Gedankenkraft im Geschäfts- und Alltagsleben

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Gedankenkraft im Geschäfts- und Alltagsleben
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Gedankenkraft

im Geschäfts- und Alltagsleben.

von

WILLIAM WALKER ATKINSON

Impressum

Erstveröffentlichung: Psychologischer Verlag, Van Tuyl Daniels Berlin, 1920

Originalausgabe: „Thought-force in business and everyday life”

Neuauflage: F. Schwab Verlag – www.fsverlag.de, 2018

Copyright © 2018 by F. Schwab Verlag

2. Auflage, ISBN: 978-3-944432-44-1

Inhalt

Vorwort

I. Lektion: Begrüßung.

II. Lektion: Der Charakter der Macht.

III. Lektion: Wie Gedankenkraft dem Menschen helfen kann.

IV. Lektion: Unmittelbare psychische Beeinflussung.

V. Lektion: Ein wenig weltliche Weisheit

VI. Lektion: Die Gewalt der Augen.

VII. Lektion: Der magnetische Blick.

VIII. Lektion: Die Willenskraft.

IX. Lektion: Direkte Volation.

X. Lektion: Telepathische Volation.

XI. Lektion: Die Anziehungskraft des Gedankens.

XII. Lektion: Charakter durch geistige Kontrolle erziehen.

XIII. Lektion: Die Kunst der Konzentrierung.

XIV. Lektion: Die Ausführung der Konzentrierung.

XV. Lektion: Der Abschied.

Vorwort

Um mir selbst Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, glaube ich, gut daran zu tun, vorauszuschicken, dass ich das vorliegende Buch in etwas übereilter Weise aus Notizen zusammengestellt habe, die ich bei meinen Vorlesungen zu verwenden pflegte; die darin vorkommenden Lektionen sind denn auch sozusagen als gekürzte Übersichten meiner Vorträge zu betrachten. Sowohl hier wie dort hatte ich es mir lediglich zum Ziel gesetzt, den Schüler mit den Mitteln bekannt zu machen, die in ihm selbst wohnenden gewaltigen Kräfte, persönlichen Magnetismus und psychischen Einfluss, zu entwickeln und mit Erfolg anzuwenden. Diesem Ziel habe ich den Anspruch auf literarischen Stil und alle Versuche, Schönheit in der Diktion hervorzubringen, absichtlich geopfert.

Ich hatte das Gefühl, dass ich eine Botschaft ausführen müsse, und da dachte ich mir, sie schnell, klar und einfach, ohne „Schönschreiberei“ zu verkünden. Wenn mir dabei ein volkstümliches Wort in die Feder kam, um meinen Gedanken auszudrücken, so machte ich Gebrauch davon.

Ich erwarte mit Zuversicht, dass die Kritik den mangelhaften Stil und fehlerhafte Ausdrücke nicht bemängeln wird; ich gestehe die Fehler freimütig ein. Alles andere wurde dem Drang untergeordnet, das Werk so einfach und verständlich wie möglich in die Welt zu schicken. Dies soll nicht etwa eine Entschuldigung sein, sondern nur Erklärung einer Tatsache bedeuten.

Unter Berücksichtigung dieses Umstandes unterbreite ich dieses kleine Buch Ihrem geneigten Urteil. Während ich mir vollkommen seiner Fehler bewusst bin, glaube ich dennoch, dass es für viele von Nutzen sein wird; besonders für solche, welche den Versuch machen, ihre ungünstige Umgebung beiseite zu schieben, und ich hoffe, dass es als Wegweiser dienen wird, den Pfad zum Besseren anzuzeigen. Ich fühle, dass dieses Buch berufen sein wird, die furchtsamen Gedanken aus dem Geist der Menschen zu entfernen, indem es das „Kann nicht“ durch „Ich will“ und „Ich kann“ ersetzt. Ich fühle, dass es diese Aufgaben erfüllen muss, denn es enthält in sich den Kern einer gewaltigen Wahrheit.

Der Verfasser.

