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Thomas Häring

Test offense

Agenten, Legenden und Tragödien der Arbeit: Einzelfälle

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Das Tun macht das Mosaik

Nichtsdestotrotz

Impressum neobooks

Das Tun macht das Mosaik

Monolog einer Putzfrau

„Guten Abend! Was soll an dem Abend gut sein? Wie es hier schon wieder aussieht! Überall dieser Wortmüll und diese Buchstabensoße! Widerlich! Aber das ist ja mal wieder typisch! Eine Riesensauerei, das Ganze! Sie wollen wissen, welches Amt sauberer ist? Das in N. oder das in G.? Natürlich das in N., aber das war ja wohl eh klar. Und Ihrer Kollegin nebenan können Sie mal ausrichten, dass sie nicht jeden Scheiß in ihren Abfalleimer schmeißen soll, der haben sie wohl zu lange den Kopf in die Klospülung gehalten! Meine Kollegin hat deren Papierkorb leeren müssen und wäre beinahe in Ohnmacht gefallen. Jetzt liegt sie deswegen im Krankenhaus, die Arme. Und ich dachte, Ihr würdet hier arbeiten und nicht nur Müll fabrizieren. Überall diese verstaubten Akten und darin oft die Fotos von Nackten, einfach abscheulich! Ihr Beamten seid mir schon ein komisches Volk: Macht tagsüber einen auf ordentlich und korrekt, aber dafür geht bei Euch wahrscheinlich abends die Post ab, in Eurem Keller. Aber das will ich alles gar nicht wissen. Eigentlich sollte ich ja froh darüber sein, daß ich einen Job habe, da ich sonst auch hier tagsüber antanzen und um eine monatliche Spende betteln müßte. Andererseits ist die Arbeit als Raumpflegerin in so einem Saustall auch nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig. Was ich hier schon alles rumliegen sehen habe! Unterwäsche, Spermaspuren, manchmal sogar einen besoffenen Beamten und hin und wieder Blut. Ich will gar nicht wissen, was Ihr hier mit Euren Kunden veranstaltet; daß der Staat seine Bürger aussaugt wie ein Vampir ist ja hinlänglich bekannt. Obwohl, in diesem Fall müßte es ja dann umgekehrt sein, denn die Arbeitslosen kassieren schließlich die Kohle fürs Nichtstun. Ach, da sehne ich mich doch in die gute alte DDR zurück, in der die Arbeitslosigkeit schlicht und einfach verboten war, so wie sich das halt gehört. Man darf so etwas Fürchterliches nicht erlauben, sonst bekommt man es nie mehr unter Kontrolle, wie man ja hier am anschaulichsten sehen kann. Arbeitslos und Gras dabei, da hat wohl mal wieder so ein Kiffer versehentlich seinen Stoff liegenlassen. Oder sollte das Gras vielleicht sogar einem Beamten gehören, damit er diesen nervenaufreibenden Job durchsteht? Ich will es lieber gar nicht wissen, diese Beamten mit ihrer vermeintlichen Pedanterie sind in meinen Augen auch nur faule Säcke. Ich hab noch einen Kiffer in Berlin? Kann schon sein, jedenfalls habe ich Rückenschmerzen und möchte endlich mal in Räumen putzen, in denen es nicht so vermodert riecht. Manchmal komme ich mir hier vor wie in einem Leichenhaus und wenn dann so ein schlaftrunkener Beamter, der seinen Feierabend verschlafen hat, auf mich zusteuert, dann bekomme ich Angst, weil ich ihn zunächst für einen Zombie halte, was leider kein bißchen abwegig ist. Ich bin eine Raumpflegerin aus Leidenschaft, immer noch besser als Altenpflegerin, sage ich mir jeden Tag, doch wenn ich noch lange in dieser Agentur für Sinnlosigkeit putzen muß, dann laufe ich hier Amok und werde das Chaos, das hier ohnehin schon herrscht, noch vervielfachen. Womöglich glauben Sie jetzt, daß ich übertreiben würde, aber ich arbeite schon seit 25 Jahren in diesem Beruf und was ich in der Agentur in G. alles erleben und sehen mußte, das möchte man keiner Kollegin zumuten und erst recht nicht jemandem wünschen. In der DDR machte das Putzen mehr Spaß, denn dort wurden wir alle gleich schlecht behandelt. In Deutschland dagegen müssen die Einen arbeiten, um das Nichtstun der Anderen zu finanzieren und das sehe ich als eine himmelschreiende soziale Ungerechtigkeit an, jawohl!“

