Buch lesen: «Beyond price»
F***ing real - Beyond price
Ein Roman von Svea Lundberg
Band 3
Impressum:
© dead soft verlag, Mettingen 2021
© the author
Cover: Irene Repp
http://www.daylinart.webnode.com
Bildrechte:
© Tang Yan Song – shutterstock.com
© Kiselev Andrey Valerevich – shutterstock.com
1. Auflage
ISBN 978-3-96089-446-9
ISBN 978-3-96089-447-6 (epub)
Inhalt
»Ich war sein. Sein Goldjunge. Sein Engel, den er so oft benutzen konnte, wie er wollte.«
Fünf Jahre nachdem Mason seine Karriere bei den Black Tail Studios aufgrund einer HIV-Infektion beenden musste, zieht es ihn zurück ins Rampenlicht. Bei CC Cocks wagt er einen Neuanfang, doch manche Erlebnisse lassen sich nicht so einfach abstreifen wie ein Künstlername. Und Wunden können nicht heilen, wenn der Mann, dem Mason sowohl seine Karriere als auch seinen Absturz verdankt, diese immer wieder aufs Neue aufreißt.
Mit seiner unbefangenen Art erinnert Elliot Mason schmerzlich an den jungen Mann, der er selbst einmal war – und nie wieder sein möchte. Elliot hingegen muss sich erst noch selbst finden, doch nach einer Trennung nagen Selbstzweifel an ihm. Was er im Moment am allerwenigsten brauchen kann, ist ein neuer Drehpartner, der ihm durch seine distanzierte Art das Gefühl gibt, er sei in seiner Rolle, die er gerne am Set spielt, nichts wert. Irgendetwas an Masons unnahbarer Art jedoch weckt einen Kampfgeist in Elliot, von dem er nicht einmal wusste, dass er in ihm steckt.
Vorwort inklusive Triggerwarnung
Liebe Leser*innen,
ich freue mich sehr, dass ihr ein weiteres Mal in die Welt von CC Cocks eintauchen möchtet und hoffe, Elliot und Mason bescheren euch schöne und sinnliche Lesestunden.
Bevor ihr startet, möchte ich eine Triggerwarnung aussprechen: In diesem Roman werden toxische Beziehungsmuster und emotionale Manipulation beschrieben. Diese finden nicht zwischen den beiden Protagonisten statt, einer von ihnen ist jedoch Teil von diesen.
Fernab dieser Szenen beruht die »F***ing real«-Reihe auf dem Konzept ›safe, sane, consensual‹ – auch wenn es in dieser Reihe nicht um BDSM geht.
Viel Spaß mit Elliot, Mason und dem Rest der CC Cocks-Bande wünscht euch eure Svea!
Prolog
~~~ Oktober 2014 ~~~
»Ich bin stolz auf dich, Angel, du kleine Schlampe.«
Obwohl Steve die Worte nur raunte und sich deren heiserer Klang mit dem Rauschen des herabprasselnden Wassers vermischte, hallten sie überlaut in Angels Ohren. Kühle Lippen trafen seinen vom heißen Wasser erwärmten Nacken und ließen ihn frösteln. Ein unangenehmer Hauch, der ihm zunächst nur über die Haut, dann jedoch in jede Nervenfaser kroch, als Steve sich näher an ihn drängte. Steves harter Schwanz an seiner Pofalte entlang rutschte.
Angel zitterte, er konnte spüren, wie sich sein ganzer Körper versteifte. Das durfte er nicht. Steve sollte nicht denken, dass es ihm unangenehm wäre. Oder dass er es genoss. Ja, sein Beben hätte auch Lust geschuldet sein können. Oder?
»Mmh, Angel … Baby … wenn du hättest sehen können, wie heiß du vorhin ausgesehen hast, als sie dich gefickt haben.« Steve raunte nahe an seinem Ohr, jagte ihm weitere Schauder über die Haut. Mit fahrigen Fingern tastete Angel nach dem Wasserhahn, drehte ihn auf noch höhere Temperatur. Er hatte nicht vor, Steve zu verbrennen. Vielmehr musste er irgendetwas tun, um selbst nicht zu erfrieren. Innerlich.
