Promise

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Aus der Reihe: Promise (Episodischer Roman) #16
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Sarah L. R. Schneiter

Promise

Episode 16: Souvenirs

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Episode 16: Souvenirs

Inhaltsverzeichnis der zweiten Staffel

Anhang

Impressum neobooks

Episode 16: Souvenirs

„Also an das erinnere ich mich noch gut.“ Natala deutete auf eines der Stücke an der Souvenirwand, die sich die Schmuggler hinter der Bar im Laufe der Zeit aufgebaut hatten. Natala hatte damit nur Wochen nach dem Kauf der Promise begonnen, die Crew hatte stets an der Tradition festgehalten, von jeder Welt und jedem Abenteuer etwas mitgebracht und entweder an der mit Holz verkleideten Wand befestigt oder auf einem der Regalbretter abgelegt. Die meisten der Erinnerungsstücke waren keine typischen Souvenirs, wie man sie in einem Andenkenladen fand, sondern gestohlene Schilder, Bauteile oder Dinge, die sonst irgendwie mit den Erlebnissen verbunden waren. Dan, der als selbsternannter Chronist der kleinen Gruppe die Geschichte hinter jedem Stück kennenlernen wollte, folgte Natalas Fingerzeig und meinte dann: „Ach ja, der Plüschhase. Der ist von Elom, letzten November. Was hat es eigentlich mit dem Ding auf sich?“

Natala musste lachen, bevor sie erklärte: „Der geht auf Anaatas Konto, richtig?“

Die Diebin, die mehrere Sitzkissen aneinandergereiht und sich daraus eine Art Matratze gebaut hatte, auf der sie ausgestreckt lag, hob faul den Kopf. „Ja, genau, den habe ich auf dem Markt geklaut.“

„Das ist aber nicht die ganze Geschichte“, gluckste Nani. „Unsere angebliche Meisterdiebin hat ihn einfach vor den Augen aller Leute geschnappt und ist damit weggerannt, das gab einen ziemlichen Aufstand da. Dabei hätte er nur zwei Lipos gekostet!“

„Was denn?“, fragte Anaata in die Runde. „Er hat mir gefallen und ich war faul.“

Lachend wandte sich Stanley wieder der Wand zu, welche die Geschichte der Promise lebendiger erzählte, als jemand einzelnes von der kleinen Gruppe es jemals könnte und deutete auf ein Blechschild, auf dem der Text „Sie sind am Ende der Galaxis angelangt – Weiterfahrt auf eigenes Risiko“ aufgedruckt war. „Das Ding gefällt mir noch immer, auch wenn die Geschichte dahinter ziemlich, nun ja, speziell war.“

„Welche war das?“, wollte Sven begierig wissen, der sogar schon seine Gitarre abgestellt hatte.

„Das war vor zwei Jahren, als ich und Nat zum ersten Mal Anaata getroffen haben und sie uns gleich in einen Bürgerkrieg auf Initira verwickelt hat. Viele Schießereien, Tote und Verletzte.“

„Stimmt, ihr habt euch ja unter mysteriösen Umständen kennengelernt“, sagte Sven grinsend, bevor er selbst auf die Wand deutete. „Aber woher stammt eigentlich das leere Whiskyglas? Das muss vor meiner Zeit gewesen sein.“

Natala brach in Gelächter aus, ehe sie erklärte: „Das hat Stanley in einer Barschlägerei auf Tenowia einem Typen über den Kopf gezogen und wir waren alle so erstaunt, ist es nicht zerbrochen, dass wir aufgehört haben, uns zu prügeln.“

Stanley musste grinsen. „Ah ja, stimmt. Worum ging es dabei schon wieder?“

„Keine Ahnung“, entgegnete Natala, „es war eine Barschlägerei, die brauchen keinen Grund.“

„Stimmt auch wieder“, meinte er weiterhin amüsiert.

