Satans neuer Freund

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Satans neuer Freund
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Satans neuer Freund

1  Kapitelübersicht

2  Kapitel 1: Schwarzer Honig

3  Kapitel 2: Menschliches Tagebuch

4  Kapitel 3: Blutiger Regenbogen

5  Kapitel 4: Creampie oder Tod

6  Kapitel 5: Goldene Schmetterlinge

7  Kapitel 6: In Hässlichkeit geboren

8  Kapitel 7: Das Einhorn und der Schokokuss

9  Kapitel 8: König der gebrochenen Herzen

10  Vielen Dank an

Kapitelübersicht

Kapitel 1: Schwarzer Honig

Kapitel 2: Menschliches Tagebuch

Kapitel 3: Blutiger Regenbogen

Kapitel 4: Creampie oder Tod

Kapitel 5: Goldene Schmetterlinge

Kapitel 6: In Hässlichkeit geboren

Kapitel 7: Das Einhorn und der Schokokuss

Kapitel 8: König der gebrochenen Herzen

Der Autor distanziert sich von allen Handlungen oder Meinungen der Charaktere. Dieses Buch dient ausschließlich der Unterhaltung.

Impressum

Texte: Timo Januschewski

Cover: Merrybookround

Lektorin: Daniela Fafara

Verlag: epubli

Kapitel 1: Schwarzer Honig

Mit meinen vollen Einkaufstüten im Arm versuchte ich mit dem Zeigefinger das grünleuchtende Symbol „EG“ auf dem Tableau des Fahrstuhls zu erreichen. Dies gelang mir jedoch erst beim dritten Versuch und setzte damit den Fahrstuhl hörbar in Bewegung, während beinahe zeitgleich die Anzeige über der Fahrstuhltür, mit einem nach unten zeigendem Pfeil, aufleuchtete. Es war Samstagabend kurz nach 20 Uhr. Draußen herrschte eine spätsommerliche Luft, die durch Grillgeruch von mehreren Fressbuden aus der Umgebung getränkt wurde. Beharrliche 22°C zeigte die Anzeige im Treppenhaus an, welche in modisch ansprechenden hellgrauen Fliesen, verarbeitet wurde. Der Mülleimer aus Edelstahl, unter dem Tableau, wirkte neu und unbenutzt. Er hatte nicht einen kleinsten Fetzen Müll oder einen minimalsten Schmutzfleck aufzuweisen, stellte ich fest, als ich ihn begutachtete und dabei die Schritte von hochhackigen Schuhen wahrnahm, welche hinter mir immer näher kamen.

Ein Signal ertönte und die Fahrstuhltür öffnete sich behutsam. Ich stieg ein und drückte mit meinem Ellenbogen auf das Symbol für die erste Etage. In dem Moment gesellte sich eine Frau zu mir, die mir kurz in die Augen sah und mir mit einem aufgesetzten Lächeln zunickte; ehe sie ihren Blick von mir abwandte, um sich, mit dem Rücken zu mir gewandt, nah an der Tür zu positionieren. Ich begutachtete sie dabei, wie ein aufmerksamer Kojote in einer langen Dürreperiode, der nicht nur eine neue Wasserquelle entdeckt hatte, sondern dem obendrein noch Fleisch ins Maul gelegt wurde.

Als sich die Tür schloss, drückte sie schnell noch auf das Symbol für das zweite Geschoss. Es dauerte ein oder auch zwei Sekunden, ehe sich der Fahrstuhl wieder in Bewegung setzte. Diesmal nach oben.

Der Innenraum des Fahrstuhls roch schnell nach ihrem lieblichen Parfüm. Süß, leidenschaftlich und doch so elegant. Ein passender Duft für eine elegante Frau. Dieses Aroma harmonierte mit ihrem adretten Kleidungsstil. Sie trug Stöckelschuhe, einen Mini-Rock samt Strumpfhose und dazu ein enges Top – alles ganz in schwarz. In ihrer linken Hand hielt sie eine rote Handtasche, an der ein kleiner Anhänger befestigt war. Auf diesem war in Großbuchstaben das Wort Gina zu lesen.

