Tränen

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Suug

Tränen

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SUUG Magazine

Suug Productions

Yeo und Woehrlin GbR

Max-Brauer-Allee 65

22765 Hamburg

www.suug.info

info@suug.info

Tel.: +49 (0) 40 - 466 436 77

Tränen v1.1

Texte: Suug

Illustrationen: Suug

Buchlayout und Covergestaltung: Bernhard Woehrlin

Deutsch Lektorat: Wittwulf Y Malik

published by: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

© Copyright Suug Productions

Alle Rechte vorbehalten

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhalt

Vorneweg Tropf PATSCH! Fliegende Schuhe Regengeräusche Auf und Ab Klick! Warten Voller Hoffnung Tsunami Soldaten Albtraum Meersalz Wahrheit

Die Musik zum Buch und weitere

ungewöhnliche Geschichten, Ideen und Perspektiven

in Klang, Bild und Text unter:

http://www.suug.info/traenen

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Weitere Geschichten, Ideen und Perspektiven

von Suug in Klang, Bild und Text:

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Vorneweg

Wir Menschen drücken viele Emotionen durch Tränen aus. Nur, können wir diese auch richtig lesen und verstehen?

Eine autobiographische Reportage über die Geheimnisse, die sich hinter unseren Tränen verstecken.

Die Autorin Suug lebt in Hamburg und erzählt ihre Geschichten meist in Form von Musik, von Texten und als Grafik oder Bild, aber zumeist – wie bei dem Projekt Tränen – in einer Kombination aus allen ihr gerade zur Verfügung stehenden Werkzeugen ... was wiederum dem Leser, Hörer oder Betrachter vielfältige Perspektiven, neue Sichtachsen und ungewohnte Blickwinkel eröffnet.

Für das Projekt Tränen lässt uns Suug teilhaben an prägenden Erlebnissen unter der Militärdiktatur in Südkorea in den 70er und 80er Jahren, aber auch an Erfahrungen im Zusammenhang mit einer schweren Krankheit Mitte der 2010er Jahre hier in Deutschland. – Immer auf der Suche nach dem Code der Tränen: denn hinter unseren Tränen verstecken sich tiefgründige Emotionen, die zu erkennen und zu verstehen nicht immer ganz einfach zu sein scheint.

Hörtipp vorneweg: Track 1 – Tränen

Tropf

Plötzliche Tränen

Hörtipp zu Beginn des Kapitels: Track 2 – Bizarre Gefühle

"TROPF!

Plötzlich ein erschreckender, Tränen tropfender Moment.

Er wiederholt sich jedes Mal, wenn ich etwas in die Ecke werfe.

ZACK! TROPF.

ZACK! TROPF."

Wann?

In der Mitte des Winters, zu Beginn des neuen Jahres, ein paar Monate vor dem Nuklearunfall und Tsunami von Fukushima – an einem Tag, an dem man kaum die Sonne spürt, weil es schon am Nachmittag gegen 4 Uhr stockdunkel ist – bin ich statt mit Winterschlaf mit „Wintergrübeln“ beschäftigt.

An diesem Tag beginne ich mit dem Niederschreiben dieser Gedanken ...

Wo?

In Hamburg, inmitten Europas.

Was?

Gedanken über Tränen.

Wieso?

Wegen der Tränen, die mich manchmal überkommen, was mir unerklärlich und unbequem ist. Diese Tränen scheinen mit mir zu spielen. Fast unheimlich.

Erst einmal schreibe ich alles auf. Vielleicht gewinne ich dadurch Klarheit. So sitze ich hier und schreibe ...

ZACK, ZACK! Die alten Bücher fliegen in die Ecke. Die Buchwürmer, die womöglich in den Büchern leben, werden bald auf dem Recycling Hof landen – oder auf dem Flohmarkt. – Dann werden Sie sich aber beim Einwohnermeldeamt ummelden müssen... scherze ich und kichere leise vor mich hin. – Als nächstes sind dann die alten Klamotten dran und allerlei Krimskrams – gestapelte Erinnerungen. ZACK, ZACK!

All die Sachen um mich herum haben mir eines Tages begonnen, den Atem zu nehmen. Sie sind mir zu einer Last geworden. Wie ein Klotz am Bein. Schwer und unbequem. Überall tauchten Sie vor mir auf. Aber jetzt habe ich beschlossen, alles wegzuwerfen. ZACK!

Sonst gibt es keinen Platz für Neues. ZACK!

Langsam stapelt sich in der Ecke ein Turm aus Vergangenheit!

TROPF!

