Buch lesen: «Voice Excellence»
WIEBKE HUHS
VOICE EXCELLENCE
Überzeuge auf der Bühne, in Meetings und vor der Kamera
Praxisbuch
Wiebke Huhs
VOICE EXCELLENCE
Voice Excellence- Überzeuge auf der Bühne, in Meetings und vor der Kamera!
Wiebke Huhs
Margit Lieverz - Lars Franke - Petra Waldminghaus
Karin Mertens - Rolf Schmiel - Michel Ries
Herausgeberin:
Wiebke HuhsNibelungenring 73, 76297 Stutenseewww.wiebke-huhs.de |
© Wiebke Huhs, Stutensee 2022
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung von Wiebke Huhs vervielfältigt werden.
Verlag:
Basic Erfolgsmanagement, Pfarrkirchen, 2022
www.basic-erfolgsmanagement.de
ISBN: 978-3-949217-20-3
E-Book (ISBN: 978-3-949217-21-0)
Hörbuch (ISBN: 978-3-949217-24-1)
Lektorat:
Jennifer Fraczek und Heike Lüttich
Umschlaggestaltung, Layout/Satz:
Michaela Adler, Pfarrkirchen
Bildrechte:
Titelbild: Karin Mertens, KAME Foto, 76135 Karlsruhe
Foto Lars Franke: Leon Bischinger
Foto Petra Waldminghaus & Grafiken: Kathrin Heikaus
Foto Rolf Schmiel: Steffi Atze
Foto Margit Lieverz: Assia Helmich
Foto Sparringspartner: Klaus Ditté
Zeichnungen: Klaus Merkwitza, edelstern, 73230 Kirchheim-Teck
123rf.com Stockfotos: Agnieszka Jonik, Filip Filipovic, Bolina
freepik.com, Adobe Stock: Aamon, Berchtesgaden, Tran,
Raphael Castello, alphaspirit, Kzenon, patronestaff, Delayla
Ich widme dieses Buch all meinen wundervollen Lehrern, die mich in meiner Entwicklung so toll unterstützt haben, sodass ich diese Erfahrungen und dieses Wissen heute an andere Menschen weitergeben kann.
Und ich danke allen, die mir bei der Umsetzung des Buches geholfen haben, allen voran meinem Vater, meinem Partner, meinem Kind, meiner Nichte Ina, meinen Co-Autoren Margit Lieverz, Lars Franke, Petra Waldminghaus und Karin Mertens, meinen Interviewpartnern Rolf Schmiel und Michel Ries, sowie den helfenden Händen Christina Waist, Gaby Rhythm, Jennifer Fraczek und Heike Lüttich.
INHALT
Vorwort
DER ÜBUNGSTEIL
DEN RAUM WAHRNEHMEN
1. Nutze die Konzentrationskreise
2. Das Geheimnis des Schleppengangs
3. Du und der Bezugspunkt
Deine Körpermitte als Motor
Der Springbrunnen
Die Distanz zur Bezugsperson richtig einschätzen
DEINEN KÖRPER WAHRNEHMEN
Das schnellste Körper-Aufwärm-Training
Gut stehen
Der präsente Stand – eine Etüde für die Praxis
DIE STIMME OPTIMAL EINSETZEN
Die Stimme aufwärmen
Lippenflattern auf "brrr"
Profis summen sich ein
Das Geheimnis des Konsonanten-Impuls-Trainings
Die Atem-Wurf-Übung
Die Pleuel-Übung
Die Kau-Stimme
"Diva"-Sprechen
Die richtige Stimmtechnik für dich
DEN ATEM OPTIMAL EINSETZEN
Der richtige Atem
Nervosität überwinden
Neue Energie durch Atmung
Schattenboxen
Schnüffeln
Impuls-Sprechübung
GRUNDFRAGEN, UM ZU ÜBERZEUGEN
Die berühmten W-Fragen
1. „Wer bin ich?”
2. „Wo bin ich?”
3. „Was mache ich hier?”
4. „Wie mache ich das?”
5. „Wann bin ich dran?”
6. „Warum mache ich das?”
7. „Weshalb soll man mir zuhören?”
NACHWORT ZUM ÜBUNGSTEIL
Wie soll ich an all das gleichzeitig denken?
