Der schwarze Schatten des Papstes

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Der schwarze Schatten des Papstes
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Walter Brendel

Der schwarze Schatten des Papstes

Der schwarze Schatten des Papstes

Walter Brendel

Die Wahl des Kardinals Ratzinger

Impressum

Texte: © Copyright by Waltr Brendel

Umschlag: © Copyright by Walter Brendel

Verlag: Das historische Buch, 2021

Mail: walterbrendel@mail.de

Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH,

Berlin

Inhalt

Einleitung

Die Veröffentlichung

Das Konklave

Die Kandidaten

Wahlgänge

Die Hintermänner

Der schwarze Schatten des Papstes

Epilog

Glossar

Einleitung

Das Konklave im Vatikan. Eingeschlossen in der Sixtinischen Kapelle wählen die Kardinäle einen neuen Papst. Der Ablauf ist ein streng gehütetes Geheimnis, geschützt durch den heiligen Eid. Auf Verletzung stehen hohe Strafen. Auf keinem Fall darf es eine Verbindung zur Außenwelt geben.

Der Tod eines Papstes versetzt die römisch-katholische Kirche in eine völlig neue Situation. Die Kirche ist so strukturiert, dass es an der Spitze diesen geistlichen Kaiser gibt. Und alles dreht sich um den Papst. Auf einmal sind die Kardinäle nicht mehr Mitstreiter, sondern entscheidendes Gremium. Mit der Wahl eines neuen Papstes beginnt das Ringen um seine Nachfolge. Ein Kampf, wo nichts nach außen dringen darf.

Alle Hinweise zum Ablauf des Konklaves werden verbrannt. Doch dann die Sensation, etwas Unglaubliches. Ein Geheimpapier überlebt die Flammen, verfasst von einem anonymen Kardinal. Es ist der Bericht dramatische Machtkämpfe an den Stuhl des Hl. Petrus.

November 2010. Der Papstpalast ist für ausgesuchte Teilnehmer geöffnet, damit sich 24 neue Kardinäle der Öffentlichkeit präsentieren können. Sie alle werden im Rahmen eines Konsistoriums ernannt, eine Art Vollversammlung aller Kardinäle. Ein neuer Kardinal kam auch aus dem Kongo und könnte sogar Papst werden. In diesem Konsistorium ist es ja so wichtig, dass gewisse Netze geknüpft werden, die dann im nächsten Konklave eine wichtige Rolle spielen können. Zwischen Glückwunsch und small Talk beginnt im Hintergrund der Streit um die Nummer Eins der katholischen Kirche.

Wer beim nächsten Konklave ganz vorn mit dabei sein will, soll dezent auftreten. Ein Papstkandidat darf nie zeigen, dass er ein Anwärter ist. Hinter ihm muss eine Lobby stehen, die ihm vorbringt.

Über Jahrhunderte hinweg gehörten die Päpste zu den einflusreichsten Männern der Weltpolitik, sie salbten Könige, riefen zu Kreuzzügen auf und zwangen Kaiser in die Knie. Das haben wir ja aus dem Bitt- und Bußgang König Heinrichs IV. von Dezember 1076 bis Januar 1077 zu Papst Gregor VII. zur Burg Canossa in Erinnerung. Bis ins ausgehende 20. Jahrhundert hinein schrieben Päpste Weltgeschichte, allem voran Papst Johannes Paul II., der eine zentrale Rolle bei Sturz der sozialistischen - kommunistischen Staaten spielte.

April 2005. Der Jahrtausendpapst ist tot. Über 26 Jahre führte er die katholische Kirche. Mit ihm endet ein Kapitel Welt- und Kirchengeschichte. Natürlich hat man sich gefragt, wie geht es jetzt weiter? Wer kann in die großen Schuhe, die er hinterlassen hat, hineinschlüpfen? Wer kann dieses Vakuum ausfüllen.