»Freust du dich schon darauf, dir deinen Film mit mir gemeinsam anzusehen, huh?«
Mit einer Hand klammerte Angel sich am Wasserhahn fest, die andere rutschte an den Fliesen hinab. Auf der Suche nach Halt tastete er nach hinten und krallte die Finger in Steves Oberschenkel, was diesem ein heiseres Keuchen entlockte. Sein Schwanz zuckte gegen Angels Pofalte.
›Sag was, sag ja!‹
Doch aus seinem Mund kam statt einer Antwort nur ein zischendes Atemholen, als Steve nur minimal zurückwich, um sich positionieren zu können. Seine pralle Spitze drückte gegen Angels Loch und dieser konnte nicht anders, als sich augenblicklich wieder zu versteifen. Doch es half nichts. Es half nie. Entweder sah Steve seinen Kampf nicht oder er deutete das angestrengte Beben seines Körpers nicht so, wie Angel es empfand.
»Du solltest es sehen.« Steves Stimme klang dunkel an seine Ohren. Rau. Beinahe warm. Es hatte Momente gegeben, in denen Angel das Gefühl gehabt hatte, sich in sie einhüllen zu können wie eine Decke. Es gab die Momente immer noch. Manchmal. Heute Abend. Hoffentlich! Wenn er seine Sache gut gemacht hatte, vorhin beim Dreh, wenn er Steve nun zufrieden stellen würde, würde dieser ihn vielleicht heute Abend auf dem Sofa an sich ziehen, festhalten und …
»Wie die Reste ihres Saftes aus deinem wunderschönen Arsch laufen …«
Die Vision des wohlig warmen Gefühls versank hilflos gurgelnd in einer Welle kalter Übelkeit. Die letzten Worte verklangen noch auf Steves Lippen, als er sich in ihn schob.
Wenn man bedachte, wie viele Stunden Angel eben noch unbarmherzig genommen worden war, wie wund sein Arsch sein musste, hätte es wehtun müssen.
Wenn man bedachte, wie viele Schwänze ihn in den letzten Stunden gedehnt und benutzt und vorbereitet hatten – vorbereitet darauf, wieder in Steves Arme zu sinken – hätte es nicht wehtun sollen.
Es tat nicht weh.
Oder besser: Angel bemerkte den Schmerz kaum.
Wenigstens nicht den körperlichen.
Es tat weh.
Tief drinnen.
Doch er war geübt darin, den Schmerz einzusperren. Zu begraben unter Tonnen aus schwer lastender Leere.
Mit einem ergebenen Ausatmen ließ er die Stirn auf seinen Unterarm sinken, hielt sich weiter an der Duscharmatur fest. Schwach nur. Seine Beine zitterten so heftig, dass er in sich zusammengesunken wäre, hätte Steve ihn nicht gehalten. Doch das tat er. Steve hielt ihn fest, hielt ihn eng umschlungen, während er sich in ihn hineinhämmerte. So war es immer: Sie fickten ihn, hielten ihn dabei, nur um ihn am Ende doch fallen zu lassen. Nur mit Steve war es anders. Zu ihm konnte er zurückkehren. Er blieb auch noch, nachdem er seinen Saft in ihn gepumpt hatte. Und manchmal, ja, manchmal hielt er ihn danach auch in seinen Armen.
›Bitte. Bitte, halt mich fest.‹
~*~*~*~*~*~
Er konnte nicht besonders lange und tief geschlafen haben, doch als ihn ein sachtes Zupfen in seinen Haaren aus dem vagen Dämmerzustand holte, war es um ihn herum bereits dunkel. Und es war kalt. Lediglich das große Windlicht in einer Ecke der Veranda verbreitete seinen blassen Schein, trotz gläserner Umrahmung flackerte die Flamme im Wind. Angel hatte nicht gewusst, dass es bereits im Herbst in Kalifornien so kalt werden konnte.
Ihm war so kalt.
