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Widmung

Für Patricia

Vorwort

Regierende kontrollieren und manipulieren Menschen am einfachsten, indem sie ihnen Angst machen. Das hat schon immer funktioniert. Die Angst nimmt dabei stets die Form der Zeit an. Das, was früher das Fegefeuer war, ist heute die Furcht vor dem Ende des Wohlstandes, oder banaler: die Furcht vor dem Ende der Annehmlichkeiten. Bereits eine geringe Gefährdung reicht aus und schon opfern viele Menschen ihre Grund- und Freiheitsrechte. Dies, um sich – für nur sehr kurze Zeit – Sicherheit zu erkaufen. Ich meine damit den sich bereits formierenden Orwell‘schen Überwachungsstaat, den die Menschen als „Schutz vor Terroristen“ bereitwillig hinnehmen: Im Namen der Freiheit wird die Freiheit nun abgeschafft. Überhaupt bedient sich die Politik wieder des Angstmachens: Mit den Schlagworten „too big, to fail“ bzw. „Systemrelevanz“ zwingt man die Bürger in jedes noch so unsinnige politische Vorhaben, Rettungsprogramm oder in die Schuldenunion.

Die Angst unserer Tage ist aber auf eigentümliche Weise gefahrvoller als früher: Denn mit dem äußeren Erfolg Europas nach dem Zweiten Weltkrieg ging ein tiefe geistige Krise einher. Nihilistische Sozialutopien – wie diejenige von der befreiten Gesellschaft –, falsch verstandene Toleranz und ein einseitiges Geschichtsbild führten zu einem „Sich-selbst-nicht-mehr-mögen“ der Europäer, einer pathologischen Absage an das Eigene und zu einer inneren Leere, die gerade in der nicht-europäischen Welt wie in Asien den Eindruck erweckt, dass unsere Wertewelt bereits abgetreten ist. Was geistig in Europa – neben einem großen geschichtlichen Rahmen und bodenloser Wohlfühl-Ethik – real existiert, ist Materialismus. Sonst nichts. Auch wenn er im modernen Kleid der befreiten Gesellschaft daherkommt. Und je materialistischer die Menschen sind, desto auswegloser wird ihre Angst und ihre Abhängigkeit vom bequemen Leben: Denn ist man Materialist durch und durch, glaubt man also in letzter Konsequenz, dass, wenn dieses Leben vorbei ist, alles zu Ende sei, dann wird jede (Be-)Drohung ganz schnell existentiell. Man hat ja nichts anderes mehr als das eigene „Hiersein“ und das soll möglichst komfortabel sein und bleiben. Man wird sehr leicht erpressbar.

Fasst man hingegen das Leben geistig-seelisch – „transzendent“ – auf, dann gibt es Punkte, an denen der Mensch durch keine Macht der Erde mehr eingeschüchtert werden kann. Nur schon der Glaube an das, was unvergänglich ist, wird zum „Sieg der Idee über die Materie“. Es formt sich eine Einstellung, die im Menschen das Gefühl reifen lässt, jeder Situation gewachsen zu sein. Es verwundert nicht, dass in vielen Diktaturen schon die bloße Verwendung des Wortes „Transzendenz“ verboten war. Und es verwundert auch nicht, dass „der Mut“ sehr vielen in unserer materialistischen Welt als vernachlässigbare Sekundärtugend gilt; was eine ganz besondere Dummheit ist.

Meine hier chronologisch wiedergegebenen Kolumnen aus der Krone Bunt samt den bislang nicht publizierten Vorträgen „Der gläserne Mensch“ und „Regulierungswahn“ sollen ein bescheidener Beitrag zu einer unzeitgemäßen Haltung sein.

Wien, im August 2015

Der Verfasser

DER GLÄSERNE MENSCH

Die Abschaffung des Bargeldes lässt den Albtraum vom vollständig überwachten Menschen Wirklichkeit werden.