DER VERTIEFENDE TEIL
Petra Waldminghaus
DIE KLEIDUNG MACHT DEN PROFI
Wie das Aussehen und der Look deine Bühnen- und TV-Präsenz unterstreichen und was es zu beachten gilt
Wie Aussehen und Erfolg zusammenhängen
Hilfe, was ziehe ich an?
Die richtigen Proportionen entdecken
Wie will ich wirken?
Das Spiel der Farben
Die Wirkung von Farben
Der Zauber liegt im Detail
Professionell Brille und Schmuck einsetzen
Eine "haarige Angelegenheit"
Das richtige Schuhwerk
Foto, Soziale Medien und TV
Das professionelle Foto
Dein erster Fernseh-Auftritt
DO
DON'T
Lars Franke
WIE DU EINE BÜHNENPERSÖNLICHKEIT ENTWICKELST
„Ich bin gut vorbereitet.”
„Ich bin authentisch und kreativ.”
„Ich bin konzentriert.”
„Ich bin mit meinen Kollegen auf der Bühne in Kontakt und kommuniziere mit meinem Publikum.”
„Ich habe Spaß auf der Bühne und genieße es.”
„Ich spiele einen Charakter auf der Bühne.”
Die Kunstfigur Lady Gaga als schrilles Beispiel einer Bühnenpersönlichkeit
Ratschläge von mir als Regisseur für darstellende Künstler
Oper und szenische Arbeit
Vorsingen
Wichtiges Handwerk: Atmen
Praktische Anleitung zum "Hineinschlüpfen" in die Bühnenfigur
Rolf Schmiel
BÜHNE VS. MEDIEN
Wie unterscheidet sich die Präsenz auf der Bühne von der vor der Kamera?
Michel Ries
MEDIEN AUFMERKSAM MACHEN
1 Kenne deinen Mehrwert
2. Investiere in deine persönlichen Fähigkeiten
3. Pflege deine Kontakte
4. Sei präsent
Margit Susan Lieverz
ROLLENUNTERSCHIEDE
Bühnenkünstler (Schauspieler), Redner, Moderator - Was sind die Unterschiede in den Rollen?
Bühnenkünstler
Moderator*in
Speaker / Redner*in
Fazit: 9
LERNGESCHICHTEN AUS DER PRAXIS
Wenn die Angst stirbt, lernst du fliegen
Mehr über die Autorin Wiebke Huhs
QUELLEN / BÜCHER
INFORMATIONEN / TIPPS
VORWORT
Überzeugend zu sein ist heutzutage wichtiger denn je. Egal, ob auf dem Arbeitsmarkt, im Beruf oder im Alltag – überall gilt es, sich durchzusetzen und gegen die wachsende Konkurrenz zu behaupten. Und das gelingt dem am besten, der überzeugend auftritt, authentisch ist und sich und seine Meinung klar und sicher vertreten kann.
Ein einfaches Beispiel aus einer Situation, die ich oft erlebt habe, nämlich das Vorsingen für eine Rolle:
Den Zuschlag bekam am Ende oft nicht der beste Sänger oder die beste Sängerin, sondern die Person, die sich am besten “verkaufte”. Denn Singen ist nur ein Baustein in dieser „Vorstellungssituation“. Was mindestens genauso zählt:
•Wie war der Auftritt?
•Wie hat sich der Bewerber*in vorgestellt?
•Wie stand er/sie auf der Bühne?
•Lebte er/sie die Rolle?
•Hatte er/sie Lust am Singen oder sah man
ihm/ihr seine/ihre Angst und Nervosität an?
All diese Dinge sind letztlich entscheidend für den Erfolg.
Dein Körper, deine Stimme, dein Gestus, aber auch deine innere Einstellung, Überzeugung und Wachheit entscheiden darüber, wie stark und klar du beim Gegenüber ankommst und wie überzeugend du bist. Die Gesamtheit deiner Person macht deine Überzeugungskraft aus.
Aber was bedeutet es, überzeugend zu sein?
Überzeugen. Etymologisch bedeutete das Wort früher, eine Person durch Zeugen (einer Tat) zu überführen. Doch schon im 18. Jahrhundert wandelte sich die Bedeutung hin zum heutigen Sinn. Jacob und Wilhelm Grimm beschreiben „Überzeugen“ in ihrem Deutschen Wörterbuch mit den Worten: „jemanden durch zeugen oder andere beweismittel zur anerkennung einer thatsache u. s. w. bringen, ihn etwas glauben machen.“1
In unserem Fall würde es bedeuten, eine andere Person dazu zu bringen, uns für die am besten geeignete und fähige Person für eine gewisse Aufgabe zu halten - oder zumindest für eine sehr qualifizierte Person.
