Alternative Kraftstoffe

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2.1 Energiebedarf

Ein entscheidender Faktor, der sehr eng mit dem zunehmenden Energiebedarf verknüpft ist, ist das weltweite Bevölkerungswachstum. Die Weltpopulation nimmt seit den ersten Schritten des Homo sapiens auf der Erde stetig weiter zu. Derzeit sind wir bei 6,6 Mrd. Menschen. Momentan wächst die Population pro Jahr um 80 Mio. Erdenbewohner an. Bis zum Jahr 2050 wird die Weltbevölkerung voraussichtlich bei neun Milliarden Menschen liegen.

In gleichem Maße, wie die Population auf diesem Planeten zunimmt, steigt auch die benötigte Energiemenge. Allein mit Holz können sich die Menschen schon lange nicht mehr versorgen, auch, wenn Holz in vielen Regionen heute immer noch der Energieträger Nummer eins ist. Neue Energiequellen sind daher notwendig, damit das Leben und Überleben in der heutigen Zeit möglich bleibt.

Darüber hinaus nimmt der Energiebedarf pro Person immer weiter zu. Speziell in Zeiten der Globalisierung, in denen der Wunsch nach mehr Mobilität die Kilometerleistung der Fahrzeuge in die Höhe treibt und den Bewegungsradius jedes Einzelnen erweitert, wird immer mehr Energie von jeder Person benötigt. Weltweit schreitet die Industrialisierung immer weiter voran. Die Milliardenbevölkerung Indiens und Chinas fordert ebenso ihr Recht auf mehr Mobilität ein wie die Bewohner der Industriestaaten. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der Amerikaner und Europäer für sich in Anspruch nehmen, frei und unabhängig zu sein, steht auch jedem anderen Erdbewohner das Recht auf Mobilität und damit auf ein Fortbewegungsmittel seiner Wahl inklusive der benötigten Energie zu.

Aktuelle Lage:

· Der gesamte Verkehrssektor (inkl. Gütertransport, Flugzeug- und Schiffsverkehr) verbraucht fast die Hälfte des weltweit geförderten Erdöls; Tendenz steigend.

· Die Gesamtzahl aller Kraftfahrzeuge weltweit wird sich voraussichtlich von derzeit über 900 Mio. bis zum Jahr 2030 mehr als verdoppeln (BRD, 2009: 49,6 Mio. Kfz).

· Die globale Autoflotte wächst doppelt so schnell wie die Weltbevölkerung.

Diese alarmierenden Zahlen belegen den unweigerlichen weiteren Anstieg des weltweiten Energiebedarfes. Im Jahr 2030 wird er voraussichtlich um 50 % über dem Wert von 2007 liegen. Noch ist es zwar so, dass ein Inder im Durchschnitt nur ein Zehntel der CO2-Emissionen eines Deutschen verursacht. Mit fortschreitender Industrialisierung und Mobilität wird die persönliche Bilanz aber bald auch dort auf westlichem Niveau angekommen sein.

Diesem Trend wirkt – zumindest teilweise – die technische Weiterentwicklung entgegen. Indem die Wirkungsgrade der Energieverbraucher verbessert werden, können beträchtliche Energiemengen eingespart werden. Hier anzusetzen ist ein lohnenswertes Unterfangen, da die Gesamteffizienz im Energiesektor noch nicht sonderlich hoch liegt. Weltweit gehen rund neun von zehn Kohlen ungenutzt zum Schornstein hinaus. In Deutschland ist die Effizienz zwar etwas höher, aber auch hier gehen sieben von zehn Litern Öl in Form von heißer Luft verloren.

ABB. 3: FRÜHESTE GEWÖHNUNG ANS AUTOMOBIL


Aber trotz Wirkungsgradanhebungen steigt der Gesamtenergiebedarf weltweit drastisch weiter an. Über die vergangenen Jahre gesehen hat sich der gesamte Mineralölverbrauch seit 1960

· in den USA mehr als verdoppelt,

· in Europa mehr als vervierfacht,

· im pazifischen Raum versechsfacht.