Alles nur ein Traum(a)

„Ich kann einfach nicht mehr. Abends komme ich von der Arbeitslosigkeit nach Hause und bin dermaßen erschöpft, daß ich sofort vor dem Fernseher einschlafe. So darf es nicht weitergehen“, stellte der Arbeitslose fest. „Selbsterkenntnis ist der erste Weg zum Selbstverständnis“, dichtete sein Psychologe. „Aber wenn ich ans Arbeiten denke, dann bekomme ich Hautausschlag und Angstzustände.“ „Guter Mann, um Ihnen wirklich helfen zu können, müssen wir in die Tiefe gehen und herausfinden, was Ihnen einst widerfahren ist. Nur so gibt es eine reelle Chance, Sie zu heilen und für den ersten Arbeitsmarkt wieder fit zu machen.“ Sie schauten sich an und wußten, was nun folgen würde. Der Arbeitslose würde versuchen, sich an seine trostlose Vergangenheit zu erinnern, der Psychologe würde sich zu Tode langweilen und am Ende würden sie Beide wieder einmal heilfroh darüber sein, die Sitzung irgendwie überstanden zu haben. „Es war vor zehn Jahren. Ich war jung und dumm, hatte keine Ahnung vom Leben und ging deshalb zum Arbeitsamt. Dort landete ich bei einer Berufsberaterin und die …“, der Arbeitslose begann zu schluchzen, bevor er mit tränenerstickter Stimme fortfuhr, „die wollte erst gar nicht wissen, welche Berufe mich interessieren, die schaute sich nur ganz kurz meinen Lebenslauf an und dann sagte sie mir ins Gesicht, daß ich Imker werden solle, weil das der einzige Beruf sei, in dem man mich halbwegs gebrauchen könne.“ „Was für eine unsensible Frau“, erwähnte der Psychologe und reichte dem Arbeitslosen einige Taschentücher. Grundsätzlich hatte er die Hartzies nicht ungern in seiner Praxis, denn bei denen konnte er mehr abrechnen, aber manchmal gingen sie ihm mit ihrem Geseier schon auf die Nerven. „Eigentlich dürften diese Arbeitslosen gar nicht psychisch angeschlagen, sondern müßten froh und glücklich darüber sein, nicht arbeiten zu müssen“, hatte er sich schon des Öfteren gedacht, doch nun stand er bei seinem Gegenüber vor einem Durchbruch, weshalb er sich ausnahmsweise mal auf das Hier und Jetzt konzentrierte, so daß er Folgendes von sich gab: „Sehen Sie, mein Lieber, wir sind dem Rätsel auf die Spur gekommen. Sie sind gar nicht das faule, übelriechende, asoziale Schwein, für das ich Sie bislang immer gehalten habe, sondern hatten einfach nur eine traumatische Erfahrung im Arbeitsamt durchmachen müssen, was dazu führte, daß sie seitdem nicht in der Lage waren, sich Arbeit zu suchen und dementsprechend auch keine gefunden haben. Am liebsten sind den meisten Agenturen ja immer die Arbeitslosen, die wegziehen, denn dann muß sich eine andere Kommune mit denen herumschlagen, bei Ihnen aber besteht wirklich Hoffnung. Gehen wir deshalb in die damalige Situation hinein und stellen Sie sich vor, ich wäre Ihre seinerzeitige Berufsberaterin. Was würden Sie mir sagen wollen?“ „Ich habe eine Bienenallergie, Sie blöde Kuh!“ „Sehr gut, Sie haben es rausgelassen, Sie dummer Ochse! Ich erkläre Sie hiermit für geheilt und arbeitsfähig. Machen Sie sofort einen Termin mit Ihrer Arbeitsvermittlerin und sehen Sie zu, daß Sie so schnell wie möglich einen Job finden!“ „Oh nein! Was habe ich nur getan!“ entfuhr es dem Arbeitslosen, nachdem er registriert hatte, daß sich sein Trauma in Luft aufgelöst hatte und er nun wie ein Blinder, der wieder sehen konnte, kein Mitleid von der Gesellschaft mehr zu erwarten hatte. Der Psychologe aber lächelte still in sich hinein. Man mußte einfach nur den guten alten Freud hernehmen, denn es gab da ja nicht nur die anale, orale und phallische, sondern eben auch die asoziale Phase, in der viel passierte.