Plötzlich ein erschreckender, tränentropfender Moment.

Er wiederholt sich jedes Mal, wenn ich etwas in die Ecke werfe.

ZACK! TROPF.

ZACK! TROPF.

Ich zucke zusammen. Ein komisches, befremdliches und seltsames Gefühl beschleicht mich. Ich beobachte diesen Moment.

Anfangs vermute ich, dass diese Tränen sicherlich bloß eine romantische Aufwallung von Heimweh oder irgendein Reflex auf etwas Vergangenes sind. ... Dennoch empfinde ich anders als bisher. Ohne ein Gefühl von Trauer in meinem Herz, überkommen sie mich plötzlich, diese Tränen. Irgendwie erscheint mir das sehr merkwürdig.

Diese Tränen können irgendwas in meinem tiefen Inneren lesen. Irgendetwas, das ich so bisher nicht geahnt hatte. Das macht mich neugierig. In meinem Kopf schaltet eine Ampel auf rot – und lässt mich innehalten. – OK. Ich werde den Gedanken akzeptieren. Ich werde dieser Sache nachgehen. Egal, wie lange es dauert ...

Unterdessen stapeln sich in meinem Kopf Charaktere von Tränen. Sehr spannende Gedanken tauchen auf und reihen sich aneinander. ... Gleichzeitig beschleicht mich eine gewisse Unruhe. ... Ich scheine den Faden zu verlieren, ... versuche aber, dran zu bleiben. .... Es steckt doch mehr dahinter?! .... Still kocht etwas Bizarres in mir hoch. ... Ich murmle vor mich hin. – Es kommt von ganz tief in mir drin und steigt langsam an die Oberfläche.

Ich bin neugierig. – Ich verspüre ein unbekanntes Gefühl, wenn ich den Turm aus Vergangenheit in der Ecke betrachte, eine heimatlose Zeithäufung. Vielleicht steckt hinter den Tränen noch etwas anderes, irgendwelche Geheimnisse. Dieser Haufen aus vergangener Zeit ist von komplex verschlungenen bunten Fäden umschlossen. In meinem Kopf beginne ich, diese Fäden zu entflechten. Langsam, einen nach dem anderen.


PATSCH!

Konfuse Tränen

Hörtipp zu Beginn des Kapitels: Track 3 – Die Ameise

"Ein von beiden gebildeter seltsamer Emotionsfaden schleudert unter die Nadel der Nähmaschine."

Seoul, Korea, Ende der 60er Jahre ...

Neben dem dunklen holzfarbigen Bücherregal in der Ecke tanzt ein durch das Fenster scheinendes kleines Licht.

An der kitschig blau-lila blumenbemusterten Tapete, die die Wand des Raumes dekoriert, hängt ein alter matt gewordener Spiegel, in dem ein kleines Mädchen zu sehen ist.

Es betrachtet das seltsame tanzende Licht unter dem Fenster.

Dahinter, im Flur mit den knarzenden Holzdielen, sitzt eine Frau mit hübsch toupierten Haaren an einer Nähmaschine, DRRR, DRRR.

Der Flur ist voll mit in der Nase kitzelndem Dampf eines gerade benutzten Bügeleisens.

Entlang des Zwischenraums der Holzplanken des Fußbodens macht sich eine Ameise auf ihre weite Reise. Das kleine Mädchen folgt mit dem Blick dieser schwarzen Ameise und denkt sich:

„Wo willst du bloß hin?“

Der Flur endet unter dem Fenster neben dem dunklen holzfarbigen Bücherregal in der Ecke.

„Ach, dahin willst du. ... Du liebe schwarze Ameise. Du bist auch auf das tanzende Licht neugierig?!“.

So grübelt das kleine Mädchen vor sich hin und beschließt, unter dem Fenster neben dem Licht auf die schwarze Ameise zu warten. –

Plötzlich:

PATSCH!

Die an der Nähmaschine arbeitende Frau mit ihren hübsch toupierten Haaren schlägt die Ameise mit einem Lappen tot. –

Und das kleine Mädchen weint.

„Wieso weinst du? Hast du dich erschrocken?“, versucht die Frau mit den hübsch toupierten Haaren zu trösten. Doch die Kleine ist sprachlos und ringt nach Fassung. –

Ein von beiden gebildeter seltsamer Emotionsfaden schleudert unter die Nadel der Nähmaschine.

Weinend kriecht die Kleine unter die Nähmaschine und hockt da, mit beiden Armen fest ihre Beine umklammernd.

 

DRRR, DRRR, Schluchz, Schluchz.

