König Heinrich V. / King Henry V – Zweisprachige Ausgabe

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König Heinrich V. / King Henry V – Zweisprachige Ausgabe
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Übersetzer / Translators: August Wilhelm von Schlegel

e-artnow, 2014

ISBN 978-80-268-0950-0

Editorial note: This eBook follows the original text.

Inhaltsverzeichnis – Table of Contents

KÖNIG HEINRICH V (german)

KING HENRY V (englisch)

Englisch

KÖNIG HEINRICH V

(german)

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

PERSONEN

PROLOG

ERSTER AUFZUG

ERSTE SZENE

ZWEITE SZENE

ZWEITER AUFZUG

PROLOG

ERSTE SZENE

ZWEITE SZENE

DRITTE SZENE

VIERTE SZENE

DRITTER AUFZUG

PROLOG

ERSTE SZENE

ZWEITE SZENE

DRITTE SZENE

VIERTE SZENE

FÜNFTE SZENE

SECHSTE SZENE

SIEBENTE SZENE

VIERTER AUFZUG

PROLOG

ERSTE SZENE

ZWEITE SZENE

DRITTE SZENE

VIERTE SZENE

FÜNFTE SZENE

SECHSTE SZENE

SIEBENTE SZENE

ACHTE SZENE

FÜNFTER AUFZUG

PROLOG

ERSTE SZENE

ZWEITE SZENE

Englisch

PERSONEN

Inhaltsverzeichnis

König Heinrich der Fünfte

HERZOG VON GLOSTER, brüder des königs

HERZOG VON BEDFORD, brüder des königs

HERZOG VON EXETER, Oheim des Königs

HERZOG VON YORK, Vetter des Königs

GRAF VON SALISBURY

GRAF VON WESTMORELAND

GRAF VON WARWICK

ERZBISCHOF VON CANTERBURY

BISCHOF VON ELY

GRAF VON CAMBRIDGE

LORD SCROOP

Sir Thomas Grey, Verschworene gegen den König

Sir Thomas Erpingham

Gower

Fluellen

Macmorris

Jamy, Offiziere in Heinrichs Armee

Bates

Court

Williams, Soldaten in derselben

PISTOL, ehemals Bediente

Nym

Bardolph, ehemals Bediente

Falstaffs, jetzt ebenfalls Soldaten in derselben

Ein Bursch, der sie bedient

Karl der Sechste, König von Frankreich

Louis, der Dauphin

Herzog von Burgund

Herzog von Orleans

Herzog von Bourbon

Der Connétable von Frankreich

Rambures

Grandpré, französische Edelleute

Der Befehlshaber von Harfleur

Montjoye, ein französischer Herold

Gesandte an den König von England

Isabelle, Königin von Frankreich

Katharina, Tochter Karls und Isabellens

Alice, ein Fräulein im Gefolge der Prinzessin Katharina

Wirtin Hurtig, Pistols Frau

Herren und Frauen von Adel, Offiziere, französische und englische Soldaten, Boten und Gefolge

Die Szene ist anfangs in England, nachher ununterbrochen in Frankreich

Englisch

PROLOG

Inhaltsverzeichnis

Chorus (tritt ein).

Oh! eine Feuermuse, die hinan

Den hellsten Himmel der Erfindung stiege!

Ein Reich zur Bühne, Prinzen drauf zu spielen,

Monarchen, um der Szene Pomp zu schaun!

Dann käm, sich selber gleich, der tapfre Heinrich

In Marsgestalt; wie Hund' an seinen Fersen

Gekoppelt, würde Hunger, Feur und Schwert

Um Dienst sich schmiegen. Doch verzeiht, ihr Teuren,

Dem schwunglos seichten Geiste, ders gewagt,

Auf dies unwürdige Gerüst zu bringen

Solch großen Vorwurf. Diese Hahnengrube,

Faßt sie die Ebnen Frankreichs? Stopft man wohl

In dieses O von Holz die Helme nur,

Wovor bei Azincourt die Luft erbebt?

O so verzeiht, weil ja in engem Raum

Ein krummer Zug für Millionen zeugt,

Und laßt uns Nullen dieser großen Summe,

Auf eure einbildsamen Kräfte wirken!

Denkt euch im Gürtel dieser Mauern nun

Zwei mächtge Monarchien eingeschlossen,

Die, mit den hocherhobnen Stirnen dräuend,

Der furchtbar enge Ozean nur trennt.