Ihr blondes Haar trug Sie offen und ich konnte einen leichten Kokosnussgeruch wahrnehmen, der von ihren Haaren stammte. Ihre Brust schätzte ich auf ein anständiges C-Körbchen. Die Beine hatten eine anständige sportliche, aber zudem feminine Form. Der Hintern hatte eine für mich sehr ansprechende Apfelform, wie ihn Frauen leider nur allzu selten haben. Ihr Highlight waren aber weder ihre Titten, Arsch, Haare oder Beine, sondern ihre Augen. Funkelnde, einnehmende, grüne Augen, in denen man sich quasi ertrinken sah, während man in diese blickte. Man sagt ja, dass die Augen der Spiegel der Seele sind und bei ihr konnte man durchaus behaupten, dass sie ein Engel sein musste. Es reichten ein paar wenige Sekunden dafür aus, dies festzustellen. Noch nie hatte mich jemand so sehr fasziniert, den ich vorher noch nie gesehen hatte.

Wie mir bewusst wurde, welch ein Format Frau dort vor mir stand, begann ich im Gesicht zu erröten und merkte gleichzeitig, wie alles an mir zu schwitzen begann. Ein flaues Gefühl im Bauch kam als weiteres Instrument zum Orchester des Unbehagens dazu. In meinem Kopf spielte sich direkt eine wilde Sexszene ab, wie ich sie einfach von hinten fickte. In Gedanken sah ich wie ich hinter ihr stand; ihren süßen kleinen Mini-Rock hochschob, dabei ihre Strumpfhose runter riss, während ich mit meiner Hand auf ihren Arsch klatschte und letztendlich meinen harten Schwanz in ihr enges Fickloch stopfte. Meine Hände sah ich schon überall an ihrem Körper und dachte mir nur, dass ich keine zwei Minuten in ihr aushalten könnte – vorzeitiger Samenerguss wäre somit inklusive gewesen.

Mitten in meinen Gedanken über die nächste Sexstellung stoppte der Fahrstuhl. Sie schrie für einen Moment als für etwa eine Sekunde vorübergehend das Licht ausging. Ich legte meine Einkäufe auf den Boden und drückte mehrmals den Notschalter, während sie sich zu mir umdrehte.

ICH: »Na, super!«, sagte ich mit einem ironischen Unterton.

GINA: »Nicht das noch!«, seufzte sie.

ICH: »Ist doch nicht so schlimm. In ein paar Minuten sind wir hier raus.«

GINA: »Das will ich auch hoffen«, lächelte sie mich dabei leicht verkrampft an.

ICH: »Heute noch viel vor?«

GINA: »Ja, ich ziehe hier neu ein und wollte noch einige Kartons auspacken.«

ICH: »Oh, wie schön. Du bist also meine neue Nachbarin? So lernt man sich ja direkt mal kennen. Ich dachte mir schon: „Wo will die denn hin?“«

GINA: »Ich bin kein Einbrecher – keine Sorge. Ich bin Gina und Sie?«

ICH: »Leon. Ich bin aber gar nicht so alt, wie ich aussehe und das Du wäre für mich vollkommen okay«, und zwinkerte ihr dabei zu.

Sie nickte mir zustimmend entgegen und lächelte nun etwas unverkrampfter.

GINA: »Bist du hier schon öfters stecken geblieben oder wieso hast du die Ruhe weg?«

ICH: »In der Tat. Dies ist hier nicht mein erstes Mal. Ich war vor drei oder vier Wochen in einer ähnlichen Situation. Dauerte aber keine 45 Minuten bis ein Monteur kam und den Stahlkasten hier wieder in Bewegung gebracht hatte.«

GINA: »So lange? Aber na ja, das werden wir auch noch überleben.«

ICH: »Das will ich doch wohl hoffen.«

Sie nahm ihr Handy aus der Handtasche, schaute drauf und runzelte die Stirn.

GINA: »Mist! Ich habe hier nicht mal Empfang. Ich hätte sonst gesagt, dass wir mal irgendwo anrufen, damit das Ganze vielleicht etwas beschleunigt werden kann. Wie sieht es mit dir aus? Hast du Netz?«

ICH: »Leider habe ich mein Handy in der Wohnung gelassen«, und zuckte dabei verlegen mit den Achseln.

GINA: »Zum Glück haben wir mit dir ja einen Bleib-im-Fahrstuhl-stecken-Experten.«

Sie lächelte und steckte ihr Handy wieder in die Handtasche zurück.

GINA: »Wie ist es denn hier so? Ganz abgesehen, dass es Probleme mit dem Fahrstuhl gibt«, schaute sie mich interessiert an.

ICH: »Also, ich wohne ja gleich im ersten Geschoss und habe unter mir das Büro der Versicherung, wo man manchmal - zumindest in der Woche - mal Bewegung wahrnimmt oder sowas, aber ansonsten ist es hier echt ruhig. Die Wohnung, in die du ziehst, ist ja schon seit einigen Monaten leer. Die beiden Buden darüber erst seit ein paar Wochen.«

GINA: »Woher weißt du in welche Wohnung ich ziehe?«, schaute sie mich diesmal, mit gerunzelter Stirn, fragend an.