Dabei gibt es ein krasses Missverhältnis zwischen den Industrie- und den Entwicklungsländern bezüglich des Energieverbrauches und des Anteils der Weltbevölkerung (s. Abb. 4).

Die westliche Welt verbraucht mehr als die Hälfte der weltweiten Energievorkommen, obwohl sie lediglich ein Siebtel der Weltbevölkerung stellt. In den USA leben lediglich fünf Prozent der Weltbevölkerung. Diese konsumieren aber rund 26 % des gesamten Rohöls. Beim gesamten Energieverbrauch sind die USA ebenfalls mit 21,4 % führend. Auf Platz 2 steht mit 15,6 % mittlerweile China.

Es stellt sich daher die entscheidende Frage, wie heute und auch in den kommenden Jahren der Weltenergiebedarf auf eine nachhaltige Art gedeckt werden kann. Zunächst aber noch einige weitere Details zum aktuellen Stand bei der Energieversorgung.

ABB. 4: UNTERSCHIED ZWISCHEN INDUSTRIE- & ENTWICKLUNGSLÄNDERN


2.2 Energieverbrauch

Bei der Betrachtung des heutigen Energieverbrauches muss zunächst darauf hingewiesen werden, dass sich der Primärenergieverbrauch zusammensetzt aus den Bereichen Strom-, Wärme- und Kraftstoffbedarf.

2.2.1 Primärenergieverbrauch in Deutschland

In Deutschland nehmen die fossilen Primärenergieträger den größten Teil bei der Deckung des Energiebedarfes ein (s. Abb. 5). Im Jahr 1990 lag ihr Anteil bei rund 88 %, 2009 waren es noch 79 %. Der größte prozentuale Anteil am Primärenergieverbrauch wird in Form von Mineralöl bereitgestellt. An zweiter Stelle folgt Kohle (Braun- und Steinkohle zusammen 22,5 %), dicht dahinter kommt Erdgas und mit weiterem Abstand die Kernenergie.


ABB. 5: ENTWICKLUNG DES PRIMÄRENERGIEVERBRAUCHS IN DEUTSCHLAND (IN %)


ABB. 6: AUFTEILUNG DER ERNEUERBAREN ENERGIEN 2007


In den vergangenen Jahren hat es deutliche Veränderungen beim Energiemix gegeben. Erdgas konnte seinen Anteil innerhalb von 15 Jahren um mehr als 40 % vergrößern, während der Anteil von Steinkohle um über 20 % abgenommen hat. Braunkohle bleibt nach einem 50%igen Einbruch im vorigen Jahrzehnt bei etwa 11 %. Die Bereiche Mineralöl und Kernenergie haben von 1990 bis 2000 einige Prozentpunkte gewonnen, mittlerweile ist ihr Anteil aber wieder auf das Niveau von 1990 zurückgegangen.

Insgesamt werden in Deutschland zunehmend gasförmige Energieträger eingesetzt. Diese Entwicklung ist vor allem durch die voranschreitende Substitution der Kohle durch Erdgas zu erklären, die unter anderem auf den fortschreitenden Umbau der Industrie und modernere Heiztechnik in den neuen Bundesländern zurückzuführen ist.

Trotz eines geringfügig reduzierten Gesamtprimärenergieverbrauchs (PEV) nimmt der Anteil erneuerbarer Energien (EE) seit mehreren Jahren zu. Dieser stetige Aufwärtstrend, der lediglich im Jahr 1996 (Liberalisierung des deutschen Strommarktes) einen Aussetzer verbuchen musste, dauert mittlerweile über 20 Jahre an. Zunächst verlief dieser Anstieg infolge der Einführung des Stromeinspeisegesetzes (im Jahr 1991) eher langsam, seit 1999 jedoch recht zügig. Dies liegt unter anderem an der Einführung des 100.000-Dächer-Solarstrom-programms (1999) sowie des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG, 2000).

Ursprünglich hatte sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, den Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch von 2,1 % im Jahr 2000 auf 4,2 % 2010 zu verdoppeln. Diese Marke wurde aber bereits 2004 (4,5 %) überschritten. 2009 lag der Anteil der erneuerbaren Energien über alle Sparten hinweg bei rund 9 %.