Ergänzt mit dem Gedanken unsre Mängel,

Zerlegt in tausend Teile einen Mann

Und schaffet eingebildte Heereskraft.

Denkt, wenn wir Pferde nennen, daß ihr sie

Den stolzen Huf seht in die Erde prägen;

Denn euer Sinn muß unsre Kön'ge schmücken.

Bringt hin und her sie, überspringt die Zeiten,

Verkürzet das Ereignis manches Jahrs

Zum Stundenglase. Daß ich dies verrichte,

Nehmt mich zum Chorus an für die Geschichte,

Der als Prolog euch bittet um Geduld;

Hört denn und richtet unser Stück mit Huld!

Englisch

ERSTER AUFZUG

Inhaltsverzeichnis

ERSTE SZENE

Inhaltsverzeichnis

London. Ein Vorzimmer im Palast des Königs

Der Erzbischof von Canterbury und Bischof von Ely treten auf

Canterbury.

Mylord, ich sag Euch, eben die Verordnung

Wird jetzt betrieben, die im elften Jahr

Von der Regierung des verstorbnen Königs

Beinahe wider uns wär durchgegangen,

Wenn die verworrne, unruhvolle Zeit

Aus weitrer Frage nicht verdrängt sie hätte.

Ely.

Doch sagt, Mylord, wie wehrt man jetzt sie ab?

Canterbury.

Man muß drauf denken. Geht sie durch, so büßen

Wir unsrer Güter beßre Hälfte ein.

Denn all das weltlich Land, das fromme Menschen

Im Testament der Kirche zugeteilt,

Will man uns nehmen; nämlich so geschätzt:

Soviel, um für des Königs Staat zu halten

An fünfzehn Grafen, fünfzehnhundert Ritter,

Sechstausendundzweihundert gute Knappen;

Zum Trost für Sieche dann und schwaches Alter,

Für dürftge Seelen, leiblich unvermögend,

Einhundert wohlbegabte Armenhäuser;

Und sonst noch, in des Königs Schatz, des Jahrs

Eintausend Pfund: so lautet die Verordnung.

Ely.

Das wär ein starker Zug.

Canterbury.

Der schlänge Kelch und alles mit hinab.

Ely.

Allein wie vorzubeugen?

Canterbury.

Der König ist voll Huld und milder Rücksicht.

Ely.

Und ein wahrhafter Freund der heilgen Kirche.

Canterbury.

Sein Jugendwandel zwar verhieß es nicht.

Doch kaum lag seines Vaters Leib entseelt,

Als seine Wildheit auch, in ihm ertötet,

Zu sterben schien: ja in dem Augenblick

Kam beßre Überlegung wie ein Engel

Und peitscht' aus ihm den sündgen Adam weg,

Daß wie ein Paradies sein Leib nun blieb,

Das Himmelsgeister aufnimmt und umfaßt.

Nie ward so schnell ein Zögling noch gebildet,

Nie hat noch Besserung mit einer Flut

So raschen Sturmes Fehler weggeschwemmt,

Und nie hat hydraköpfger Eigensinn

So bald den Sitz verloren, und mit eins,

Als jetzt bei diesem König.

Ely.

Die Umwandlung ist segensvoll für uns.

Canterbury.

Hört ihn nur über Gottsgelahrtheit reden,

Und, ganz Bewundrung, werdet Ihr den Wunsch

Im Innern tun, der König wär Prälat;

Hört ihn verhandeln über Staatsgeschäfte,

So glaubt Ihr, daß er einzig das studiert;

Horcht auf sein Kriegsgespräch, und grause Schlachten

Vernehmt Ihr vorgetragen in Musik.

Bringt ihn auf einen Fall der Politik,

Er wird desselben Gordschen Knoten lösen,

Vertraulich wie sein Knieband; daß, wenn er spricht,

Die Luft, der ungebundne Wüstling, schweigt,

Und stumm Erstaunen lauscht in aller Ohren,

Die honigsüßen Sprüche zu erhaschen,

So daß des Lebens Kunst und praktisch Teil

Der Meister dieser Theorie muß sein.