Wobei das Wort „Abschaffung“ die Problematik sogar ein wenig bagatellisiert. Der amerikanische Ökonom Joseph Salerno sagte es treffender; er sprach von einem „war on cash“. Einem Krieg gegen das Bargeld. Und es ist ein Krieg, der gegen das Bargeld geführt wird. Der Ausgang wird darüber entscheiden, ob wir künftig


– in freien Volkswirtschaften oder Planwirtschaften

– leben werden,

– über Nacht enteignet werden können,

– Regierungen die Politik ihrer Länder überhaupt noch

– bestimmen können und

– wir alle zu gläsernen Menschen werden – so wie

– George Orwell dies in seinem futuristischen und an einen

– psychotischen Albtraum gemahnenden Buch „1984“

– beschrieben hat.


Das Interesse das Bargeld abzuschaffen, liegt längst nicht mehr bei den Kreditkartenfirmen alleine, die ihr Milliardengeschäft wittern. Nicht nur, weil sie geschätzte 0,3 % an jeder Kreditkartentransaktion (mit)verdienen, sondern auch weil sie im großen Stil Kundendaten über uns erhalten. Diese Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts und viele Milliarden Euro wert. Sie müssen sich nur die Wertentwicklung der Facebook-Aktie ansehen. Für die Adresse eines amerikanischen Bürgers gibt es laut einer Untersuchung der OECD 50 Cent, für sein Geburtsdatum zwei Dollar, für seine Sozialversicherungsnummer acht Dollar, für Angaben zu seiner Bonität neun Dollar. Informationen über die Ausbildung kosten 12 Dollar, Angaben über Vorstrafen 15 Dollar, Insolvenzauskünfte 26,50 Dollar.

Aber wie gesagt, diverse Unternehmen alleine haben den Krieg gegen das Bargeld nicht erklärt. Was den Angriff so brandgefährlich macht, ist, dass mittlerweile Staaten, supranationale Finanzorganisationen und insbesondere die EZB ein ganz ernstes Interesse an der Abschaffung des Bargeldes haben. Die Gründe sind vielschichtig und liegen hauptsächlich in der Eurokrise und dem Krieg gegen den Terror, der zu einer Totalüberwachung der Bürger und leichtfertigen Opferung von Grund- und Freiheitsrechten geführt hat.

Doch beginnen wir mit der Eurokrise, die in Wahrheit eine multiple Krise ist und Aspekte einer Staatsschuldenkrise, einer Bankenkrise und einer Wirtschaftskrise aufweist:

Im Zuge der Eurokrise wandelte man die Euro-Zone in eine Schuldenunion um, indem man die Nichtbeistands-Klausel (auch No-Bailout-Klausel) in Art. 125 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU faktisch außer Kraft setzte, da man einen Dominoeffekt und ein Übergreifen der Krise auf benachbarte Volkswirtschaften befürchtete. Nichtbeistands­pflicht bedeutete, dass kein Staat für die Schulden eines anderen haftet. Also das genaue Gegenteil vom ESM-Rettungsschirm und den 500 Milliarden Haftungsrisiken, den Bankenpaketen und Schuldenerlässen. „Too big, too fail“ heißt die Ausrede seit 2008, die bis heute einen Schrecken ohne Ende bedeutet, anstatt dem Schrecken ein Ende zu setzen.

Seit Jahren existiert kein Wirtschaftswachstum. Die Staatsschulden sind explodiert und die Maastrichter Konvergenzkriterien gelten faktisch nicht mehr, denn die Staatsverschuldung in der Euro-Zone liegt heute bei durchschnittlich 100 % anstatt der erlaubten 60 % vom BIP. In Griechenland beträgt diese 175–200 % vom BIP. Und auch das sind bereits geschönte Zahlen. Erst vor kurzem hat das griechische Finanzministerium erklärt, die Kennzahlen des Landes massiv manipuliert zu haben. Der sogenannte griechische Haushaltsüberschuss war zu 2/3 erlogen. Die Euro-Zone muss deshalb hunderte Millionen Euro abschreiben.

