Die Geschichte von Frederik Wedelink

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Die Geschichte von Frederik Wedelink
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DIE GESCHICHTE VON FREDERIK WEDELINK - INHALT

Heute dabei:

Kleines Vorwort von der Geisterhand

Die Nacht

Die Geschichte von Frederik Wedelink

Diesmal dabei gewesen:

Heute dabei:

Geisterhand unsichtbare Erscheinung, Erzähler

RLG Radius Lehrs Gewissen; hier Waldschwelger

Frederik Wedelink Metallfacharbeiter

Alexa Ferienkind

Joseph Betriebsleiter

Gifter Buchhalter

Blütenstock Personalchef

Dreifach Kneipenwirt

Jenny Geliebte von Frederik

Arbeitsamtsbeamter zuständiger Sachbearbeiter für Frederik

Tankwart Tunkel Betreiber einer Tankstelle

Windhund Staranwalt

Kleines Vorwort von der Geisterhand

Geisterhand Hallo, da bin ich wieder Und es mich ganz außerordentlich freut, Sie mal wieder begrüßen zu dürfen.

Ich selbst bin die freundliche Geisterhand, unsichtbar und stets gewandt.

Und es ist für mich ein ganz besonderes Pläsir, dass ich heute die Geschichte von Frederik präsentieren darf. Und nicht nur präsentieren.

Die Geschichte von Frederik Wedelink im Übrigen eine von insgesamt vier Geschichten, die aus dem Buch „Hugo Bauklotz- Ein Zaun“ entstammen.

Vielleicht auch der Grund, warum ich mich für heute in einem kleinen Zimmer aufhalte. Ja, haargenau dort, wo alles begonnen. Ein verträumtes, kleines Zimmer in der kleinen, verträumten Pension Fiel. Inmitten unserer kleinen, verträumten Vorstadt.

Wenn es allerdings nach unserer heutigen Geschichte ginge, müsste ich mich eigentlich im Wald aufhalten. In der Nähe eines kleinen rauschenden Flusses wohlgemerkt. Wo weite Teile von ihr stattgefunden haben. Beziehungsweise wieder werden, weite Teile von unserer Geschichte ich natürlich meine.

Trotzdem ist jener Ort nicht gänzlich unbesetzt. Was nicht zuletzt für mich ein außerordentliches Pläsir bedeutet. Doch hierzu gleich ein klein wenig mehr.

Ja, und damals, als wir dieses Buch gemacht haben, haben wir die Geschichten unter uns aufgeteilt. Was das Erzählen anging, jeder eine sozusagen. Denn insgesamt vier Co- Autoren wir waren, die am Entstehen von „Hugo Bauklotz- Ein Zaun“ mitgewirkt haben.

Radius Lehr, der eigentliche Autor, ging im Übrigen leer aus. Lediglich eine Abhandlung über dem Zaun ihm vorbehalten blieb. Vielleicht nicht unbedingt ein Pläsir. Aber ich denke, dass dies ohnehin auf einem anderen Blatt steht – oh ja, auf einem ganz anderen Blatt gar.

Bei einer der vier Geschichten handelt es sich im Übrigen um die von Benjamin Anourthosis. Sein Vater Methusalem, Leiter einer privaten Frauenklinik, hatte Benjamin bereits in jungen Jahren auserkoren, um eines Tages in seine Fußstapfen zu treten. Doch dann landete der junge Mann auf die Straße, und wurde Bettler. Bis er schließlich eine hübsche Feen- Azubi kennenlernte.

Diese Geschichte wird im „Hugo- Bauklotz“ – Buch von der 10jährigen Anne Hoch erzählt – die Tochter eines Wirts- Ehepaares. Ihre verträumte Kneipe sich im selben Straßenzug befindet wie unsere Pension.

Wesentlichen Anteil an der Fertigstellung des Ganzen auch der ßilberling hatte - eine waschechte Silbermünze, die es faustdick hinter die Ohren hat. Insofern man bei einer Münze von Ohren sprechen kann – na ja.

Dem ßilberling blieb damals die Geschichte von Wilhelm Andere vorbehalten. Hierbei ging es um einen Bergarbeiterjungen, der auszog, um die sieben Weltmeere zu erobern. Ja, bis zum Kapitän er es schaffte, der Wilhelm. Bis er dann auch noch die erfolgreiche Karriere eines erfolgreichen Bankiers einschlug. Ach, wie lange manches doch nun wirklich schon zurückliegt.

Die Begleiterscheinungen rund um Hugo Bauklotz waren nicht immer ungereimt. Um es vielleicht auch mal etwas höflicher zu umschreiben. Verantwortlich hierfür hauptsächlich Radius Lehr, welchen ich eben schon erwähnt habe. Ja, seine Machenschaften gingen so weit, so dass sich sein ureigenes Gewissen, dass sogenannte RLG von ihm sogar löste. Zeitweise zumindest, zeitweise. Ja, regelrecht aus ihm türmte.

