist die Wahrheit. Je eher wir diese Tatsache erkennen, desto rascher werden wir Befreiung erleben. Paulus erkannte, dass in seinem Fleische nichts Gutes wohnte (Röm 7,18). Das war der erste Schritt zur Freiheit (Röm 8,2).



Menschen schauen auf die äußere Erscheinung und nennen manche gut und manche schlecht. Aber Gott, der auf das Herz schaut, sieht alle Menschen im selben Zustand. Die Bibel lehrt die totale Verdorbenheit aller Menschen. Betrachte z.B. Römer 3,10-12: (Luther 1984): „Da ist keiner, der gerecht ist,

auch nicht einer

. Da ist keiner, der verständig ist; da ist keiner, der nach Gott fragt. Sie sind alle abgewichen und allesamt verdorben. Da ist keiner, der Gutes tut, auch

nicht einer

.“ Römer 3,10-20 fasst die Schuld der ganzen Menschheit zusammen – sowohl der nicht religiösen als auch der religiösen Menschen. In Römer 1,18-32 haben wir eine Beschreibung des

„jüngeren Sohnes“

 – des äußerlich unmoralischen und gottlosen Menschen. In Römer 2 haben wir die Beschreibung des

„älteren Sohnes“

 – des religiösen Menschen, der ein ebenso schlimmer Sünder ist. Nachdem diese beiden Kategorien von Menschen beschrieben wurden, fasst der Heilige Geist alles zusammen und sagt, dass beide Gruppen gleichermaßen schuldig sind. Es gibt keinen Unterschied zwischen der einen und der anderen Gruppe.



Der Mensch ist in der Tat völlig verdorben; und wenn Gott nicht seine Hand ausstreckt und etwas für ihn tut, dann gibt es keine Hoffnung für ihn.





Selbstzentriertheit





Der ältere Sohn (Lk 15,25-32) kann als Bild für einen christlichen

Arbeiter

 angesehen werden. Wenn der Vater in der Geschichte ein Bild für Gott ist, ist es legitim, den Sohn als Bild für einen aktiven Christen zu sehen – denn wir lesen im Gleichnis, dass er nach seiner Tagesarbeit auf den Feldern seines Vaters nach Hause kommt. Hier war kein fauler junger Mann, der zu Hause saß und sich am Reichtum seines Vaters erfreute. Hier war jemand, der hart für seinen Vater arbeitete, jemand, der

anscheinend

 seinen Vater mehr liebte als es sein jüngerer Bruder tat – denn schließlich hat er das Elternhaus nicht verlassen und den Reichtum seines Vaters verschleudert, so wie Letzterer. Er war

scheinbar

 hingegebener, aber, wie wir sehen werden, ebenso selbstsüchtig wie sein jüngerer Bruder. Es ist das Bild eines Christen, der aktiv im Werk des Herrn und dem Anschein nach voller Hingabe an seinen Herrn ist, der aber immer noch auf sich selbst zentriert ist.



Gott schuf diese Welt mit bestimmten festen Gesetzen. Wenn diese Gesetze verletzt werden, entsteht in irgendeiner Form ein Verlust oder Schaden. Nehmen wir ein Gesetz als Beispiel: Gott bestimmte, dass sich die Erde um die Sonne drehen soll. Hätte die Erde einen eigenen Willen und würde sich eines Tages entscheiden, dass sie nicht länger auf die Sonne als Zentrum ausgerichtet sein möchte, sondern sich nur noch um sich selbst drehte, dann gäbe es keinen Wechsel der Jahreszeiten mehr und bald würde alles Leben auf der Erde zugrunde gehen. Der Tod würde eintreten.



In gleicher Weise wurde Adam geschaffen, um auf Gott zentriert zu sein. An dem Tag, an dem er Gott als sein Zentrum verwarf und die Entscheidung traf, auf sich selbst zentriert zu sein – denn das bedeutete seine Entscheidung, von dem Baum zu essen, den Gott verboten hatte – an diesem Tag starb er, wie Gott es gesagt hatte.



