Buch lesen: «Führungskräfte-Entwicklung: Worüber man in der Praxis ungern spricht», Seite 4
»Best practices« statt »Best fit«
Zu dieser Kategorie von professionellen Kunstfehlern gehört auch die Anlehnung an oder die Übernahme von »best practices« in der FKE, die oft keinerlei Passung zur betrieblichen Lernkultur haben. Das beste Beispiel war die vor einigen Jahren zu beobachtende Welle zur Übernahme von »Company Universities« als scheinbares Instrument der damals gerade überall betonten strategischen Akzentuierung der FKE. Heute muss man Company Universities als funktionierende strategische FKE-Einrichtungen mit der Lupe suchen. Die scheinbare »best practice« passte nicht zum Unternehmen, war viel zu aufwendig und blieb ein Fremdkörper im strategieumsetzenden FKE-Gefüge der Unternehmen. Genützt hat die »Company University« höchstens den »getting ahead«-Typen in der FKE, die sich dadurch kurzfristig etwas »Karriere-Lametta« verdient haben, das sie dann in anderen Unternehmen für attraktivere Positionen einzulösen versuchten. Die Suche nach »best practices« statt nach »best fit«-Praktiken ist ein empirisch nachgewiesener Holzweg in der gesamten HR-Arbeit (SAMNANI/ SINGH 2011, S. 34 ff.).
Unterschätzung der potentiellen Kollateralschäden bei externen Entsendungen
In kleineren und mittleren Unternehmen (KMU), in denen es keine eigene FKE-Funktion gibt und der leitende HR-ler diese Aufgaben verantwortet, nimmt man nach meiner Erfahrung zu naiv externe Angebote der Förderung von Führungskräften in Anspruch. Der fehlende professionelle Sachverstand kann sich in enormen potentiellen Kollateralschäden für das Unternehmen niederschlagen:
• Die Melange der lernrelevanten Parameter bei einer externen Maßnahme kann zu einer ausgeprägten Selbstüberschätzung bei Teilnehmern führen. Dieser sog. »Kronprinzeneffekt« wird u. a. durch die folgenden Lernmerkmale der Lernorganisation bewirkt:
– Inhaltübersättigte Programme, die beispielsweise in Förderungsprogrammen die »Schule der kognitiven Kompetenzerweiterung« einseitig verfolgen oder in Anpassungsqualifizierungsprogrammen (Fit für heute) die Teilnehmer mit theoretischen Ansätzen überfrachten.
– Durch eine Lehrmethode, die die Teilnehmer in eine falsche Rolle im Lernen versetzt, verlieren die Teilnehmer enorm an »Bodenhaftung«. Ich habe selbst erlebt, wie der exzessive Einsatz der Fallmethode dazu führen kann, dass ein Abteilungsleiter als Teilnehmer, der in der Rolle als oberste Führungskraft die Fallbearbeitung durchführte, sich anschließend auch zu höheren Aufgaben berufen fühlte.
• Man hat als Entsender keinen Einfluss darauf, ob eine Lehrperson im extern durchgeführten Programm durch den Trainerstil einer exzessiv praktizierten positiven Bekräftigung im Unterricht zu einer Fehleinschätzung des eigenen Führungsverhaltens bei Teilnehmern führen kann. Dieser Trainerstil wird deshalb auch häufig praktiziert, weil positive Bekräftigungen im Lernprozess auch zu eher positiven Bewertungen eines Programms durch die Teilnehmer führen, an denen die eingesetzten Lehrpersonen ein besonderes Interesse haben (Folgeverpflichtungen). Im Fachjargon nennt man diese Art von Veranstaltungen »shoulder padding«- Programme.
• Wissen die Entsender von Führungskräften zu externen Maßnahmen eigentlich, dass ihr Mitarbeiter auch für eine allfällige Abwerbung in Frage kommen kann? Dies entsteht auf indirektem Weg dadurch, dass ein Teilnehmer-Kollege sehr attraktiv über sein Unternehmen berichtet und dann eine gewisse Nachdenklichkeit bei anderen Teilnehmern ausgelöst wird, warum sie noch in ihrem Unternehmen tätig sind. Oder einzelne Teilnehmer nehmen ganz bewusst an einer externen Maßnahme teil, um andere für ihr Unternehmen zu interessieren. In der heutigen Zeit von Fach- und Führungskräftemangel in speziellen Branchen, in denen man zur Übernahme von Führungspositionen unbedingt Branchenerfahrung benötigt, ist dieser potentielle Kollateralschaden nicht zu unterschätzen.
• Der Wert des Austausches von Praxiserfahrungen im Teilnehmerkreis wird hinsichtlich des geleisteten Nutzens für den einzelnen Teilnehmer gemeinhin überschätzt. Wohingegen der Aspekt der Preisgabe von spezifischem Vorsprungwissen, der auch die praktizierten Führungssysteme beinhalten kann, gemeinhin unterschätzt wird. Wenn es ein Unternehmen darauf anlegt, an bestimmte Praktiken in der Führung heranzukommen, kann man immer einen Teilnehmer mit dem »Sonderauftrag« zu einem externen Führungslehrgang entsenden, um entsprechende Daten von anderen Teilnehmern zu erhalten. Meine diesbezügliche Erfahrung in der externen Weiterbildung hat bei mir zu dem Fazit geführt, dass Teilnehmer tendenziell zu freimütig über ihre Praktiken im Unternehmen berichten und nicht mehr unterscheiden, welche Inhalte zur Diskussion beigesteuert werden können und was zum »sensitiven Unternehmenswissen« gehört.