Überzeugen heißt auch, präsent zu sein. Präsenz (vom Lateinischen praesentia = Gegenwart, Anwesenheit) wiederum bedeutet „da zu sein“, „wach zu sein“ – im „Hier und Jetzt” mit seiner ganzen Aufmerksamkeit und seinem ganzen Sein zu agieren.
Präsenz erfordert ein hohes Maß an Wachheit, Aufmerksamkeit für sich selbst und die umgebende Umwelt, Bewusstsein und Konzentriertheit; und all das in einem Zustand von innerer Entspanntheit und Lockerheit. Denn nur in diesem Entspannungszustand ist der Mensch ganz da und wach. Er erreicht einen hohen Grad an Aufmerksamkeit nach innen und außen.
Diese Haltung zu erreichen, scheint nahezu unmöglich zu sein. Denn wann sind Menschen in der heutigen schnelllebigen Zeit schon entspannt und locker? Dieses Buch will Wege zu dieser Wachheit und Aufmerksamkeit aufzeigen und Übungen an die Hand geben, die präsentierenden Menschen vor und während ihres Vortrags helfen sollen, diesem Zustand nahe zu kommen, sich bestmöglich zu präsentieren und so ihr Gegenüber (von sich und ihrer Leistung) zu überzeugen.
Warum ist diese Art der Wachheit und Aufmerksamkeit wichtig?
In der heutigen Informationsgesellschaft sind unsere Sinne in weiten Teilen abgestumpft, weil wir von Informationen und äußeren Reizen bombardiert werden. Wir sind übersättigt und reagieren eigentlich nur noch auf persönliche Situationen oder krasse, noch nie dagewesene Reize von außen (z.B. wenn in einem Krimi eine Person besonders grausam umgebracht wird oder eine unheimliche, noch nie dagewesene Krankheit – wie gerade Corona/Covid-19 - Menschen befällt.)
Innerlich verhält sich der Großteil der sogenannten zivilisierten Menschen passiv und lässt alles auf sich zutreiben, anstatt es selbst zu steuern. Einige Menschen sind sich mittlerweile dessen bewusst und versuchen, die Informationsflut etwa durch Nachrichten- oder E-Mail-Entzug für eine gewisse Zeit einzudämmen.
Um präsent und überzeugend zu sein, muss jeder Einzelne seine innere Wachheit wieder entdecken, die Konzentration schulen und seine Aufmerksamkeit auf jedes noch so kleine Detail trainieren. Erst dann können die eigenen Stärken und Besonderheiten optimal hervorgehoben werden.
Am schnellsten kann diese Wachheit durch Basis-Übungen der Schauspielkunst, des Sprechens und des Singens wachgerufen werden. Dieses Buch stellt einige der effektivsten Übungen vor, mit deren Hilfe Präsenz und Überzeugungskraft gefestigt und trainiert werden können. Die Übungen sind in unzähligen Seminaren, Kursen und Einzel-Coachings erprobt und zeichnen sich durch ihre Einfachheit und schnelle Effizienz aus. Natürlich gibt es noch eine Vielzahl anderer Übungen oder Varianten. Deshalb erhebt dieses Buch keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Vielmehr habe ich aus dem reichhaltigen Erfahrungsschatz diverser Schauspiel- und Sprechausbilder, meiner Lehrer und meiner eigenen über 25-jährigen Erfahrung die besten Übungen zusammengetragen. Sie stammen aus den Bereichen Schauspiel, Improvisationstheater, Gesang, Bühnen- und Mediensprechen, Präsentation in den Medien und etlichen Körpermethoden wie Yoga, Alexander- oder Franklin-Technik. Die Übungen können sowohl von Anfängern als auch von Fortgeschrittenen ausgeführt werden und richten sich an alle darstellenden Künstler, Redner und Personen, die in ihrem Beruf sich, ein Unternehmen oder ein Produkt optimal präsentieren müssen. Denn für all diese Berufsgruppen ist Überzeugen das oberste Gebot.
Ich halte meine Ausführungen bewusst anschaulich und leicht verständlich und werde viele Beispiele aus dem Alltag anführen, um den praktischen Nutzen der Übungen zu verdeutlichen.
Das ist der erste Teil des Buches.