Hier ist eine Lektion für uns: In dem Maße, in dem unser christliches Leben und unser christlicher Dienst

selbstzentriert

 sind, in dem Maße werden wir geistlichen

Tod

 erfahren – obwohl wir wiedergeboren sind und fundamentalistische Lehren vertreten. Und ganz unbewusst werden wir den geistlichen Tod auch an andere weitergeben. Wir mögen den Ruf haben, eifrige Arbeiter für den Vater zu sein (wie vielleicht auch der ältere Sohn), aber dennoch verdienen wir möglicherweise die Zurechtweisung des Herrn: „Ich kenne deine Werke: Du hast den Namen, dass du lebst, aber du bist tot“ (Offb 3,1). Diese Möglichkeit ist eine große Tragik und Gefahr im christlichen Werk. Viele christliche Arbeiter leben von dem Ruf, den sie sich erarbeitet haben. Da andere zu ihm aufschauen, ist sich der christliche Arbeiter oft nicht bewusst, dass Gott ihn in einem völlig anderen Licht sieht. Er wurde selbst nie von seiner Ichbezogenheit befreit, und so ist er unfähig, andere zu befreien – wenn er auch bewundernswert predigen kann!

 



Und so wird uns allen in der Geschichte des älteren Sohnes eine Warnung gegeben.





Das Böse im Herzen erkennen





Oft lässt Gott es zu, dass Druck und Stress in unser Leben kommen, um das verdorbene egoistische Leben in unserem Inneren ans Tageslicht zu bringen, damit wir anfangen, uns so zu sehen, wie wir wirklich sind. Es ist leicht, uns für geistlich zu halten, wenn die Umstände leicht sind. Wenn wir keine Probleme zu bewältigen haben, wenn niemand uns irritiert, wenn die Dinge glattgehen und unsere Kollegen nett sind, dann können wir uns über den wahren Zustand unseres Herzens selbst betrügen. Aber warte, bis wir einen Kollegen bekommen, der uns ständig reizt oder einen Nachbarn, der uns ärgert, dann bröckelt die Fassade unserer Geistlichkeit und unser selbstzentriertes Leben zeigt sich in all seiner Hässlichkeit.



Genau das ist dem älteren Sohn passiert. Als sein jüngerer Sohn geehrt wurde, regte er sich auf. Niemand hätte je gedacht, dass der ältere Sohn so reizbar reagieren würde. Er schien immer so nett zu sein. Aber bislang war er nie einem solchen Druck ausgesetzt gewesen. Nun wurde seine wahre Natur offenbar. Nicht die Provokation dieses Augenblicks machte ihn böse. Die Provokation brachte nur an die Oberfläche, was die ganze Zeit in ihm war.



Amy Carmichael hat gesagt: „Aus einem Becher, der bis zum Rand mit

süßem

 Wasser gefüllt ist, kann nicht ein einziger Tropfen

bitteren

 Wassers herausschwappen, wie plötzlich man ihn auch schüttelt.“ Wenn bitteres Wasser aus unserem Leben und von unseren Lippen kommt, dann deshalb, weil es schon immer da war. Nicht die Provokation oder die Irritation macht uns bitter oder ungeistlich. Sie bringen nur das aus uns hervor, was bereits da ist. Deshalb sollten wir Gott dankbar sein, dass er solche Zeiten in unser Leben kommen lässt, in denen wir die Verdorbenheit unseres Charakters sehen. Gäbe es solche Anlässe nicht, würden wir vielleicht niemals erkennen, dass es in uns einen Brunnen der Verdorbenheit gibt und dass in unserem Fleisch nichts Gutes wohnt.



Dies lehrt uns auch, dass Gefühlsunterdrückung

nicht

 Sieg ist. Der eine explodiert vor Zorn in einer schwierigen Situation, während ein anderer (mit etwas mehr Selbstbeherrschung) nur innerlich kocht, aber keinen Dampf über seine Lippen entweichen lässt. In den Augen der Menschen gilt die zweite Person vielleicht als sanftmütig. Aber Gott, der die Herzen kennt, weiß, dass beide innerlich kochten und für ihn sind beide gleich schlecht. Ihr unterschiedliches Verhalten lag nur an ihrer unterschiedlichen Wesensart und ist für Gott nicht von Bedeutung.



Wenn Gefühlsunterdrückung Sieg wäre, dann gehörten Verkäufer zu den christusähnlichsten Menschen, die ich kenne! Wie sehr die Kunden auch ihre Geduld auf die Probe stellen, so bleiben sie doch um des Geschäftes willen stets freundlich – selbst wenn sie innerlich kochen!