Das Kürzel RLG freilich für Radius Lehrs Gewissen steht. Ein durchaus Feiner, wenn man mich fragt, auf jeden Fall feiner wie Radius Lehr selbst. Und genauso unsichtbar wie ich. Vielleicht auch eine Eigenschaft, die verbindet. Ah, wer dies schon so genau weiß. Jedoch ein Pläsir auf jeden Fall.

Ja, und jenes RLG hatte sich der dritten Geschichte angenommen – die Geschichte von der Achterbande genauer gesagt. Hierbei es im Wesentlichen um acht kleine Schulmädchen ging, die einen vorbestraften Triebtäter aus ihrer Gegend verjagen wollten.

So – und nun wir zu dem Besonderen kommen, von dem ich eingangs schon gesprochen habe. Ach, Pläsir ist nun einmal Pläsir, da kann man tun und lassen, was man will. Denn eine von den vier Geschichten in unserer Auflistung noch fehlt: nämlich die von Frederik Wedelink. Ja, haargenau die, um die es heute geht. Und es ist mir wirklich ein ganz besonderes Pläsir, sagen zu können, dass diese Geschichte mir zugesprochen wurde – mir, die Geisterhand. Damals wie heute, somit ich in die Waagschale werfen kann, dass ich heute nicht nur für das Moderieren zuständig bin, sondern auch für das Schildern.

Ich selbst kann es kaum abwarten, die uralte Geschichte von Frederik noch einmal aufleben zu lassen. In den Startlöchern ich quasi stehe.

Doch bevor es gleich richtig losgeht, habe ich noch einen für Sie. Hat auch was mit dem Grund zu tun, warum ich mich nicht im Wald aufhalte für unsere Geschichte. Sondern jemand anderes.

Dieser andere das RLG ist. Der sich schon damals, als wir Hugo Bauklotz erstellt haben, in den Wald begeben hatte – Zaun hin, Zaun her. Im Vorfeld der Geschichte von Frederik Wedelink, um etwas Stimmung einzufangen – etwas Waldstimmung genauer gesagt.

Ja, und dies er auch heute bewältigen wird. Ein Walk durch den Wald, in welchen wir uns hinterher auch hineinbegeben wollen. Haargenau wie damals – ach, was für ein Pläsir es auch diesmal sein wird.

So dass ich jetzt abgeben werde. In den Wald. Beziehungsweise zum RLG.

Hallo, bist du auch wirklich schon da?“

RLG: „Ja, was glaubst du denn?“

Geisterhand: „Ah! Was für ein Pläsir!“

RLG: „Oder glaubst du, ich warte umsonst hier?“

Geisterhand: „Und worauf wartest du jetzt noch?“

RLG: „Hallo!“

Geisterhand: „Was für ein Pläsir!

RLG: Dass du die Bühne frei machst?

Geisterhand: Jetzt du mich nicht wirklich nimmst.

RLG: Indem du dich entfernst

Geisterhand: Als ob ich nicht schon dabei wäre.

RLG Und worauf wartest du dann noch?

Die Nacht

RLG Die Nacht breitet ihren Mantel aus über das verträumte Tal des ewig rauschenden Flusses. So als ob noch nie was Anderes gewesen wäre. Doch Wanderer, ach Wanderer, sollten dich deine Füße jemals dorthin tragen, so vergewissere dich, dass es wirklich deine sind.

Leis und friedlich raschelt es in den von sanften Winden behauchten Bäumen. Alles schläft, alles ruht. Nur ein paar Eulen. In der dunklen Tiefe des Waldes. Die Dämmerung, noch dauert sie an.

Doch wenn die Nacht leise deckt auf ihren Mantel über das ewige Tal mit dem verträumten Fluss, wird es wieder so sein wie ehedem. Wie immer, so als ob nie was Anderes gewesen. Wanderer, ach Wanderer, unsichtbares Knirschen. Klirrend die Morgenkälte. Nass und frisch. Tau. Doch von weitem erklingt der zärtliche Schall einer uralten, wunderschönen Melodie. Zarte Kehlen, lieblicher Engelschar.

Und war mir nicht so? Erinnerungen? Und wenn es nur für ein paar wunderschöne Momente? Erinnerungen? An längst Vergangenes? Ein Fluss? Rauschend? Knirschend? Einsamer Weg? Ein knarrender Steg? Eine verschlafene Hütte? Eine uralte Bank?