Ein Wunder, wie sie Seine Hoheit auflas,

Da doch sein Hang nach eitlem Wandel war,

Sein Umgang ungelehrt und roh und seicht,

Die Stunden hingebracht in Saus und Braus,

Und man nie regen Fleiß an ihm bemerkt,

Auch kein Zurückziehn, keine Sonderung

Von freiem Zulauf und von Volksgewühl!

Ely.

Es wächst die Erdbeer unter Nesseln auf,

Gesunde Beeren reifen und gedeihn

Am besten neben Früchten schlechtrer Art;

Und so verbarg der Prinz auch die Betrachtung

Im Schleier seiner Wildheit; ohne Zweifel

Wuchs sie wie Sommergras bei Nacht am schnellsten,

Das ungesehn doch kräftges Wachstum hat.

Canterbury.

Es muß so sein, denn Wunder gibts nicht mehr;

Deshalb muß man die Mittel eingestehn,

Wie was zustande kommt.

Ely.

Doch, bester Lord,

Was nun zu tun zur Mildrung dieses Vorschlags,

Den die Gemeinen tun? Ist Seine Majestät

Für oder wider?

Canterbury.

Er scheint unbestimmt,

Doch neigt er mehr auf unsre Seite sich,

Als daß er wider uns den Antrag fördert.

Denn ein Erbieten tat ich Seiner Majestät

Auf unsre geistliche Zusammenrufung,

Und in Betracht von jetzt vorhandnen Gründen,

Die Seiner Hoheit näher ich eröffnet,

Anlangend Frankreich: eine größre Summe

Zu geben, als die Geistlichkeit noch je

Auf einmal seinen Vorfahrn ausgezahlt.

Ely.

Wie nahm man dies Erbieten auf, Mylord?

Canterbury.

Es ward von Seiner Majestät genehmigt;

Nur war nicht Zeit genug, um anzuhören

(Was Seine Hoheit, merkt ich, gern getan),

Das Näh're und die klare Ableitung

Von seinem Recht an ein'ge Herzogtümer

Und überhaupt an Frankreichs Kron und Land

Von Eduard, seinem Ältervater, her.

Ely.

Was war die Hindrung, die dies unterbrach?

Canterbury.

Den Augenblick bat Frankreichs Abgesandter

Gehör sich aus; die Stund ist, denk ich, da,

Ihn vorzulassen. Ist es nicht vier Uhr?

Ely.

Ja.

Canterbury.

Gehn wir hinein, die Botschaft zu erfahren,

Die ich jedoch gar leichtlich raten wollte,

Eh der Franzose noch ein Wort gesagt.

 

Ely.

Ich folg Euch, mich verlangt, sie anzuhören. (Ab.)

Englisch

ZWEITE SZENE

Inhaltsverzeichnis

Ein Audienzsaal im Palast

König Heinrich, Gloster, Bedford, Exeter, Warwick, Westmoreland und Gefolge

König Heinrich.

Wo ist der würdge Herr von Canterbury?

Exeter.

Nicht gegenwärtig.

König Heinrich.

Sendet nach ihm, Oheim.

Westmoreland.

Mein König, soll man den Gesandten rufen?

König Heinrich.

Noch nicht, mein Vetter; Dinge von Gewicht,

Betreffend uns und Frankreich, liegen uns

Im Sinne, über die wir Auskunft wünschen,

Eh wir ihn sprechen.

Der Erzbischof von Canterbury und Bischof von Ely treten auf.

Canterbury.

Gott samt seinen Engeln

Beschirme Euren heilgen Thron und gebe,

Daß Ihr ihn lange ziert!

König Heinrich.

Wir danken Euch.

Fahrt fort, wir bitten, mein gelehrter Herr;

Erklärt rechtmäßig und gewissenhaft,

Ob uns das Salische Gesetz in Frankreich

Von unserm Anspruch ausschließt oder nicht.

Und Gott verhüte, mein getreuer Herr,

Daß Ihr die Einsicht drehn und modeln solltet

Und schlau Eur wissendes Gemüt beschweren

Durch Vortrag eines mißerzeugten Anspruchs,

Des eigne Farbe nicht zur Wahrheit stimmt.

Denn Gott weiß wie so mancher, jetzt gesund,

Sein Blut zu des Bewährung noch vergießt,

Wozu uns Eur Hochwürden treiben wird.

Darum gebt acht, wie Ihr Euch selbst verpfändet,

Wie Ihr des Krieges schlummernd Schwert erweckt;

In Gottes Namen mahn ich Euch: gebt acht!