Nein, Gefühlsunterdrückung ist kein Sieg. Gott möchte nicht, dass wir nur befreit und geistlich

scheinen

 – sondern dass wir

tatsächlich

 befreit sind. Paulus sagte: „… doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20). Das ist der Punkt, an den Jesus uns bringen möchte.



Wir wollen nun einige Merkmale des Ich-Lebens betrachten, und zwar was die Haltung Gott gegenüber und was die Haltung den Menschen gegenüber betrifft. Beide Aspekte sehen wir in der Geschichte des älteren Sohnes dargestellt.





Die Einstellung der selbstzentrierten Person gegenüber Gott







Legalismus





Die Haltung des Ich-Lebens Gott und dem Dienst für Gott gegenüber ist von einem Geist der Gesetzlichkeit geprägt. Das Ich kann versuchen, Gott zu dienen. Es kann auch im Dienst sehr aktiv sein – aber es ist stets legalistischer Dienst. Es begehrt eine Belohnung für den Dienst, den es Gott entrichtet. „Ich habe dir all diese Jahre gedient“, sagt der ältere Sohn zum Vater, „aber du hast mir niemals ein Zicklein gegeben.“ All die Jahre hatte er seinem Vater nur wegen der Belohnung gedient, aber offenbar wurde es erst jetzt. In diesem Moment des Drucks kam die Wahrheit ans Licht.



Das ist die Art und Weise, wie das Ich Gott dient – nicht aus freien Stücken, nicht freudig und spontan, sondern in der Hoffnung auf Gewinn. Der erhoffte Gewinn mag sogar ein geistlicher Segen von Gott sein, und doch ist ein Dienst für Gott auch aus solchem Motiv legalistisch und für Gott nicht annehmbar.



Der ältere Sohn fand den Vater hart und grausam, weil er in all den Jahren seine Arbeit nicht belohnt hatte. Er war wie der Mann, dem ein Talent gegeben war und der zur Zeit der Abrechnung zu seinem Herrn kam und sagte: „Hier ist dein Pfund, das ich verwahrt habe (ohne damit Gewinn zu erhandeln), denn ich fürchtete mich vor dir (dass du meinen Gewinn verlangst),

weil du ein harter Mann bist

 (Lk 19,21). Das Ich meint, dass Gott so schwer zufriedenzustellen ist, und so müht es sich ab, Gott zu dienen und verurteilt sich doch selbst, weil es den Ansprüchen eines solchen „fordernden“ Gottes nicht genügen kann!



Das ist nicht die Art von Dienst, die Gott von irgendeinem von uns erwartet. Die Bibel sagt: „Einen freudigen Geber hat Gott lieb“ (2Kor 9,7). Ebenso freut sich Gott über einen Menschen, der freudig dient, weder unwillig noch aus Zwang. Lieber hätte er gar keinen Dienst, als

widerwilligen

 Dienst. Wenn jemand wegen der Belohnung dient, dann dauert es nicht lange, bis er Gott anklagt, dass er nicht ausreichend gesegnet ist. Noch schlimmer wird es, wenn ein anderer mehr gesegnet wird als er.



Wenn wir jemals unsere Arbeit und unseren Segen mit der Arbeit und dem Segen anderer vergleichen, dann kann das nur daran liegen, dass unser Dienst legalistisch ist. Jesus erzählte einmal das Gleichnis von Arbeitern, die ein Mann zu verschiedenen Stunden des Tages eingestellt hatte. Am Ende des Tages gab der Hausherr jedem einen Denar. Diejenigen, die am längsten gearbeitet hatten, kamen zum Hausherrn und beschwerten sich mit den Worten: „Wie kannst du uns den gleichen Lohn wie den anderen geben? Wir verdienen mehr.“ Diese Menschen dienten für Lohn – und als sie das erhielten, dem sie zugestimmt hatten, beschwerten sie sich, dass andere nicht so viel erhalten sollten wie sie (Mt 20,1-16).