„Ich habe eine Idee“, rief Dan begeistert aus und unterbrach damit die Unterhaltung. „Wir sind noch ein paar Tage im Hyperraum unterwegs, bis wir beim Junis-Asteroidengürtel ankommen. Wieso vertreiben wir uns die Langeweile nicht damit, alle ein Andenken aus unserer Zeit vor der Promise zu suchen und an der Wand zu befestigen?“

Nani antwortete als Erste. „Interessante Idee. Dir geht es doch nicht nur um die Souvenirs, sondern um die Geschichten dazu, richtig?“

„Auch, ja“, gab Dan zu. „Es wäre eine lustige Idee, so verewigen wir alle ein Stück von unserem früheren Leben hier im Wohnzimmer.“

Anaata brach unvermittelt in Gelächter aus, verschluckte sich und setze sich auf, nur um einen Hustenanfall zu bekommen. Keuchend erklärte sie: „Teambuilding-Event.“

Sven, der nun auch grinsen musste, stimmte zu: „Ja, es hat was, aber es ist besser als sich mit geschlossenen Augen fallenzulassen und zu hoffen, dass einen jemand auffängt.“

„Ich lasse mich andauernd mit geschlossenen Augen von Gebäuden fallen und mich fängt niemand auf“, murmelte Anaata und Sven raunte ihr sofort zu: „Verrückter Cyborg.“

Natala erhob sich. „Es gibt sicher spannende Geschichten zu unseren Andenken zu erzählen. Das müssen wir unbedingt machen.“

„Wo bist du denn nur?“, grummelte Dan vor sich hin, als er in einem Schränkchen in seinem Apartment wühlte. Er war so begeistert von seiner Idee gewesen, dass er seine Freunde dazu überredet hatte, gleich damit zu beginnen. Nun war er auf der Suche nach einem Souvenir, das er von seiner Zeit an der Universität mitgebracht hatte und das eine Geschichte erzählte, die er nie vergessen würde. „Komm schon …“, flüsterte er, ganz so, als könnte ihn das hölzerne Kästchen mit den viele Gravuren hören. Schließlich ertastete er etwas und zog seinen Fund aus dem dunkeln Schränkchen. „Na endlich, da bist du ja.“ Zufrieden erhob er sich und verließ sein Apartment ohne das Kästchen zu öffnen, um ins Wohnzimmer zurückzukehren. Die Schiffskatze Arlene kreuzte auf dem Gang seinen Weg, blieb stehen und strich ihm um die Beine. Dan beugte sich hinunter, um sie zu streicheln, doch sie war schon in Richtung der Küche weitergegangen, offenbar war ihr Interesse nur von kurzer Dauer gewesen. Er sah ihr hinterher, wie sie in dem Halbdunkel verschwand, bevor er sich wieder erhob und weiter in die Richtung des Wohnzimmers ging. Nachdenklich sah er mangels einer besseren Aussicht auf die abgeschrägten, alten Wände und den an vielen Stellen reparierten Boden, unter dem Leitungen zu erkennen waren. „So schnell habe ich mich daran gewöhnt, hier zu leben.“

Nicht allzu lange, nachdem er auf die Promise gekommen war, wurde sie schleichend zu seinem Zuhause, zu dem Ort, an dem er sein wollte. Er hätte es selbst kaum erwartet, aber ein Teil von ihm glaubte, es war etwas an diesem Schiff, ihrem Charme und ihrer Geschichte, das ihn angezogen und zum Bleiben veranlasst hatte, gerade lange genug, um zu erkennen, dass er nicht mehr gehen wollte. In den bald zwei Jahren, die der junge Pilot auf dem Boot der gebrochenen Versprechen, wie Sven sie nannte, lebte, hatte er mehr schlimme Dinge gesehen und erlebt, als er sich zuvor je hätte ausmalen können. Obschon das jedem gesunden Menschenverstand wiedersprach, war Dan sich sicher, er bliebe auf der Promise, so lange er irgendwie konnte. Er hatte miterlebt, wie Sven, Anaata und schließlich Nani zur Crew gekommen waren, alle Freundschaften, Streitigkeiten, Hoffnungen und Enttäuschungen ihrer kleinen Familie gesehen und in einer sehr kurzen Zeitspanne er gelernt, sich auf seine Kameraden zu verlassen. Denn wenn man hier draußen niemandem trauen konnte, war man aus seiner Sicht so gut wie tot. Dan war härter geworden, hatte begriffen, was der Preis ihres Lebensstils war, trotzdem hatte er es geschafft, sich selbst treu zu bleiben, in den neu gewonnen Freunden eine Art Familie zu entdecken, in der er sich sicher fühlte. Und all das, davon war er überzeugt, verdankte er in erster Linie jemandem. Einer, die ihm mehr als einmal das Leben gerettet hatte, mit der er immer eng zusammenarbeitete und die ihn nur selten im Stich ließ: der Promise. Und auch wenn er wusste, wie wenig die rudimentäre künstliche Intelligenz des Schiffes in der Lage war, Konzepte wie Treue oder Loyalität zu verstehen, geschweige denn Emotionen zu empfinden, so war dies doch seine ganz eigene Art, ihr zu danken. Für Dan war es nicht nur ein Spiel, um Geschichten auszutauschen und die Souvenirwand zu füllen – es war eine Geste, dass er genau hierhin gehörte.