ICH: »Na ja, du hast auf das 2. OG gedrückt. Da lag es recht nahe, dass dies wohl deine Wohnung ist.«

GINA: »Ah, okay. Sehr aufmerksam«, und strich sich dabei mit ihrer rechten Hand durchs Haar.

ICH: »So bin ich. Ein aufmerksamer Nachbar.«

GINA: »Hm, gut zu wissen.«

ICH: »Schön, endlich mal wieder etwas Leben hier im Haus zu haben.«

GINA: »Glaube ich dir. Verstehe auch gar nicht, wieso hier nicht alle Wohnungen vermietet sind. Ich war deshalb anfangs auch echt skeptisch die Wohnung zu nehmen. Aber der Vermieter, Herr Gutberger, meinte, dass er die anderen Wohnungen modernisieren will und es zu teuer ist, um alle gleichzeitig zu machen. Er will die Modernisierungen deshalb erst ab dem nächsten Jahr sukzessiv beginnen. Ich nahm mir dann aber ein Herz und hab den Mietvertrag dann einfach unterschrieben. Ich dachte mir: „Gina, ausziehen kannst du immer noch.“«

Ich nickte ihr zustimmend zu.

GINA: »Wenn die anderen Mieter, die vielleicht in geraumer Zeit dazukommen, aber auch so nett sind wie du, dann werde ich hier sicherlich sehr alt werden«, und begann zu lachen.

 

Wieder nickte ich ihr zustimmend und aufmerksam zu – untermalt von meinem freundlichsten Lächeln.

GINA: »Du wohnst alleine hier? Oder mit deiner Frau oder Freundin?«

ICH: »Ich wohne allein. Also, mittlerweile allein. Meine Ex und ich sind hier vor 5 Jahren zusammen eingezogen, aber seit etwa einem Jahr wohne ich hier nun allein«, und ich senkte dabei meine Stimme.

GINA: »Da sagst du ja was…«

Ich: »Wieso?«, fragte ich skeptisch.

GINA: »Mein Freund - oder jetzt eher - Ex-Freund, hat mich gestern per Whatsapp abserviert.«, sie senkte ebenfalls ihre Stimme und zog ihre Mundwinkel für einen Augenblick nach unten.

ICH: »Oh, was? Das gibt’s doch nicht. Genau das hatte meine Ex bei mir damals auch gemacht.«

GINA: »Nein, echt?«, und guckte mich dabei, mit offenem Mund, erstaunt an.

ICH: »Ja, mein Ernst. Ist wohl modern heutzutage das so zu machen. Sowas ist absolut unpersönlich und widerlich. Da kann man doch zumindest den Mumm beweisen und es persönlich machen, oder?«

GINA: »Sehe ich genauso. Er meldet sich auch gar nicht mehr. Habe ihm mindestens 20 Nachrichten geschickt und auch versucht anzurufen – keine Reaktion. Nur eine lausige Nachricht und das war´s?«, sagte sie recht wütend.

ICH: »Da haben wir ja schon zwei Gemeinsamkeiten. Wir leben nicht nur unter einem Dach, sondern leben beide auch im Club der einsamen Herzen – oder besser gesagt: Im Club der einsamen und versehrten Herzen.«

GINA: »Ich kann es noch immer gar nicht fassen. Einfach aus dem Nichts. Er meint, er habe jemanden kennengelernt und will nun ein anderes Leben führen. Nach fünf Jahren? Einfach so?«, fuhr sie immer noch recht wütend fort.

ICH: »Die Liebe ist wie schwarzer Honig. Süß und aufwendig, durch viele kleine Einzelteile produziert und doch dunkel wie die Nacht.«

GINA: »Da stimme ich dir zu. Das wird mich noch sehr lange mitnehmen.«

ICH: »Glaube ich dir. Ein gebrochenes Herz verändert Menschen, aber ich wünsche dir, dass du schnell darüber hinweg kommst. Viele dumme Sprüche gibt es da ja, die Freunde immer ganz schnell zu einem sagen; aber ich glaube, du weißt, was ich meine.«

GINA: »Du meinst zum Beispiel: „Auf jeden Topf passt ein Deckel“ oder „Das wird schon wieder“?«

ICH: »Genau die und ungefähr drei Millionen weitere kluge Sprüche..«, und rollte dabei die Augen nach oben.

GINA: »Ich hab seit gestern schon ungefähr die Hälfte davon gehört.«

ICH: »Ich kenne sie echt alle, aber das Einzige, was wirklich hilft, ist…«

GINA: »Na..?«, unterbrach sie interessiert.