Die katholische Kirche steht am Scheideweg zwischen Tradition und Moderne. 115 Kardinäle schließen sich in die Sixtinische Kapelle ein, um einen neuen Pontifex zu wählen. Ein Kardinal wird es vielleicht das erste Mal, seit er den Purpur trägt, hinein genommen in die wirkliche Mitverantwortung und die Frage, ja die richtige Wahl zu treffen.

Papst Johannes Paul II.

Das Konklave, die geheimste Wahl der Welt. Die Sixtina gleicht in diesen Stunden einen Hochsicherheitstrakt. Wer Geheimnisse nach außen trägt, begeht Hochverrat.

Das ist ein streng gehütetes Geheimnis. Es dient zur Bewahrung der Kircheneinheit.

Joseph Ratzinger verliest als Kardinaldekan den Eid. „Vor allem aber versprechen wir bedienungslose Treue, seien es Kleriker oder Laien, die Geheimhaltung über alles zu bewahren, was in irgendeiner Weise die Wahl des Papstes betrifft.“

Sie alle schwören, doch einer der Eminenzen soll ein Konklave-Tagebuch veröffentlicht haben. Ein Verräter, der damit seine Exkommunikation, die höchste aller Kirchenstrafen riskiert.

„Zu den klassischen Bestimmungen des Konklaves, welches ja heißt, „Geschlossener Raum“ gehört ja, und das ist eine sehr strenge Forderung und darauf stehen hohe Strafen, ist die Verbindung zu Außenwelt zu halten“, so Karl Kardinal Lehmann, welcher 2018 verstorben ist.

Die Veröffentlichung

Der Mann, der das Tagebuch des anonymen Kardinals erhalten hat, ist Lucio Brunelli, ein römischer Vatikanexperte beim Fernsehsender RaiTV. Sollten die Angaben stimmen, so würden sie ein ganz neues Gesicht auf das Konklave werfen.

Doch wie glaubwürdig ist der Informant? Brunelli kannte ihm fast 20 Jahre lang. Es war einer seiner historischen Quellen und es bestand zu ihm ein freundschaftliches Verhältnis und gegenseitiges Vertrauen.

Lucio Brunelli wurde am 1. August 1952 geboren und Vatikan - Korrespondent von TG2 und Kommentator auf religiöse Angelegenheiten für verschiedene Zeitungen. Ab dem 5. Mai 2014 ist er Direktor der Zeitungen der Herausgeber des CEI TV2000 und von Radio InBlu .

Er schloss sein Studium der Politikwissenschaften an der Universität „La Sapienza" in Rom mit einer Arbeit über die religiöse und kulturelle Bildung von Giorgio La Pira ab. Nach seinem Abschluss widmete er sich als Assistent des Historikers Gabriele De Rosa der Universitätsforschung; kümmert sich um die kritische Ausgabe einiger Bände der Opera Omnia von Luigi Sturzo, veröffentlicht Artikel und Essays über die Geschichte des katholischen Sozialdenkens.

Lucio Brunelli

Immer wieder kommt es Mitte 2005 zur Vorbesprechung zwischen Tagebuchverfasser und Brunelli. Was will der anonyme Kardinal erreichen? Die Sache ist äußerst heikel. Dann endlich findet die Übergabe statt. Was der Kardinal in seinen Händen hält, ist eine Sensation. Strebt er eine demokratische Öffnung der Papstwahl an?

Sonntag, 17. April 2005

„Am Nachmittag bezog ich mein Zimmer in der Casa Santa Marta. Als ich mein Gepäck abgestellt hatte, versuchte ich die Fensterläden zu öffnen, weil es im Raum so dunkel war. Es gelang mir nicht. Ein Mitbruder wandte sich wegen desselben Problems an die Schwestern, die das Haus führen. Er vermutete, dass es sich um einen technischen Fehler handelte. Die Schwestern erklärten ihm, dass die Fensterläden versiegelt wurden. Konklaveklausur … Eine neue Erfahrung, für fast alle von uns. Von 115 Kardinälen haben nur zwei bereits an einer Papstwahl teilgenommen.“

Mit diesen Worten beginnt das „verbotene“ Tagebuch des Konklaves, das am 19. April 2005 zur Wahl von Papst Benedikt XVI. führte.