Auch noch, als Steve das Zupfen an seinen Haaren intensivierte, ihm mit festem Druck über die Kopfhaut fuhr. Angel wollte schnurren. Wie eine Katze auf der Suche nach Zuwendung seinen Kopf in Steves Hand schmiegen. Doch das Zittern in seinen Gliedern ließ sich nicht beherrschen, machte ihn bewegungsunfähig.
»Komm mit nach drinnen.« Steves Stimme flutete warm über ihn hinweg und vermochte doch nicht die Kälte zu vertreiben. »Du frierst doch.«
Steve zog seine Hand zurück und trat einen Schritt beiseite. Im zunehmenden Dunkel der Dämmerung fiel sein Schatten auf Angel und dieser hob den Kopf. Setzte sich auf und erhob sich schließlich auf wackligen Beinen von der Rattanliege in dem sicheren Wissen, dass auch die Wärme des Hausinneren nichts ändern würde. Er brauchte keine Lagen aus Stoff und kuscheligen Decken. Er brauchte das Gefühl nackter Haut und die Wärme eines anderen Körpers. Er brauchte Steves Nähe. Seine Arme um sich und seine Lippen auf der Haut. Küsse auf seinem Ohr.
»Ich habe gekocht. Hast du Hunger?«
Sicher hatte er das. Irgendwie. »Ja, sehr. Was hast du …?« Die Worte verflogen unausgesprochen von seinen Lippen, als er durch die offen stehende Verandatür in den weitläufigen Wohnraum trat. Von der offenen Küche her zog der unverkennbare Duft von gebratenen asiatischen Nudeln, Hühnchenfleisch und süßlicher Chilisoße, der ihm unweigerlich ein Lächeln aufs Gesicht zauberte. Steve wusste, wie sehr er die asiatische Küche liebte und dass er extra für ihn eines seiner Lieblingsgerichte zubereitet hatte, obwohl Steve selbst das meiste asiatische Essen aufgrund der Schärfe nicht vertrug, brachte endlich den langersehnten Hauch von Wärme in seinen Körper zurück.
»Setz dich«, wies Steve ihn an, der Klang der beiden Worte dabei eher der einer Bitte als eines Befehls. In einer flüchtigen Geste deutete er auf die Sofalandschaft in der Mitte des Raumes.
Rasch glitt Angel zwischen die dort bereitliegenden Decken, das plüschige Material fühlte sich weich, fast streichelnd auf seiner Haut an, sodass er sich kurz entschlossen das Shirt vom Körper streifte, die Socken folgen ließ und sich nur in Jogginghose darunter kuschelte. Die herumliegenden Klamotten nahm Steve mit einem schiefen Schmunzeln zur Kenntnis. Dieser Art von Lächeln, das die kleinen Fältchen um seine Augen stärker hervortreten und ihn dennoch im selben Moment jünger aussehen ließ als die vierzig, die er war.
Augenblicklich drängte sich die Stimme seiner Mutter in Angels Gedächtnis. Der Altersunterschied zwischen ihm und Steve war damals nur der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte. Dass er Männer fickte und sich von ihnen ficken ließ, hatte bereits ausgereicht, um ihn mit Abscheu zu strafen.
Mit dem Duft einer gebratenen Asia-Nudel-Pfanne in der Nase und mit Steves Fingern, die ihren Weg zurück in sein Haar fanden, fiel es Angel jedoch leicht, die schmerzlichen Erinnerungen von sich zu schieben. Während er das Schälchen und die Stäbchen entgegennahm, sah er fragend zu Steve auf.
»Isst du gar nichts?«
»Ich habe vorhin schon eine Kleinigkeit gegessen. Rutsch mal.«
Das Nudelschälchen fest umfasst, die Wärme desselben an den Fingern, sah Angel dabei zu, wie Steve sich neben ihm auf dem Sofa niederließ und sich schließlich so hinsetzte, dass er mit dem Rücken am Eckteil lehnte, die Beine vor sich auf der breiten Sitzfläche aufgestellt. Angels Herz pochte schwer und ein wenig zu schnell gegen seine Rippen – hoffnungsvoll.