ICH: »Ablenkung und Zeit.«

GINA: »Hm. Trotzdem tut es so verdammt weh. Ist zwar nicht meine erste Trennung, aber die mit der längsten Beziehungszeit. Schließlich kann ich fünf Jahre nicht einfach so wegwischen, wie er es tut.«

ICH: «Absolut! Wie gesagt, ich kenn es und bei mir sind die Wunden frisch verheilt. Bei jedem Auto, das wie ihres aussah, dachte ich, dass sie es sein könnte und mein Herz blieb jedes Mal beinahe stehen: Bei jeder, die ihr Parfüm trug, musste ich fast heulen und bei vielen Orten, an den wir zusammen waren, musste ich oft langfahren - das hat mich einige Monate wirklich sehr belastet.«

GINA: »Hör bloß auf…«, seufzte sie, während ihre Augen aussahen, als würde sie jeden Moment anfangen zu weinen.

ICH: »Ich glaube, wir reden lieber über etwas anderes«, und berührte für einen kurzen Moment, mit meiner rechter Hand, ihren linken Oberarm.

GINA: »Momentan bin ich nicht so glücklich.«

ICH: »Das kommt schon wieder, denn glücklich sein funktioniert wie ein Muskel. Erstens: Man kann es durch harte Arbeit trainieren. Zweitens: Wo einmal etwas aufgebaut wurde, kann man schnell wieder etwas aufbauen.«

Sie lächelte mich für einen kurzen Augenblick an, ehe sie wieder etwas nachdenklich wirkte.

ICH: »Was sind denn die drei wichtigsten Dinge, die man über dich wissen sollte?«, und versuchte damit vom Thema Liebe abzudriften.

GINA: »Über mich als Mieterin oder jetzt so generell?«

ICH: »Gern beides«, und lächelte sie höflich dabei an.

GINA: »Also, als Mieterin bin ich ruhig, sauber und hilfsbereit. Ich denke als Mensch so generell bin ich ehrgeizig, positiv eingestellt und besitze ein großes Herz – oft nur zu groß, da es andere oft ausnutzen. Und bei dir?«

ICH: »Als Mieter teile ich die gleichen Eigenschaften mit dir und als Mensch bin ich ein sehr aufgeschlossener, experimentierfreudiger und spontaner Typ.«

GINA: »Was machst du beruflich?«

ICH: »Ich bin selbstständig. In der Webbranche. Nichts sonderlich interessantes und du?«

GINA: »Ich bin Bankkauffrau.«

ICH: »Du hast eine tolle Figur, wenn ich dir das mal so direkt sagen darf.«

Sie lächelte etwas beschämt und wurde rot im Gesicht. Ich hatte sie mit diesem doch etwas plumpen Satz etwas aus dem Konzept gebracht.

GINA: »Danke«, sagte sie mit leiser verlegener Stimme, während ihr Blick kurz von mir abwich und zum Boden ging.

ICH: »Du machst sicher sehr viel Sport, oder?«

GINA: »Ich bin vier bis fünf Mal die Woche im Gym.«

ICH: »Ich bin auch so alle zwei Tage da. Ich hasse es, wenn die Leute immer ewig lange an den Geräten miteinander reden, anstatt zu trainieren«, und rollte dabei kurz die Augen.

GINA: »Ja! Schlimm, oder? Mich starren dazu ständig Kerle an. Manchmal nervt auch das, aber ich denke mir dann immer: „Gina, lass sie ruhig gucken. Du bist eine hübsche Frau, da ist es normal.“«

Erst wusste ich gar nicht, was ich auf diesen Satz antworten sollte. Sie sagte ihn trocken und ohne die Miene zu verziehen. Irgendwie klang es eingebildet, aber immerhin war sie nicht wieder kurz davor zu heulen.

ICH: »In welchem Gym bist du?«

GINA: » BodyWorldFitness24 und du?«

ICH: »Würde ich dir das verraten, würdest du mich da ja stalken«, antwortete ich ihr ironisch und zwinkerte ihr dabei zu.

GINA: »Das wüsste ich aber«, erwiderte sie ebenfalls im gleichen ironischen Tonfall.