Das ist genau das, was wir beim älteren Sohn sehen. Er sagt zu seinem Vater: „Wie kannst du all das meinem jüngeren Bruder geben. Ich bin derjenige, der dir treu gedient hat, nicht er.“



Als die Israeliten Gott widerwillig dienten, sandte er sie in die Gefangenschaft, wie er ihnen angekündigt hatte: „Weil du dem Herrn, deinem Gott, nicht gedient hast mit Freude und Lust deines Herzens, obwohl du Überfluss hattest an allem … daher wirst du deinen Feinden dienen“ (5Mo 28,47). Gott hat kein Gefallen an legalistischem Dienst.



Selbstzentrierte Christen dienen Gott oft, um in den Augen anderer den Eindruck von Geistlichkeit aufrechtzuerhalten. Nicht aus reiner und inniger Liebe zu Christus sind sie im christlichen Dienst aktiv, sondern aus Angst, dass andere sie für ungeistlich halten könnten, wenn sie nichts tun. Und wenn solche Menschen einen leichten Weg wählen, der ihnen finanziellen Gewinn bringt, geben sie sich große Mühe, jeden davon zu überzeugen, dass Gott sie diesen Weg geführt hat! Wozu diese Selbstrechtfertigung, wenn nicht aus der heimlichen Angst, andere könnten sie jetzt für weniger geistlich halten! Welche Belastung und welche Knechtschaft bedeutet es, wenn man Gott auf diese Weise dient.



Welche Freude und Freiheit liegt aber in dem Dienst, der aus der Liebe Christi entspringt! Liebe ist das Öl, welches die Maschinerie unseres Lebens schmiert, sodass sie nicht quietscht und ächzt! Jakob arbeitete sieben Jahre lang, um Rahel zu bekommen. Die Bibel sagt, dass ihm diese sieben Jahre „wie einzelne Tage vorkamen, so lieb hatte er sie“ (1Mo 29,20). So wird es bei uns sein, wenn unser Dienst für Gott aus der Liebe entspringt. Es wird keine Überbelastung und keine Plackerei geben.



Die Bibel lehrt uns, dass die Beziehung Christi zu seiner Kirche wie die eines Ehemannes zu seiner Frau ist. Was erwartet ein Ehemann in erster Linie von seiner Frau? Nicht ihren Dienst. Er heiratet sie nicht, damit sie für ihn kocht und seine Kleider wäscht, als ob dies am wichtigsten wäre. Was er in erster Linie erwartet, ist ihre Liebe. Ohne diese ist alles andere wertlos. Diese Liebe sucht Gott auch bei uns.





Unbelehrbarkeit





Ein weiteres Kennzeichen des selbstzentrierten Lebens ist Unbelehrbarkeit. Als der ältere Sohn zornig vor dem Haus stand, kam sein Vater heraus und redete flehentlich mit ihm. Aber er war halsstarrig und wollte nicht hören.



Wahrlich, „es ist besser, ein armer, aber weiser Junge zu sein, als ein alter und törichter König, der jeden Rat ablehnt“ (Pred 4,13; nach der „Living Bible“, kurz LB). Wer glaubt, dass er alles weiß und sich daher weigert, von anderen zu lernen, ist in der Tat in einem bedauernswerten Zustand.



Ein selbstzentrierter Mensch ist so sicher, dass er Recht hat, dass er nicht bereit ist, Korrektur anzunehmen und nicht kritisiert werden mag. Unsere Geistlichkeit wird vielleicht niemals mehr geprüft als in Zeiten, in denen wir Widerstand und Widerspruch erfahren.



A. W. Tozer sagte, wenn wir kritisiert werden, sollte uns allein wichtig sein, ob die Kritik richtig oder falsch ist, nicht ob die Person, welche die Kritik übt, ein Freund oder ein Feind ist. Unsere Feinde sagen uns oft mehr Wahrheiten über uns als es unsere Freunde tun.



Eine unbeugsame, halsstarrige Einstellung ist ein eindeutiges Zeichen von Selbstzentriertheit. Und denken wir daran, dass eine unnachgiebige, defensive Einstellung zu unseren Mitmenschen auf eine ähnliche Einstellung in unserem Herzen zu Gott hinweist. Wenn wir nicht bereit sind, von unseren Geschwistern (sogar vom Jüngsten unter uns) belehrt und korrigiert zu werden, zeigt das nur, wie sehr wir trotz all unserer geistlichen Erfahrung und unseres Bibelwissens mit uns selbst beschäftigt sind.