Mit einem zufriedenen und gerührten Lächeln bog er in den Gang in die Richtung des Wohnzimmers ein, denn er wollte seine Freunde nicht warten lassen.

„Okay“, begann Stanley, der sehr bedacht darauf gewesen war, alle Souvenirs versteckt zu halten, damit niemand vorzeitig erkennen konnte, was die anderen mitgebracht hatten. Dan und Anaata hatten es sich auf den Sitzkissen bequem gemacht, die anderen vier waren auf der Couch ihnen gegenüber versammelt. „Wer will anfangen?“

„Nur keine Eile.“ Sven griff sich eine Salzstange aus der Schüssel mit Knabberzeug, die Nani zuvor auf den Tisch gestellt hatte. „Wir haben ja Zeit und wenn wir nichts überstürzen steigt die Spannung.“

„So dramatisch ist die Sache jetzt auch wieder nicht“, antwortete Nani. „Immerhin erzählen wir uns andauernd Geschichten.“

„Aber wir stellen nicht alle Tage etwas aus unseren früheren Leben auf den Souvenirschrein“, wandte Dan ein. „Das macht die Sache schon zu etwas besonderem, oder?“

Natala schnaubte amüsiert. „Schrein, der ist gut! Nun denn, wollen wir es auslosen? Das ist fair und so können wir uns entscheiden, bevor der Tee kalt wird.“

„Klar, ich habe dafür eine Funktion auf meinem implantierten Com.“ Stanley schloss für eine Sekunde die Augen und meldete dann: „Der Zufallsgenerator sagt, Nani soll beginnen.“

Nani sah erstaunt auf, offenbar hatte sie nicht damit gerechnet, als Erste dran zu sein. „Ich?“

 

„Ja, du“, frotzelte Stanley. „Siehst du hier eine andere Nani?“

„Nicht wirklich“, entgegnete sie gepresst, da sie sich hinunterbeugte, um ihr Souvenir unter der Couch hervorzuziehen. Sie hatte es mit einem ihrer dunklen Tank Tops bedeckt und legte den Gegenstand von der Größe einer Hand auf den Tisch.

„Warte noch“, rief Dan und fügte, ehe sie widersprechen konnte, hinzu: „Das ist ein historischer Moment.“

„Aber du wirst jetzt nicht gleich sentimental, oder?“, stichelte Sven mit einem breiten Grinsen. Dan funkelte ihn böse an und wandte sich stattdessen Nani zu. „Okay, sorry, fang nur an.“

Sie hob ihr Top vom Tisch und warf es achtlos neben sich auf die Couch, als ihre Freunde neugierig den Gegenstand betrachteten, den sie mitgebracht hatte. Es war ein Stück Metall, das verbogen und teils geschmolzen war und an den Rändern Brandspuren hatte.

„Okay, du hast mich neugierig gemacht.“ Stanley lehnte sich zurück. „Was ist die Geschichte dahinter, bist du etwa mit einem Schiff explodiert?“

„Das war im Jahr 1063“, begann Nani, die mit ihren Gedanken in der Vergangenheit zu weilen schien. „Ich war damals seit kurzem Taktikoffizierin auf einem Zerstörer der Flotte und es war einer meiner ersten Außeneinsätze. Ich hätte nie gedacht, dass ich nach weniger als einem Monat Dienst auf einem Schiff schon meinen ersten Krieg erleben würde.“

„Walji, was ist die ETA unserer Verstärkung?“, rief Josh, der Leiter ihrer Einheit, über den Gefechtslärm hinweg. Die herumzuckenden roten und grünen Lichtprojektile erhellten die Nacht auf Pakesh, einer inneren Randwelt, die nicht für ihre politische Stabilität bekannt war. Rebellen hatten die Hauptstadt eingenommen und waren bis vor kurzem auf dem Vormarsch, der erst durch das Eingreifen der Flotte aufgehalten wurde, doch offenbar wollten sie sich keineswegs kampflos ergeben. Nani fuhr sich gestresst durch ihr schulterlanges, damals noch naturblondes Haar und hatte das Gefühl, als ob jeder Moment ihr improvisierter Kommandoposten, den sie sich zwischen zwei abgestellten Landungsbooten eingerichtet hatten, von einem Geschoß getroffen werden könnte. Sie prüfte die Daten auf ihrem taktischen Hologramm und schrie zurück: „Zwanzig Minuten.“