Denn niemals stritten noch zwei solche Reiche,

Daß nicht viel Blut floß, des unschuldge Tropfen

Ein jeglicher ein weh und bittre Klage

Sind über den, der schuldig Schwerter wetzte,

Die so die kurze Sterblichkeit verheeren.

Nach der Beschwörung sprecht, mein würdger Herr;

Wir wollens merken und im Herzen glauben,

Das, was Ihr sagt, sei im Gewissen Euch

So rein wie Sünde bei der Tauf gewaschen.

Canterbury.

So hört mich, gnädiger Monarch, und Pairs,

Die diesem Herrscherthron eur Leben, Treue

Und Dienste schuldig seid: nichts einzuwenden

Ist wider Seiner Hoheit Recht an Frankreich,

Als dies, was sie vom Pharamund ableiten:

In terram Salicam mulieres ne succedant,

Auf Weiber soll nicht erben Salisch Land.

Dies Sal'sche Land nun deuten die Franzosen

Als Frankreich fälschlich aus, und Pharamund

Als Stifter dieser Ausschließung der Frauen.

Doch treu bezeugen ihre eignen Schreiber,

Daß dieses Sal'sche Land in Deutschland liegt,

Zwischen der Sala und der Elbe Strömen,

Wo Karl der Große, nach der Unterjochung

Der Sachsen, Franken angesiedelt ließ,

Die aus Geringschätzung der deutschen Fraun,

Als die in unehrbaren Sitten lebten,

Dort dies Gesetz gestiftet, daß kein Weib

Je Erbin sollte sein im Sal'schen Land,

Das, wie ich sagte, zwischen Elb und Sala

In Deutschland heutzutage Meißen heißt.

So zeigt sichs klar: das Salische Gesetz

Ward nicht ersonnen für der Franken Reich;

Noch auch besaßen sie das Sal'sche Land

Als bis vierhunderteinundzwanzig Jahre

Nach dem Hinscheiden König Pharamunds,

Den man den Stifter des Gesetzes wähnt.

Er starb im Jahr nach unsers Heilands Kunft

Vierhundertsechsundzwanzig; Karl der Große

Bezwang die Sachsen, setzte Franken ein

Jenseits des Flusses Sala, in dem Jahr

Achthundertfünf. Dann sagen ihre Schreiber,

König Pippin, der Childrich abgesetzt,

Gab Recht und Anspruch vor an Frankreichs Krone,

Als allgemeiner Erbe, von Blithilden,

Der Tochter stammend Königes Chlotar.

Auch Hugo Capet, der die Kron entriß

Herzogen Karl von Lothring, einzgem Erben

Vom echten Haus und Mannsstamm Karls des Großen,

Mit ein'gem Schein den Anspruch zu beschönen,

Der doch in Wahrheit schlecht und nichtig war,

Gab sich als Erben aus von Frau Lingaren,

Der Tochter Karlmanns, der von Kaiser Ludwig

Der Sohn war, so wie Ludewig der Sohn

Von Karl dem Großen. Auch Ludewig der Zehnte,

Des Usurpators Capet einzger Erbe,

Konnt im Gewissen keine Ruhe haben

Bei Frankreichs Krone, bis man ihm erwies,

Daß Isabell, die schöne Königin,

Von der er Enkel war in grader Reih,

Abstamme von Frau Irmengard, der Tochter

Des vorerwähnten Herzogs Karl von Lothring;

Durch welche Eh die Linie Karls des Großen

Mit Frankreichs Krone neu vereinigt ward,

So daß so klar wie Sonnenlicht erscheint:

Das Recht Pippins und Hugo Capets Vorwand

Und Ludewigs Beruhigung, sie gründen

Sich auf der Frauen Recht und Anspruch alle;

Wie Frankreichs Kön'ge tun bis diesen Tag,

Wiewohl sie gern das Salische Gesetz

Behaupten möchten, Euer Hoheit Anspruch

Von Frauen Seite damit auszuschließen,

Und lieber sich verstricken in ein Netz,

Als die verdrehten Rechte bloßzulegen,

Die Euch und Euren Vordern sie entwandt.

König Heinrich.

Kann ich nach Pflicht und Recht die Fordrung tun?

Canterbury.

Die Sünde auf mein Haupt, gestrenger Fürst!