Der Vater redet flehentlich mit seinem älteren Sohn, aber der ist gekränkt und voller Selbstmitleid. Der selbstzentrierte Christ liebt es, wenn man ihm schmeichelt und ihm nach dem Mund redet und wenn er wie ein kleines Kind gehätschelt wird – sogar von Gott. Gott muss immer weiter auf solche Menschen einreden, aber sie hören nicht so leicht. Am Ende finden sie sich vielleicht, wie der ältere Sohn, außerhalb des Vaterhauses wieder.



Siehst du, wie entsetzlich das Herz des Menschen ist?





Die Haltung des selbstzentrierten Menschen zu seinen Mitmenschen







Eifersucht und das Streben nach Ehre





Wenn unsere Gemeinschaft mit Gott angespannt oder zerbrochen ist, hat das unweigerlich Auswirkungen auf unsere Beziehungen zu unseren Mitmenschen. Als Adam vom Leben Gottes abgeschnitten wurde, verlor er auch sogleich seine Liebe zu Eva. Als Gott ihn fragte, ob er gesündigt hatte, beschuldigte er seine Frau und sagte: „Herr, es ist nicht meine Schuld – diese Frau hat Schuld.“



Ein Merkmal selbstzentrierten Lebens ist Eifersucht. Der ältere Sohn im Gleichnis war auf seinen jüngeren Bruder eifersüchtig – das war es, was ihn zornig machte. All diese Jahre war der ältere Sohn der unangefochtene Erbe im Hause gewesen. Die Diener verbeugten sich vor ihm. Aber nun ist seine Position bedroht. Jemand anders im Haus steht nun im Zentrum der Aufmerksamkeit. Das anzusehen kann er nicht ertragen. Und in seinem Herzen erhebt die Eifersucht, das grünäugige Monster, ihr hässliches Haupt.



Das selbstzentrierte Leben will von anderen wahrgenommen werden. Es liebt das Lob von Menschen und ist deutlich erfreut, wenn es das einzige Objekt der Bewunderung ist. Es liebt den höchsten Platz und es lenkt ständig auf die eine oder andere Weise die Aufmerksamkeit auf sich. Der selbstzentrierte Christ sucht nach Gelegenheiten, anderen zu erzählen, was er für den Herrn getan hat – vielleicht auf eine sehr fromme Weise, aber insgeheim erwartet er Anerkennung. Er wird unglücklich und unruhig, wenn jemand anders Erfolg hat oder etwas besser macht als er selbst.



Die selbstzentrierte Person ist schnell aufgebracht und empfindlich. Sie verlangt nach Anerkennung und möchte um Rat gefragt werden. Sie wäre sogar sehr gekränkt, wenn sie z.B. in einer Ausschusssitzung nicht um Rat gefragt würde. Sie hat eine so hohe Meinung von sich, dass sie gerne redet und redet und meint, dass alle ihren wertvollen Rat brauchen! Es gibt Christen, die, wenn sie einmal den Mund auftun, es schwerfinden, ihn wieder zu schließen und die immer weiterreden und nicht merken, dass alle um sie herum schon angewidert sind. Eine unbeherrschte Zunge gehört zu den Merkmalen des nicht gekreuzigten Lebens.

 



Der selbstzentrierte Christ weiß nicht, wie man freudig und demütig den zweiten Platz einnimmt. Er ist aufgebracht, wenn einem anderen die Leitung übertragen wird und er selbst die zweite Geige spielen muss. Nur dann ist er bereit, den zweiten Platz einzunehmen, wenn er weiß, dass er dadurch beim Abgang des Leiters an die erste Stelle treten kann!



Vom deutschen Kaiser wurde gesagt, dass er überall im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen wollte. Wenn er zu einer Kindstaufe ging, wünschte er das Baby zu sein; wenn er zu einer Hochzeit ging, wünschte er die Braut zu sein; und wenn er zu einem Begräbnis ging, wünschte er der Leichnam zu sein! Vergessen wir nicht, dass sein Herz auch nicht schlimmer als unseres war.