Ja, ja, Vergangenheit. Viele, viele Jahre, im Fluss das bronzene Glitzern des Sonnenscheins. Aber heißt es nicht bald Abschied nehmen? Abschied? Vom scheinbar Unberührbaren? Abschied vom kleinen Fluss? Gar für immer? Fürwahr, denn ist nicht längst schon ein anderer Fluss? Näher und näher? Einsame Straßen? Abschied? Von unserem verträumten, rauschenden Fluss? Ende? So als ob nichts Anderes wäre? Doch nicht längst verbündet? Schmale Brücke? Mit jenem anderen Fluss? Brüderlich vereint? Gemeinsamen Weges? Silber glitzernd? Vorbei? Am alten Straßenbahnhäuschen? Und war mir nicht so, dass ein Bimmeln ertönt? Eines rumpelnden Triebwagens? Fröhliches Bimmeln? Ferne? Längst stillgelegt? Für immer? Das Rattern? Schienen und Kopfsteinpflaster? Scheppern? Poltern? Ach, die gute, alte Zeiten - die nie wiederkehren?

 

Wanderer, oh, Wanderer, der silberne Fluss, schmucke Fassaden eines noch sanft ruhenden Städtchens. Und wie lange liegt auch dies alles hinter uns? Vorbei an wunderschönen Gartenblumen, vorbei am Eisernen Kanzler, schaut auf eine wunderschöne Welt, auch die es nie wiedergeben wird. Ja, nie wieder, nicht mehr allzu fern, noch eine Brücke, noch ein Fluss, mächtiger und gewaltiger, näher, rauschend, näher und näher, immer näher. Bereit für noch ein Bündnis? Mit dem silbernen Glitzernden, unter die Brücke, dann goldene Sternchen, funkelnd, unendlich, soweit das Auge reicht. Sie steigen empor, Ewigkeiten, für immer.

Die Geschichte von Frederik Wedelink

Geisterhand Und wieder sind sie erschienen, die Stimmen der lieblichen Engelsschar, nur, um bald wieder zu verschwinden. Wehmütig, der Morgentau, noch ruhig, sehr ruhig, nur das Rauschen des kleinen Flusses. Das Rascheln der Bäume nicht zu vergessen, ganz zu schweigen vom Zwitschern der Vögel. Allmähliches Verziehen letzter Nebelschwaden, ein paar Hunde, die am ausgeführt werden sind, es ist noch früh, das eine oder andere Fahrrad, wirklich nahezu lautlos, und es naht, schon gut zu erkennen, einer, an dem auch nicht alles spurlos vorbeigegangen. Scheinbar, vergangen so manches Jahr, ja, ja, Schritte, langsam, beschwerlich, und ist es nicht so, als ob ein Bein sogar nachgezogen? Leicht zwar nur, aber immerhin. Auf jeden Fall ist unter einem Pläsir was Anderes zu verstehen – wahrlich, wahrlich.

Eine Tüte, eine Plastiktüte, eine weiße Plastiktüte, immer das Gleiche, immer das gleiche Spiel, Tag für Tag. Tatsächlich? Ein Spiel? Wirklich nur ein Spielchen? Hm, und ob wir, solange sein Ziel noch nicht erreicht, eine kleine Rückschau halten wollen? Denn dies wird höchstwahrscheinlich noch dauern, und keine Sorge, wir werden auf jeden Fall rechtzeitig zurück sein, hier an diesem Ort, wo immer der gleiche Fluss.

Zur Genüge würde es allerdings nicht genügen, wenn das Rad der Zeit nur um ein paar Stunden zurückgerudert werden würde. Fürwahr, fürwahr, auf jeden Fall war Frederik Wedelink zu dem Zeitpunkt, an welcher wir nun mit der Geschichte anfangen wollen, ein kräftiger, sehr athletischer Mann, Muskel bepackt und in den besten Jahren. Um nicht zu sagen, in den allerbesten, immer in derselben Maschinenbaufirma, seit ungefähr fünfundzwanzig Jahren, einschließlich Lehrzeit. Ja, einer mit ausgezeichneter Reputation, um es mal so zu formulieren. Zwischen dem frühmorgendlichen Klicken an der Stechuhr bis zum Ertönen der betrieblichen Feierabendsirene stand er seinem Mann. Wie eine Eins, fürwahr, fürwahr, Konstruktionspläne auseinandergefaltet, geprüft, gemustert, jahrein, jahraus, Berechnungen, Schnittstellen, Maße und Zahlen, jahraus, jahrein, das eigentliche Montieren nicht zu vergessen. Geschraubt wurde und verschlossen, nach Strich und Faden, geklopft und gefeilt, hin und her, gegenseitig zusammengestaucht, um sich dann wieder auf die Schulter zu klopfen, gelegentlich, vergeben und gleich wieder vergessen,, was in der Hektik eines an Aufträgen und Abgabeterminen gebundenen Fachbetriebes doch schon mal vorkam, ohne Frage, nicht zu vergessen die große weiße Uhr in der Montagehalle mit den schwarzen Ziffern und den schwarzen Zeigern, und steter Fleiß war kein Ausdruck, beileibe, während anderswo die langen LKWs zur Abholung eingelenkt werden zu hatten, oder auch zur Lieferung von etwaigen Produktionsmitteln aller Art und Weise.