Um die Zahlen zu schönen, scheint überhaupt fast alles erlaubt zu sein: Beispielsweise gilt seit 1. 9. 2014 die Verordnung „Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 2010“ (ESVG 2010). Das ist das neue EU-Regelwerk zur Berechnung unseres Wirtschaftswachstums. Die Staaten können nunmehr auch kriminelle Aktivitäten als positiv für das Wirtschaftswachstum in das BIP einrechnen. Der Drogenhandel, Zigaretten-, Waffen- und Atomschmuggel, der Verkauf von Diebesgut, die Steuerhinterziehung, Schwarzgeschäfte, Zollvergehen, das illegale Glücksspiel, die Zahlung von Geldstrafen, die Menschenschlepperei und die illegale Prostitution gelten als positive Faktoren für unser Wirtschaftswachstum. Die Verordnung ESVG 2010 soll das BIP künstlich erhöhen und damit die Schuldenquote fälschlich senken, indem Verbrechen als positiveWirtschaftsleistung eingerechnet werden. Künftig darf also jedes EU-Land die Umsätze aus kriminellen Handlungen selbst „schätzen“ und positiv in seiner Leistungsbilanz vermerken. Wie weit das geht, zeigte Griechenland bereits 2006, als es seine BIP-Statistik gleich um 25 % aufblähte, indem es eine lächerlich große Schattenwirtschaft unterstellte. Die EU wies dies anfangs zwar zurück, „einigte“ sich aber dann mit den Griechen auf „nur“ 9,6 %. Das zeigt die Brisanz von ESVG 2010 sehr deutlich. Doch anders als die Politik richten sich die Investoren, Gläubiger und Märkte dieser Welt nicht nach dummdreisten Lügen, nur weil man sich politisch auf sie geeinigt hat.

Die weltweit renommierte Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) warnt deshalb vor Spekulationsblasen und einer akuten Crash-Gefahr in der Euro-Zone. Europa droht laut namhaften Ökonomen auf Jahrzehnte die wirtschaftliche Rezession.

Um in dieser Situation Wirtschaftswachstum zu generieren, fuhr und fährt die EZB eine so genannte Niedrig-Zins-Politik. Das bedeutet im Wesentlichen, dass man versucht über die Senkung des Leitzinses die Zinsen für Sparguthaben zu beeinflussen. Dahinter steht ein sehr einfacher Gedanke:

Wenn die Zinsen für Sparguthaben sinken, wenn also die Bankkunden für die magere Ausbeute auch noch Kapital­ertragsteuer zu bezahlen haben und den Rest die Inflation frisst, dann vergeht den Menschen die Freude am Sparen und sie werden ihr Geld lieber für andere Dinge ausgeben. Und das generiert Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone. So weit, so falsch. Denn mittlerweile liegt der Leitzins bei 0,05 %, was bedeutet, dass die Zinsen für Sparer abgeschafft sind.Und trotz dieser „Null-Zins-Politik“ geben die Menschen kein Geld aus und wird kein Wirtschaftswachstum generiert. Die klassische Geldpolitik der EZB ist damit kolossal gescheitert. Aber warum?

 

Die Antwort ist sehr einfach: „Geld ist Vertrauen“, das wusste schon Goethe. Und aufgrund der beschriebenen Situation haben die Menschen berechtigte Sorgen um ihre Zukunft und misstrauen seit der Finanzkrise dem Bankensystem und den manipulierten Finanzmärkten. Am allerwenigsten werfen sie wegen niedriger Zinsen ihr Geld zum Fenster hinaus. Wenn schon investieren sie in Börseprodukte, um höhere Renditen zu erzielen, weshalb dort auch von Spekulationsblasen die Rede ist.