Der zweite Teil des Buches geht dann vertiefend auf verschiedene Aspekte rund um das Thema Überzeugen ein. Hier habe ich die Expertise von Fachleuten hinzugezogen, die in ihrem Gebiet Koryphäen sind und wirklich aus der Praxis für die Praxis berichten können. Denn was bringt es, wenn in Lehrbüchern Dinge stehen, die in der Praxis kaum umsetzbar sind?
Und nun viel Spaß beim Lesen, Ausprobieren und Umsetzen.
1Jacob und Wilhelm Jung: Deutsches Wörterbuch in 16 Bänden. Leipzig. 1971, Bd. 23, Spalte 677
DER ÜBUNGSTEIL
DEN RAUM WAHRNEHMEN
Kennst du das? Du stehst an einem Rednerpult und referierst. Plötzlich meldet sich in einer der hinteren Reihen ein Zuhörer und bittet dich, lauter zu sprechen. Was dann normalerweise passiert ist: Du kommst dem Wunsch nach, erhebst die Stimme und redest meist mit viel zu viel Kraft und Anstrengung weiter. Oftmals bist du nach der Veranstaltung heiser oder zumindest stimm-müde.
Das muss nicht sein. Warum können z.B. Schauspieler stundenlang sprechen, ja zum Teil sogar minutenlang schreien, ohne müde zu werden? Ganz einfach. Sie nutzen den Raum, in dem sie agieren, optimal aus und sprechen nicht unbedingt lauter, aber konzentrierter. Sie können in einem großen Theater auf der Bühne stehen und flüstern, und trotzdem versteht es der Zuschauer in der letzten Reihe im Parkett.
Warum? Weil sie, anstatt Lautstärke mit Stimmkraft herzustellen, die räumliche Vorstellungskraft nutzen, damit Körper und Stimme in diesem Raum optimal zusammenarbeiten und so „natürlich“ laut werden.
Im Folgenden werden einige Übungen erklärt, die die Raum-Wahrnehmung schulen.
1. Nutze die Konzentrationskreise
Die Idee der Konzentrationskreise stammt von dem berühmten russischen Schauspieler, Regisseur, Theatertheoretiker und Schauspiel-Lehrer Konstantin Sergejewitsch Stanislawski. Um seinen Schülern Hilfe auf der Bühne zu geben und ihre Konzentrationsfähigkeit zu schulen, teilte er den Raum in drei Konzentrationskreise auf: den kleinen Konzentrationskreis, in dem nur der Schauspieler selbst steht, den mittleren Konzentrationskreis, in dem sich ein weiterer Schauspieler oder ein Gegenstand mit mittlerer Entfernung zum ersten Akteur befindet und den großen Konzentrationskreis, der den gesamten Raum, den Saal, die Bühne beinhaltet.
Zunächst lernten seine Schüler, sich nur auf sich selbst im kleinen Kreis zu konzentrieren. Jede Bewegung, jede Gefühlsregung wurde erfahren. Erst danach kam die einfache Interaktion mit einem Schauspielkollegen im mittleren Konzentrationskreis. In diesem Bereich ist es schon viel schwieriger, sich auf den anderen und sich selbst zu konzentrieren. Oft ist man gedanklich nur beim Gegenüber und bemerkt z.B. gar nicht, dass man selbst ungeduldig mit den Fingern trommelt, wenn der andere länger als nötig braucht, um einen Sachverhalt zu erklären.
Im großen Konzentrationskreis schließlich gilt es, jede Person im Raum zu erfassen, selbst wenn ich sie nicht sehe. Ich kann sie er“hören“ und er“fühlen“. Meine Wahrnehmung erfasst den gesamten Raum über mir, hinter und vor mir sowie rechts und links von mir. Es ist, als würde man seine feinen Antennen im ganzen Raum ausfahren, davon ein imaginäres 3D Bild machen und jede noch so kleine Bewegung oder Regung wahrnehmen.
Ein Beispiel: In einem völlig dunklen Raum kannst du nach einer Gewöhnungsphase jede kleine Bewegung hören und erfühlen. Deine Sinne werden so wach, dass sie auf kleinste Regungen reagieren.
Heutzutage ist diese „Wachheit“ beinahe ein Ausnahmezustand, weil wir von außen mit so vielen Informationen zugeschüttet werden, dass wir selbst von uns aus stumpf werden und eigentlich nur noch reagieren. Es lohnt sich aber, diese Wachheit wieder zu wecken, sie im alltäglichen Leben von sich einzufordern. Denn Wachheit ist reine Trainingssache – eine Konzentrationsübung für alle Sinne.