»Komm her.«
Und es trommelte in euphorischen Wirbeln, als Steve ihm mit Worten und Gesten bedeutete, sich an ihn zu schmiegen. Als befürchtete er, Steve könnte es sich doch noch anders überlegen, wenn er in irgendeiner Form zögerte, glitt er rasch zwischen Steves Beine. Lehnte sich mit dem Rücken an dessen Brust und seufzte sogar wohlig, als Steve einen Arm um ihn schlang, seine Finger unter der Decke auf Angels nackte Haut trafen. Wenn er jetzt noch die andere Hand …
»Iss.« Ein Kuss landete in Angels Nacken. »Nach dem Dreh heute brauchst du neue Energie.«
Schon landete die erste Portion Nudeln, Hühnchen, Zuckerschoten und Sprossen in Angels Mund. Er kaute hastig, schluckte gierig. In seinem Nacken kribbelte warm Steves Lachen. Küsse folgten, die ihm kleine Schauer das Rückgrat hinabjagten. Geflüsterte Worte, die bis in seine Brust und seinen Bauch prickelten. Lediglich die Nahrung in seinem Mund sorgte dafür, dass die wohligen Laute seine Kehle nicht verließen.
Angel hätte ewig so dasitzen können – zufrieden essend, mit Steves Armen um sich und seinen Lippen im Nacken. Aber zu rasch schon war das Schälchen leer. Sein Magen gefüllt, aber er doch nicht ganz satt. Das Frösteln verschwunden, aber sein Innerstes nicht vollständig gewärmt.
»Ist noch was da?« Er drehte sich halb in Steves Umarmung, sodass die Decke weiter herabrutschte.
»Natürlich.« Ein flüchtiger Kuss auf seine Schulter. Die Fältchen um Steves Augen. »Nimm dir ruhig.«
Getragen von einem plötzlichen Höhenflug neigte Angel sich vor und drückte seine Lippen auf Steves, ehe er sich vollends unter der Decke hervorwühlte, aufsprang und in die Küche lief.
Tatsächlich hatte Steve reichlich gekocht. Selbst wenn Angel sich noch eine zweite oder sogar dritte Portion nähme, würde er sich die Reste morgen Mittag aufwärmen können.
»Wirst du morgen den ganzen Tag in den Studios sein?«
»Ja«, kam Steves knappe Antwort aus Richtung der Sofalandschaft. Er erzählte nie besonders viel von dem, was in den sündigen Hallen der Black Tail Studios geschah, und Angel fragte selten nach. Als Steves Partner hatte er ohnehin das Privileg, dem Labelinhaber viel näher zu sein, als all die anderen Darsteller es je sein würden. Angel war nicht nur einer der vielen Fuckboys. Er war Steves Heiligtum. Sein Junge, den andere Männer zwar am Set fickten, aber abseits der Drehs niemals anrühren durften. Vor der Kamera hatte Angel es in den letzten beiden Jahren mit unzähligen Männern getrieben, privat jedoch schlief er nur mit einem. Und Steve schlief nur mit ihm – sagte er zumindest.
Mit raschen Schritten durchmaß Angel den Wohnraum, bis er wieder direkt vor der Sofalandschaft stand. Direkt vor Steve. Das neu befüllte Schälchen landete mit einem geräuschvollen Klirren auf dem gläsernen Couchtisch, auf dem bereits die Essstäbchen lagen. Steve beobachtete ihn aus leicht zusammengekniffenen Augen, doch ehe er den Mund öffnen konnte, brach es aus Angel hervor: »Liebst du mich?«
Steves Augen verengten sich noch mehr, zu den Fältchen um die Augen gesellte sich eine steile Falte auf der Stirn. »Was soll das, Angel?«
Er schauderte aufgrund der unterschwelligen Schärfe in Steves Stimme. »Ich will nur …«
»Was, Angel? Was willst du? Zweifelst du an mir? An meinen Gefühlen für dich?«
»Nein!« Das Wort stolperte zu hastig, zu unüberlegt aus seinem Mund. »Nein, natürlich nicht, nur … All die anderen … Ich frage mich nur …«
Steves Lachen unterbrach ihn. Ließ ihn verunsichert das Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagern. Fragend sah er auf Steve hinab, der eben noch lachend angelehnt gesessen hatte, sich nun noch immer grinsend in eine aufrecht sitzende Position aufrichtete, bis er direkt vor Angel saß. Er sah zu ihm hoch und doch kam es Angel so vor, als sei er derjenige, auf den herabgesehen würde. Er derjenige, der aufschauend um Bestätigung bat. Er brauchte sie. Brauchte die Versicherung, dass Steve nur ihn ansah, egal wie viele Männer noch um sie herum waren. Egal wie viele Hände ihn berührten, egal wie viele Münder ihn brandmarkten, egal wie viele Schwänze ihm in Mund oder Arsch geschoben wurden.
