Sea of Flames

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Sea of Flames
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Svea Dunnabey

Sea of Flames

Gewissheit

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Kapitel XI

Kapitel XII

Kapitel XIII

Kapitel XIV

Kapitel XV

Kapitel XVI

Kapitel XVII

Kapitel XVIII

Kapitel XIX

Kapitel XX

Kapitel XXI

Kapitel XXII

Kapitel XXIII

Kapitel XXIV

Kapitel XXV

Kapitel XXVI

Kapitel XXVII

Kapitel XVIII

Kapitel XXIX

Kapitel XXX

Kapitel XXXI

Kapitel XXXII

Impressum neobooks

Kapitel I

Blake

Immer wieder klingelte das verdammte Telefon, ein stetes, nervendes, aufdringliches und schmerzendes Geräusch, welches ich schon seit einer Woche komplett ignorierte. Ähnlich ging ich mit dem Klingeln an der Tür vor, denn auch das ignorierte ich gekonnt, weswegen ich seit einer Woche niemanden mehr gesprochen und die Wohnung ebenfalls seitdem nicht mehr verlassen hatte.

Ich schaffte es einfach nicht mich aufzuraffen, schaffte es noch nicht einmal alles stumm zu stellen, um endlich meine Ruhe zu haben, damit es mir eventuell besser ging. Stattdessen ertränkte ich meinen Kummer, meine Wut, meine Verzweiflung und meinen Selbsthass weiterhin in Alkohol und starrte dabei auf die Stadt hinaus.

Evelyn hatte sich kein einziges Mal mehr bei mir gemeldet, mir nicht geschrieben und mich nicht angerufen, weswegen es für mich keinen Grund gab mich aufzuraffen. Die ganze Zeit überlegte ich, wie ich das mit uns retten konnte, doch das war unmöglich. Sie hasste mich und das zu Recht. So ein mieses Schwein wie mich, würde ich auch nicht zurück nehmen.

Ich konnte es immer noch nicht fassen, was ich ihr angetan hatte. Dass ich ihr unterstellt hatte, dass sie mich nur meines Geldes wegen wollte, was absoluter Quatsch war, dass sie schlecht im Bett wäre und ich nicht genügend Sex bei ihr bekäme und dass sie mir fremdgehen würde. Es war einfach nur erbärmlich gewesen und als wenn das noch nicht genug gewesen wäre, hatte ich sie auch noch vor ihren Augen betrogen, sie vorgeführt und lächerlich gemacht. Nein, danach konnte sie mir einfach nicht verzeihen.

Mühsam hievte ich mich hoch, sah auf die ganzen leeren Flaschen vor mir und suchte nach einer, wo noch etwas drin war. Mir war egal, was es war, Hauptsache es hatte genügend Prozent Alkohol, um meinen seelischen Schmerz zu betäuben. Nach einigen Flaschen fand ich schließlich eine und schüttete mir ein weiteres Glas ein, als ich plötzlich ein Klopfen an meiner Tür vernahm, welches ich jedoch wie immer sofort missachtete.

Nach einem Schluck brannte meine Kehle, das einzige, was ich zur Zeit fühlte und legte mich direkt wieder hin, da sich alles um mich herum drehte. Wahrscheinlich kam es daher, dass ich seit einigen Tagen nichts mehr gegessen hatte, denn dafür hätte ich aufstehen und sogar vor die Tür gehen müssen.

Ich schloss die Augen, entspannte mich und dachte wieder an Evelyn. An ihre Schönheit, an ihr Lächeln, ihre blonden Locken, ihre weiche, warme Haut, die ich so gern gestreichelt und liebkost hatte, an ihre sinnlichen Lippen, die ich so gerne küssen wollte, an ihren himmlischen Körper, ihren unvergleichlichen Duft und ihre sanfte, beruhigende Stimme, was mich glücklich und todtraurig zugleich machte. Es war die reinste Folter, für die ich selbst verantwortlich war und die ich mehr als alles andere verdient hatte.