Die Notizen geben Aufschluss über einflussreiche Hintermänner und Gruppierungen, die Kardinal Joseph Ratzinger unterstützt haben sollen. Will der Tagebuchverfasser die Umstände, die zu Ratzingers Wahl führten, offenlegen?

Als Journalist hatte Brunelli sofort den Eindruck, dass die Notizen eine echte Sensation waren. Es war im bewusst, dass er etwas wichtiges bekommen hat. Als Brunelli die Aufzeichnungen über die Hintergründe der Wahl Ratzingers veröffentlichte, tobte der Vatikan. Als Bestätigung der Richtigkeit konnte Brunelli einen weiteren Kardinal anführen, der meinte, dass er die Notizen glaubwürdig und für authentisch hält.

Zu seinen Beweggründen sagte der Tagebuchverfasser, dass die Welt erfahren sollte, was bei diesem Konklave tatsächlich geschah. Mit Hilfe des Dokuments lässt sich die Wahl hinter geschlossenen Türen zu rekonstruieren.

Das Konklave

18. April 2005. Das Konklave beginnt. Nach der Vereidigung der Kardinäle fordert der Päpstliche Zeremonienmeister mit der Formel „alle hinaus“ die nicht zum Konklave Gehörenden auf, die Kapelle zu verlassen, und verschließt anschließend deren Eingang. Die 115 Kardinäle sind nun unter sich. Für die Weltöffentlichkeit heißt es jetzt zu warten.

Die längste Wartezeit bei einem Konklave erlebte das mittelalterliche Städtchen Viterbo im 13. Jahrhundert (1268 nach dem Tod von Clemens IV.). 11 Kardinäle aus Italien und sieben aus Frankreich, brauchte nahezu drei Jahre, um sich auf einen neuen Papst zu einigen. Um den Wahlkampf zu beschleunigen, schlossen die Stadtoberen die Kardinäle in den Bischofspalast ein. Als das nicht half, deckten die Bürger das Dach ab. Erst als die Kardinäle nur noch Wasser und Brot bekamen, brachte der nahende Winter das Wahlkollegium dazu, nach 1005 Tagen Teobaldo Visconti die nötige Zweidrittelmehrheit zu bescheren. Zur großen Freude nahm der die Wahl auch an, von der ihn die Nachricht nach Monaten auf einer Pilgerfahrt im Heiligen Land erreichte.

 

Unter dem Namen Gregor X. entpuppte sich Visconti als höchst machtbewusster und umsichtiger Papst. Er bestimmte, dass die Kardinäle das Wahllokal nicht mehr verlassen duften, wobei er sich an ähnlichen Verfahren italienischer Stadtrepubliken orientierte. Zwar wurde diese Regelung wiederholt außer Kraft gesetzt, setzte aber Maßstäbe für die Kirchengeschichte.

Bezeichnend ist auch die zweijährige Sedisvakanz nach dem Tod von Clemens V.

1315. Die französischen Könige hatten die Päpste gezwungen, in Avignon zu residieren. Von 24 Kardinälen waren 16 Franzosen. Obwohl das Konklave auch noch im französischen Carpentras zusammentrat – erst nach der Rückkehr der Päpste an den Tiber setzte sich Rom als Ort der Papstwahl durch –, konnten sich die Kardinäle zwei Jahre lang nicht auf einen Kandidaten einigen. Nach drei Monaten flohen sie vor einem Feuer aus der Stadt. Schließlich ließ sie Prinz Philipp in einem Kloster in Lyon einschließen, wo sie notgedrungen nach 40 Tagen zu einem Ergebnis kamen.

Seit dieser Zeit werden die Kardinäle mit einem Schlüssel eingesperrt, auch im Jahre 2005. Und wieder kämpfen sie um die Macht in der Kirche. Es gibt drei Lager, vor allem im ersten Wahlgang. Das Pro-Ratzinger-Lager, ein reformbereites Lager und das große Lager der Unentschiedenen. Bis zur Wahl von Johannes Paul II. war über 500 Jahre stets ein Italiener Papst. Sollte das jetzt nach dem Papst aus Rom auch wieder Tradition werden?