»Du hast keine Ahnung, oder?« In Steves Stimme schwang diese Mischung aus Spott und Zärtlichkeit, die jedes Mal, wenn er sie hörte, so tief in Angels Innerstes drang, dass er das Gefühl hatte, ihr nichts, aber auch gar nichts entgegensetzen zu können. Zu wollen.
»Du hast noch immer keine Ahnung, wie unglaublich atemberaubend du bist.« Steve flüsterte die Worte nur, ließ Angel erschaudern. Mehr noch, als er eine Hand ausstreckte und seine Finger zum wiederholten Mal auf Angels nackte Haut trafen. In einer beinahe andächtigen Geste über seinen Rippenbogen tanzten.
Angel selbst fühlte die Gänsehaut kaum, die der Berührung folgte, doch er sah sie in Steves Blick, der jede seiner Regungen beobachtete. Nie zuvor hatte jemand so tief in Angel hineingesehen, wie Steve es tat. Und nur deshalb konnte Steve derjenige sein, der ihm seine Zweifel nahm.
›Bitte. Bitte lass mich glauben.‹
Er zuckte zusammen, als Steve sich nach vorn neigte, um einen Kuss auf Angels Bauch zu drücken. Direkt unter den Nabel. Sein Atem strich am Bund der Jogginghose entlang, sorgte für noch mehr Schauer auf der Haut.
»Du hast keine Ahnung, Angel, aber ich werde es dir auch noch tausend Mal sagen …« Ein weiterer Kuss, ehe Steve wieder zu ihm emporsah. Seine Hände jedoch blieben auf Angels Haut. Streichelten und reizten, während er ihm zuraunte.
»Ich habe nie zuvor jemanden wie dich getroffen und ich bin mir sicher, dass es dort draußen keinen anderen wie dich gibt.« Um Steves Mund zuckte ein Lächeln. Verbreiterte sich und schwand dann, wurde nachdenklich, als seine Finger am Bund von Angels Hose ankamen, gedankenverloren an diesem entlangstrichen.
»Es gibt keinen zweiten Engel wie dich. Keinen solchen Engel, der sich mit einer derart unschuldigen Willigkeit all den Teufeln hingibt, die sich an seinem wunderschönen Leib vergehen wollen und …«
Seine Worte verklangen in einem scharfen Atemholen. Ausgestoßen von wem? Angel hätte es nicht zu sagen vermocht. Er selbst keuchte leise, als Steve in seinen Schritt griff, seinen Schwanz durch die Jogginghose hindurch umfasste.
»Gott, Angel … wenn du wüsstest … wenn du nur sehen könntest, wie anbetungswürdig schön du bist, wenn du inmitten dieser Männer liegst. Wenn sie dich benutzen und dich unter ihren Händen vor Geilheit und Sehnsucht beben lassen und es doch nicht schaffen, bis an den Kern deiner Begierde vorzudringen.«
Angel zitterte. Zitterte unter den Bildern, die seine Erinnerungen zu fluten drohten. Er wollte nicht daran denken. Wollte nicht an all die anderen Männer denken, die ihn bereits auf die eine oder andere Weise benutzt hatten. Für die er gestöhnt und geschrien hatte. Er wollte es nur für einen tun.