Doch bevor ich weiter diesen Stich in meinem Herzen spüren konnte, hörte ich plötzlich, wie jemand mit einem Schlüssel meine Tür aufschloss. Panisch öffnete ich meine Augen und wollte grade aufstehen, als ich eine vertraute Stimme hörte.

>> Blake? Hier ist Dan. Ich komm jetzt rein.<< rief er in die Wohnung und ließ die Tür hinter sich wieder ins Schloss fallen, während ich die Hände vor mein Gesicht schlug, mich dahinter versteckte und hoffte, dass er wieder gehen, oder ich mich in Luft auflösen würde.

>> Blake? Wo bist du? Blake?<<

>> Hier...<< lallte ich ein wenig und setzte mich mühsam auf, da es nichts brachte mich vor ihm zu verstecken. Dan würde nicht locker lassen und die gesamte Wohnung nach mir absuchen.

>> Fuck...<< war alles, was er sagte, als er schließlich neben mir stand und die ganzen Flaschen auf dem Tisch vor mir sah, zusammen mit dem Anblick von mir.

>> Ich...<<

>> Das ist nicht dein Ernst, oder? Willst du mich grade verarschen? Was soll das hier?<<

>> Ich... steh im Moment ein wenig neben der Spur...<<

>> Ein wenig? Wirklich? Du bist im Arsch mein Lieber. Dass.... dass.... verdammt geh duschen! Dass ist echt nicht wahr... Krieg erst mal einen klaren Kopf und werde nüchtern. Ich bestell in der Zeit was zu essen, denn so wie du aussiehst, hast du schon lange nichts Festes mehr zu dir genommen.<<

>> Geh doch einfach wieder... Ich komm schon klar.<<

>> Nein kommst du nicht und ich werde nicht gehen. Also entweder gehst du allein unter die Dusche, oder ich zerre dich da rein.<<

Als er sich bedrohlich vor mir aufbaute, gab ich schließlich nach und schleppte mich langsam ins Bad. Je schneller ich auf ihn hörte, desto schneller würde er hoffentlich wieder gehen und mich in Ruhe lassen, damit ich weiter in Selbstmitleid baden konnte.

Ein wenig unsicher und torkelnd erreichte ich das Waschbecken, an dem ich mich schnell festklammerte, um nicht umzukippen. Ich hatte wirklich zu viel getrunken und dabei zu wenig gegessen, weswegen mein Kreislauf nun rebellierte. Nach einigen Sekunden schaffte ich es jedoch mich allein auf den Beinen zu halten und blickte in den Spiegel vor mir.

Mein Spiegelbild erkannte ich kaum, als ich es anblickte. Ich sah müde aus, hatte Augenringe, dazu einige Kilogramm abgenommen und glasige, rote Augen. Meinen Bart musste ich auch dringend stutzen, da ich vollkommen verwahrlost aussah. Wie ein Obdachloser auf der Straße, der nichts mehr zu verlieren hatte. Doch wen interessierte das schon. Mich nicht und die Frau, die ich liebte, auch nicht.

Seufzend zog ich mich aus und schleppte mich träge unter die Dusche, was ungemein gut tat und mich wieder ein wenig lebendiger werden ließ. Doch kaum stand ich drunter, dachte ich wieder an Evelyn. Wie wir hier das letzte Mal gemeinsam geduscht und uns gegenseitig eingeseift hatten, wie wir uns leidenschaftlich geküsst und rumgealbert hatten, weswegen ich irgendwann meinen Kopf gegen die Wand schlug, da ich diese Gedanken nicht mehr ertrug.

Eilig stellte ich die Dusche ab, band mir meine nassen Haare zum Zopf zurück, trocknete mich ab und ging ins Schlafzimmer, wo mein Blick natürlich direkt auf das Bett fiel. Wieder spielten sich Erinnerungen, Empfindungen und Emotionen in meinem Kopf ab, die mich lähmten und fertig machten.

Wie in Trance stand ich da und sah einfach nur zum Bett, bis mich die Klingel aus diesem Zustand riss und mich wieder in die Realität holte. Schwermütig ging ich zum Schrank, nahm mir neue Sachen heraus und zog sie mir über, bevor ich zu Dan ins Wohnzimmer ging, der, so wie es aussah, schon alle Flaschen weggeräumt hatte.