ICH: »Und wenn du nicht in der Bank arbeitest und zum Sport gehst? Was machst du dann so?«

GINA: »Schaue viele Serien und lese auch hin und wieder ein gutes Buch. «

ICH: »Ich auch – zumindest schau ich viele Serien. Da haben wir ja wieder was gemeinsam. Was guckst du denn so? Die typischen Frauenserien wie Grey´s Anatomy oder Gossip Girl

GINA: »Na, klar. Aber nicht nur. Ich mag auch Dexter , True Detective oder sowas.«

ICH: » Dexter ist super. Eine Serie mit einem ordentlichen Serienende, denn da…«

GINA: » Nein, nein! Bloß nicht spoilern! Ich bin aktuell bei der letzten Staffel«, unterbrach sie mich.

ICH: »Oh, sorry. Ist aber eine super Serie. So viel sei gesagt: Lohnt sich sie zu Ende zu schauen. The Sopranos haben zum Beispiel ein fürchterliches Ende. The Shield auch. Falls dir die Serien etwas sagen?«

GINA: »Ne, die sagen mir nichts. Aber ich werde die meiden, wenn ich die beim Stöbern nach neuen Serien auf Netflix sehe.«

ICH: »Besser so. Wenn du eine neue Serie brauchst, kannst du mich jederzeit gerne fragen.«

GINA: »Ich werde bestimmt mal drauf zurück kommen.«

Ich schaute auf meine Armbanduhr. Es waren erst zehn Minuten vergangen, seitdem ich auf den Notknopf gedrückt hatte. Daher betätigte ich den Knopf prophylaktisch noch ein paar Male.

ICH: »Na, hoffentlich müssen wir hier nicht die ganze Nacht noch herumhängen.«

GINA: »Wieso denn auch? Du sagtest doch, dass es das letzte Mal auch schnell ging.«

Sie schaute mich verdutzt an und kräuselte dabei ihre Stirn.

ICH: »Nur so daher gesagt, aber wenn doch…«

GINA: »Hast du hoffentlich etwas Schönes zu essen in deinen Einkaufstüten«, ergänzte sie und zeigte mit ihrem Finger auf die vollgepackten Tüten.

ICH: »Soweit wird es schon nicht kommen. Für das Hackfleisch wird es aber ohnehin schon zu spät sein. Sehr ärgerlich.«

GINA: »Ich esse kein Fleisch. No, no!«

ICH: »Bist du Vegetarierin oder sogar vegan?«

GINA: »Vegan leider noch nicht hundertprozentig, aber ich lebe vegetarisch. Was das Kochen mit meinem Ex aber auch nicht immer angenehm machte.«

»Wie sehr ich das Wort Ex-Freund hasse«, dachte ich mir. Ich überlegte, ob ich auf den Ex-Kerl wieder eingehen sollte, aber ich entschloss mich letztendlich dagegen.

ICH: »Gute Einstellung«, antwortete ich lapidar.

GINA: »Wieso isst du Fleisch? Weißt du, wie die Tiere gehalten werden? Weißt du, was die alles für Mittel ins Fleisch geben?«

ICH: »Ich bin da wohl der Gewohnheits-Fleischesser. Esse aber auch nicht viel und wenn nur Bio. Ich achte schon auf gute Qualität«, antworte ich ihr höflich, anstatt ihr zu sagen, wie scheißegal mir die Tiere in Wirklichkeit waren.

GINA: »Ich kann das mit meinem Gewissen nicht mehr vereinbaren«, und schüttelte dabei den Kopf.

ICH: »Ich finde das sind schon irgendwo Luxussorgen, denn vor 100 oder 200 Jahren konnte man da nicht so darauf achten.«

GINA: »Da lebten die Tiere aber nicht in der Massentierhaltung und da wurde auch keine Chemie ins Fleisch, beziehungsweise in die Tiere, gespritzt.«

ICH: »Bei dem Thema kann man sich schnell in die Haare kriegen. Ich akzeptiere aber deinen Standpunkt voll und ganz. Vielleicht sollte ich mir das nochmal genauer durch den Kopf gehen lassen«, entgegnete ich ihr, um nicht auf Kriegsfuß mit ihr zu gelangen.

Sie nickte mir einsichtig zu und strich sich wieder durchs Haar. Ein eleganter Anblick: Grazil und charmant zugleich.

GINA: »Zum ersten Mal wünsche ich mir die Fahrstuhlmusik zurück, wie die im Aufzug auf meiner Arbeit«, sprach sie mit einem gequälten Lächeln.