›Warum?‹, wollte er fragen, ›warum all die anderen?‹ Doch er kam nicht dazu, es auszusprechen. Das tat er nie.
Weil er sich vor der Antwort fürchtete?
Vielleicht.
»Das tun sie doch nicht, nicht wahr?« Steve scheute Fragen nicht. Weil er im Gegensatz zu Angel die Antworten kannte? Ganz sicher. Angel würde sie ihm immer und immer wieder geben.
»Nein.«
»Sie alle können dir nicht geben, wonach du dich so schmerzlich verzehrst, nicht wahr, Angel?«
»Nein. Nein, sie geben mir nichts.« ›Nur ihre Schwänze. Ihren Saft in und auf mir. Es bedeutet nichts. Aber du … Steve, du …‹
»Und sag mir, Angel, weshalb können sie alle es nicht?«
Natürlich kannte er die Antwort.
Und doch würde Angel es ihm stets aufs Neue versichern.
Er öffnete den Mund. Statt Worten drang nur ein Keuchen daraus hervor, als Steve ihm mit einem Ruck die Jogginghose samt Pants nach unten zog. Halbsteif reckte sich sein Penis Steves Hand entgegen. Seinem Mund. Irgendetwas von ihm.
›Bitte. Bitte, gib mir irgendetwas, das mich einhüllt. Gib mir Wärme. Irgendetwas …‹
»Sag es.« Sacht nur glitten Steves Finger an seinem Schwanz entlang, brachten seine Beine und sein Innerstes erneut zum Zittern.
Ein weiteres gepresstes Luftholen entwich Angel, ehe er flüsterte: »Weil nur du es kannst.«
Sein Blick traf den Steves. Kurz nur, ehe dieser von ihm abließ. Ihn innerlich wie äußerlich bebend dort vor dem Sofa stehen ließ und in die Polster zurückglitt. Seine Jeans aufknöpfte und seinen eigenen steifen Schwanz hervorholte und mit dem Becken weiter in Richtung Sofakante rutschte.
Es bedurfte keiner weiteren Worte. Die brauchte es nie. Angel verstand – und tat es doch nicht. Er fragte – und tat es doch nicht. Erhielt Gegenfragen, die er willig beantwortete, in der Hoffnung, durch sie Bestätigung zu erfahren.
Nein, er wusste nicht, wie unglaublich einmalig er war. Aber er wollte es so gern glauben.
Mehr noch, als Steve sich zu ihm nach vorn neigte, die Lippen um seine Schwanzspitze schloss. Kurz nur. Ihm eine Ahnung gab. Ehe er sich löste und schließlich Angel derjenige war, der auf die Knie sank.
~*~*~*~*~*~
Mit einem Klick auf ›Pause‹ gefror Angels Gesicht auf dem Bildschirm. Dieses wunderschöne Gesicht, das trotz der männlich-kantigen Linien manchmal wie weichgezeichnet wirkte. Nicht allerdings in Momenten wie diesem, wenn sich Lust und Schmerz und Scham zu diesem unwiderstehlichen Mienenspiel zusammenfanden. Wenn sich Angels Lippen öffneten, ganz kurz bevor sich seine Zunge zwischen ihnen hervorschob, um gierig den Saft der Männer, die über ihm knieten, aufzunehmen.
Die ersten Spuren glänzten bereits milchig durchsichtig auf Angels Haut. Auf seinem Hals, seinem Kinn. Nur fünf oder zehn Sekunden später würden Spermaschlieren sein gesamtes Gesicht zeichnen. Tabus gab es keine. Nicht mit einem wie Angel. Nicht wenn er – Steve – dafür sorgen konnte, dass dies so war. Für ihn tat Angel alles. Und Steve vergötterte und verachtete ihn dafür.
›Liebst du mich?‹
Rund vierzehn Stunden später hallten Angels Worte noch immer in Steves Hirn nach, erzwangen ein ersticktes Lachen aus seinem Mund, welches in einem Seufzen verklang, während er sich auf seinem Bürostuhl zurücklehnte. Den Blick fest auf Angels Gesicht auf dem Bildschirm geheftet, griff er mit der einen Hand nach der Kaffeetasse, mit der anderen in seinen Schritt.