 

>> Das sieht schon besser aus.<< bestätigte er mein Erscheinungsbild und nickte mir besorgt zu.

>> Möchtest du was trinken?<< fragte ich ihn, da ich mir grade etwas holen wollte, um meine Gefühle wieder zu unterdrücken, woraufhin sich mir Dan in den Weg stellte.

>> Nein und du auch nicht. Setz dich an den Tresen!<<

>> Dan!<<

>> Du trinkst jetzt nichts mehr. Das hast du schon die letzten Tage anscheinend genug getan. Ich habe keine Ahnung, was bei dir los ist, aber das wirst du mir gleich erzählen. Was ich aber weiß, ist, dass du ganz sicher nichts mehr trinken wirst, jedenfalls nichts Alkoholisches, denn wir brauchen dich! Dringend und das nüchtern!<<

Wir sahen uns einige Sekunden schweigend an, bevor Dan mich zur Küche zog und vor mir eine Pizza lag, die er anscheinend bestellt hatte.

>> Ich habe keinen Hunger.<< sagte ich angewidert und machte den Karton zu, während Dan seufzte und sich gegenüber von mir hinsetzte.

>> Wann hast du zuletzt etwas gegessen?<<

>> Keine Ahnung. Ein paar Tage.<<

Er nickte nachdenklich, während er mich weiter kritisch musterte.

>> Gut. Ich sage dir das nur ein einziges Mal, denn den Scheiß hier hatten wir schon einmal und du weißt, dass ich immer für dich da bin und mir Sorgen um dich mache, immerhin bist du mein bester Freund. Also entweder isst du jetzt die blöde Pizza und hörst auf Alkohol in dich reinzuschütten, erzählst mir endlich was los ist, oder...<<

>> Oder was?<< hakte ich scharf nach, da Dan nicht mehr weitergesprochen hatte, da ihm die zweite Option anscheinend Magenschmerzen bereitete.

>> Oder... ich werde dich wieder in die Klinik bringen. So wie damals und bitte glaub mir, das möchte ich nicht, aber das werde ich tun, wenn du dich so kaputt machst.<<

>> Ich mache mich doch nicht...<< protestierte ich, was Dan direkt wieder wütend und aufgebracht unterbrach.

>> Nein? Sieh dich an Blake! Du bist nur noch eine Hülle deiner Selbst! Isst nichts, trinkst Alkohol in Mengen wie andere noch nicht mal Wasser, gehst nicht arbeiten, liegst nur herum, igelst dich ein! Das bist nicht du! Du richtest dich grade zu Grunde.<<

Wieder sahen wir uns einige Sekunden abschätzend an, bis ich schließlich nachgab, den Pizzakarton öffnete und ein Stück von der Pizza abbiss.

>> Danke Blake!<<

Ich nickte nur und aß weiter, da ich plötzlich doch merkte, wie viel Hunger ich eigentlich hatte und wie gut mir das Essen tat.

>> Alle machen sich Sorgen um dich. Deine Mutter ruft mich mehrmals täglich an, weil sie dich nicht erreicht und du nicht im Verlag bist. Lewis und ich machen uns Sorgen, weil du nicht zum Training kommst, dich nicht in unserer Firma blicken lässt, auch auf keine Anrufe von uns antwortest.... Und jetzt finde ich dich hier so vor... Betrunken, verwahrlost, am Ende... Also was ist los?<<

>> Nichts...<< grummelte ich, während Dan laut seufzte und sich das Nasenbein rieb.

>> Blake...! Mach es uns nicht so schwer.<<

Ich aß das Stück Pizza noch auf, versuchte dem mitleidigem Blick von Dan auszuweichen und trank noch einen Schluck Wasser, bevor ich genügend Kraft gesammelt hatte.