2.2.2 Weltweite Energieversorgung

Der gesamte Weltenergiebedarf nahm in den vergangenen Jahren stetig zu, insbesondere durch das rasante Wirtschaftswachstum in bevölkerungsstarken Regionen. Der größte Beitrag zur weltweiten Primärenergieversorgung wird nach wie vor vom Erdöl geleistet (2005: 36 %), auch wenn einzelne Länder wie beispielsweise China rund 72 % mit Kohle und Frankreich 41 % mit Kernenergie abdecken. An zweiter Stelle folgt Kohle, deren weltweiter Anteil bedingt durch das Wirtschaftswachstum in Asien mittlerweile auf mehr als ein Viertel des Weltenergieverbrauchs angewachsen ist. Nach Erdgas (25 % am PEV) folgt Wasserkraft, die die Kernenergie auf Platz 5 abgedrängt hat.

Auch in Zukunft wird Mineralöl weltweit noch lange Zeit der Hauptenergieträger bleiben. Der zwischenzeitlich drastische Anstieg des Rohölpreises sowie die folgende weltweite Rezension haben aber zunächst eine Verlangsamung des Verbrauchsanstiegs bewirkt. In den Jahren 2005 bis 2008 konnte man erstmals eine Stagnation der Ölfördermenge feststellen. Die Raffineriekapazitäten gelangten in dieser Zeit an ihren Grenzen. Außerdem entwickelten sich leicht erreichbare Der anschließende Absturz des Ölpreises war vornehmlich durch die weltweiten Rezensionsängste geprägt. Innerhalb von nur sechs Monaten rutschte der Barrelpreis wieder auf unter 40 US-Dollar hinunter. 2009 und 2010 pendelte er sich dann bei 70 bis 80 US-Dollar ein.

TAB. 1: WELTWEITE ENTWICKLUNG DES PRIMÄRENERGIEVERBRAUCHS 2005


ABB. 7: DER ÖLPREIS STEIGT UND FÄLLT [US$/BARREL]

 

Mittelfristig dürfte der Ölpreis sich nach und nach wieder nach oben orientieren, da der weltweite Energiebedarf weiter steigen wird.

Europa befand sich in diesen Zeiten in der glücklichen Lage, mit dem Euro über eine relativ krisenfeste Währung zu verfügen. Fast parallel zum Ölpreisanstieg hatte der Euro gegenüber dem US-Dollar an Wert gewonnen. Notierte der Euro nach seiner Einführung Anfang 1999 zunächst am Tiefpunkt bei 0,82 US-Dollar (Ende 2000), so erreichte er Anfang 2008 ein zwischenzeitliches Rekordhoch von fast 1,60 US-Dollar. Dadurch machte sich der zwischenzeitlich hohe Ölpreis nicht ganz so stark bemerkbar, da Öl in US-Dollar gehandelt wird. Dennoch stieg der Benzinpreis im Mai 2008 bis auf über 1,50 Euro pro Liter. Im Jahr 1998 zahlten Autofahrer lediglich 80 Cent, also noch etwas weniger als Ende 2008 (1,10 Euro).

Innerhalb Europas ist die Bundesrepublik der größte Energieverbraucher mit 3,95 TWh gefolgt von Frankreich (3,21 TWh) und Großbritannien (2,72 TWh). Mit einer Zunahme des Energieverbrauchs wird europaweit derzeit nicht gerechnet, da sich die Effizienz bei vielen Prozessen stetig weiter verbessert.

TAB. 2: ERNEUERBARE ENERGIEN IN DER EU


Auf dem Weltmarkt ist die Situation bei den regenerativen Energien derzeit noch etwas verhalten, da die Energieversorgung mit erneuerbaren Energien aufgrund der unterschiedlichen regionalen Begebenheiten weltweit sehr stark von den natürlichen Energievorkommen und geographischen Erscheinungsformen geprägt ist. Island verfügt beispielsweise über Thermalquellen (Geothermie), während in Kanada Wasserkraft und in Chile Windenergie maßgebliche Rollen spielen. Der Beitrag erneuerbarer Energien zur Deckung der globalen Energienachfrage liegt momentan bei rund 13 % bezogen auf den gesamten Primärenergieverbrauch. Außer bei der Wasserkraft, die bereits wesentlich zur Stromerzeugung beiträgt, ist die Bedeutung der anderen erneuerbaren Energielieferanten insgesamt recht niedrig.