Er war hart. Wie jedes Mal, wenn er Filmsequenzen bearbeitete, in denen sein Engel zu sehen war. Ein Blick, ein Gedanke reichte aus, um Steve in Angels Bann zu ziehen.
Ob er ihn liebte?
Zur Hölle, er hatte nie zuvor jemanden so dringend und allumfassend gewollt, wie er Angel wollte. Ihn brauchte.
Zu sehen, wie andere Männer seinen Goldjungen anfassten, machte ihn rasend vor Eifersucht und Geilheit in einem. Nach den ersten Drehs hatte Steve gezweifelt. So oft daran gezweifelt, ob er es ertragen konnte, wenn Angel von anderen Männern gefickt wurde. Wenn er ihre Schwänze lutschte und sie anbettelte, sich an ihm zu bedienen.
Beinahe hätte Steve Angel nach den ersten Drehs gesagt, dass es eine Schnapsidee war. Dass er, der Labelchef der Black Tail Studios, es nicht ertragen konnte. Dass er Angel für sich allein haben wollte. Doch er konnte es nicht.
Nicht, weil er um seinen Stolz fürchtete. Er war sich sicher, Angel hätte ihn dafür geliebt, wenn er ihm sagte, dass er nur mit ihm schlafen sollte. Dass es keinen anderen für ihn geben sollte. Dass er sich so etwas wie eine monogame Beziehung wünschte.
Nein, er konnte es nicht sagen, konnte nicht zurückrudern, weil Angel mit anderen Männern zu sehen ihm etwas gab, das tiefer brannte als seine Eifersucht. Wenn Angel nach den Drehs zurück in Steves Arme kroch, sich an ihn schmiegte, sich ihm hingab und regelrecht um Zuwendung und Wärme bettelte, konnte Steve sich sicher sein, dass er Angel niemals verlieren würde.
Angel brauchte ihn. Angel flehte nach seiner Anerkennung. Mit jedem einzelnen Mann, der sich an ihm bediente, nur noch mehr. Denn mit jedem weiteren Mann kam Angel sich schäbiger vor und je kleiner er sich selbst machte, desto größer wurde seine Bewunderung für Steve.
Wie hätte er Angel und sich selbst das verwehren können?
Wie sollte er nicht …?
Das Klingeln seines Bürotelefons riss Steve aus seinen Gedanken. Schnaubend richtete er sich auf dem Drehstuhl auf, griff nach dem Hörer. Unter seiner anderen Hand protestierte sein Schwanz mit vehementem Pochen und forderte Aufmerksamkeit.
»Ja?«, raunzte er ins Telefon, ohne dem Anrufer zu bestätigen, dass er es tatsächlich war, der abnahm.
»Mr. Moreno?«, ertönte prompt die Nachfrage des Anrufers, der selbst bei diesen wenigen Silben gehetzt klang.
»Ja. Wer ist dran?«
»Mr. Moreno … hier spricht Calvin, vom Perform…«
»Ich weiß schon«, fiel Steve ihm harsch ins Wort. Sein Pulsschlag beschleunigte innerhalb eines Sekundenbruchteils. Wenn sich das Labor nicht auf offiziellem Wege per Mail meldete, sondern dieser Calvin persönlich anrief, konnte das kaum etwas Gutes bedeuten. Nicht umsonst hatte Steve vor einigen Monaten mit einem hübschen Sümmchen dafür gesorgt, Infos über kritische Testergebnisse seiner Vertragsmodels stets aus erster Hand zu bekommen. Noch bevor die Ergebnisse in die Datenbank des Performer Availability Scheduling Services eingetragen wurden.
»Was gibt’s, Calvin?«
»Ich … Nun, Sie wollten doch über problematische Testergebnisse informiert werden …«
Zur Hölle, musste es dieser Kerl so spannend machen?