I. Lektion: Begrüßung.

Ansichten anderer Schriftsteller. – Irrige Theorien. – Vegetarismus. – Junggesellentum. – Lebensfluidum. – Tiefes Atemschöpfen. – Der mittelst Untersuchung, nicht mittelst Theorien, hervorgerufene tatsächliche Fortschritt. – Das Vorhandensein des persönlichen Magnetismus steht außer Frage. – Eine selbstverständliche Wahrheit. – Resultate, nicht Theorien. – Keine Lieblingstheorien vorbringen. – Glauben Sie nichts, was Sie nicht beweisen können. – „Theorien sind große Seifenblasen, mit welchen die erwachsenen Kinder der Wissenschaft sich selbst unterhalten.“

Die Mehrzahl der Schriftsteller, welche vorliegenden Gegenstand behandelt haben, versuchten einerseits zu beweisen, dass persönlicher Magnetismus wirklich vorhanden sei, und andererseits, dass dieser Magnetismus wohl am besten als die Folgerung einer ihrer Lieblingstheorien zu erklären sei. Einige schreiben die Macht, andere Menschen zu beeinflussen, der vegetarischen Kost zu und beachten hierbei keineswegs, dass einige der am meisten „magnetisch“ angelegten Personen „aus ihren Mägen einen wahren Kirchhof“ gemacht haben. Andere behaupten, dass im Junggesellentum, bzw. in der Vermeidung des geschlechtlichen Verkehrs das Geheimnis zu finden sei, lassen aber hierbei den Umstand ganz außer Betracht, dass die Mehrzahl der „magnetischen“ Individuen nach der erwähnten Richtung gar nicht von den weniger magnetischen Personen abweichen. Noch andere meinen, dass sich die magnetische Kraft rings um uns herum in der Luft befindet, und dass daher ein tiefes Atemschöpfen den Menschen in den Stand setzt, große Quantitäten des Lebensfluidums aufzusaugen, und dass wir in der Lage sind, und wie einen Akkumulator mit dem Fluidum zu laden. Und so weiter, jeder Schriftsteller stellte seine eigene Lieblingstheorie auf.

Es fällt mir nicht ein, die erwähnten Systeme zu verwerfen. Obwohl ich selbst nicht gerade ein Vegetarianer vom reinsten Wasser bin, kann ich meine Sympathie für jene Theorie nicht verschweigen; obgleich ich nicht gerade das Leben eines Junggesellen führe, sehe ich doch viel Gutes in der Doktrin der Enthaltsamkeit, und über den Wert der Keuschheit können zwei Meinungen nicht bestehen. Während ich keineswegs Theorie gelten lassen kann, dass wir die „magnetische Kraft“ aus der Atmosphäre ziehen, bin ich doch ein ernster Vertreter und aufrichtiger Anhänger des „Tiefatemschöpfens“ und der Ansicht, dass sehr viele Krankheiten und physische Schwächen vermieden werden könnten, würde man das Tiefatmen allgemein als Regel annehmen. Das ist ja alles recht gut und schön; bei einigem Nachdenken wird aber jedermann zugeben müssen, dass sie nicht die Hauptfaktoren zur Schaffung des Zustandes genannt werden können, welchen wir unter dem Namen „persönlicher Magnetismus“ kennen. Gewöhnlich beschließen die betreffenden Schriftsteller ihre Vorträge mit den wunderbarsten Prophezeiungen, dass diejenigen, welche sich diese Eigenschaft aneignen und sie zu benutzen wissen, alles zu leisten im Stande sein werden. Sie versäumen jedoch, anzugeben, wie denn diese Eigenschaft zu erwerben ist; diese Frage geht über ihre Theorien. Sie tragen diese vor, aber unterrichten nicht. Sie predigen, aber können nicht lehren. Sie bleiben eben bei der Theorie und vernachlässigen die Tatsachen.

So wurde denn der eigentliche Fortschritt in diesem Zweige der wissenschaftlichen Untersuchungen nicht von Schriftstellern und Theoretikern, sondern nur von wenigen mit großem Ernst vorgehenden Forschern gemacht, welche es sich angelegen sein ließen, durch zahllose praktische Versuche in allen denkbaren Richtungen auf den Grund dieser Wissenschaft zu gelangen, und welche diesen wunderbaren Gegenstand aus dem Bereich der bloßen Spekulation auf eine sichere Grundlage zu stellen wussten.

Der Autor vorliegenden Buches hat sich eingehend mit dem Gegenstand beschäftigt und sich jahrelangen Forschungen darüber hingegeben; er beabsichtigt, mit den hier gesammelten Lektionen seinen Schülern die von ihm und seinen Mitarbeitern gemachten Experimente und Untersuchungen vorzuführen und daraus fundamentale Grundsätze aufzustellen. Seine Arbeit wird sich demnach darauf beschränken, soweit dies überhaupt tunlich erscheint, die erwiesenen Tatsachen und den daraus abgeleiteten Unterricht wiederzugeben, von der Theorie aber nur dann zu sprechen, wenn sich dies als unbedingt notwendig erweisen sollte.