2.3 Zeitliche Verfügbarkeit

„Das Ende des Ölzeitalters hat begonnen. Dieser Erkenntnis müssen wir uns stellen.“

Dieses Zitat ist längst keine Forderung allein von Öko-Aktivisten mehr. Es wird mittlerweile auch von deutschen Politikern unterstützt, und auch die USA, die lange Zeit nichts von Klimawandel und erneuerbaren Energien wissen wollten, stimmen dem inzwischen zu.

Es ist allerdings noch so, dass die fossilen Energieträger den weitaus größten Anteil am Energieverbrauch ausmachen und der Gesamtenergiebedarf stetig weiter zunimmt. Daher ist absehbar, dass die natürlichen Vorkommen dieser Primärenergieträger weiter schrumpfen. Durch neue Bohrungen werden zwar immer wieder neue Öl- und Gasvorkommen entdeckt, aber Fakt ist, dass ein Barrel Öl oder eine Tonne Kohle kein zweites Mal verbrannt werden kann. Die Ressourcen schwinden definitiv, denn auch die Funde neuer Vorkommen werden seltener und zudem kleiner.


Die Diskussion über die genaue Bezifferung der zeitlichen Verfügbarkeit dieser Öl-, Gas- und Kohlevorkommen ist ein fortwährender Kampf unterschiedlicher Interessengruppen. Vertreter der Mineralölindustrie erklären seit Jahren, es seien noch ausreichend Reserven vorhanden und in absehbarer Zukunft (20 bis 40 Jahre) würde kein Mangel auftreten. Genau die gegenteilige Meinung vertreten Umweltverbände, indem sie sagen, in nächster Zeit (10 Jahre) würden die Reserven drastisch abnehmen.

Ironischerweise steht derzeit so viel Öl wie nie zuvor zur Verfügung. Während sich die weltweiten Reserven gemäß der Studie Oeldorado 2008 von ExxonMobil auf 178 Mrd. t beliefen, waren es 2008 rund 182 Mrd. t. Demgegenüber beliefen sich die Zahlen für das Jahr 1957 lediglich auf einen Bruchteil: 36 Mrd. t. Damals lag sowohl der Verbrauch als auch die Raffineriekapazität nur bei einem Viertel des heutigen Wertes.

Diese wundersame Vermehrung der Reserven hat unterschiedliche Ursachen:

– Früher wurde Öl nur in Wassertiefen von bis zu 75 m gefördert. Heute arbeitet man in bis zu 400 m tiefen Gewässern, mitunter sogar in 3.000 m Tiefe.

– Früher wurde nur 35 % des vorhandenen Öls aus den Lagerstätten gefördert. Heute ermöglicht die technische Weiterentwicklung eine Nutzung von bis zu 70%.

– Früher bei niedrigem Barrelpreis waren viele Lagerstätten nicht wirtschaftlich ausbeutbar. Heute lohnt sich auch der aufwendige Abbau von Ölschiefer und Ölsanden.

Sehr viel kritischer geht die Energy Watch Group an dieses Thema heran. Sie geht davon aus, dass der so genannte Mid Depletion Point (Punkt des größten Ölfördervolumens) bereits im Jahr 2006 überschritten wurde. Im Oktober 2007 gab die Forschungsgruppe der Ludwig-Bölkow-Stiftung bekannt, dass die weltweiten Ölfördermengen mittlerweile mit einigen Prozentpunkten pro Jahr rückläufig sind. Laut Industriedatenbank HIS (2006) werden die Weltölreserven zwar auf 1.255 Giga-Barrel geschätzt, aber für die Wissenschaftler gibt es stichhaltige Gründe, diese Zahl für einige Regionen und Schlüsselländer nach unten zu korrigieren. Ihrer Schätzung nach belaufen sich die Reserven nur auf 854 Giga-Barrel.