ICH: »Sicher läuft da auch im Sommer die Instrumental Version von Last Christmas oder es dudelt ständig nur I did it my way , stimmt´s?«

GINA: »Ach, das wäre noch schön. Da läuft nur Klassik. Also: Bach , Vivaldi , Beethoven, Chopin, Wagner, Mozart und wie sie alle heißen.«

ICH: »Da kennt sich aber jemand aus.«

GINA: »Mein Ex spielt Klavier und von denen hat er einige Stücke geprobt. Ich kenne die wichtigsten klassischen Werke mittlerweile in und auswendig.«

Schon wieder sagte sie das Wort, welches ich bei einem Gespräch mit einer Frau am wenigsten hören mag. Ich ignorierte es wieder und nickte ihr nur einmal kurz, aber freundlich, zu.

ICH: »Aber du selbst hörst eher etwas anderes, nehme ich an?«

GINA: »Ich höre echt alles. Früher sogar mal Rock, aber mittlerweile darf es auch gern mal House sein. Und du?«

ICH: »Ich bin da auch sehr breit aufgestellt. Also, von Elvis über Metallica bis hin zu Marteria ist echt alles dabei.

GINA: »Da haben wieder etwas gemeinsam. Ich liebe Marteria . Der hat so schöne Auge – und macht natürlich tolle Musik.«

ICH: »Gute Musik auf jeden Fall, aber die hübscheren Augen hast eindeutig du.«

Sie verharrte für ein oder zwei Sekunden und begann dann zu lächeln. Es wirkte auf mich, als ob ihr langsam klar wurde, dass wir hier mitten in einem Flirt steckten.

GINA: »Süß«, antwortete sie nach ihrer kleineren Überlegungspause. Anschließend kramte sie in ihrer Handtasche und schaute erneut aufs Handy.

ICH: »Na, hast du nun ein Signal?«

GINA: »Nein, irgendwie immer noch nicht. Bei der Besichtigung letztens ging es mit dem Empfang ja auch im Fahrstuhl, weil Marc ja unbedingt die Fußballergebnisse wissen wollte und er sein Handy im Wagen liegen gelassen hatte.«

ICH: »Marc? Sicher dein…«

GINA: »Ex! Genau!«, ergänzte sie meinen Satz.

ICH: »Jetzt stecken wir hier fest und du hast obendrein auch noch Netzprobleme. Wenn mal etwas schiefläuft, dann meistens aber richtig.«

GINA: »So wird es wohl sein“, sprach sie leicht geknickt und steckte das Handy wieder ein.

ICH: »Man hängt ohnehin viel zu oft an den kleinen Dingern fest. Die Leute verbringen immer mehr Zeit mit ihren Handys, anstatt ihre Freunde zu treffen. Ich lege mein Handy oft ganz bewusst weg und schalte es übers Wochenende auch gerne einmal aus. Das nenn ich für mich: Freiheit!«

GINA: »Aber praktisch ist es schon. Ich habe eine Freundin in Berlin, die ich nicht mehr so oft sehen kann. Damit halten wir trotzdem immer engen Kontakt – hat alles seine Vor- und Nachteile. Es kommt ja auch immer auf die Intensität an, finde ich.«

 

ICH: »Genau. Klar, muss jeder selbst wissen, was er tut, aber für mich gilt: weniger Handy ist doch oft mehr. Bist du jemand, der viel und lange am Handy klebt?«

GINA: »Ja, ich bin schon leicht süchtig danach.«

ICH: »Also bist du immer bei Instagram und Facebook unterwegs und schaust, was andere so treiben? Kann auch runterziehen, wenn man überall Pärchen sieht, die verliebt sind –man selbst sich aber im Alleinsein testen muss- oder andere beim Traumurlaub zusehen darf. Das ist schon oft bitter.«

GINA: »Da gebe ich dir auch recht, Leon. Werde ich wohl in den nächsten Tagen und Wochen auch etwas reduzieren, weil´s mich sicher belasten wird, sollte ich da verliebte Pärchenbilder oder so was sehen. Das vertrage ich aktuell nicht so gut. Ganz zu schweigen, wenn mein Ex da etwas postet – den sollte ich unbedingt blockieren, sobald ich wieder Netz habe.«

ICH: »Sehr gute Idee. Das solltest du auch, weil sowas die Wunden immer wieder aufreißt.«

GINA: »Und wenn er es sich doch wieder anders überlegt?«, schaute sie mich fragend an.

ICH: »Dann soll er es dir verdammt nochmal ins Gesicht sagen und nicht das Ganze über Whatsapp beenden, um dann womöglich auf dem gleichen Wege wieder einen Rückzieher zu machen. Dann soll er Mann genug sein und persönlich zu dir kommen – er weiß doch, wo du wohnst.«

GINA: »Wie recht du hast.«

ICH: »Scheiß auf den. Zur Not kannst du dir ja Tinder laden. Ich denke, da werden dich einige Kerle anbeten.«

GINA: »Ne, dafür habe ich nichts über. Ich finde, eine Frau, die etwas auf sich hält, meldet sich da nicht an.«

ICH: »Wieso kommst du denn darauf?«, fragte ich ganz verdutzt und überrascht von ihrem unterschwellig aggressiven Tonfall ihres Satzes.

