Die Nacht (ist noch lange nicht vorbei)

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Die Nacht (ist noch lange nicht vorbei)
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Inhaltsverzeichnis

Morgenstund hat was im Mund ?

Dem Himmel nahe

Nächste Ausfahrt

Unter der Erde

Waldtraut

Ankert

Suniya

Onkel Anton

“Spät is”

Licht im Dunkel

Tradition kollidiert mit Gefühlen

Saptapadi

Siddhart

Traudi sucht

Sonntag

Waldheim

Mehrschichtig undurchsichtig

aber im Dunkeln gut Munkeln

und noch ist die Nacht nicht vorbei…….

Morgenstund hat was im Mund ?

Eigentlich wollte er noch eine Stunde schlafen , aber die Natur hatte schon den Hauptschalter auf “AN” umgelegt. Irgendwo da draussen balgten sich Katzen um ihr natürliches Recht der Vervielfältigung, Vögel krächzen wie Raucher nach durchzechter Nacht .

Und er liegt heftig gähnend in der Kiste. Liegt und denkt. Denkt an Alles was passiert ist in den letzten Jahren . Vor allem an das , was nicht passiert ist, obgleich er es gewollt hätte.

Die Sonne ist noch nicht zu sehen , aber sie streckt schon

ihre Fühler deutlich aus. Rötliches Licht hinter dem Berghang lässt ahnen, das es bald losgeht mit ihrer täglichen Beleuchter-Tätigkeit in diesem Allerwelts-Theater, allgemein auch als das ganz normale Leben bekannt.

Hier sind sie , die Alltagsgewohnheiten , sie lungern herum, liegen gut versteckt hinterm Wecker, unter dem Mobiltelefon, zwischen den Abfahrtszeiten, vor den Erwartungen. Wo immer sie eine Lücke

in der Freiheit sehen, dringen sie ein.

Sollte er wirklich aufstehen, wirklich den Tag beginnen obgleich

sein innerer Schweinehund darauf besteht, das die Nacht noch

nicht vorbei ist. Aber dieser tut sich schwer im Angesicht des

Lichts welches der Tag hemmungslos ins Schlafzimmerfenster wirft. Also gibt er sich einen Ruck, springt aus dem Bett. Noch während er beim Pinkeln war klingelt schon das Telefon. Es war sie ! Und wollte wissen wie er geschlafen hat. So ganz ohne sie .

Dem Himmel nahe

Irgendwann war diese Dachterrasse für alle die sie aus der Ferne kannten oder von ihr gehört hattendie ganz grosse Nähe zum Himmel, lange vor der Erfindung der Worte Sky Room oder Sky Terrace .

Nur eines hat sich nicht seitdem nicht geändert, die Sterne scheinen dort oben immer nocvh so nahe . Jeder in der Umgebung träumte von diesem Platz dort oben , man sah ihn ja von weitem: eine 2 x 2 Meter grosse Terrasse mit einem kleinem Tisch und ein paar Eisen-Stühlen. Aber die sah man nicht von dort unten von weit weg aus der Thar-Wüste kommend, staubig, durstig und nach dem eigenem und dem jeweiligem Reittier’s Schweiss riechend.

Aber die Fantasie hatte weder Angst vor den unzähligen Treppen, noch Schwindelgefühl , noch Bedenken vorm Privatem . Was immer dort oben geschehen mag oder mochte oder doch nur in den Köpfen stattfand, sie, die grenzenlose Fantasie flog förmlich dort hinauf.

Oben war immer gut für die Fantasie , alle Religionen starren nach oben , selbst wenn sie gerade , erdtechnisch gesehen nach unten hängen wie die Fledermäuse.

Das Gute war einfach immer oben , das Schlechte immer unten . im Hades sozusagen. Ausser beim Sex, da war “da unten” nicht Alles so schlecht . Jedenfalls so lang die Welt in Ordnung war. Jedenfalls für die, die diese Ordnung geschaffen und unters gläubige Volk gebracht hatten.

Bislang !

Doch das Alles änderte sich eines Tages , Gagarin flog und die Ami’s hinterher , sogar bis zum Mond, wenn man den Filmen trauen darf. Denn zeitgleich zeigte man auch rasende Kutschen mit rückwärts drehenden Rädern. Aber wer schaut schon auf die Räder , wenn sorgfältig gebügelte Hollywood-Cowboys ihre Hüte tief ins gebräunte Gesicht ziehen ? Howdy und Hi-Ho solange wie die Colts rauchten in Bonanza . Selbst östlich von Santa Fe war am Fusse von irgendwelchen blauen Bergen . Und blauer Dunst fehlte nie im Marlboro-Land.

Nächste Ausfahrt

Wie so oft findet er sich vor diesem Lenkrad und wie immer ist die Aussicht eingerahmt von der Windschutzscheibe und wie immer ist er versunken in der Trance zwischen Musik und Langeweile. Genau darum ist jede Ausfahrt seiner fast tunnelmässig gefühlten Autobahnfahrten immer ein willkommener Anlass das kleinklarierte Muster dieser Asphaltgrau und Weiss-gestreiften Tapete zu verlassen . Also die nächste ist jetzt dran beschliesst er.

Und da stand dann plötzlich dieses Schild : Neu-Oberdorf 3 km,

von den Scheinwerferkegeln heraus gestanzt aus der allgemeinen Dunkelheit um ihn. Das Wetter war bereits tagsüber eher grau und diesig gewesen, jetzt tendierte es zu schieferähnlichem Anthrazit.