Selbstzentriertheit in einem Menschen bewirkt, dass er sogar bei den heiligsten Handlungen die Aufmerksamkeit auf sich zieht – selbst wenn er eine Predigt hält oder sogar zu Gott betet! Ein selbstzentrierter christlicher Leiter wird das geistliche Wachstum derer, denen er dient, behindern – denn er zieht Menschen zu sich selbst und nicht zu Christus. Ein wahrer Mann Gottes wird die Menschen immer über sich hinaus zu Christus führen. Dazu ruft Gott uns alle auf. Aber wie wenige handeln danach.





Jüngere Arbeiter hindern





Ein selbstzentrierter christlicher Leiter hindert andere unter ihm daran, Leiter zu werden, damit seine eigene Position nicht bedroht wird. Also leitet er so, dass er sich für die, denen er dient, unverzichtbar macht. Das ist völlig gegen den Willen Gottes. Oswald Chambers sagte einmal, dass jemand, der sich für eine andere Seele unverzichtbar macht, die Ordnung Gottes verlassen hat. Für eine menschliche Seele ist Gott allein die einzige absolute Notwendigkeit. Möge keiner von uns versuchen, seinen Platz einzunehmen.



Niemand ist in der Kirche Christi unverzichtbar. Gottes Werk kann leicht ohne uns weitergeführt werden. In der Tat kann es sogar viel besser ohne die Hilfe von eingebildeten Leuten, die sich für unverzichtbar halten, vorangebracht werden! Wir müssen diese Tatsache ständig klar erkennen. Ich las einmal von einer Methode, einen jeden demütig zu machen, der sich für „unverzichtbar“ hält. Es wurde empfohlen, dass er einen Eimer mit Wasser füllt und seine Hand bis zum Handgelenk in das Wasser steckt – und sie dann herauszieht. Das Loch, das im Wasser zurückbleibt, wird ein Maß dafür sein, wie sehr er vermisst wird, wenn er weg ist! Unsere Gaben sind für die Kirche nützlich; aber niemand ist unverzichtbar.



Wir müssen bereit sein, uns jederzeit in den Hintergrund zurückzuziehen, wenn Gott uns dazu aufruft. Aber der selbstzentrierte christliche Arbeiter wird das niemals akzeptieren. Er wird an seiner Position so lange wie möglich festhalten wollen. Viele solche „christlichen Arbeiter“ verfaulen heute auf ihren „Thronen“ und hindern so das Werk Gottes. Sie wissen nicht, was es bedeutet, mit Anmut in den Hintergrund zu treten und einem anderen den Platz zu überlassen.



Vielleicht kennst du die Redensart: Erfolg ohne einen Nachfolger ist ein Misserfolg. Jesus erkannte dies und bildete Menschen aus, damit sie sein Werk fortführten. In 3 ½ Jahren hatte er andere ausgebildet, um die Führung seines Werkes zu übernehmen. Was für ein Beispiel für uns, dem wir folgen sollen!



Paulus erkannte die Notwendigkeit, andere Menschen auszubilden, um das Werk fortzuführen. In 2. Timotheus 2,2 sagt er zu Timotheus: „Was ich dir anvertraut habe, das sollst du an andere Menschen weitergeben, die tüchtig sind, andere auszubilden (die vierte Generation)“ (frei übersetzt). Was Paulus damit meinte, war: „Du musst sicherstellen, dass du diesen Schatz anderen anvertraust. Hindere niemals Menschen, die jünger als du sind, daran, aufzusteigen.“ Sogar Geschäftsleute erkennen das Prinzip: „Erfolg ohne einen Nachfolger ist ein Misserfolg“. Aber viele christliche Leiter haben es nicht erkannt. Es ist wahr: „Die Kinder dieser Welt sind in ihrer Generation weiser als die Kinder des Lichts“.



Tatsächlich ist es nichts anderes als Selbstzentriertheit, die einen Menschen auf jemanden, der jünger ist und manches besser kann, eifersüchtig macht. Kain war eifersüchtig, weil Gott Abel angenommen, ihn selbst aber abgelehnt hatte. Wäre Abel älter als er gewesen, hätte er das ertragen können. Aber es war die schreckliche Tatsache, dass sein

jüngerer

 Bruder besser als er war, die ihn wütend genug machte, Abel umzubringen.



Wir sehen dasselbe im Falle von Josef und seinen Brüdern. Josef erhielt göttliche Offenbarung, und das machte seine zehn älteren Brüder gelb vor Eifersucht – so eifersüchtig, dass sie ihn töten wollten.