Gestützt werden diese Annahmen unter anderem durch die Aussage König Abdullahs von Saudi-Arabien, dem größten Ölproduzenten der Welt, der sagte:

„Der Ölboom ist vorbei und wird nicht zurückkehren. Wir müssen uns alle an einen anderen Lebensstil gewöhnen.“ Ganz anderer Meinung war hingegen lange Zeit die Internationale Energie Agentur (IEA). Sie bestritt bis 2007, dass eine grundlegende Änderung der Energieversorgung in naher oder weiterer Zukunft wahrscheinlich sei. Erst im World Energy Outlook 2008 skizzierte sie erstmals ein etwas anderes Bild: Ohne umfassende Investitionen in neue Fördervorhaben könnte es schon bald zu bedenklichen Engpässen kommen, warnte die IEA.

ABB. 8: STETIGES NICKEN DER „PFERDEKÖPFE“


Wie viel Öl tatsächlich noch vorhanden ist, ist nur schwer zu sagen. Anfang 2007 war im Brennstoffspiegel, dem deutschen Energiemagazin der Mineralölwirtschaft, zu lesen: „Nicht einmal die Ergiebigkeit der Quellen, aus denen heute Öl gefördert wird, ist wirklich bekannt.“ Weiter hieß es dort, dies läge daran, „dass die Mitglieder der OPEC auf Teufel komm raus schwindeln, wenn sie nach ihren Ölreserven gefragt werden. Sie geben sie zu hoch an.“ [Ottlik, 2007]

Der Hintergrund für eine derartige Verzerrung der Tatsachen ist, dass die Organisation Erdöl exportierender Länder (Organization of the Petroleum Exporting Countries, OPEC) über die jeweils erlaubte Fördermenge ihrer Mitglieder entscheidet. Für die Bestimmung der Fördermenge gibt es einen Berechnungsschlüssel, der sich nach der Größe der im Land vorhandenen Reserven bestimmt. „Je größer die Reserve eines Landes, desto höher die ihm zugebilligte Förderquote. Deshalb werden die Zahlen geschönt, um es zurückhaltend zu formulieren.“ [Ottlik, 2007]

In dieses Bild passt auch die Neubewertung des Mineralölkonzerns Shell Anfang 2004, der nach eigenen Aussagen seine Reserven falsch eingeschätzt hatte und die Mengenangabe um ein Drittel reduzieren musste.

Die Summe aller fossilen Energieträger verringert sich währenddessen unweigerlich mit jedem weiteren Tag, an dem auch nur ein Fahrzeug mit Benzin fährt oder ein Haus mit Kohle oder Gas geheizt wird. Die eigentliche Frage muss demnach nicht lauten, wie lange die Vorkommen tatsächlich noch reichen. Stattdessen sollte sich jeder Einzelne fragen, wie die noch existierenden Primärenergieträger im Sinne einer nachhaltigen Handlungsweise verantwortungsvoll und bewusst eingesetzt werden können.

Mineralöl, das so genannte schwarze Gold, gilt als hochwertiger Energieträger, weil es für eine Vielzahl von Anwendungen geeignet ist (z. B. chemische Industrie, Textil- & Pharmaindustrie). Deswegen spielt die Überlegung eine wichtige Rolle, ob es für die Verfeuerung in Heizkesseln oder den Antrieb von Kraftfahrzeugen nicht einfach zu schade ist, gerade weil es nicht endlos viel davon gibt.

Erdgas inklusive diverser Folgeprodukte (z. B. Propan, Butan) ist genau wie Mineralöl ein endlicher, fossiler Primärenergieträger, wobei es im direkten Vergleich als nicht ganz so hochwertig angesehen wird. Die zeitliche Verfügbarkeit von Gas wird hingegen etwas höher angesetzt als bei Öl. Der Vorteil von Gas besteht darin, dass es als Übergangsprodukt fungieren kann für eine allmähliche Abkehr vom Mineralöl. Erdgas und auch Flüssiggas verursachen bei der Verbrennung deutlich weniger Schadstoffe und eignen sich daher gut für den Einsatz in Kraftfahrzeugen (s. Kap. 4.4.5 Umrüstung). Außerdem können mit ihnen praktische Erfahrungen im Umgang mit Gasen gesammelt werden, um später einen ebenfalls gasförmigen Kraftstoff einzusetzen: Wasserstoff.