Aber wozu brauchen wir diese Konzentrationskreise, wenn wir überzeugend sein wollen?
Sie helfen uns – wie dem Schauspieler auch, den Raum wahrzunehmen und einzuteilen.
Demnach würde der kleine konzentrische Kreis z.B. folgende Beobachtungen beinhalten: Was mache ich, wenn ich nervös bin? Verkrampfe ich meine Hand? Zuckt ein Augenlid? Trommle ich unbewusst mit den Füßen oder den Fingern? Im kleinen Konzentrationskreis sollte es mir gelingen, all diese Dinge wahrzunehmen und gegebenenfalls zu korrigieren. Diese Kleinigkeiten sind nämlich auch das, was andere Menschen von mir wahrnehmen und was sie zu ihrem Urteil über mich führt. „Ach schau mal, der ist aber ganz schön nervös, so wie der mit dem Augenlid zuckt.“ Oder: „Jedesmal, wenn er/sie nur die halbe Wahrheit erzählt, geht so ein Zucken um seine/ihre Mundwinkel.“ Diese Feinheiten kann ich nur korrigieren, wenn meine Wahrnehmung geschult ist.
Unter den mittleren Konzentrationskreis fallen alle sogenannten „Zwei-Augen-Gespräche“, das Gespräch mit einem Kunden oder Mitarbeiter. Hier gilt es, sich selbst und den anderen nicht aus dem Blick zu verlieren (siehe oben).
Für uns am wichtigsten ist allerdings der große konzentrische Kreis. Nur wenn Redner, Trainer, Unternehmer oder darstellende Künstler sich selbst im großen Raum wahrnehmen, können sie auf alle Menschen im Saal wirken und auch reagieren. Singt ein Sänger z.B. nur bis zur dritten Zuschauerreihe, werden sich die Reihen dahinter nicht so in den Bann gezogen fühlen wie die vorderen Reihen. Das kannst du jederzeit selbst beobachten.
Auch die Bitte, lauter zu sprechen, bedeutet für dich als Ausführenden, dass deine Aufmerksamkeit vom großen Raum auf den kleinen konzentrischen Kreis geschrumpft ist.
Das passiert oft, wenn wir uns z.B. gedanklich auf einen schwierigen Übergang konzentrieren oder vorher mit dem Beamer oder Laptop beschäftigt haben und mit unserer Aufmerksamkeit bei uns waren. Du solltest dann schnellstmöglich deinen Fokus wieder auf den gesamten Raum ausrichten, damit alle Zuhörer mitgenommen werden.
Doch wie hält man als Ausführender den Raum groß? Wie vermeidest du, vom großen in den kleinen Kreis zu fallen, wenn du mit dem Inhalt und dem, was für dich wichtig ist, beschäftigt bist - aber dann niemanden mehr erreichst?
Übung:
Nimm den Raum, in dem du wirkst, bewusst wahr.
Wie hoch ist die Decke? Wie lang ist der Raum? Schau dir jeden Winkel an, jede Nische und versuche, jede Ecke in deinen Vortrag, deinen Gesang oder dein Spiel mit einzubeziehen.
Ich kenne Kollegen, die vor jedem Auftritt einmal durch den ganzen Saal wandern, nur um dessen Größe in sich aufzunehmen. Sie machen ein imaginäres 3D Bild davon.
Ich benutze gerne das Bild eines Spinnennetzes. Ich spanne imaginär meine Fäden in jede Ecke und jeden Winkel des Raumes. Wenn ich diese Arbeit getan habe, ist es vollkommen egal, wo ich „als Spinne“ in diesem Raum bin. Ich spüre jeden Faden und kann darauf reagieren, z.B. wenn jemand „quatscht“ oder unruhig ist.
Das Spinnennetz
Die Vorstellung vom Spinnennetz ist übrigens auch sehr hilfreich, wenn du Dynamik und verschiedene Lautstärken in deinem Vortrag benutzen möchtest. Für einen lauten Einwurf geh in deiner Vorstellung bis zum äußeren Rand deines Spinnennetzes, für einen leisen oder geflüsterten Satz konzentriere die Größe des Raumes auf einen Punkt.
Schon dein erster Auftritt entscheidet über die Größe deines Raumes.