Der Großteil der Menschen aber bringt das Bargeld in Sicherheit und hortet es zu Hause. Seit der Euro-Einführung hat sich die Bargeldsumme vervierfacht. Selbst die

12 Millionen Reichsten der Welt halten mittlerweile nach einer Schätzung von Wels Fargo Asset Management etwa 28–40 % ihres Vermögens in bar (2008 lag die Barquote nur halb so hoch). Und damit sind wir beim Kernthema:

Um den Menschen den Fluchtweg ins Bargeld abzuschneiden, sie mit aller Gewalt zum Geldausgeben zu zwingen und nötigenfalls über Nacht enteignen zu können, um ihre Ersparnisse in leere Pensions- und Staatskassen umzuleiten, vertreten Finanzeliten rund um den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die EZB öffentlich einen ganz radikalen Ansatz: Das Bargeld soll abgeschafft und Straf-Zinsen für Sparer eingeführt werden.

In einem ersten Schritt will man die Menschen dazu zwingen, ihre gesamten Ersparnisse auf Bankkonten zu legen. In einem zweiten Schritt könnten die Notenbanken jederzeit die Zinssätze weit unter null drücken, also den Zwangskunden der Bank so hohe „Straf-Zinsen“ auf ihre Guthaben verordnen, dass diese ihr hart verdientes Geld lieber schleunigst ausgeben anstatt Straf-Zinsen dafür zu bezahlen. Die Notenbanken hätten die totale Kontrolle über die Geld- und die Finanzströme, die sie lenken und leiten können wie sie wollen. Wie in einer Planwirtschaft!

Regierungen könnten über Nacht eingeführte Vermögenssteuern jederzeit von den Konten abbuchen.

Wie gesagt, die Fortführung der „Niedrig-Zins-Politik“ hin zur „Straf-Zins-Politik“ funktioniert nur, wenn die Leute nicht auf das Bargeld ausweichen können. Zudem gibt es bei einem allzu großen Ausweichen auf Bargeld noch ein weiteres Problem: In der Euro-Zone sind Scheine und Münzen im Wert von 700 Milliarden Euro im Umlauf, es existiert aber 11-mal so viel Giralgeld, also Beträge, die auf Konten, Kreditverträgen und Verrechnungsanweisungen aufscheinen.

Ein „Banken-run“ wäre nicht zu verkraften – die Bargeldmenge reicht gerade einmal für 10 % der auszuzahlenden Summe; daher muss eben das Bargeld abgeschafft werden.

Wie konkret diese Pläne, dieser „war on cash“ bereits gediehen ist, zeigen folgende Fakten: Alles, wovon ich eben gesprochen habe, wird vor dem IWF offen diskutiert oder hat Eingang in dessen Strategiepapiere gefunden, wie etwa die Forderung auf eine 10 %ige Zwangsabgabe auf alle Sparguthaben (eine eiskalte Enteignung sonst nichts). Zudem sind Straf-Zinsen die logische Fortsetzung der „Niedrig-Zins-Politik“, von der man sich nicht verabschieden will. EZB-Chef Mario Draghi spricht in diesem Zusammenhang

von „unkonventionellen Maßnahmen“. Damit übernimmt er glatt den Wortlaut des ehemaligen US-Finanzministers Larry Summers aus dessen Rede vor dem IWF im November 2013, mit der dieser die Abschaffung des Bargeldes und die Einführung von Negativ-Zinsen propagierte. Und für EZB-Vizepräsident Constâncio ist das alles – wohl süffisant gesagt – „eine Diskussion wert“. Auch ein OECD-Bericht über die Zukunft des Bargeldes kommt zu dem wenig überraschenden Ergebnis, dass das Bargeld abzuschaffen ist. Die EU setzt ebenfalls ganz konkrete Schritte in Richtung Abschaffung des Bargelds. Sie hat vor kurzem das „soziale Grundrecht jedes Menschen auf ein Bankkonto“ ausgerufen. Damit meine ich die so genannte Europäische-Bankkonten-Richtlinie, die alle Mitgliedstaaten bis 2016 umzusetzen haben. Die Richtlinie schreibt „das Recht“ jedes Konsumenten auf ein Girokonto vor. Das bereitet nicht nur die Abschaffung des Bargeldes vor, sondern macht auch etwa 30 Millionen Menschen automatisch zu Zwangs-Bankkunden. Ein neues Bankenrettungspaket.