Und wenn Joseph, der zuständige Betriebsleiter aufgrund von unabänderlichen Dringlichkeiten einen wie den zu allen Zeiten und Wochentagen zuverlässigen Wedelink zu noch mehr Eile aufforderte, flutschten aus dem zumeist die immer gleichen Worte.

Frederik Wedelink Nur keine Panik, in ungefähr einem halben Dutzend Hammerschlägen ist das Ding geschaukelt.

Geisterhand Hoch beliebt nicht nur wegen seiner Leistungskompetenz, ohne Frage, woran sowieso nie ein Weg vorbeigeführt hatte. Beileibe nicht. Und zu Wedelinks Ritualen gehörte gleichsam das Passieren der Werkstore zu weit vorgerückter Nachmittagszeit, vorbei an dem scheinbar immerwährenden Pförtner Kurth, inmitten des Trosses kollegialer Massen. In einer Kneipe nicht unweit des Werkes wurde dann Einzug gehalten, und umso fortgeschrittener die Woche, umso später die Abende. Beziehungsweise die Nächte, und die unbändigen Lebensgeister, mit welchem Wedelink den Betriebsalltag bewältigte, wurden dort keineswegs gezügelt. Im Gegenteil, am Tresen, ganz im Gegenteil, alle Fünf gerade sein gelassen, eine noch reichlich höfliche Beschreibung für das, was sich tatsächlich nahezu allabendlich abspielte.

Berühmt – berüchtigt Frederiks Vorliebe für das Würfelspiel. Genauer gesagt für ein ganz bestimmtes Würfelspiel, ganz zu schweigen von dem damit verbunden Pläsir. Mit vollen Schwüngen den Würfelbecher auf den Tresen geknallt, ließ er die Mitprotagonisten in der Kneipe dann oftmals in ungewissen Schwitzkästen schmoren, begleitet von seinem ebenfalls allseits bekannten Gelächter, sein arrogantes Grinsen nicht zu vergessen; bis die Einsätze ringsum nicht selten gering in die Höhe getrieben worden waren und dann endlich zur Auflösung geschritten wurde. Das Spiel war aber kein Geringeres wie „Chikago“, drei Würfel, und in den aller seltensten Fällen war Wedelink am Verlieren gewesen. Dann wurden Schnaps – und Branntweingläschen aufgefüllt, und mit dem Zuprosten eigentlich nichts weiter getan wie die darauffolgende Runde eingeläutet. Denn lumpen war etwas, was Wedelink sich nicht ließ, nein, um keinen Preis der Welt, nie und nimmer, und was ein so gut Verdienender wie er auch gar nicht nötig gehabt hätte. Nicht um alles in der Welt, und trotz seinen ellenlangen, für die anderen geradezu demoralisierenden Gewinnsträhnen, die sie zumeist mit zerknirschten beziehungsweise frustrierten Kopfschütteln zur Kenntnis zu nehmen hatten, mehr oder übel, gelang es Wedelink immer wieder, ihnen mehr wie eine Lokalrunde abzuringen. Und wenn er dann nach getaner Arbeit am nächsten Tag wieder am Tresen auftauchte hieß es nur: „Hier kommt er wieder – unser Würfellink!“

Und wie gesagt, umso später die Abende, denn wenn der Frederik Wedelink wollte, dass unter dem Umgestülptem die zum Gewinnen notwendigen Augenzahlen zu sein hatten, dann war dem auch so. Ja, und sie waren es ja tatsächlich auch, fast immer, und bei vorausgesagten Chicagos war es natürlich unter ihnen Usus, die Lagen pro Runde auch noch zu vervielfachen. Am Tresen wurde aber nicht nur geschwitzt und gezittert, man war sehr häufig einfach nur baff: „Du Gauner“ riefen sie dann. Oder auch mal ein „Du Halsabschneider, du Elender“.

Herzlich gemeint freilich, und was auch noch wichtig war in all diesen Jahren, dass das Becher auf den Tisch knallen häufig einhändig geschah, Pläsir hin, Pläsir her, während die andere fürsorglich angelegt war an attraktiven Damen, Auf seinem Schoß freilich, auf seinem Schoß - und in den seltensten Fällen waren diese bis zum Halse zugeknöpft.

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