GINA: »Na, das ist doch billig und oberflächig sich dort den Männern wie eine Prostituierte anzubieten. Ich möchte einen richtigen Mann, der mich auf der Straße höflich anspricht oder sich halt im normalen, echten Leben mir gegenüberstellt. Heutzutage sprechen Männer kaum noch Frauen an, denn alles geht nur noch online. Ich kriege so viele Facebook -Nachrichten und Freundschaftsanfragen von wildfremden Männern. Außerdem habe ich mit einigen meiner Freundinnen, die es mal kurzzeitig ausprobiert hatten, darüber gesprochen und alle hatten mir davon abgeraten. Denn die haben so viele dumme Nachrichten bekommen wie: Hey, Süße. Hast du Bock auf Sex? oder Hallo, wir sollten uns zum Ficken verabreden . Ich habe keine Lust nur ein Sexobjekt für einen Mann zu sein«. Ihre Stimme wurde dabei immer aggressiver und fuhr fort: »So was ist echt nichts für mich und will ich auch gar nicht erst ausprobieren. Nutzt du das seitdem du solo bist?«

ICH: »Habe ich mal, aber auch eher, um mir selbst davon mal einen Eindruck zu verschaffen. Für mich ist das aber auch nichts. Habe eigentlich nur nach links gewischt, weil mir keine zusagte – klingt oberflächlich, aber mir gefällt einfach nicht jede. Bin sehr anspruchsvoll und extrem wählerisch.«

GINA: »Geht mir auch so. Werde sicher nun ewig Single bleiben, aber bei dir verstehe ich das nicht. Du bist groß, schlank, hast ein sympathisches Gesicht, scheinst dein Leben im Griff zu haben und hast einen Job. Normalerweise sollten dir die Damen allein dafür in Scharen hinter laufen.«

ICH: »Danke. Sehr schön so was mal zu hören, aber so ist es definitiv nicht.«

GINA: »Wenn wir hier draußen sind, sollten wir mal einen Kaffee trinken gehen oder du kannst mir auch gern beim Umzug mithelfen.«

ICH: »Ich habe Rücken«, antwortete ich spaßeshalber, während ich mir dabei theatralisch, mit der rechten Hand, an den Rücken fasste.

GINA: »Du Spinner. Nein, wirklich. Also, mit dem Umzug war ein Spaß, aber wir können echt gern mal außerhalb dieses Aufzuges etwas machen.«

ICH: »Klar, wieso auch nicht. Ich lauf dir auch nicht weg. Du weißt ja wo ich wohne«, zwinkerte ihr ein weiteres Mal dabei zu.

GINA: »Hast du auch was zu trinken eingekauft? Dann würde ich mir gern was schnorren. Gebe ich dir nachher auch zurück.«

ICH: »Ach, klar. Wasser? Hab zwei Flaschen geholt, also nimm ruhig – alles gut«, und kramte rasch eine Seltersflasche für sie, aus einer meiner Einkaufstaschen, hervor.

Sie trank einige Schlucke, bedankte sich brav und stellte die Flasche anschließend neben sich auf den Boden.

ICH: »So langsam könnte der Herr Fahrstuhlmonteur auch gerne vorbeikommen«, und schaute dabei auf meine Uhr.

Mittlerweile waren 30 Minuten, seit der Betätigung des Notrufschalters, vergangen.

GINA: »Sonst müsste ich auch noch Essen von dir mopsen, denn so wirklich etwas gegessen habe ich heute auch noch nicht.«

ICH: »Das wäre die geringste Sorge. Ein Zwei-Gänge-Menü könnte ich dir sicher zubereiten – natürlich fleischfrei.«

GINA: »Was würde es denn geben?«

ICH: »Tomate-Mozzarella auf Vollkornbrot als Hauptmahlzeit und als Dessert hätte ich leckere Paprika-Chips anzubieten.«

GINA: »Klingt doch gar nicht mal so schlecht. Ich hoffe nur, dass ich auf das Angebot nicht zurückgreifen muss«, sagte sie mit einem verschwitzten Lächeln.

ICH: »Wenn du etwas willst, sag es mir einfach. Ich kann morgen auch wieder einkaufen gehen, das bringt mich schon nicht um.«

GINA: »Werde ich. Sehr lieb von dir.«

ICH: »Mit den Schuhen lange herumzulaufen, beziehungsweise zu stehen, muss doch irgendwann weh tun, oder?«, und schaute dabei gezielt auf ihre hochhackigen Schuhe.