Hinzu tritt, dass Barzahlungen über 70 bis 2.500 Euro in vielen EU-Ländern nicht mehr erlaubt sind. In Griechenland liegt die Grenze bei 70 Euro, in Italien bei 1.500, in Spanien bei 2.500 und in Frankreich nun bald auch bei 1.000 Euro. In diesen Fällen darf man diese Betragsgrenzen übersteigende Zahlungen nicht mehr in bar begleichen, wenn eine der Parteien bei der Transaktion in professioneller oder gewerblicher Kapazität handelt. Im Falle Italiens ist das besonders bedenklich und niederschmetternd. Die Italiener sind die größten Sparer der EU, haben die geringsten Privatschulden und zahlen gerne mit Bargeld.

Sie verwenden kaum Kreditkarten (fünfmal weniger als andere Nationen) und geben deshalb nicht mehr Geld aus als sie haben. Den Italienern das Bargeld abspenstig zu machen, stellt einen ungeheuren Paradigmenwechsel dar, der bereits unter Ministerpräsident Monti seinen Lauf genommen hat. Vordergründig argumentieren die Staaten bei den Bargeldbeschränkungen und der angesteuerten Abschaffung des Bargeldes noch damit, dass dies notwendig sei, um die Schattenwirtschaft, Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung und organisierte Kriminalität zu erschweren bzw. zu verunmöglichen. Doch gerade das stößt bei namhaften Ökonomen auf größtes Misstrauen.

Die Menschen würden auf andere Währungen und zur Not auf Edelmetalle ausweichen. Die Schwarzarbeit würde zwar schwieriger, aber noch lange nicht unmöglich. Man geht davon aus, dass die Schattenwirtschaft maximal um 15 % schrumpfen würde. Beim Rest würde auf andere Zahlungsmittel ausgewichen. Es gäbe anstatt eines sauberen Arbeitsmarktes ein unüberschaubares Geldchaos aus Auslandswährungen, Naturalwährungen und Edelmetallen. Auch Gutscheinsysteme, mit denen Dienstleistungen direkt ausgetauscht werden können, sind vorstellbar. Prof. Schneider von der Universität Linz und Paul Schmidt von der Frankfurt School of Finance and Management haben hierzu beachtenswerte Berechnungen und Studien verfasst.

Die groß angelegte Geldwäsche und Steuerhinterziehung in Form von Steuersparmodellen, Platzierungen von Holding-Gesellschaften auf Offshore-Inseln bekäme man mit der Bargeldabschaffung aber ohnehin nie in den Griff. Dafür gibt es sehr prominente Beispiele: Etwa die britischen Kanalinseln, die nicht Teil der EU sind und daher nicht den üblichen Steuergesetzen unterliegen, aber der britischen Krone gehören und zu den Steuervermeidungsparadiesen zählen. Ebenso wie die Tax-Heavens der USA, an deren Abschaffung die US Regierung nicht denkt und die US-Präsident Obama in allen Gesprächen ausklammert. Man erinnere sich auch an den Wallstreet-Skandal, als eine prominente Bank über die Cayman Islands Milliarden Dollar des mexikanischen Drogenkartells gewaschen hatte.