ABB. 9: DIE OFFIZIELL GRÖSSTEN ÖLLÄNDER 2009 [ÖLRESERVEN IN Mrd. t]


2.4 Umweltbelastung

Die Diskussion über den Einsatz fossiler oder erneuerbarer Energieträger geht weit über deren zeitliche Verfügbarkeit und den globalen Energieverbrauch hinaus. Sie beinhaltet darüber hinaus auch das überaus wichtige Thema der Umweltbelastung. Aber was genau bedeutet eigentlich Umweltbelastung?

Mit der Umwelt ist neben den Menschen auch die gesamte Tier- und Pflanzenwelt gemeint – inklusive der Luft, die wir atmen, und des Bodens, auf dem wir gehen. Alle Einflüsse, die diese Umwelt negativ beeinflussen, können als Umweltbelastung bezeichnet werden.

Am offensichtlichsten sind die Einschnitte in die Natur beim Braunkohleabbau, wie er beispielsweise in der Lausitz oder auch im Ruhrgebiet betrieben wird. Der Obertageabbau von Braunkohle ist zwar finanziell sehr viel günstiger als der Untertageabbau von Steinkohle, hat aber auch beträchtliche Umweltschäden zur Folge:

· großräumige Grundwasserabsenkungen

· Erschwerung der Trinkwassergewinnung

· Bodenabsenkungen

· Schäden an Pflanzen- und Tierwelt

Auch für die Menschen hat dies drastische Auswirkungen, da ganze Siedlungen umgesetzt werden müssen. Allein bei Garzweiler II mussten zwölf Dörfer mit 8.000 Menschen umgesiedelt werden. Im Saarland wurde mittlerweile der Kohleabbau bis zum Jahr 2012 befristet, da es in der Vergangenheit durch wiederholte und immer häufiger werdende Bodenabsenkungen zu einer ernsthaften Gefährdung von Gebäuden und auch Menschen kam.

ABB. 10: RIESIGE BAGGER BEACKERN RIESIGE BRAUNKOHLEFELDER


Etwas subtiler und nicht ganz so offensichtlich geht es bei den Umweltbeeinträchtigungen zu, die durch die Nutzung der Primärenergieträger verursacht werden. Bei der Verbrennung (Oxidation) fossiler Energieträger werden unweigerlich Schadstoffe freigesetzt, weil sich bei dieser Reaktion deren chemische Struktur verändert. In der Theorie muss es sich dabei allerdings nicht gezwungenermaßen um Schadstoffe handeln. Solange eine vollständige Verbrennung von Kohlenwasserstoffen stattfindet (s. Formel), werden theoretisch nur Reaktionsprodukte erzeugt, die für die Umwelt unbedenklich sind: Kohlendioxid und Wasser. Inwieweit Kohlendioxid als schädlich oder unschädlich bezeichnet werden kann, wird im nachfolgenden Kapitel behandelt.


CnHm + (n + m/4) O2 → n CO2 + m/2 H2O

 

Weil in der Realität aber nicht nur die Kohlenwasserstoffe als Reaktionspartner für Sauerstoff zur Verfügung stehen, sondern auch große Mengen Stickstoff (79% der Umgebungsluft sind Stickstoff), entstehen auch Stickoxide (NOx), die als Schadstoffe angesehen werden. Noch problematischer wird es, wenn es zu einer unvollständigen Verbrennung infolge Sauerstoffmangels kommt, so dass Kohlenmonoxid, unverbrannte Kohlenwasserstoffe, Schwefeloxid und beim Dieselmotor auch Ruß entstehen.

In der Praxis findet eigentlich nie eine vollständige Verbrennung statt. Demzufolge entstehen tatsächlich bei jedem Verbrennungsprozess, bei dem fossile Energieträger beteiligt sind, gewisse Mengen Schadstoffe: limitierte und nicht limitierte Emissionen.

„Ob etwas giftig ist, entscheidet allein die Dosierung!“