>> Mein Vater hat meine Mutter betrogen.<<

>> Was? Wann?<<

>> Ständig. Seit mehreren Jahren. Hat sogar mindestens eine von ihnen geschwängert.<<

>> Krass.<<

Ich nickte nur, während Dan mich entgeistert ansah. Auch er kannte meinen Vater sehr gut, da er, seit wir Kinder waren, bei uns zu Hause ein und ausgegangen war. Lewis und er gehörten fast schon zur Familie, genauso wie ich zu ihrer.

>> So ein mieser Verräter. Erzählt mir, wie wichtig Treue und eine lebenslange Ehe ist und hinten rum dann so ein Wichser.<<

>> Na ja, aber dass er Frauen schon immer schöne Augen und genügend Komplimente gemacht hat, wussten wir ja schon.<<

>> Ja, aber das er so weit geht auch wieder nicht.<<

>> Mhm. Aber deswegen geht es dir doch nicht so dreckig. Klar das ist heftig, aber...<<

>> Nein, das wäre schön gewesen.<<

>> Also?<<

Ich schob vorsichtshalber den Karton nach hinten, da mir bei den nächsten Worten eh der Appetit vergehen würde. Zu widerlich war das, was mein Vater gemacht hatte und was ich mit Evelyn getan hatte.

>> Ich war bei ihm im Büro und habe seinen Computer durchsucht, da wir wissen wollten, wo er eventuell war, da er aus der Reha abgehauen war und da habe ich Videos gefunden.<<

>> Was für Videos?<<

>> Von ihm und...<<

>> Von seinen Affären?<< schlussfolgerte Dan, da ich nicht mehr weitesprach. Die Bilder waren wieder in meinem Kopf und lähmten mich. Es war nun schon eine Woche her und ich konnte es immer noch nicht fassen. Jede Einzelheit hatte sich in mein Gehirn gebrannt und spielte sich nun wieder vor meinen inneren Augen ab.

>> Mhm.<<

>> Du hast deinen Vater beim Sex gesehen?<<

>> Nicht nur das. Ich habe ihn auch beim Sex mit Kelly gesehen. Wie sie mich betrogen haben, habe Mails von ihnen gelesen. Mein Vater, der Wichser, hatte eine Affäre mit meiner Frau...<< presste ich es heraus, stand auf, um mir endlich einen neuen Drink zu holen. Doch Dan hatte mitgedacht und meine gesamte Bar leergeräumt, weswegen ich mich frustriert aufs Sofa warf.

>> Du verarscht mich, oder? Kelly und dein Vater? Ehrlich?<<

>> Sehe ich aus, als ob ich dich verarschen würde? Denkst du, ich würde mich hier so gehen lassen und vollkommen fertig sein, wenn mein Vater nur einige Affären gehabt hätte? Nein! Ich habe ihn gesehen. Gesehen, wie er meiner Ex-Frau die Zunge in den Hals steckt, wie er sie streichelt, ihre Titten knetet, sie leckt, sie verführt, sie fickt...<<

>> Fuck. Das ist krank.<<

Ich nickte nur, während ich nach draußen blickte und Dan die neuen Informationen erst einmal verdauen ließ. Auch er schien unter Schock zu stehen, da er Kelly sehr gut gekannt hatte. Wahrscheinlich hatte auch er ihr so etwas niemals zugetraut, da sie immer sehr unschuldig gewirkt hatte.

>> Und du bist dir sicher, dass es Kelly war?<<

>> Natürlich. Glaub mir, dass ich meine Ex-Frau erkenne, wenn ich sie sehe.<< sagte ich bissig und blickte ihn finster an.

>> Ist ja gut. Das ist echt heftig. Das hätte ich ihr und auch ihm niemals zugetraut.<<

>> Ich auch nicht. Ich habe mich von ihr und ihm so blenden lassen, so vorführen lassen, mich so lächerlich machen lassen....<<

>> Hast du denn schon mit ihm gesprochen?<<

>> Nein, wozu? Er ist für mich gestorben. Er hat ja schon viel scheiße gebaut, aber damit ist er wirklich zu weit gegangen.<<

>> Weiß deine Mutter davon?<<

>> Mein Bruder hat es ihr erzählt, aber mehr weiß ich nicht darüber. Ich habe vor einer Woche zuletzt mit ihr gesprochen.<<

>> Und warum gehst du ihr aus dem Weg? Sie hat dir doch nichts getan.<< tadelte er mich, da ich mir vorstellen konnte, dass sie ihn etliche Male am Tag wegen mir anrief.