Allgemeiner Deutscher Arbeitslosenclub (ADAC)

Ach ja, so viele Jahre hatte es gedauert, doch dann hatte man ihn endlich aus der Taufe gehoben, den ADAC. Schon viele Leute hatten die Idee gehabt, daß sich die Arbeitslosen mehr oder weniger gewerkschaftlich organisieren sollten, denn die Gruppe ist fast immer stärker als der Einzelne und außerdem macht das gemeinsame Saufen mehr Spaß, als wenn man sich andauernd allein betrinkt. „Schön, daß Ihr alle gekommen seid! Ich begrüße Euch zu unserer Veranstaltung unter dem Motto „Schöner leben ohne Arbeit.“ Ganz besonders freue ich mich über unseren Gastredner, den Zukunfts- und Freizeitforscher Schopawoski, der uns nun erzählen wird, was man als Arbeitsloser so alles machen kann. Aber erst einmal Prost, Ihr faulen Kameraden!“ rief der Vereinsvorsitzende und hob die Bierflasche. „Prost, Du faule Sau!“ antworteten die Angesprochenen im Chor und danach betrat der angekündigte Redner die Bühne und kam sogleich zur Sache: „Meine Damen und Herren, verehrte Hedonisten! Früher pflegte man zu sagen: „Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen.“ Heutzutage müßte es heißen: „Wer ißt, der sollte nicht arbeiten.“ Die Zeiten haben sich geändert und die Freizeiten natürlich auch. Selbstverständlich weiß ich aus Erfahrung, daß Viele von Ihnen gerne mal den Vormittag einen guten Mann sein lassen und erst mit dem Mittagsläuten aufstehen und ihren Tag beginnen, aber das muß nicht sein und ist ein wenig schade, denn was macht denn mehr Spaß, als die ganzen Spießer und Fleißmeisen dabei zu beobachten, wie sie sich mit müden Augen und voller Widerwillen zur Arbeit quälen? Ich rate Ihnen dazu, sich diesen Augenschmaus nicht entgehen zu lassen, denn wenn Sie sich das mindestens einmal pro Woche anschauen, dann werden Sie Ihre eigene Arbeitslosigkeit wieder viel mehr zu schätzen wissen.“ „Das erlebe ich jeden Tag in meinem Schlafzimmer, meine Frau arbeitet nämlich!“ rief einer der Zuhörer dazwischen. „Das finde ich sehr mutig von Ihnen, daß Sie das in diesem Rahmen öffentlich zugeben, aber keine Sorge, vielleicht wird auch ihre Gemahlin eines Tages vernünftig und wechselt die Fronten.“ „Sie brauchen reden, Sie arbeiten ja selber.“ Schopawoski schluckte. Immer wieder kam dieses Totschlagargument auf ihn zugeflogen, doch es verletzte ihn jedes Mal aufs Neue. „Ich habe lediglich mein Hobby zum Beruf gemacht, deshalb sehe ich meine Tätigkeit nicht als Arbeit an. Außerdem ist der Beruf des Freizeitforschers wohl derjenige, welcher der Vorstellung von richtiger Arbeit am allerwenigsten nahekommt“, verteidigte er sich und Viele der Anwesenden nickten zustimmend. „Carpe diem, nutzen Sie Ihre Zeit und machen Sie etwas daraus! Die Arbeitenden sind abends kaputt und haben weder Zeit noch Lust auf ihre Hobbys sowie Kultur und Ähnliches. Sie aber, die Sie den ganzen Tag nur herumgammeln, können viele Dinge machen, wozu die Anderen niemals kommen werden.“ „Aber wir haben doch dafür kein Geld“, warf eine Frau ein. „Dann machen Sie halt aus der Not eine Tugend und gründen Sie einen eigenen Lesezirkel, eine eigene Theatergruppe, einen eigenen Chor, seien Sie aktiv und nutzen Sie Ihre Gelegenheiten!“ schärfte der Redner seinen Zuhörern ein. Jene klatschten nach seinem Vortrag artig Beifall und widmeten sich daraufhin voller Inbrunst den alkoholischen Getränken, welche bereits auf sie warteten. Über das eben Gehörte verloren die Leute fast kein Wort, denn sie wollten keine großen Veränderungen in ihrem Leben vornehmen, da sie der Meinung waren, daß alles im Großen und Ganzen in Ordnung war und so blieb alles wie man es schon kannte.