Denn in dem Buch der Numeri steht geschrieben

«Der Tochter sei das Erbe zugewandt,

Wenn der Sohn stirbt.» Behauptet, gnädger Herr,

Was Euch gebührt; entrollt Eur' Blutpanier';

Schaut Euch nach Euren mächtgen Ahnen um,

Geht Herr, zu Eures Ältervaters Gruft,

Auf den Ihr Euch mit Eurer Fordrung stützt;

Ruft seinen tapfern Geist und Eduards an,

Des Schwarzen Prinzen, Eures Großoheims,

Der dort auf fränkschem Grund ein Trauerspiel,

Die Macht von Frankreich schlagend, aufgeführt,

Indes sein großer Vater lächelnd stand

Auf einer Höh und seinen jungen Löwen

Sich weiden sah im Blut des fränkschen Adels.

O edle Englische, die trotzen konnten

Mit halbem Heere Frankreichs ganzem Stolz,

Und lachend stand dabei die andre Hälfte,

Ganz kühl und unbeschäftigt bei dem Kampf.

Ely.

Weckt die Erinnrung dieser tapfern Toten,

Mit mächtgem Arm erneuet ihre Taten!

Ihr seid ihr Erb, Ihr sitzt auf ihrem Thron,

Das Blut, der Mut rinnt in den Adern Euch,

Der sie erhob; mein dreimal mächtger Fürst

Ist in dem Maienmorgen seiner Jugend,

Zu Tat und großer Unternehmung reif.

Canterbury.

Die Herrn der Erde, Eure Mitmonarchen,

Erwarten alle, daß Ihr Euch ermannt,

So wie die vorgen Löwen Eures Bluts.

Westmoreland.

Sie wissen, Ihr habt Grund und Macht und Mittel:

Die hat Eur Hoheit auch; kein König Englands

Hat einen reichern Adel je gehabt,

Noch treure Untertanen, deren Herzen

Die Leiber hier in England heim gelassen

Und sich in Frankreichs Feldern schon gelagert.

Canterbury.

O laßt die Leiber folgen, bester Fürst,

Gewinnt Eur Recht mit Blut und Feur und Schwert,

Wozu wir von der Geistlichkeit Eur Hoheit

Solch eine starke Summ erheben wollen,

Als nie die Klerisei mit einemmal

Noch einem Eurer Ahnen zugebracht.

König Heinrich.

Man muß nicht bloß sich wider die Franzosen

Zum Angriff rüsten, auch zum Widerstand

Die Vorkehrungen gegen Schottland treffen,

Das einen Zug sonst wider uns wird tun

Mit allem Vorteil.

Canterbury.

Die an den Marken dort, mein gnädger Fürst,

Sind stark genug zur Maur, das innre Land

Vor Plünderern der Grenze zu beschützen.

König Heinrich.

Wir meinen nicht die leichten Streifer bloß,

Die Hauptgewalt des Schotten fürchten wir,

Der stets für uns ein wilder Nachbar war.

Denn ihr könnt lesen, daß mein Ältervater

Mit seinen Truppen nie nach Frankreich zog,

Daß nicht der Schott' ins unbewehrte Reich

Hereinbrach wie die Flut in einen Riß,

Mit reicher Überfülle seiner Kraft,

Das leere Land mit heißem Angriff plagend,

Die Städt und Burgen mit Belagrung gürtend,

Daß unsre Landschaft aller Wehr entblößt,

Gebebt vor solcher üblen Nachbarschaft.

Canterbury.

Sie hatte dann mehr Schreck als Schaden, Herr;

Denn hört sie nur bewähret durch sich selbst:

Als ihre Ritterschaft in Frankreich war

Und sie betrübte Witwe ihrer Edlen,

Hat sie nicht bloß sich selber gut verteidigt,

Sie fing der Schotten König, sperrt' ihn ein,

Sandt ihn nach Frankreich dann, um Eduards Ruhm

Zu füllen mit gefangner Kön'ge Zahl

Und Eure Chronik reich an Preis zu machen,

Wie Meeres Schlamm und Boden ist an Trümmern

Gesunkner Schiff' und Schätzen ohne Maß.

Westmoreland.

Doch gibt es einen Spruch, sehr alt und wahr:

«So du Frankreich willst gewinnen,

Mußt mit Schottland erst beginnen.»