Die Kandidaten

Besonders große Chancen werden den Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano eingeräumt.

Angelo Kardinal Sodano wurde am 23. November 1927 in Isola d’Asti geboren. Er ist seit 2005 Kardinaldekan und war zwischen 1991 und 2006 Kardinalstaatssekretär der römischen Kurie.

Angelo Sodano (2016)

Nach seinem Studium der Philosophie und Theologie wurde er am 23. September 1950 in Asti vom damaligen Bischof von Asti, Umberto Rossi, zum Priester geweiht.

Anschließend ging er nach Rom. Er studierte dort kanonisches Recht an der Päpstlichen Lateranuniversität und Theologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana und besuchte die Päpstliche Diplomatenakademie. Am 30. November 1977 wurde er zum Titularerzbischof von Nova Caesaris und zum Apostolischen Nuntius in Chile ernannt.

Sodanos Amtsantritt als Apostolischer Nuntius 1977 in Chile erfolgte während des Militärregimes von Augusto Pinochet. Sodano wird vorgeworfen, gegenüber den Menschenrechtsverletzungen des Regimes geschwiegen zu haben. So forderten beispielsweise 1987 sieben katholische Priester in einem Brief nach Rom Sodanos Abberufung aus Chile.

Im März 1989 kam er nach Rom zurück und wurde "vatikanischer Außenminister", also „Sekretär des Rats für Außenbeziehungen", quasi als „rechte Hand“ von Kardinalstaatssekretär Agostino Casaroli. In dieser Zeit vertrat er den Heiligen Stuhl auf zahlreichen internationalen Tagungen.

Nach dem Rücktritt von Kardinalstaatssekretär Agostino Casaroli nach Erreichen der Altersgrenze wurde Erzbischof Sodano am 1. Dezember 1990 zum Pro-Staatssekretär des Staatssekretariats ernannt, da er noch kein Kardinal war, konnte er die übliche Bezeichnung Kardinalstaatssekretär erst führen, nachdem er im Konsistorium vom 28. Juni 1991 zum Kardinalpriester mit der Titelkirche Santa Maria Nuova (Santa Francesca Romana) erhoben worden war.

Am 10. Januar 1994 wurde er vom Papst zum Kardinalbischof mit dem Titel des suburbikarischen Bistums Albano ernannt. Am 30. November 2002, auf den Tag genau 25 Jahre nach seiner Bischofsernennung, wurde seine Wahl zum Subdekan des Kardinalskollegiums durch Johannes Paul II. bestätigt. Zwischen August 1991 und 2004 begleitete Sodano Papst Johannes Paul II. auf 53 seiner Auslandsreisen.

In der Folgezeit nahm er durch die Krankheiten des Papstes sehr viele zusätzliche Aufgaben wahr. So zelebrierte er auch die Messe am Ostersonntag 2005 auf dem Petersplatz und verlas anschließend die Ostergrüße in den verschiedenen Sprachen.

Der Italiener war also zur Zeit des Konklaves der zweitmächtigste Mann im Vatikan.

Ein Kandidat des gemäßigten Lagers. Als Staatssekretär hatte er natürlich ausgezeichnete Beziehungen zu den Kardinälen in der ganzen Welt und er konnte somit als Kandidat der Mitte gelten.

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Der zweite Italiener wird schon seit Jahren als Papst im Wartestand gehandelt. Er Jesuit und ehemaliger Erzbischof von Mailand, Carlo Maria Martini. Der liberale Italiener galt als moderner Reformer und Gegenpol zum konservativen Lager. Er hatte das Zeug dazu, die Kirche zu reformieren. Doch beim Kampf um die Macht hatte er einen Nachteil. Er ist gesundheitlich angeschlagen. 1996 wurde eine Form der Parkinson-Krankheit diagnostiziert.