>> Ich gehe ihr nicht aus dem Weg, aber ich habe im Moment andere, größere Probleme, als das.<<

>> Noch größere Probleme als das?<< fragte er mich überrascht und sah mich einige Sekunden stirnrunzelnd an, da ich mich beim nächsten Satz wieder einmal überwinden musste. Ich wollte es einfach nicht wahr haben.

>> Evelyn hat sich von mir getrennt.<< sprach ich es endlich aus und vermied es ihm dabei ins Gesicht zu sehen, da es so schon schlimm genug war.

>> Was? Wieso?<<

>> Weil ich scheiße gebaut habe. Riesige scheiße.<<

>> Blake!<< ermahnte Dan mich, da er es hasste, wenn ich ihn hinhielt.

>> Es... Ich... Nachdem ich von der Sache mit meinem Vater und Kelly erfahren hatte, bin ich zu ihr gefahren, weil ich unbedingt zu ihr wollte, sie brauchte und sehen musste, aber als ich ankam, da... da ging sie grade mit ihrem besten Freund, diesem Türsteher, aus dem Haus. Arm in Arm, vollkommen vertraut und mit einem Baby auf dem Arm.<<

>> Und dann?<<

>> Ich blieb stehen und beobachtete die beiden eine Weile. Sah, wie sie zusammen in den Park gingen, zu einem Spielplatz und wie sie miteinander rumalberten, während das Baby herumkrabbelte. Sie umarmten sich die ganze Zeit über, er hielt sie fest, kuschelte fast schon mit ihr...<<

>> Moment mal. Du dachtest, dass sie was mit ihm hätte? Nur weil Kelly so einen Mist gemacht hat?<<

>> Sie waren einfach so innig und vertraut miteinander und ich weiß, dass er ihr alles bedeutet, dass sie sich sehr nahe stehen, einander das Leben gerettet haben...<<

>> Von wem weißt du das?<< unterbrach er mich barsch und sah mich verwirrt und mürrisch an.

>> Von ihrer besten Freundin, aber das sollte ich gar nicht wissen.<< klärte ich ihn auf, während Dan wütender denn je zu sein schien und dies nur schwer unter Kontrolle zu behalten schien.

>> Hast du auch einmal mit Evelyn darüber geredet?<< fuhr er mich in einem lauteren und strengeren Tonfall an, während seine Ader am Hals stark zu pochen begann.

>> Nein, wann denn? Sie ist doch immer noch so verschlossen.<<

Dan seufzte und ließ mich spüren, wie sauer er grade auf mich war, da seine Mimik mehr als deutlich war.

>> Du siehst sie mit einem guten Freund, dem sie ihr Leben verdankt und er ihr anscheinend auch, wobei du das auch nicht sicher weißt und nur auf das Gerede von Dritten hörst. Dann interpretierst du da etwas hinein, weil du an dem Tag sehr anfällig für so etwas warst, das ist schon echt dumm Blake.<<

>> Ich weiß.<<

>> Und wieso hat sie sich jetzt von dir getrennt?<<

>> Ich bin danach in eine Bar gegangen, brauchte etwas, um den Kopf frei zu bekommen und danach weiß ich nichts mehr. Am nächsten Morgen wachte ich mit einem heftigen Kater auf, ging in die Küche, wo Evelyn stand und mir dann in allen Einzelheiten erklärte, was ich alles gemacht hatte.<<

>> Und was?<<

>> Ich habe ihr wohl eine Affäre mit Charly unterstellt, sie bloßgestellt, als Schlampe und Nutte bezeichnet, habe vor allen gesagt, dass sie nur mein Geld wolle, habe vor ihren Augen eine Frau geküsst und ihr an den Kopf geworfen, dass sie mies im Bett sei und ich nicht genügend Sex bei ihr bekäme...<< sagte ich beschämt, da es wirklich eine meiner miesesten Taten gewesen war.