Aber selbst wenn die Verbrechensrate gesenkt werden sollte, was ich aus den bereits erwähnten Gründen bezweifle, dann stellt sich die Frage, welchen Preis wir dafür zahlen: Denn mit der Abschaffung des Bargeldes ist die Anonymität nicht mehr gegeben. Alle Kontobewegungen und damit das Leben jedes Einzelnen wären weltweit jederzeit überwachbar. Der psychotische Albtraum vom vollständig überwachten, durchleuchteten und damit gläsernen Menschen würde Realität. Zugriff auf unsere Daten hätten Geheimdienste, Staaten, Konzerne, Hacker und all jene, die mit Informationen über uns und unsere Kaufgewohnheit Milliarden verdienen. Mit der völligen Offenlegung unserer Persönlichkeitsstruktur wäre unserer Manipulation keine Grenze mehr gesetzt. Dieses Einmaleins gehört zum Grundwissen jeder Sekte und jedes Geheimdienstes. Und unterschätzen Sie bitte nicht die Möglichkeit, in das Fadenkreuz eines Geheimdienstes zu gelangen. Es reicht bereits aus, dass man über Sie an eine dritte Person oder irgendwelche (für Sie belanglos erscheinenden) Informationen gelangen will. Zudem könnte einem Bürger, der dem von der Gesellschaft oder der Politik vorgegebenen Verhalten nicht entspricht, mit der – leider auch „versehentlichen“ – Kartensperre die Existenzgrundlage entzogen werden. Er wäre nicht einmal mehr in der Lage, sich etwas zu erbetteln. Und wie schnell Konten aus politischen Gründen gesperrt werden können, zeigt die Ukraine-Krise. Von den Hackerangriffen auf elektronische Zahlungs- und Datensysteme spreche ich erst gar nicht. Allein die computergestützten Betrugsfälle in Schweden, dem Land, in dem das Bargeld schon fast zu Gänze abgeschafft ist, haben sich von etwa 3.300 auf über 20.000 jährlich erhöht.

Es waren wohl Überlegungen wie diese, über das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit, die John William Ward zu folgender Aussage veranlassten: „Ich will lieber, dass alle drei bis vier Jahre ein halb Dutzend Menschen in Ratcliffe Road erwürgt werden, als dass ich den Haussuchungen, der Spionage und all den anderen Machenschaften Fouchés

ausgesetzt bin.“ [Joseph Fouché war ein Politiker während der Französischen Revolution und Polizeiminister in der Kaiserzeit und der Restauration. Er galt als äußerst brutal und rücksichtslos und etablierte einen Überwachungsstaat].

Den Krieg führen aber eben auch die eingangs erwähnten Kreditkartenunternehmen und Banken. Anders als Staaten und Institutionen wollen sie die Abschaffung nicht mit Gesetzen, sondern mit Werbemitteln erreichen. Flankiert von der EZB, dem IWF, der OECD, der EU und hochstehenden Persönlichkeiten aus den USA (dem Heimatland der weltgrößten Kreditkartenunternehmen wie American Express, Master Card, Visa etc.) haben die Kreditkartenunternehmen mittels Werbekampagnen mit zigmillionen Euro einen groß angelegten Angriff auf das Bargeld gestartet. Man gibt sich besonders jugendlich und modern und wirbt mit plumpen Slogans wie: „Bargeld braucht nur noch meine Oma und ein Bankräuber“ oder „Wo es kein Bargeld gibt, gibt es keine Räuber“. Als ob Räuber nur Bargeld rauben wollten. Bargeld wird gezielt als altmodisch und dessen Verwender werden als dümmlich hingestellt. So wird der bargeldlose Zahlungsverkehr als „Smartcash“ bezeichnet, um zu suggerieren, dass Bargeld „dummes Geld“ sei.

Streckenweise bedienen sich die Banken und Kreditkartenfirmen auch geradezu abenteuerlicher Begründungen: Master Card ließ vor einem Jahr in einer Studie untersuchen wie dreckig und ungesund Bargeld sei; Wissenschaftler der Universität Oxford wollen gar herausgefunden haben, dass sich auf einer durchschnittlichen Banknote etwa 26.000 potenziell gesundheitsschädliche Bakterien tummeln, sich aber nur jeder fünfte Bürger nach dem Kontakt mit den Geldscheinen die Hand wäscht. In Italien unterstützen Kreditkartenfirmen gar einen „No Cash-Day“.

An der Spitze dieser Anti-Bargeld Bewegung steht der ehemalige ABBA-Sänger Björn Ulvaeus, der behauptet, fast ein Jahr ohne Bargeld gelebt zu haben und nun zum Bargeldboykott aufruft. Sein Sohn sei zu Hause fünfmal überfallen worden und das wäre nicht passiert, wenn es kein Bargeld geben würde. Peinlich für Herrn Ulvaeus war allerdings, dass sich unlängst herausgestellt hat, dass eine Kreditkartenfirma sein Museum finanziert.