Carlo Maria Martini (2010)

Carlo Maria Kardinal Martini SJ wurde am 15. Februar 1927 in Turin geboren. Er besuchte das jesuitische Istituto Sociale in Turin und trat im Alter von 17 Jahren, am 25. September 1944, der Ordensgemeinschaft der Jesuiten bei und absolvierte sein

Noviziat in Cuneo. Er studierte Philosophie an der Philosophischen Fakultät Aloisianum in Gallarate bei Mailand und Katholische Theologie an der Theologischen Fakultät in Chieri. Am 13. Juli 1952 empfing er das Sakrament der Priesterweihe und absolvierte das jesuitische Tertiat sowie weitere Studien in Rom.

1966 promovierte er am Päpstlichen Bibelinstitut. Nach einer Zeit als Professor und Dekan am römischen Bibelinstitut wurde er dort am 2. September 1969 zum Rektor bestellt. Papst Paul VI. übertrug ihm 1978 die Leitung der offiziellen Fastenexerzitien der Römischen Kurie.

Papst Johannes Paul II. ernannte Martini am 29. Dezember 1979 zum Erzbischof von Mailand und spendete ihm am 6. Januar 1980 im Petersdom die Bischofsweihe.

Von 1980 bis 1983 war er zudem auf Veranlassung von Papst Johannes Paul II. ständiges Mitglied im Generalsekretariat der Bischofssynode.

Im Konsistorium vom 2. Februar 1983 nahm Johannes Paul II. Martini als Kardinalpriester mit der Titelkirche Santa Cecilia in das Kardinalskollegium auf. Von 1986 bis zum 15. April 1993 war er Präsident des Rates der europäischen Bischofskonferenzen. Am 11. Juli 2002 wurde er mit Erreichen der Altersgrenze als Erzbischof von Mailand emeritiert. Ab 2008 lebte er in seiner Jesuitenkommunität in Gallarate.

Vor dem hier beschrieben Konklave sprach sich Kardinal Martini für Regelungen eines möglichen Rücktritts künftiger Päpste aus.

Er starb am 31. August 2012 in Gallarate, Provinz Varese.

Alle hofften, da sich solange unter Wojtyła nichts mehr bewegt hat, dass sich nun endlich was tut.

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Als Kandidat gilt auch der Kardinaldekan. Über 20 Jahre hinweg hat er den Kurs der Kirch geprägt, Joseph Ratzinger. Er steht für die Fortsetzung des konservativen Kurs von Johannes Paul II.

Nach dessen Tod führte er das Kardinalskollegium, gilt als Ansprechpartner und lenkt das Geschehen. Die allgemeine Meinung war, dass Ratzinger nicht die große Rolle spielte. Er galt allgemein als der Papstmacher. Der Kandidat, der von ihm empfohlen wird auch Papst.

Joseph Ratzinger wurde am Karsamstag des Jahres 1927 geboren. Von 1946 bis 1951 studierte Ratzinger katholische Theologie und Philosophie. Die niederen Weihen empfing Joseph Ratzinger am 8. und 9. Mai 1948. Im Juli 1953 promovierte Ratzinger zum Doktor der Theologie. 1963 wurde er von Papst Paul VI. zum Konzilstheologen ernannt.

Am 25. März 1977 ernannte Papst Paul VI. Joseph Ratzinger zum Erzbischof von München und Freising. Kardinal Ratzinger wurde dann am 25. November 1981 durch Papst Johannes Paul II. zum Präfekten der Glaubenskongregation ernannt.

Die Kongregation für die Glaubenslehre ist eine von Papst Paul III. mit der Apostolischen Konstitution Licet ab initio vom 21. Juli 1542 gegründete Zentralbehörde der römisch-katholischen Kirche. Ihre Aufgabe ist es, die Glaubens- und Sittenlehre in der ganzen katholischen Kirche zu fördern und vor Häresien zu schützen.

Joseph Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation, 1988

Der Kardinal trat als Präfekt der Glaubenskongregation für den priesterlichen Zölibat, gegen einige Aspekte der Befreiungstheologie, gegen die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen und für die Aktualität der katholischen Sexuallehre ein. Ratzinger ordnete im Januar 1998 die Öffnung der zuvor streng geheimen Archive der Inquisition und Indexkongregation an.