Denn ist der Adler England erst auf Raub,

So kommt das Wiesel Schottland angeschlichen

Zu seinem unbewachten Nest und saugt

Ihm so die königlichen Eier aus;

Es spielt die Maus, die, wenn die Katze fort,

Besudelt und verdirbt, was sie nicht frißt.

Exeter.

Die Katze muß demnach zu Hause bleiben;

Doch unbedingt ist solche Nöt'gung nicht.

Gibts Schlösser doch, den Vorrat zu verwahren,

Und feine Fallen für die kleinen Diebe.

Indes die Hand bewaffnet auswärts ficht,

Wehrt sich zu Hause das beratne Haupt.

Denn Regiment, zwar hoch, und tief und tiefer

Verteilt an Glieder, hält den Einklang doch

Und stimmt zu einem vollen, reinen Schluß

So wie Musik.

Canterbury.

Sehr wahr; drum teilt der Himmel

Des Menschen Stand in mancherlei Beruf

Und setzt Bestrebung in beständgen Gang,

Dem als zum Ziel Gehorsam ist gestellt;

So tun die Honigbienen, Kreaturen,

Die durch die Regel der Natur uns lehren

Zur Ordnung fügen ein bevölkert Reich.

Sie haben einen König und Beamte

Von unterschiednem Rang, wovon die einen

Wie Obrigkeiten, Zucht zu Hause halten,

Wie Kaufleut andre auswärts Handel treiben,

Noch andre, wie Soldaten, mit den Stacheln

Bewehrt, die samtnen Sommerknospen plündern

Und dann den Raub mit lustgem Marsch nach Haus

Zum Hauptgezelte ihres Kaisers bringen;

Der, emsig in der Majestät, beachtet,

Wie Maurer singend goldne Dächer baun,

Die stillen Bürger ihren Honig kneten,

Wie sich die armen Tagelöhner drängen

Mit schweren Bürden an dem engen Tor;

Wie, mürrisch summend, der gestrenge Richter

Die gähnende und faule Drohne liefert

In bleicher Henker Hand. Ich folgte dies:

Daß viele Dinge, die zusammen stimmen

Zur Harmonie, verschieden wirken können,

Wie viele Pfeile da- und dorthin fliegen

Zu einem Ziel;

Wieviel verschiedne Weg' in eine Stadt,

Wie viele frische Ström in eine See,

Wie viele Linien in den Mittelpunkt

An einer Sonnenuhr zusammenlaufen:

So, erst im Gang, kann tausendfaches Wirken

Zu einem Zweck gedeihn, wohl durchgeführt

Und ohne Mangel. Drum nach Frankreich, Herr!

Teilt Euer glücklich England in vier Teile:

Ein Viertel nehmt davon nach Frankreich hin,

Ihr könnt damit ganz Gallien zittern machen;

Wenn wir mit dreimal soviel Macht zu Haus

Die eigne Tür dem Hund nicht wehren können,

So laßt uns zausen, und dies Volk verliere

Den Ruhm der Tapferkeit und Politik.

König Heinrich.

Ruft die vom Dauphin hergesandten Boten!

(Einer vom Gefolge ab. Der König besteigt den Thron.)

Wir sind entschlossen, und mit Gottes Hilfe

Und eurer (unsrer Stärke edlen Sehnen),

Da Frankreich unser, wollen wir vor uns

Es beugen, oder ganz in Stücke brechen;

Wir wollen dort entweder waltend sitzen

In weiter hoher Herrschaft über Frankreich

Und die fast königlichen Herzogtümer;

Sonst ruhe dies Gebein in schlechter Urne,

Grablos und ohne Denkmal über ihm.

Wenn die Geschichte nicht mit vollem Mund

Kühn meine Taten spricht, so sei mein Grab

Gleich einem türkschen Stummen ohne Zunge,

Nicht mit papiernem Epitaph geehrt.

Die französischen Gesandten treten auf.

Wir sind bereit, was unserm Vetter Dauphin

Beliebt, nun zu vernehmen; denn wir hören,

Von ihm ist euer Gruß, vom König nicht.

 

Gesandter.

Geruhn Eur Majestät, uns zu erlauben,

Frei zu bestellen, was der Auftrag ist;

Wie, oder sollen schonend wir von fern

Des Dauphins Meinung, unsre Botschaft, zeigen?

König Heinrich.