>> Du bist so ein Wichser! So ein abscheuliches Arschloch... Ehrlich, ich hoffe du kommst dafür in die Hölle!<<

>> Ich weiß.<<

Dan schüttelte angewidert den Kopf, stand auf und kramte noch eine Flasche Scotch heraus, aus der er einen Schluck trank, weshalb auch ich die Hand ausstreckte.

>> Du bekommst nichts. Du hast es nicht verdient dir deinen Kummer mit Alkohol zu betäuben, deine Schuldgefühle wegzusaufen. Du sollst leiden!<< fuhr er mich an, bevor er sich wieder setzte und tief Luft holte.

>> Was ich nur nicht verstehe... Warum war sie am nächsten Morgen noch bei dir?<<

>> Was?<< fragte ich nach, da ich nicht wusste, was er meinte.

>> Hättest du mir so etwas angetan, wäre ich direkt gegangen und hätte dich links liegen lassen, warum war sie also noch da?<<

>> Sie wollte sichergehen, dass ich heil nach Hause käme, mir im Rausch nichts passierte, aber dann ist sie gegangen, also nachdem sie Schluss gemacht hatte.<<

>> Du hast sie wirklich nicht verdient. Sie ist viel zu gut für dich.<<

>> Ich weiß.<<

Wir schwiegen eine Weile, in der jeder in seine eigenen Gedanken vertieft war und ich mit meinen Schuldgefühlen kämpfte. Dan hatte Recht, ich musste mit meinen Handlungen leben und hatte es nicht anders verdient, als zu leiden. Evelyn ging es immerhin bestimmt nicht anders.

 

>> Mal angenommen, es stimmt, dass er ihr mal das Leben gerettet hat und sie ihm, wobei du ja noch nicht mal weißt wie, dann ist es doch klar, dass die beiden sehr vertraut sind und sich nahe stehen. Das heißt doch nicht, dass sie auch zusammen in die Kiste steigen.<<

>> Trotzdem gefällt es mir nicht, dass er ihr so nahe steht.<<

>> Was erwartest du denn Blake? Dass du eine Frau kennenlernst, die nur auf dich gewartet hat, alle andere links liegen gelassen hat und bei der sich ihre gesamte Welt nur um dich dreht?<<

>> Nein, aber...<<

>> Nein, du hältst jetzt mal die Klappe. Sie hat sich jahrelang um ihre Mutter im Wachkoma gekümmert, während der Vater sich sofort verpisst hatte. Die Oma ist wenig später gestorben, das heißt, sie hatte niemanden, an den sie sich wenden konnte, der eine starke Schulter für sie war. Doch dann triffst sie diesen Charly und irgendwie werden die beiden Freunde und endlich hat sie diese starke Schulter, diese Person, der sie vertrauen kann, wo bestimmt nichts sexuelles lief, sondern einfach nur eine tiefe Freundschaft, die sie nötiger als alle anderen hatte.<<

>> Aber ich möchte, dass sie auch mir vertraut, nicht nur ihm. Er weiß alles von ihr, aber bei mir ist sie so verschlossen.<<

>> Ist das ein Wunder? Sie kennt dich doch erst seit ein paar Wochen. Vertrauen muss man sich erarbeiten und die ersten Schritte hatte sie gemacht, hatte dir von ihrer Mutter und ihren Geschwistern erzählt, bevor du alles kaputt gemacht hast.<<

>> Wenn sie offener gewesen wäre, dann wäre es gar nicht so weit gekommen.<<

>> Falsch. Auch dann wärst du hingefahren, hättest ihr Sachen unterstellt und sie verletzt, weil sie die einzige Person war, an der du dich hattest abreagieren können. Kelly ist ja nicht mehr da und dein Vater war abgetaucht. Hör auf die Schuld auf andere abzuschieben, denn du und nur du bist für diese Scheiße verantwortlich.<<

>> Ich weiß...<< brummte ich und fuhr mir mit den Händen durchs Gesicht.

>> Weiß sie von der Sache mit deinem Vater?<< hakte Dan plötzlich nach, weswegen ich ihn irritiert ansah und mich räusperte.