»Ja!«, herrschte Steve ins Telefon. Sein Blick streifte kurz über den Bildschirm, über Angels herrlich verzerrtes Gesicht bis hin zur Bürotür. Geschlossen. Wie immer. Trotzdem lauschte Steve für einen Moment und hakte erst nach, als er keinerlei Geräusche von draußen vernahm: »Worum geht es?«
»Nun … einer der Exklusiv-Darsteller von Black Tail wurde positiv auf das HI-Virus getestet. Die Ergebnisse der letzten Routinetestung werden heute noch in PASS eingetragen, daher dachte ich …«
Jesus, der Kerl sollte nicht denken, sondern reden!
»Wer?«
»Moment, ich … muss nachsehen …«
In der Verbindung knackte es leicht, als würde Calvin in einem Unterlagenstapel herumwühlen. Genervt verdrehte Steve die Augen und tastete mit der freien Hand nach der Maus. Was er am allerwenigsten brauchen konnte, war irgendein HIV-Skandal und was er gerade ebenfalls nicht benötigte, war Angels Gesicht auf dem Bildschirm. Der Anblick erschwerte das Denken.
Abgelenkt vom Geraschel in der Leitung klickte Steve aus Versehen auf den Play-Button. Die Filmsequenz lief wenige Sekunden weiter. Der erste Spritzer Sperma landete auf Angels Wange. Dann klickte Steve das Fenster weg.
»Angel Rough.«
In Calvins Stimme mischte sich ein leises, schabendes Geräusch.
Steve blinzelte. Auch auf dem Desktop prangte Angel als Hintergrundbild. Allerdings nicht sein Gesicht, sondern sein nackter Arsch im Jockstrap. »Was?«
»Der Name des positiv getesteten Darstellers ist Angel Rough.«
Irgendwo glitt eine Tür ins Schloss.
»Hi, stör ich? Ich dachte, ich bringe dir was zum Mittag …«
»RAUS!« Steve fuhr so schnell Richtung Bürotür herum, dass die Wirbel in seinem Nacken gefahrverheißend knackten. Schmerz spürte er jedoch keinen. Nicht im Nacken zumindest.
Durch den Telefonhörer, den er noch immer ans Ohr gepresst hielt, vernahm er Calvins Murmeln, jedoch nicht dessen Worte. Sein Blick, sein Sehen, sein Denken, alles Sein schien sich in diesem Moment auf den Mann zu konzentrieren, der mit einer Tüte einer Sandwichkette in der Hand an der Tür stand und ihn aus großen Augen schockiert anstarrte.
Schockiert …
Wenn er nur ahnte, wie schnell er gerade sehenden Auges auf die Wand zuraste.
In diesem Moment wollte Steve aufspringen. Zu Angel laufen und ihn in seine Arme ziehen. Ihn auf diese Weise davor beschützen, aufzuprallen und zerschmettert zu werden.
Ein Engel zerbrochen am Boden.
Doch Steve wusste, er würde nicht die Kraft haben, Angel dabei zu helfen, sich Stück für Stück wieder zusammenzusetzen. Also blieb ihm nur, vollständig zu zerbrechen, was ein anderer vielleicht noch hätte retten können.
Fast schon behutsam legte er den Telefonhörer beiseite. Vergewisserte sich, aufgelegt zu haben.
»Das Labor hat angerufen. Dein letztes Testergebnis war positiv. Glückwunsch, Engelchen, du hast dich mit HIV infiziert. Du weißt, was das bedeutet: Du hast bis heute Abend Zeit, deine Sachen zu packen. Du wirst die Black Tail Studios nie wieder betreten, ebenso wenig wie mein Haus. Und ich schwöre dir, wenn du irgendjemandem davon erzählst, dass du zu dumm warst, auf dich aufzupassen, mach ich dich fertig.«
Die Worte rannen beißend wie flüssiges Arsen über Steves Lippen, doch er spie sie allesamt aus, ehe sie sein Innerstes verätzen konnten. Er hasste sich für seine Worte, aber im selben Moment wünschte er sich nichts sehnlicher, als dass sie ausreichen würden, um Angel Rough auszulöschen. Von ihm würde nichts bleiben. Kein einziger Splitter des zerbrochenen Engels.