Nicht ein Tyrann, ein christlicher Monarch

Sind Wir, und Unsre Leidenschaft der Gnade

So unterworfen, wie in Unsern Kerkern

Verbrecher angefesselt; darum sagt

Mit freier, ungehemmter Offenheit

Des Dauphins Meinung uns.

Gesandter.

Dann kürzlich so:

Eur Hoheit, neulich hin nach Frankreich sendend,

Sprach dort gewisse Herzogtümer an,

Kraft Eures großen Vorfahrn Eduard des Dritten.

Zur Antwort nun sagt unser Herr, der Prinz,

Daß Ihr zu sehr nach Eurer Jugend schmeckt,

Und heißt Euch wohl bedenken, daß in Frankreich

Mit muntern Tänzen nichts gewonnen wird;

Ihr könnt Euch nicht in Herzogtümer schwärmen.

Drum schickt er, angemeßner Eurem Geist,

Euch dieser Tonne Schatz, begehrt dafür,

Ihr wollet fernerhin die Herzogtümer

Nicht von Euch hören lassen. So der Dauphin.

König Heinrich.

Der Schatz, mein Oheim?

Exeter.

Federbälle, Herr.

König Heinrich.

Wir freun uns, daß der Dauphin mit uns scherzt;

Habt Dank für eure Müh und sein Geschenk.

Wenn wir zu diesen Bällen die Rakette

Erst ausgesucht, so wollen wir in Frankreich

Mit Gottes Gnad in einer Spielpartie

Des Vaters Kron ihm in die Schanze schlagen;

Sagt ihm, er ließ sich ein mit solchem Streiter,

Daß alle Höfe Frankreichs ängsten wird

Der Bälle Sprung. Und – wir verstehn ihn wohl,

Wie er uns vorhält unsre wildern Tage

Und nicht ermißt, wozu wir sie benutzt.

Wir schätzten niemals diesen armen Sitz

Von England hoch; drum in der Ferne lebend,

Ergaben wir uns wilder Ausschweifung,

Wie Menschen immer es zu halten pflegen,

Daß sie am lustigsten vom Hause sind.

Doch sagt dem Dauphin, daß ich meinen Rang

Behaupten will, gleich einem König sein,

Und meiner Größe Segel will entfalten,

Erheb ich mich auf meinen fränkschen Thron.

Ich legte meine Majestät beiseit

Und plagte mich gleich einem Werktagsmann;

Doch dort steh ich in voller Glorie auf,

Die alle Augen Frankreichs blenden soll,

Ja auch den Dauphin selbst mit Blindheit schlagen.

Und sagt dem muntern Prinzen, dies Gespött

Verwandle seine Bäll' in Büchsensteine,

Und seine Seele lade schwer auf sich

Die Schuld verheerungsvoller Rache, die

Mit ihnen ausfliegt: denn vieltausend Witwen

Wird dies Gespött um werte Gatten spotten,

Um Söhne Mütter, Burgen niederspotten,

Und mancher jetzt noch ungeborne Sohn

Wird künftig fluchen auf des Dauphins Hohn.

Doch dies beruht in Gottes Willen alles,

Auf den ich mich beruf, und in des Namen

Sagt ihr dem Dauphin, daß ich komme, mich

Zu rächen, wie ich kann, und auszustrecken

In heilger Sache den gerechten Arm.

So zieht in Frieden hin und sagt dem Dauphin,

Sein Spaß wird nur wie schaler Witz erscheinen,

Wenn tausend mehr, als lachten, drüber weinen.

Gebt ihnen sicheres Geleit! – Lebt wohl!

(Gesandte ab.)

Exeter.

Gar eine lustge Botschaft.

König Heinrich.

Wir hoffen, ihren Sender rot zu machen.

(Er steigt vom Thron.)

Drum, Lords, versäumt keine günstge Stunde,

Die unser Unternehmen fordern mag.

Denn mein Gedank ist einzig Frankreich nun,

Nur der an Gott geht dem Geschäfte vor.

Laßt denn zu diesem Krieg bald unsre Mittel

Versammelt sein, und alles wohl bedacht,

Was Federn unsern Schwingen leihen kann

Zu weiser Schnelligkeit: denn, Gott voraus,

Straf ich den Dauphin in des Vaters Haus.

Drum strenge jeder seinen Geist nun an,

Dem edlen Werk zu schaffen freie Bahn! (Alle ab.)