„Die Ameise ... sie hätte dich beißen können ...“, sagt die Frau mit den hübsch toupierten Haaren ... „Man musste ...., so macht man das ...“

„Aber wieso ... muss man sie töten?“

„Es war eine böse Ameise ...“, antwortet die bald ein leckeres Abendessen vorbereitende Frau mit den hübsch toupierten Haaren.

In der Tat. Die Tränen eines solchen Moments sind sehr konfus. Das kleine Mädchen kann überhaupt nichts verstehen: Weder den Abschied der Ameise, den Tod, die Liebe zu der Frau mit den hübsch toupierten Haaren, den unerwarteten Moment zwischen Panik und Dankbarkeit.

Das Geräusch des knarzenden Holzbodens im Flur fühlt sich seither für das kleine Kind an wie ein Stich ins Herz. Dann fließen die Tränen und tropfen durch den Zwischenraum der Holzplanken, entlang derer die Ameise auf ihrer Reise unterwegs war. Vielleicht war sie ja voller Zuversicht, die Ameise auf ihrer Reise. ... Das tanzende Licht unter dem Fenster verschwindet langsam – als sei es enttäuscht.

Plötzlich erschallt die Stimme des Sprechers der Abendnachrichten im Radio. Die Stimme krächzt wie die eines bedrohlichen Raben. Die Reise der Ameise und das Weinen des Kindes versickern wertlos im Abfluss dieses Gekrächzes. ...

Das Geschehene hat keine Bedeutung mehr. Es ist vergessen. Nichts weiter passiert.

Der salzige Tränengeschmack schmilzt bitter auf der durstigen Zunge des kleinen, tief im Herzen verletzten Kindes.

Hörtipp zum Schluss des Kapitels: Track 4 – Wirrwarr


Fliegende Schuhe

Tränen am Beginn und am Ende

"Über den weißen weichen geschwollenen Bauch einer schwangeren Frau streift der Schriftzug einer Neon-Werbung. Wie auf einem Bild von Picasso hält sie ihren Kopf etwas schief."

ZUNKUNFT

Dinge, die in Zukunft möglich sein könnten:

Die Einstellung aller Kriege und Schluß mit Töten ...

Weniger weinende Kinder ...

Die Abschaffung von Besitzrechten an anderen Mitlebewesen, weder an Tieren, an Pflanzen, noch an Menschen ...

Die Heilung unheilbarer Krankheiten ...

Das Fliegen mit fliegenden Schuhen ...

Das Lernen von Sprachen Außerirdischer ...

Solch eine Zukunft, das wäre doch grandios. ... Noch liest sich die Liste wie ein Wunschzettel, wie die unrealistische, naiv hoffende Fantasie paradiesträumender Nerds. Doch keiner behauptet heute, dass all dies unmöglich sei.

Obgleich wir durchaus in solch eine Zukunft unterwegs sind, kann ich nur schwer abschätzen, wie weit wir damit schon gekommen sind.

Denn anscheinend wird die Zukunft für uns erst dann konkret und präsent, wenn wir uns mit dem eigenen Tod beschäftigen. Dann wird die Zukunft hautnah spürbar: das unangenehme Gefühl des kommenden Endes beschleicht uns. Die Angst vor dem eigenen Tod spiegelt sich ... ein Abschied, wie durch ein Messer getrennt ... das Gefühl des Fallens in eine bodenlose Schlucht ...

Obwohl wir alle wissen, dass wir sterben werden, kommen uns bei dem Gedanken an den Tod die Tränen. – Doch denke ich in solchen Momenten an die Schuhe, mit denen man fliegen kann (auch wenn das jetzt noch nicht möglich ist), dann verspüre ich weniger Traurigkeit und Angst vor der bodenlosen Schlucht und dem Abschied. Denn alles ist ein fließender Prozess.

Der Tod gehört nicht nur in die Zukunft.

Es ist doch so, dass wir jeden Tag ein klein wenig sterben.

Und die „Wellen des Lebens“, die wir schlagen, bewegen sich weiter, auf und ab und verschwinden wieder.

Wahrlich, diese Gedanken geben mir Trost – glücklicherweise ....

Ich hoffe jedoch sehr, dass der Moment des Verschwindens nicht so etwas Besonderes wird.

olche Gedanken bewegen mich, als ich eine zweite Chance zu leben bekomme.

Doch ich beende vorerst meinen Blick in die Zukunft. Ich habe ein wenig Frieden gefunden. Guten Mutes denke ich über die ersten Tränen nach.

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