König Saul war auf den jungen David eifersüchtig, weil die Frauen sangen: „Saul hat tausend erschlagen, David aber zehntausend.“ Von diesem Tag an war er entschlossen, ihn zu töten. Wieder und wieder spielt sich dieselbe Geschichte in der Menschheitsgeschichte ab – und leider auch in der Geschichte der christlichen Kirche.



Und ebenso waren auch die älteren Pharisäer eifersüchtig auf die Popularität des jungen Jesus von Nazareth und beschlossen, ihn zu kreuzigen, koste es was es wolle.



Wie wohl tut es dagegen, einen Mann wie Barnabas im Neuen Testament zu sehen. Er war schon lange im Dienst und nahm den neu bekehrten Paulus unter seine Fittiche, als niemand sonst ihn akzeptieren wollte. Barnabas brachte ihn in die Gemeinde in Antiochia und bestärkte ihn. In Apostelgeschichte 13 lesen wir, dass Barnabas und Paulus sich gemeinsam auf eine Missionsreise begaben. Und als Barnabas sah, dass Gott den Jüngeren zu einem größeren Dienst als ihn berief, zog er sich bereitwillig zurück und trat gern in den Hintergrund. Und fast unbemerkt verändert sich in der Apostelgeschichte die Wendung „Barnabas und Paulus“ in „Paulus und Barnabas“. Heute leidet die christliche Kirche, weil es wenige gibt, die wie Barnabas wissen, was es bedeutet, in den Hintergrund zu treten und einem anderen die Ehre zuteilwerden zu lassen. In unbedeutenden Angelegenheiten sind wir bereit zurückzustehen. Wenn wir z.B. durch eine Tür gehen, lassen wir gern anderen den Vortritt. Aber in den bedeutenden Dingen – wie Position und Leitung in der christlichen Kirche – sind wir nicht so bereitwillig. Unser selbstzentriertes Leben ist so trügerisch. Wir können in unbedeutenden Dingen eine falsche Demut an den Tag legen. Aber in den wichtigen Dingen erkennen wir, wie wir wirklich sind.





Stolz





Der selbstzentrierte Mensch denkt sehr hoch von sich selbst. Der ältere Sohn sagte: „All diese Jahre habe ich hart für dich gearbeitet und mich nie geweigert zu tun, was du mir aufgetragen hast.“ Er war stolz auf seine gehorsame Arbeit für seinen Vater. Stolz erwächst in unserem Herzen nicht allein wegen unserer Vorzüge und Erfolge, sondern auch, wenn wir glauben, dass andere Menschen in unserem Umfeld nicht so gut abschneiden wie wir. Stolz kommt immer davon, dass wir uns mit anderen vergleichen. Wenn andere in unserem Umfeld eindeutig besser sind als wir, wären wir niemals stolz. Gäbe es in der Geschichte einen dritten Bruder, der dem Vater noch treuer diente, hätte der ältere Sohn in dessen Gegenwart niemals Stolz empfinden können. Aber wie es war, glaubte er, im Vergleich zu seinem jüngeren Bruder schneide er doch sehr viel besser ab. „Ich habe dir treu gedient“, sagte er zu seinem Vater, „aber schau auf diesen deinen jüngeren Sohn. Was hat er getan? Er hat sein Geld mit Huren verschleudert.“



Stolz war die Ursache für Luzifers Fall. Er verglich sich mit den anderen Engeln und meinte, er sei weiser, schöner und erhabener als sie alle. Er war der gesalbte Cherub, aber er wurde zum Teufel. Viele haben seither die Salbung Gottes auf dieselbe Weise verloren. Du magst wie ein Engel sein, aber Stolz kann dich in einem Augenblick in einen Teufel verwandeln.



Von dieser Krankheit waren die Pharisäer geplagt. Jesus zeichnete das richtige Bild von ihnen in dem Gleichnis vom Pharisäer, der so betet: „Herr, ich danke dir, dass ich nicht bin wie die anderen Leute. Ich faste, bete und gebe den Zehnten usw. – bis zum Überdruss.“ So ist das ichzentrierte Leben. Es kann allerdings auch noch subtiler zum Ausdruck kommen – wie bei der Sonntagsschullehrerin, die mit ihrer Klasse über dieses Gleichnis sprach und dann betete: „Herr,

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?