Die Strasse führte immer weiter bergauf , dies erklärte auch die noch vereinzelten stark verdreckte Schneereste auf beiden Seiten.

Der Wind schien förmlich durch die Scheiben zu blasen , seine scharf säuselnde Melodie die von aussen am Auto sägte nahm den Rest von Wohlgefühl trotz voll aufgedrehter Heizung. Die Fichten und Tannen, die die Strasse wie eine Palisade begrenzen , schaffen einen Kanal in dem Umkehren unmöglich scheint. Und so bleibt nur die eine, wenn auch unbekannte Richtung - vorwärts.

Strassenschilder verbargen ihre Mitteilungen unter strotzendem Dreck den vorbeifahrende Fahrzeuge hoch gespritzt hatten.

Das leichte Durchdrehen der Räder signalisierte Bodenfrost. Schon fing er an seiner Entscheidung zu zweifeln diese Ausfahrt genommen zu haben . So wie er eigentlich immer erst mal an Allem zweifelt. Dann aber von Neugier, vom Hunger auf Unbekanntes getrieben wie ein Mondsüchtiger loszulegen .Das Tappen im Dunkeln war längst fester Bestandteil seiner Existenz geworden . Inzwischen gesellte sich auch Hunger zu den anderen weit weniger klaren Gefühlen. Und wie immer , wenn er Hunger hatte, wird er nervös. Den von Ungeduld getriebenen Tritt auf’s Gaspedal beantwortet der Wagen mit einem zwar elegantem wenngleich gänzlich ungewolltem Dreher. Irgendwo hatte er einige niedrige Büsche

ausradiert, morgenfrüh werden die Kratzer auf Lack dies bestätigen geht es ihm durch den Kopf als er ausstieg . Nur gut das nur zwei Räder im Schlamm des Strassenrandes sassen , dies sollte also kein Problem sein.

Also Rückwärtsgang rein, die Reifen pfeifen auf der einen Seite und schmatzen auf der anderen. Der Dreck spritzt nicht nur hoch, aber auch auf den Wagen und verkleistert so die Fenster und den Spiegel auf der Beifahrerseite. Dadurch sieht er nicht wie sich ihm zwei lange silbrige Lichtfinger nähernd durch die Dunkelheit wühlen. Erst als er das Geräusch von hart bremsenden Reifen hört steckt er den Kopf aus dem Fenster und entdeckt das andere Auto.

“Hat’s eana draht?

Is scho a bisserl glatt hier auf’d Nacht ”

Der Mann in Trainingshose , wild mit Auto-Logo’s bedeckter Windjacke und Tirolerhut , deutet ihm an ins Auto zu steigen und schreit “Stoagns eini”

was er dann ( ganz im Unterschied wie sonst bei solchen schroffen Kommandos ) auch tut. Während er versucht, die Kupplung so sanft wie nur möglich kommen zu lassen schiebt der Ankömmling mit einigen kräftigen Rucken von hinten. Dann aber steigt dieser auf die Stosstange und der Wagen schiesst plötzlich auf die gottseidank leere Gegenspur der Strasse. Dem Helfer ist der Tirolerhut vom Kopf gefallen und seine an russische Tänze erinnernden Schritte verraten das er Mühe hat sich auf den Füssen zu halten.

Zurück auf der rechten Strassenseite steigt er aus um sich zu bedanken , vergisst dies aber sofort , geschüttelt vom Hunger und vom Adrenalin des gerade Geschehenen.

So er hört sich gegen den Wind brüllen “Gibts da irgendwo etwas zum Essen?”

Er selbst erschrickt vom Klang seiner Stimme , das ist sonst nicht so seine Art.

Der Mann schiebt sich den inzwischen wieder aufgestzten Hut nach hinten und meint “ Fahrns mir hoit hinta her!”

Und so klemmt er sich hinter zwei rote Glühwürmchen die ein ganz klar aus der Gegend stammendes Nummernschild einrahmen. Als die Rücklichter von rot auf gelb wechseln hält auch er an, findet sich vor einem alten Haus mit einem von jetzt mit toten Blumenkästen bedecktem Giebel , auf dem unter einer Funzel verblasste Lüftelmalerei und die Aufschrift “Gasthaus” zu sehen ist.

Der Mann mit dem Tirolerhut war inzwischen ausgestiegen, blieb aber in der geöffneten Tür seines Wagens und rief ihm zu “Sag ,der Loisl schickt di ! Vielleicht kumm i späda noch auf a hoibe Bier vorbei. Und lassen’s den Karren hier unten stegn, der Hof is recht eng” steigt ein und fort brummt der hochbeinige Diesel.

 

Im Wirtshaus empfängt ihn eine verrauchte Nebelkammer die unter einer Dunstglocke von Pfeifentabak, Bierdunst und dem Geruch von Fleischbrühe liegt.

Sein “Guten Abend” wird von zwei älteren Bärtigen mit etwas Gebrummel und von einer gut gepolsterten Frau mit “Grüass God” beantwortet.

Auf seine Frage , ob er noch etwas zu Essen bekommen könne kommt “Ja freili , aber a groasse Auswahl hams net “

Er “Und das wäre ?”

“Ja mei, an koiden Bradn als Aufschnitt und an Della Diroler Knöd’ln” . Das klärte die letzte der drei der dominanten Geruchskomponenten .

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