>> Nein, dazu kam ich nicht mehr, aber das ist ja auch keine Entschuldigung.<<

>> Stimmt. Hast du sie denn schon versucht zu erreichen?<<

>> Nein.<<

>> Anstatt um sie zu kämpfen, gibst du also lieber direkt auf...<< warf er mir vor und lachte lautlos auf, was mich wütend machte.

>> Was soll ich ihr schon sagen? Das, was ich getan habe, kann man nicht so einfach entschuldigen!<<

>> Aber du versuchst es ja noch nicht einmal. Du steckst sofort den Kopf in den Sand.<< warf er mir an den Kopf, stand auf und nahm seine Sachen vom Tisch, da er anscheinend gehen wollte.

>> Komm mit!<<

>> Wohin?<<

>> Wir müssen zur Firma. Du musst einiges unterschreiben, ohne dich geht es halt nicht.<<

>> Kann das nicht bis morgen warten? Ich bin ziemlich...<<

>> Nein!<<

Dan ließ nicht locker und so saß ich zehn Minuten später in seinem Wagen, da er Angst hatte, dass ich noch zu viele Promille im Blut hatte. Wir schwiegen weiterhin, bis er plötzlich an einem Café anhielt und den Motor abstellte.

>> Was machen wir hier?<<

>> Lewis hatte Hunger, also machen wir hier den Papierkram. Ist vielleicht auch besser, wenn dich so nicht alle in der Firma sehen, denn man sieht dir an, dass es dir scheiße geht. Außerdem solltest du auch noch etwas essen.<< erklärte er den Ort, woraufhin er ausstieg und ich ihm folgte.

>> Du lebst also doch noch.<< strahlte Lewis mich an, als wir zu seinem Tisch gingen und ich mich mit einem müden Lächeln setzte.

>> Leider.<< antwortete Dan für mich, weswegen Lewis ihn entgeistert ansah.

>> Was ist denn bei euch los?<<

>> Kann ich Ihnen schon etwas bringen?<< unterbrach uns die Kellnerin und sah uns erwartungsvoll an.

>> Bringen Sie uns einfach drei Kaffee.<< antwortete Dan knapp, weswegen sie nur nickte und sofort wieder ging.

>> Kann mir mal jemand von euch sagen, was hier los ist? Ich habe keine Lust, wie ein Ausgeschlossener zwischen euch zu sitzen und im Dunkeln zu tappen.<< fuhr Lewis uns an, weshalb Dan ihn knapp mit den nötigsten Fakten versorgte. Währenddessen saß ich schweigend da und hörte mir erneut an, was für ein Arschloch ich war.

>> Du hast sie nicht mehr alle, echt nicht.<<

>> Danke Lewis.<<

Doch bevor sie weiter auf mir herumhacken konnten, kam die Bedienung wieder und brachte uns unseren Kaffee, den ich dankend annahm. Ich wärmte meine Hände an dem Becher, was mir wieder vor Augen führte, was für ein kalter, herzloser Wichser ich doch war.

>> Rede mit ihr. Immerhin hast du eine Erklärung dafür, warum du an dem Tag so dermaßen neben dir gestanden hast.<< versuchte Lewis mir ein wenig den Rücken zu stärken, was ich ihm hoch anrechnete.

>> Nein, das ist keine Entschuldigung dafür.<<

>> Also akzeptierst du einfach die Trennung?<< fragte er mich ungläubig, während Dan sich zurückhielt und seinen Kaffee trank.

>> Ich weiß es noch nicht. Natürlich werde ich versuchen sie zurückzubekommen, aber ich habe noch keinen Ahnung wie.<<

Während Dan und Lewis über mich redeten, fiel mir auf einmal ein Gruppe Männer auf, die grade aufstanden, um das Café zu verlassen. Einer von ihnen sah mich die ganze Zeit über direkt an, sprach noch kurz mit einem von ihnen, bevor alle rausgingen und er noch kurz im Café blieb. Sofort erkannte ich ihn wieder und erhob mich.