GINA: »Man gewöhnt sich daran, aber am Ende des Tages merkt man es schon.«

ICH: »Du kannst sie ruhig ausziehen. Wir sind ja quasi zuhause. Mich würde es nicht stören.«

GINA: »Hm, gute Idee.«

Sie hielt sich mit einer Hand an der Fahrstuhlwand fest, hebte ihren rechten Fuß rückwärts in Richtung ihres Hinterns und zog den Schuh vom Fuß. Anschließend machte sie das gleiche spiegelverkehrt mit dem anderen Schuh und legte anschließend die beiden Pumps neben die Wasserflasche.

ICH: »Ich setze mich. Habe das Gefühl, dass es heute etwas länger dauert bis jemand kommt, um uns hier zu befreien – es ist ja schließlich Wochenende. Irgendein armer Knecht, der heute Notdienst hat, muss sich schließlich erst einmal hierher schleppen«, sagte ich und setzte mich auf den stählerneren Metalboden des Fahrstuhls.

GINA: »Okay.«

Sie überlegte kurz und setzte sich anschließend direkt neben mich. Sicher auch, damit man ihr nicht unter den Rock blicken konnte.

ICH: »Wenn wir hier rauskommen, bist du sicher urlaubsreif, oder?«

GINA: »Das war ich auch vorher schon. Würde gern wieder weit wegfliegen - nach New York oder Tokio.«

ICH: »Klingt aber nicht nach einem Entspannungsurlaub. Brauchst du nicht mal Ruhe und Abstand vom Alltagstrudel?«

GINA: »Ich stehe schon recht gern unter Strom und brauche das Gewusel um mich herum. Einfach am Strand liegen und die Sonne auf mich scheinen lassen ist für ein oder auch mal zwei Tage ganz angenehm, aber ich könnte keine zwei oder drei Wochen am Stück in einer Ferienanlage verbringen und mich im All-Inclusive-Bereich dort durchfuttern und besinnungslostrinken. Das überlasse ich lieber den anderen.«

ICH: »Du bist also eine echte Powerfrau. Ich hingegen liebe es in Griechenland oder Spanien mal eine Woche nur herumzuliegen. Ganz gemütlich am Strand liegend, mit einem Cocktail in der Hand und dabei die Welt um einen herum vergessen.«

GINA: »Ich kann es schon nachvollziehen, dass sich Leute einfach mal auf diese Art aus dem Alltag ausklinken wollen. Ich muss dabei aber die Welt erkunden, wenn ich schon einmal woanders bin.«

ICH: »Jeder, wie er es mag.«

GINA: »Stimmt schon, aber ich bin ja auch noch jung und du bist schon sehr alt«, sprach sie mit ironischer Stimme, während sie mich dabei herzlich anlächelte.

ICH: »Auch wieder wahr«, und erwiderte ihr Lächeln.

GINA: »Nein, nein. Du bist ja noch keine 70. Das wäre alt. Aber wie alt bist du? Ich würde mal sagen Anfang 30?«

ICH: »Genau. Ich bin 32. Wie alt bist du?«

GINA: »Ach, das ist doch kein Alter. Ich bin 24.«

ICH: »Du hast ja ein Traumalter. Ich habe hingegen schon leichte Falten unter den Augen – das belastet mich schon sehr. Ich habe deshalb sicherlich auch mehr Cremes zuhause, als du in deinem ganzen Leben hattest. Ein paar graue Haare habe ich auch schon hier und da. Werde die sicherlich demnächst mal färben oder tönen müssen.«

GINA: »Ach, du Spinner. Wo das denn?«.

Sie suchte mit ihren Augen nach grauen Haaren auf meinem Kopf und wandte ihren Blick dann auf meine Augenpartie, um dort zu überprüfen, ob meine Aussage richtig war, beziehungsweise, diese bewerten zu können.

GINA: »Ich sehe da gar nichts.«

ICH: »Liegt sicher am Licht.«

GINA: »Ganz ehrlich. Ich sehe kein einziges graues Haar und selbst wenn, wäre es für mich nicht schlimm.«

ICH: »Ich fühl mich trotzdem allmählich alt.«

GINA: »Bist du aber nicht. Mich stört dein Alter keinesfalls. Lieber einen älteren Kerl, als einen in meinem Alter, denn die wissen alle noch nicht was sie wollen. Die müssen sich alle noch beweisen und austoben.«

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