Nach meiner Ansicht hieße es einen verständigen Menschen beleidigen, wenn ich ihm eine ausführliche Beweisführung bieten wollte, dass die in Rede stehende wunderbare Kraft, wenn auch unbenutzt, in seinem Inneren wirklich besteht, dass sie bei einigen bereits entwickelt ist und von allen ausgebeutet werden kann; ich meine jene geheimnisvolle Eigenschaft, welche wir in Ermangelung einer mehr zutreffenden Bezeichnung persönlichen Magnetismus nennen wollen.

Das Vorhandensein dieser Macht beweisen zu wollen, wäre eben so töricht, wie sich zu bemühen, den gewöhnlichen verständigen Menschen von der Tatsache zu überzeugen, dass der Magnet die Nadel beeinflusst, dass die Röntgenstrahlen den Körper des Menschen oder ein noch dichteres Gewebe durchdringen, dass man im Stande ist, eine Botschaft mittelst Elektrizität nach großen Entfernungen zu senden, oder dass dies längs eines Lichtstrahles oder selbst mittelst drahtloser Telegraphie durch die Luft, ohne irgendein anderes Medium zu brauchen, möglich ist. Jeder gebildete Mensch ist sich bewusst, dass diese Phänomene wirklich bestehen, und wird sicherlich nicht verlangen, dass man sie ihm nachweist. Wenn er sich dafür interessiert, wird er zu erfahren wünschen, wie er mit jenen Kräften arbeiten kann, und wird lernen wollen, die betreffenden Experimente selbst auszuführen. Genau so geht es dem Schüler, der sich für den persönlichen Magnetismus interessiert. Er weiß längst, dass es eine solche Kraft gibt. Er merkt sie täglich um sich herum und ist sich der Wunder, welche mit ihrer Hilfe herbeigeführt werden, wohl bewusst. Er weiß vielleicht auch, dass er sie bis zu einem gewissen Grad in sich bereits entwickelt hat; was er aber jedenfalls erfahren möchte, sind die Mittel, durch welche er die in ihm schlummernde Kraft völlig wecken, vervollkommnen und in vernünftiger Weise benutzen kann. Ich werde demnach von der Beweisführung ihrer Existenz Abstand nehmen, da sich ihr Vorhandensein von selbst versteht.

 

Auch will ich eine ermüdende Diskussion über die zahlreichen Theorien vermeiden, die bisher über den persönlichen Magnetismus aufgestellt wurden. Ich selbst schwärme für keine besondere Theorie. Ich will nur zu lehren versuchen, wie die Resultate zu erreichen sind, und dem Leser überlassen, die Theorien anderweitig zu studieren oder sich möglicherweise eine eigene zu bilden. Es liegt mir fern, meine Ansicht über diesen Gegenstand einer anderen aufdrängen zu wollen; doch sei es mir gestattet, meine eigene Auffassung über das Phänomen, welches im vorliegenden Buch besprochen werden soll, kurz darzubieten. Da die Resultate keineswegs von der speziellen Form des Glaubens abhängen, muss es jedermann freigestellt bleiben, diese oder jene Theorie anzunehmen oder zu verwerfen. Viele von jenen, welche die besten Resultate aufweisen konnten, haben eine Theorie nach der anderen verworfen und sind jetzt der Ansicht, gar nicht versuchen zu wollen, die eigentliche Ursache für die Resultate zu erforschen, da sie sich begnügen, ohne dogmatische Theorie weiterzuarbeiten, wenn sie nur wissen, auf welche Weise die besten Resultate zu erreichen sind.

Mit dieser Auseinandersetzung will ich das Gebiet der Theorie verlassen und das Reich der praktischen Wissenschaft betreten. Ich will versuchen, den Leser mit der Entwicklung dieser gewaltigen Macht bekannt zu machen, wie er die von anderen bereits erreichten Resultate nunmehr selbst schaffen kann, und vielleicht gelingt es mir, ihn dazu zu bringen, selbst in dieser Wissenschaft weiter zu forschen und den bisher benutzten Weg des Aberglaubens und der Geheimnistuerei zu verlassen. Meine Bitte geht dahin, nichts anzunehmen, was nicht als erwiesen gilt.

In unserer nächsten Lektion wollen wir den Charakter dieser Macht einer Besprechung unterziehen.