 

Tiefschulinformationstag

„Herzlich willkommen an unserer Tiefschule! Wir bieten Ihnen ein Langzeitstudium an, in dem Sie all das lernen, was Ihr geistiges Niveau weiter herabsenken wird. Unsere Hauptaufgabe besteht darin, dafür zu sorgen, daß Sie beschäftigt sind und nicht verhaltensauffällig werden. Mehr wollen wir hier gar nicht erreichen. Und zur Einstimmung auf Ihr Studium sehen wir uns jetzt eine Sequenz aus dem Unterschichtenfernsehen an“, verkündete einer der Dozenten und ließ den Beamer seine Arbeit verrichten. Die neuen Studenten starrten gebannt auf die Leinwand und begannen alsbald zu lachen, denn die Leute, über die dort berichtet wurde, waren einfach nur peinlich. „Keine Sorge, in ein paar Jahren könnt Ihr selbst die Hauptakteure in solchen Streifen sein“, versprach der Dozent und die Angesprochenen schauten sich erfreut an. „Unser Studiengang „Kommunikationsstörungen“ wird Sie in die Lage versetzen, so schlecht, unverständlich und unbefriedigend zu kommunizieren, daß Sie sich irgendwann wünschen werden, nie geboren worden zu sein. Wenn Sie glauben, daß das, was Sie auf der Sonderschule gelernt haben, schon alles war, was an Verblödung möglich ist, dann haben Sie sich extrem getäuscht, denn das Institut für Volksverdummung im Endstadium, das sind wir“, prahlte der Dozent. „Und ich habe gedacht, daß ich hier etwas lerne“, murmelte einer der Studenten enttäuscht. „Aber selbstverständlich, Sie werden hier jede Menge lernen, das kann ich Ihnen fest versprechen. Allerdings handelt es sich dabei um absolut nutzloses Wissen, das Sie in Ihrem ganzen Leben nie mehr brauchen werden.“ Nun entstand leichte Unruhe unter den Studierenden, denn irgendwie hatten sie sich das anders vorgestellt. „Entschuldigen Sie, aber ich habe da mal eine ganz blöde Frage“, begann eine Studentin vorsichtig. „Nur raus damit! Blöde Fragen sind unsere liebste Speise“, flötete der Dozent entzückt. „Was ist eigentlich der Unterschied zwischen der Tiefschule hier und der Hochschule um die Ecke?“ „Ganz einfach: Sie und ich, wir befinden uns hier auf dem Abstellgleis, denn wir alle haben in diesem System keine Zukunft. Die an der Hochschule dagegen sind die zukünftige geistige Elite im Land, obwohl sich unsere Veranstaltungsinhalte oft überraschend ähneln. Wir sind hier, um Ihnen das Gefühl zu geben, daß Sie noch eine Zukunftsperspektive hätten, obwohl es gar keine für Sie gibt“, faßte der Dozent zusammen. „Das ist mir jetzt zu viel Blabla, können wir uns nicht lieber wieder einen Film anschauen?“ fragte ein Doofkopf treuherzig und viele Andere nickten. „Ein Hoch auf die Dummheit!“ dachte sich der Dozent erleichtert und gab der Bitte sogleich nach. So verbrachten die Studierenden an der Tiefschule fortan viele Stunden vor dem Beamer, freuten sich über obszöne Verbalinjurien, lachten sich über die vermeintliche Blödheit der Fernsehfiguren kaputt und erlebten viele vergnügliche Augenblicke, während ihre Pendants an der Hochschule dröge wissenschaftliche Skripte lesen mußten, deren Inhalt fast niemand verstand. Wer hatte es da nun besser erwischt? Wahrscheinlich diejenigen, die überhaupt nicht studierten, weil sie zum Mittelmaß, zum Durchschnitt gehörten, so daß sich der Staat nicht sonderlich für sie interessierte, obwohl gerade sie es waren, die ihn trugen und finanzierten. Aber das war ja eigentlich immer so: Der, von dem man im Grunde abhängig war, wurde geflissentlich ignoriert, weil man sich nicht gerne daran erinnern ließ, daß es da einen gab, welcher den ganzen Spaß bezahlte. Egal, an der Tiefschule herrschte jedenfalls reges Treiben und fast alle fühlten sich dort sauwohl.