In Europa ist die Heimat des ABBA-Sängers, Schweden, tatsächlich Vorreiter in der Bargeldabschaffung. Immer mehr Bankfilialen verweigern die Auszahlung und haben sich vom Geldtransfer verabschiedet. Im Bus nehmen Fahrer kein Bargeld, in Kirchen gibt es statt Klingelbeutel nur noch Kartenlesegeräte. Damit ausgestattet sind auch Würstchenbuden, Kioske und Bettler.

Doch gerade erst vor wenigen Monaten schlug ausgerechnet die Schwedische Notenbank Alarm und warnte vor dem Chaos im Krisenfall und forderte sofortige Strategien, um einer plötzlich wieder steigenden Nachfrage nach Bargeld begegnen zu können. So ganz sicher ist man sich in Schweden also doch nicht mehr, was die Abschaffung des Bargeldes betrifft. In Deutschland wird diese ebenfalls vorangetrieben. Die Terminals für Kartenlesegeräte im Handel wurden von 35.000 auf 300.000 aufgestockt. Es ist auch nicht mehr möglich, seinen Rundfunkbeitrag in bar oder mittels Scheck einzuzahlen. Das ist besonders perfide, denn welcher Durchschnittsbürger will schon auf das geliebte Fernsehen verzichten.

Mit der Abschaffung des Bargeldes übernehmen letztlich Finanz-Eliten wie „systemrelevante“ Banken und Organisationen das Regieren und damit die Staatssouveränität. Sie schalten die Politik mit ihren eigenen Interessen gleich. Das ist immer auch das Ende der reinen Politik und wahrscheinlich die einzig gültige Definition von Kapitalismus: nicht die Ansammlung von Reichtum bei wenigen, sondern die Übernahme der Politik durch „Finanz-Eliten“. Ohne Bargeld könnten wir über unseren Konsum nicht mehr selbst entscheiden. Die freie Volkswirtschaft wäre abgeschafft. Zudem ließen sich die Rettung von Pleitebanken und Zwangsabgaben über Nacht mit unseren Ersparnissen durchziehen. Der Bürger als Zwangs-Bankkunde sieht dann am folgenden Morgen, dass sein Konto belastet wurde. Denken Sie nur an die derzeitige Diskussion mit den Vermögenssteuern. Man könnte ohne weiteres nach den Wahlen einfach ein paar Prozent von den Konten abbuchen. Zypern war diesbezüglich nur ein Probelauf. Dort hat man das Geld der Kunden einfach in Eigenkapital umgewandelt. Das Experiment war erfolgreich, da die Revolution ausgeblieben ist. Hierzu gab es ein bemerkenswertes Interview des zypriotischen Botschafters in Berlin, der ausführte, dass es fast ein halbes Dutzend bessere Lösungen gegeben hat, als die Zwangsenteignung der Sparer, aber die Politik hier einen Probegang einlegen wollte.

 

Letztlich ermöglicht man mit der Abschaffung des Bargeldes die Fortsetzung der falschen Fiskal- und Schuldenpolitik. Diese würde dann mit den Ersparnissen der Menschen fortgesetzt, anstatt längst überfällige Strukturreformen durchzuziehen. Bei der zuvor erwähnten „Schuldensteuer“, also der 10 %igen Zwangsabgabe auf Sparguthaben, ging es dem IWF übrigens sogar hochoffiziell nicht um die Ankurbelung der Wirtschaft, sondern um die Bedienung des Schuldendienstes. Das hat für den IWF den Vorteil, dass mit unseren Ersparnissen auch jene Schulden zurückbezahlt werden, die die Krisenländer beim IWF haben. Den unerträglichen, psychotischen Albtraum des gläsernen Menschen habe ich schon ausführlich erwähnt. Aus diesem Grund müssen sich die Nationalbank und unsere Regierung gerade dazu bekennen, dass auch in Zukunft Bargeld, Budgetkonsolidierung und Strukturreform die einzigen Mittel zur Sanierung von Volkswirtschaften sind.