>> Blake?<< hörte ich Lewis noch fragen, als dieser Charly schließlich vor mir stand und mich finster ansah. Mein Magen drehte sich mir um, Adrenalin durchströmte mich und sofort machte sich wieder diese widerliche Eifersucht in mir breit.

Er war kräftig gebaut, hatte viele Muskeln, war in etwa so groß wie ich, weswegen mich die Freundschaft zu Evelyn so störte. Zumal sie so vertraut miteinander waren. Ich wollte mich grade zusammenreißen, mich überwinden und ihn nach Evelyn fragen, fragen wie es ihr ginge, als er plötzlich ausholte und mir seine Faust ins Gesicht schlug.

Er hatte ordentlich Kraft und konnte gut zielen, als mich auch schon ein heftiger Schmerz an meinem Kiefer durchzog, mich zurücktaumeln ließ und ich spürte, wie Dan mich stützte, damit ich nicht zu Boden ging.

>> Was soll die Scheiße?<< schrie Lewis Charly an, doch der fixierte weiterhin nur mich.

>> Lass ihn Lewis. Er hat jeden Grund dazu.<< verteidigte ich ihn und rieb mir meinen schmerzenden Kiefer.

>> Am liebsten würde ich dich packen, mit auf den Parkplatz nehmen und dir jeden Zahn rausschlagen, dir jeden Knochen brechen, jegliches Fünkchen Leben herausprügeln, aber damit hätte ich Evelyn auch nicht geholfen.<< sagte er vollkommen ruhig, während ich nun wieder alleine auf meinen Füßen stand und Dan und Lewis uns entgeistert ansahen.

>> Das wäre eher eine Erlösung für mich.<<

>> Und genau das hast du Wichser nicht verdient. Du solltest für das, was du ihr angetan hast, leiden. Erst stirbt ihre Mutter und nur einen Tag später tust du ihr so etwas an? Wie widerlich kann man eigentlich sein? Ich hatte gehofft, dass sie endlich mal jemand vernünftiges kennengelernt hätte, habe dich verteidigt und ihr Mut zugesprochen, endlich mal eine Beziehung zu führen, an das Gute im Menschen zu glauben, ihre schreckliche Vergangenheit hinter sich zu lassen, Vertrauen aufzubauen, das Leben zu genießen und dann machst du all das in nur wenigen Minuten kaputt... Alle Fortschritte weg. Aber dir kann es ja egal sein. Du lebst dein überhebliches Leben einfach weiter, während sie wieder ihr tristes, einsames und jämmerliches Dasein fristet, sich einigelt und sich für alles die Schuld gibt. Du widerst mich fast noch mehr an, als dieser Kerl von damals und das hätte ich niemals für möglich gehalten. Du bist der absolute Abschaum.<< sagte er ruhig, aber bestimmt, bevor er sich angewidert von mir abwandte und ging.

Immer wieder gingen mir seine Worte durch den Kopf, dass er auf meiner Seite gewesen war, dass es Evelyn schlecht ging und sie sich für alles die Schuld gab, wobei es meine war, da ich das alles verbockt hatte.

>> Geht es dir gut?<< fragte Dan mich plötzlich und riss mich damit aus meinen Gedanken.

>> Viel zu gut anscheinend.<<

>> Der hat eine gute Rechte, da hätten wir Evelyn gar keinen Personenschützer besorgen müssen.<< sagte Lewis belustigt, um die Situation ein wenig aufzulockern, während wir uns wieder setzten und die restlichen Menschen im Café langsam wieder ihre Gespräche anfingen.

>> Er kann sie ja nicht immer beschützen.<< erwiderte ich trocken und blickte nach draußen, wo Charly mit den restlichen Typen wieder zur Arbeit ging. Ich musste dringend mit Evelyn reden.

Wenn das stimmte, was er erzählt hatte, dann musste ich ihr zumindest klar machen, dass ich derjenige war, der das alles vermasselt hatte und die Schuld trug. Doch vor allem wollte ich sie sehen, ich musste sie einfach sehen, denn diese Sehnsucht nach ihr wurde von Tag zu Tag schlimmer als besser.