„Das wird sehr knapp“, entgegnete Josh verbissen und prüfte die Karten, die auf den Tisch projiziert waren. „Die Separatisten sind auf dem Vormarsch, ich weiß nicht, ob wir uns noch lange halten können, ich befürchte nicht.“

Mehrere Explosionen hinter einigen nahegelegenen Hügeln brachten den Boden zum Erbeben und erleuchteten den rauchgeschwängerten Nachthimmel. Nani griff instinktiv nach der Waffe an ihrem Gürtel, bevor sie sich einer besseren besann und wieder auf die Pläne starrte. Es war eine Sache, ein gutes Kampftraining zu haben, aber etwas ganz anderes, das erste Mal an der Front zu sein. Josh stupste sie an und sie fuhr herum, als er fragte: „Irgendwelche hilfreichen Ideen?“

„Bis auf Orbitalbombardierung sind auf die Verstärkung zu warten oder Rückzug unsere einzigen Optionen“, gab Nani zurück, die angestrengt die Daten studierte. Sie würde sich konzentrieren müssen, was in ihrer Situation alles andere als einfach war, denn sie mussten damit rechnen, dass ihre Stellung jederzeit überrannt würde. Insgeheim fragte sie sich, wieso um alles in der Galaxis sie als Taktikoffizierin derart nahe am Schlachtfeld abgesetzt worden war, doch Befehl war Befehl und ihr blieb kaum die Zeit, weiter darüber nachzudenken.

„Für eine Bombardierung sind wir zu nahe dran und wir können uns nicht mehr allzu lange halten!“, rief Josh und sah sich hastig um. „Wir müssen uns zurückziehen.“

„Okay“, antwortete Nani und begann hektisch damit, die Datacard mit den Plänen aus dem Laufwerk zu nehmen, denn sie gingen unter keinen Umständen das Risiko ein, dem Feind Informationen zu überlassen. Josh brüllte in sein angestecktes Com, um den Gefechtslärm zu übertönen: „Simmons, wir ziehen uns zurück!“

Nani hörte, wie die Stimme des angesprochenen Offiziers aus dem Gerät erklang, ohne zu verstehen, was es war. Angestrengt musterte sie die Pläne auf ihrem kleinen Databook, denn es würde an ihr liegen, eine geeignete Rückzugsroute zu finden. Das Leben der zweihundert Soldaten und unzähligen Robotern, die noch auf dem Schlachtfeld waren, hing nun von ihrer Entscheidung ab, für die sie höchstens einige Sekunden hatte. Rasch zupfte sie Josh am Ärmel und deutete auf eine Route, die über einen größeren Hügel führte und auf der dichtes Unterholz verhältnismäßig viel Schutz bot. Er nickte, erteilte einige Befehle via Com und Nani stellte derweil hastig sicher, hatten sie nichts Geheimes liegengelassen.

„Ins Landungsboot“, versuchte Josh eine Reihe von Explosionen zu übertönen, die den Boden erschütterten. Nani rannte darauf zu, bekam eine Haltestange außen am Atmosphärenschiff zu fassen und zog sich hinein, gefolgt von Josh, der ihr befahl: „Du fliegst, wir warten auf unsere Leute bei Treffpunkt C.“

Nani versuchte, sich mit einem Ärmel ihrer Uniformjacke den Schweiß von der Stirn zu wischen, ohne die manuelle Steuerung des Landungsbootes loszulassen, während Josh von hinten irgendwas Unverständliches schrie. Sie konnte die Hitze des Feuers fühlen und wusste, dass sie sich nicht mehr lange in der Luft halten könnten. Seit sie vom Boden aus von einem Plasmageschoß aus einer Pulser-Kanone am Triebwerk getroffen worden waren, war ihr klar, den Treffpunkt konnten sie vergessen. „Simmons, wir stürzen ab“, konnte sie Joshs Rufen ins Com über das laute Rumpeln vernehmen, als sie auf einen kleinen Berg zurasten. Nani hatte keine Möglichkeit mehr, das Shuttle zum Ausweichen zu bringen, zu viele Elemente der Steuerung hatten versagt. Alles, was ihr noch blieb, war, ihren Absturz möglichst kontrolliert zu gestalten.