II. Lektion: Der Charakter der Macht.

Die Macht ist nicht von magnetischer Natur. – Ein gelinder Strom von Gedankenwellen. – Gedanken sind Dinge. – Unsere Gedanken greifen uns ebenso an wie andere. – Dem Wechsel der Gedanken-Beschäftigung folgt der Wechsel in der Körper-Erscheinung. – Gedanken nehmen in den Handlungen Gestalt an. – Das Denken ist die größte Kraft auf der Welt. – „Ich kann“ und „ich will“ gegen „ich kann nicht“. – Praktischer Unterricht und nicht abstrakte Vorträge. – Die Anziehungskraft des Denkens. – Furchtgedanken bilden den Ursprung des schädlichen Denkens.

Die meisten Menschen werden bei dem Ausdruck „persönlicher Magnetismus“ annehmen, es sei dies ein Strom, der, von der Persönlichkeit des magnetischen Individuums ausgehend, alle diejenigen anziehen müsse, welche sich in dem Bereich seiner magnetischen Kraft befinden. Diese Annahme ist zwar eine irrtümliche, enthält aber dennoch ein Körnchen Wahrheit. Es gibt in der Tat einen anziehenden Strom, der vom Menschen ausgeht, aber derselbe ist nicht magnetischer Natur, da der Ausdruck „Magnetismus“ doch immer in Verbindung mit dem Magnet selbst oder mit „Elektrizität“ gebraucht zu werden pflegt. Der menschliche magnetische Strom hat zwar bezüglich seiner Wirkung eine gewisse Ähnlichkeit mit dem magnetischen und dem elektrischen Strome, hat aber tatsächlich hinsichtlich des Ursprungs oder Charakters nichts mit diesen zu tun.

Persönlicher Magnetismus ist ein sehr gelinder Strom von Gedankenwellen oder Gedankenschwingungen, ausgehend vom menschlichen Gehirn. Jeder einzelne unserer Gedanken ist eine mehr oder weniger starke Gewalt, die bezüglich ihrer Kraft von dem im Moment seines Entstehens mitwirkenden Antrieb abhängig ist. Wenn wir uns vorstellen, dass wir einen gelinden Strom aussenden, der sich ähnlich wie ein Lichtstrahl ausbreitet und die Gedanken anderer, oftmals weit von uns entfernter Leute beeinflusst, so wird ein machtvoller, mit großer Kraft ausgestatteter Gedanke seine Wirkung tun und oftmals den instinktiven Widerstand gegen äußere Eindrücke bei anderen niederschlagen, während ein schwacher Gedanke unfähig sein würde, auch nur Eingang in die Verstandesburg eines anderen zu finden, es sei denn, dass diese Burg sehr schlecht bewacht wäre. Gedanken, in derselben Richtung wiederholt und immer wieder in gleicher Weise angewandt, werden sich häufig Zutritt erzwingen, wo eine einzelne Gedankenwelle, selbst wenn sie an sich stärker ist, zurückgewiesen würde. Es ist dies die Darstellung eines physikalischen Gesetzes in der psychischen Welt und bestätigt nur das alte Sprichwort von dem stetig auf dieselbe Stelle fallenden Tropfen, der schließlich den Stein aushöhlt. Wir werden alle von den Gedanken unserer Mitmenschen viel mehr beeinflusst, als wir dies selbst glauben. Wohlgemerkt: ich sage nicht von der Meinung anderer, sondern von ihren Gedanken. Ein bedeutender Schriftsteller über dieses Thema stellt mit vollem Recht den Satz auf: „Gedanken sind Dinge“. Und wahrlich sie sind Dinge, und zwar ungemein machtvolle Dinge. Diese Tatsache muss man beachten, um nicht völlig der gewaltigen Kraft anheimzufallen, der Kraft, über deren Charakter wir nichts wissen und deren Dasein überhaupt von vielen geleugnet wird. Andererseits, wenn wir die Gesetze und Regeln kennen, nach welchen diese Kraft anzuwenden ist, werden wir dieselbe bemeistern und als ein Werkzeug und Hilfsmittel gebrauchen können.

Jeder Gedanke, ob schwach oder stark, ob gut oder schlecht, gesund oder krank, verursacht, sobald er in uns entsteht, schwingende Wellen, die mehr oder weniger alle erreichen, die mit uns in Berührung oder in den Bereich unserer Gedankensphäre kommen. Die Gedankenwellen sind mit Ringen zu vergleichen, welche auf einem Teich sich bilden, wenn man einen Stein ins Wasser geworfen hat. Es ist klar, dass die Kraft dort am meisten sich fühlbar machen wird, wohin die Gedankenwellen ganz besonders hinneigen.