Arbeit macht frei - Freiheit macht Arbeit

Ich als Coach muß Ihnen eines ganz deutlich sagen: Leicht ist mein Job wirklich nicht, aber ich mache ihn gerne, denn er gibt mir ein gutes Gefühl, da ich anderen Leuten dabei helfen kann, sich selbst zu verwirklichen und ihr eigenes Ding zu machen. Klar, die Tanten vom Amt sehen das nicht immer genauso, weil sie nach dem Sinn fragen, doch ich bin der Meinung, daß man die Leute, die sich aus freien Stücken selbständig machen wollen, dabei unterstützen sollte, denn wenn man so eine Eigeninitiative bereits im Keim erstickt, dann braucht man sich nicht darüber wundern, daß sich die meisten Hartzies an den Rockzipfel von Vater Staat hängen. Ich habe da zum Beispiel so einen 50jährigen Alkoholiker mit Hund, falls man diese Mumie überhaupt noch so nennen kann und der ist eigentlich nicht wirklich fähig. Das heißt, der Mann wird nie auf eigenen Beinen stehen können und immer irgendwie von staatlicher Unterstützung abhängig sein. Jetzt fragen die Frauen vom DLZ für Arbeit natürlich, ob das wirklich etwas bringt, in so ein Faß ohne Boden noch Geld zu stecken und ich finde: Ja! Natürlich bringt es etwas, denn so hat der Mann wenigstens eine Aufgabe und dümpelt nicht gar so fertig vor sich hin, als wenn man ihn seiner Scheinselbständigkeit beraubte. Womöglich würden Betriebswirtschaftler einwerfen, daß man marode Firmen lieber kaputtgehen lassen solle, damit auf deren Trümmern etwas Neues entstehen kann, aber ich habe da einen menschlicheren Ansatz, die Leute tun mir einfach leid. Außerdem, was hat denn der Mann außer der Selbständigkeit für eine Perspektive? Na also, damit wäre die Frage auch schon beantwortet. Dazu kommt, daß im System der Agentur ebenfalls Einiges im Argen liegt, so zum Beispiel, daß die Menschen erst ihre Rücklagen aufbrauchen müssen und lauter solche Scherze, was dazu führt, daß sie aus dem Teufelskreis nie herauskommen und immer abhängig bleiben werden. Und dann sind ja da auch noch diese Mitarbeiterinnen der Agentur, die sich hinter ihren unverständlichen, unsinnigen Paragraphen verstecken und so jede Eigeninitiative im Keim ersticken, weil sie kleine Feiglinge sind, die nichts riskieren. Das führt dazu, daß viele Existenzgründer auf halber Strecke steckenbleiben, da ihnen von Seiten des DLZ entweder Knüppel zwischen die Beine geschmissen werden oder die Unterstützung einfach ausbleibt. So kann das natürlich nichts werden, aber es sitzen leider allzu oft die falschen Leute am richtigen Platz. Wer für die Leistungsempfänger/innen, die sich selbständig machen wollen, verantwortlich ist, sollte selbst ein bißchen risikofreudig, mutig sowie entschlossen sein und kein Centfuchser, der alles ablehnt, was möglich ist. So kommt man nicht weiter, aber was rege ich mich auf? Mir persönlich tut ja keiner was, ich habe den tollsten Job, den es gibt, da ich aus jeder Sache als Sieger hervorgehe, manchmal zwar nur als moralischer, aber immerhin. Natürlich könnte ich hin und wieder ausrasten, wenn ich miterleben muß, wie in der Agentur aus einst stolzen Menschen Bittsteller werden, aber es hilft ja alles nichts. Tragödien und Dramen verbergen sich hinter sehr vielen Einzelschicksalen und wenn man erst mal in die Welt der Unglücksfälle und ungünstigen Entwicklungen eingetaucht ist, dann lassen einen die nie wieder los und man fragt sich schon des Öfteren, in welchem Land wir eigentlich leben. Wurde die Bürokratie am Ende nur erfunden, damit Millionen Leute, die sonst nie eine Arbeit gefunden hätten, beschäftigt werden konnten? Gut möglich, deshalb sprechen sie wahrscheinlich auch in den Ämtern ihre ganz eigene Sprache, schrecklich!

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