„Haben wir Jetpacks an Bord?“, erkundigte sie sich über ihre Schulter und konnte sofort Joshs verneinende Antwort hören. „Und das soll die beste Armee der Galaxis sein?“, zischte sie verbissen, als eine weitere Explosion von ihrem linken Triebwerk her zu hören war. Es würde ihr noch gerade die Zeit bleiben, eine letzte Com-Nachricht abzusetzen: „Mayday, Mayday – Shuttle 724, letzte bekannte Position …“

Die Baumspitzen füllten mit rasender Geschwindigkeit das Fenster und mit einem letzten erfolglosen Effort riss sie noch einmal an der manuellen Steuerung, bevor sie das vielgefürchtete Kommando nach hinten rief: „Brace, Brace!“

Die nächsten paar Sekunden erscheinen Nani wie ein unendlicher Wimpernschlag. Ihr linker Flügel, aus dessen Treibwerk Flammen schossen, traf als erster eine hohe Pinie und wurde in der Mitte entzweigerissen. Ein schauriges Geräusch war zu hören, sich verbiegendes, überlastetes Metall, das wie der letzte Aufschrei eines sterbenden Tiers klag, vor dem Krachen, als es nachgab. Der Teil mit dem Triebwerk raste wie eine Rakete davon und detonierte im nächsten Moment am Stamm von einem gigantischen Redwood, als ihr Shuttle zur Seite kippte und mit dem anderen Flügel einen Baumstamm traf, den Nani nicht einmal gesehen hatte. Dieses Mal brach er nur halb ab und sie wurde hart in ihre Gurte gedrückt, da die künstliche Gravitation sie nicht mehr auffangen konnte und sie japste nach Luft. Eine weitere Explosion, diesmal viel näher an ihnen, ließ den Shuttle erbeben und blendete die beiden Offiziere, die Fenster barsten. Nani hatte keine Kontrolle mehr darüber, was mit ihnen geschah und bemerkte als letztes, wie der Boden umzukippen schien. Ein flüchtiger Gedanke an ihre Familie, für mehr blieb ihr keine Zeit mehr, dann wurde die Welt um sie schwarz.

Als Nani zu sich kam, konnte sie Josh etwas Unverständliches lallen hören, gepaart mit dem Knistern von Flammen im Unterholz. Sie schlug die Augen auf und sah als Erstes ihren Arm, der schlaff auf dem dunkelblauen Stoffbezug des Pilotensessels lag. Kurz glaubte sie, dass sie sich verletzt haben musste und prüfte rasch, ob sie sich noch bewegen konnte, doch zu ihrem Erstaunen schien bis auf einige Kratzer und eine kleine Fleischwunde am Bein alles in Ordnung zu sein. Der Boden war schräg, da ihr Landungsboot zwischen zwei dicken Baumstämmen verkeilt war und durch die zersplitterten Cockpitfenster konnte sie das Flackern von Feuer erkennen, das den ansonsten dunkeln Wald erhellte. „Scheiße, was für eine Landung“, grunzte sie benommen, löste ihre Gurte und torkelte, so gut es auf dem geneigten Boden ging, durch den engen Schott nach hinten. „Josh?“, rief sie noch leicht desorientiert und wäre beinahe ausgerutscht, ehe sie auf dem metallenen Boden Halt fand und sich an der Decke befestigen Haltestangen festklammerte. „Hier“, erklang es aus dem anderen Ende des Transportraumes, in dem Nani nicht viel erkennen konnte, weil die Beleuchtung erloschen war. Vorsichtig arbeitete sie sich zu ihm vor und schob eine umgekippte Waffenkiste zur Seite. Josh lag auf dem Boden und verzog das Gesicht, ein Bein lag in einem unnatürlichen Winkel vom Körper weggestreckt. „Oh, verdammt“, entfuhr es Nani, als sie zu ihm trat und sogleich fragte: „Bist du schwer verletzt?“

„Das Bein ist gebrochen, glaube ich.“ Er unterdrückte ein Stöhnen. „Und du? Kannst du mich stützen?“

„Nur ein paar Kratzer“, antwortete sie und half ihm vorsichtig auf. „Aber das war verdammt knapp, ein paar Meter weiter nach links oder rechts und es gäbe uns nicht mehr.“

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