Aber außer den anderen greifen die Gedanken uns auch selbst an, und zwar nicht bloß zeitlich, sondern auf die Dauer. Wir werden das, was wir uns einbilden zu sein. Die Worte der Bibel, „Wie der Mensch in seinem Innern denkt, so ist er“, sind buchstäblich wahr. Wir sind alle Geschöpfe unserer eigenen geistigen Schöpfung. Wir wissen, wie leicht es ist, schlecht gelaunt zu werden, oder auch umgekehrt, aber wir sind uns noch nicht darüber klar geworden, dass planmäßig auf einen und denselben Gegenstand gerichtete Gedanken nicht nur, und das ist gewiss der Fall, in dem Charakter des Menschen sich widerspiegeln, sondern auch in seinem Äußeren erkennbar sind. Das ist eine nachweisbare Tatsache, und wir brauchen zu ihrer Bestätigung nur um uns zu blicken. Sie haben gewiss schon bemerkt, wie der Beruf des Mannes sich in seiner Erscheinung kundgibt, wie sein ganzer Charakter davon beeinflusst ist. Was halten Sie wohl für die Ursache dieser Erscheinung? Nichts anderes als die Denkweise selbst. Wenn Sie je Ihren Beruf gewechselt haben, halten im Allgemeinen Ihr Charakter und Ihre Körpererscheinung gleichen Schritt mit dem veränderten Gedankengang. Der neue Beruf, die neue Beschäftigung bringen einen neuen Gedankengang mit sich, und „Gedanken werden in Handlungen umgesetzt“. Sie werden die Sache vielleicht niemals von dieser Seite betrachtet haben; sie ist aber nichtsdestoweniger wahr, und Sie werden hinreichend Beweise für die Richtigkeit dieser Behauptung finden, wenn Sie nur um sich blicken.

Ein Mann, der an Energie denkt, wird auch Energie zeigen. Der Mann, der an Mut denkt, wird auch Mut besitzen. Ein Mann, der denkt: „Ich kann und ich will“, wird erreichen, was er will, während der Mann, welcher denkt: „Ich kann nicht“, gewiss daneben tappt. Jedermann ist von dieser Wahrheit überzeugt. Nun fragt es sich, wodurch denn eigentlich der Unterschied herbeigeführt wird? Durch Gedanken, das gewöhnliche tagtägliche Denken, nichts weiter. Natürlich die Handlung folgt dem Gedanken. Aber warum? Nur einfach deshalb, weil es nicht anders möglich ist. Die Tat folgt stets als das naturgemäße Resultat des vollkräftigen Denkens. Mann muss nur ernstlich denken, das Weitere folgt von selbst. Denken ist unbedingt das wichtigste Erfordernis in der Welt. Wer dies heute noch nicht anerkennt, wird nach dem Studium des vorliegenden Werkes dies gewiss tun. Vielleicht kommt einer und sagt, dass es ihm nichts Neues biete, dass er längst genau wisse, was es heißt „einen Entschluss fassen“, oder sonst eine ähnliche Phrase. Darauf sei mir die Frage gestattet: „Warum haben Sie denn diesen Gedankengang nicht praktisch umgesetzt und etwas aus sich selbst geschaffen?“ Ich werde Ihnen die Antwort geben. Sie dachten „ich kann nicht“, anstatt zu denken „ich kann“. Nun werde ich aber dieses „Ich kann nicht“ in ein stärkeres „Ich kann“ und in ein noch lauteres „Ich will“ umwandeln. Und für diese Gattung von Menschen habe ich das Buch geschrieben; ich beabsichtige, Sie „zu bekehren“, ehe wir vollends zum Schluss kommen.