Ratzingers Haltung in Fragen der Ökumene wurde während seiner Zeit als Präfekt der Glaubenskongregation unterschiedlich bewertet. Ratzinger trat zwar für einen ökumenischen Dialog ein, dieser war für ihn aber nicht bedeutend, da die katholische Kirche eigene Glaubensprofile, Überzeugungen und Selbstverständnisse ignoriert, verändert oder aufgibt. 2003 entzündete sich infolge des Ökumenischen Kirchentages in Berlin ein Konflikt zwischen den Kardinälen Meisner, Ratzinger und Lehmann.

Großen Anteil hatte Ratzinger am Katechismus der Katholischen Kirche, in dessen drittem Teil unter anderem die Sexualmoral in Glaubenssätzen und Lehrregeln der katholischen Kirche vorgegeben wird. Dennoch gab es viele Kritiken. Kritik erfuhr Ratzinger für seine ablehnende Haltung gegenüber der rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen. Ratzinger hat in Fragen der Abtreibung und Sterbehilfe die Linie seines Vorgängers Johannes Paul II. entscheidend mitgeprägt.

In Deutschland trieb Ratzinger den Ausstieg aus dem staatlichen System der Schwangerschaftskonfliktberatung voran, da er in der Teilnahme eine Form der Mitwirkung an Abtreibungen sah und dies der Haltung Papst Johannes Pauls II. widersprach, jegliches menschliche Leben zu schützen, das nach katholischer Lehre bereits mit der Zeugung beginnt.

Während des amerikanischen Präsidentschaftswahl-kampfes 2004 gab Ratzinger in einem Schreiben den US-Bischöfen die Empfehlung, dass Politikern, die in ihrem Wahlkampf- und Stimmverhalten durchgängig für sehr freizügige Abtreibungs- und Sterbehilfegesetze eintreten, die Kommunion zu verweigern sei; der Katholik und demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry stand für eine solche Gesetzgebung.

Joseph Ratzinger kritisierte bestimmte Ausprägungen der Befreiungstheologie und sah sie nicht mit der katholischen Lehre vereinbar, wenn sie grundlegende Glaubenswahrheiten leugnete, sich politisch instrumentalisieren ließ, marxistische Forderungen vertrat oder die gewaltsame Umsetzung ihrer Anliegen propagierte.

Am 5. April 1993 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Kardinalbischof der suburbikarischen Diözese Velletri-Segni. Ab 1998 war Kardinal Ratzinger Subdekan des Kardinalskollegiums; 2002 wurde er zum Kardinaldekan, (der zweithöchste Mann nach dem Papst) gewählt und von Johannes Paul II. in diesem Amt bestätigt.

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Und es gab noch einen weiteren Kandidaten. Den Argentinier Jorge Mario Bergoglio.

Er wurde am 17. Dezember 1936 in Buenos Aires, Argentinien geboren. Er trat 1958 in den Jesuitenorden ein und studierte zunächst Geisteswissenschaften in Chile, nach seiner Rückkehr nach Buenos Aires Philosophie und Katholische Theologie.

Theologisch geprägt wurde er unter anderen von einer argentinischen Variante der Befreiungstheologie. Von ihm übernahm Bergoglio die Überzeugung, dass die Kirche eindeutig an der Seite der Armen zu stehen und solidarisch, deren Rechte und Teilhabe in Kirche und Gesellschaft einzufordern habe.

Am 13. Dezember 1969 empfing Bergoglio durch den Erzbischof von Córdoba, Ramón José Castellano, die Priesterweihe. Für sein Tertiat ging er für ein Jahr nach Spanien. Von 1973 bis 1979 war er Provinzial (Leiter) der argentinischen Provinz des Jesuitenordens. Damit war er auch für die Ämtervergabe an der Universidad del Salvador von San Miguel zuständig, wo er als Novizenmeister und Theologiedozent arbeitete.

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