Ich vermute immer, Sie glaubten, ich würde Ihnen einen überschwenglichen, ausführlichen Vortrag über Dinge in den Wolken halten, und Sie hofften vielleicht, von mir zu hören, auf welche Weise Sie wohl am besten magnetisiert würden, so dass Sie eventuell die Gasflamme mit Ihren Fingerspitzen anzünden oder andere an sich ziehen könnten, ähnlich wie der Stahl zum Magneten strebt. Dachten Sie nicht so? Nun, Sie sehen, so etwas fällt mir nicht ein. Mein Bestreben ist, Ihnen zu zeigen, wie Sie in Ihrem Innern eine Kraft schaffen können, gegen welche Magnetismus sehr schwach erscheinen muss; eine Kraft, die aus Ihnen einen Mann machen wird; eine Kraft, welche in Ihnen das „Ich“ hervorkehren wird; eine Macht, die Sie befähigt, ein Mann mit den Eigenschaften zu werden, einflussreich und erfolgreich zu wirken. Ich werde Ihnen sagen, auf welche Weise Sie „persönlichen Magnetismus“ erwerben können, immer vorausgesetzt, dass Sie ernstlich bestrebt sind, mir zu folgen. Die Arbeit wird nicht nutzlos sein, und sobald Sie die neue Kraft gewahr werden, die sich in Ihrem Innern ausbilden soll, werden Sie die neu gefundene Weisheit nicht gegen ein Vermögen eintauschen wollen.

Nun, es scheint mir, Sie fühlen sich jetzt schon ein klein wenig gestärkt, nicht wahr? Gewiss, dem ist so. Ich habe niemals länger als fünf Minuten zu meinen Schülern über das „Ich kann und ich will“ und über das Selbstgefühl des „Ich“ gesprochen, ohne dass sie sofort die Schultern zurückwarfen, den Kopf hochhielten, einen tiefen Atemzug taten und mir gerade in die Augen blickten, wie es sich für Männer und Frauen nicht andern ziemt. Da war einfach „der Gedanke in Handlung umgesetzt“. Erfassen Sie nun den Zweck? Der in geringer Dosis eingelegte Same von Selbsterkenntnis hat sofort Wurzel gefasst und Früchte gezeitigt. Ehe ich diese Lektion vollende, sollten Sie Ihre Aufmerksamkeit noch auf einen zweiten wichtigen Punkt bezüglich des Denkens richten. Es ist dieses die Anziehungskraft des Gedankens. Passen Sie gut auf, bitte, denn dieser Punkt ist von höchster Wichtigkeit.

Ich werde bei dem Versuch wissenschaftlicher Aufklärung alle technischen Ausdrücke vermeiden und Ihnen die Angelegenheit in der einfachsten Weise zur Kenntnis bringen, und zwar so:

Gedanken ziehen gleiche Gedanken an; die guten Gedanken ziehen gute an, die schlechten schlechte. Der Gedanke an das Starke zieht das Starke an sich; entmutigende Gedanken und Zweifel machen keine Ausnahme, und so geht es mit der ganzen Reihe der Gedanken.

Ihre Gedanken ziehen die entsprechenden Gedanken anderer an sich, so dass also Ihr Gedankenvorrat vergrößert wird. Verstehen Sie den Sachverhalt? Denken Sie an Furcht, und Sie werden alle Furchtgedanken Ihrer Nachbarschaft in sich aufnehmen. Je mehr Sie daran denken, desto größer wird der Zufluss sein. Denken Sie jedoch „ich bin furchtlos“, so werden Sie alle ermutigenden Gedanken um Sie herum erfassen. Versuchen Sie es nur. Besonders das letztere. Furchtgedanken sollte niemand hegen. Denn die Furcht und ihr Sprössling, der Gram, bilden die Ursache des größten Elends, Unglücks und Misslingens auf der Welt. Furcht und Gram erzeugen alle schlechten Gedanken. Später werden wir auf diesen Gegenstand noch einmal zurückkommen; doch bitte ich Sie jetzt schon, mit vollster Energie dieses verderbenbringende Unkraut mit der Wurzel auszurotten, denn es verdirbt den ganzen Garten. Eine große Anzahl anderer giftiger Pflanzen, wie Zweifel, Schüchternheit, Selbstunterschätzung, Eifersucht, Trotz, Missgunst, Neid, Verleumdung und sonstige krankhafte Ideen erstehen gleichzeitig mit. Glauben Sie ja nicht, dass ich Ihnen etwas vorgaukeln will; es ist mir wohlbekannt, dass solche schlechte Gedanken hinderlich sind. Dies werden Sie auch erkennen, wenn Sie ein wenig darüber nachdenken. Machen Sie sich frei und lassen Sie den Sonnenstrahl heller, freudevoller und glücklicher Gedanken herein, und die Mikroben des Zweifels, der Verzweiflung und des Misslingens werden Sie verlassen.

 

Wenn Sie mein bester Freund wären, und ich Ihnen auf meinem Sterbebett für Ihr Wohl noch einen letzten Rat erteilen sollte, so würde es der sein, Ihnen so laut als möglich zuzurufen: „Lasse alle Furcht- und Hassgedanken ein für allemal fahren!“