• Einen potentiellen Kollateralschaden einer ganz besonderen Form habe ich bei Teilnehmern in Business School-Programmen beobachten können, die zuweilen mehrere Wochen dauern. Teilnehmende Führungskräfte sind immer auch Repräsentant ihres Unternehmens und übernehmen immer – nolens volens – mit ihrem Teilnehmerverhalten auch Repräsentationsaufgaben für ihr Unternehmen.
Fehlende Einzigartigkeit der FKE
Einzigartigkeit und Imitationsschutz sind zwei Merkmale jeder strategieumsetzenden FKE-Arbeit, die nach meiner Beobachtung der Praxis zu wenig Beachtung erfahren und zu unerkannten Kunstfehlern führen. Wenn man davon ausgeht, dass der in einer Branche heute stattfindende Wettbewerb als ein Wettbewerb im Aufbau von Umsetzungsarchitekturen abläuft und FKE-Lösungen Instrumente der Schaffung von Wettbewerbsvorteilen darstellen, dann kommt man automatisch zu den beiden genannten Merkmalen.
Einzigartigkeit als präzisierende Umschreibung der oft allgemeinen strategischen Aussagen bedeutet, mit den spezifischen Stärken des Unternehmens in Kombination so im operativen FKE-Geschäft zu arbeiten, dass dem Unternehmen dadurch ein Wettbewerbsvorteil entsteht. Wenn sich internationale Unternehmen beispielsweise um die rasche Integration ihrer neuen ausländischen Mitarbeiter bemühen und dabei eine Art »Kümmerer- oder Buddy-System einsetzen, das ein direkter Ausfluss der Kultur des Unternehmens darstellt, dann ist dies ein einzigartiges Merkmal, wenn das Element der rascheren Integration aus der Kultur eines Unternehmens stammt, bei dem die Wurzeln des Familienunternehmens noch spürbar sind. Denn nur in dieser Kultur kann ein authentisches »buddy-System« funktionieren.
Dieses Element der Integration genießt gleichzeitig einen hohen Imitationsschutz, weil es vor dem Hintergrund einer gewachsenen Kultur praktiziert wird. Zwar kann man auch in anderen Unternehmen, die ausländische Mitarbeiter rekrutieren, mit diesem Instrument eines »Kümmerers« oder »buddy« für einen Neuen arbeiten, es erreicht jedoch nie die Qualität des erstgenannten Beispiels. Das »Buddy-System« bleibt in der Kultur eines früheren Familienunternehmens einzigartig.
Ein anderes Beispiel: In allen Unternehmen steht heute das Thema der Leadership Development-Architektur auf der Agenda. Wenn man sich dabei inhaltlich lediglich an den bekannten und allgemein wertgeschätzten KOUZES / POSNER-Kompetenzen orientiert, dann ist diese Praxis alles andere als einzigartig. Da man diese Programme als »me too-Leadership Development« im Markt einkaufen kann, entsteht so gut wie kein Imitationsschutz. Jeder Mitbewerber in der Branche kann sich des KOUZES / POSNER-Ansatzes bedienen (KOUZES / POSNER 1988).
Die Kreierung der Einzigartigkeit geht über die Gestaltung der zusätzlichen Design-Stränge, die man in Ergänzung zum organisierten Lernstrang einrichtet (STIEFEL 2010, S. 44 ff.). So kann das besondere Engagement einer GF in der FKE auch dadurch zur Entfaltung kommen, dass man im Beziehungsstrang der Leadership Development-Programme immer mit einer besonderen Rolle eines GF-Mitglieds aufwartet.
Man kann sich mit diesen Überlegungen durchaus allgemein zugänglichen, inhaltlichen Konzepten am Markt bedienen. Die Differenzierung des eingekauften Konzepts durch die Gestaltung der multiplen Stränge in der Design-Architektur macht ein Leadership Development-Programm jedoch einzigartig, und wenn man es richtig macht auch schwer imitierbar durch die Konkurrenz.
Reparierende Weiterbildungs- und FKE-Arbeit braucht sich nicht besonders um Einzigartigkeit und Imitationsschutz bemühen. Man hat für diese Bedarfe effiziente Lösungen und kann sie sogar im Markt kooperativ mit anderen Unternehmen organisieren – so beispielsweise, um Kosten zu sparen. Aus langjähriger reparierender FKE-Arbeit entsteht jedoch eine entsprechende Mentalität bei den Vertretern dieser Praxis, die fast gegenläufig zu dem neuen Denken in der strategieumsetzenden FKE steht.
Einzigartigkeit und Imitationsschutz der eigenen strategieumsetzenden FKE-Projekte sind insbesondere in der Zusammenarbeit mit externen Trainergruppen genauestens zu überprüfen. Diese reklamieren gerne einen speziellen Zuschnitt, gleichsam einen »Maßanzug«, obwohl sie höchstens die Hosen- und die Ärmellänge verändern – um bei dem Bild zu bleiben.
Eine Mitarbeiterbefragung bei der Commerzbank
In einem anderen Fall wurde eine Mitarbeiterbefragung als professioneller Kunstfehler öffentlich.
Mit bemerkenswerter Offenheit wurden die Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung bei der Commerzbank vor einigen Jahren in einem längeren FAZ-Beitrag vorgestellt (FRÜHAUF 2011, S. 22). Nachdem diese Daten auch im Intranet der Bank allen Mitarbeitern zugänglich waren, war diese Offensive wohl nicht mehr zu vermeiden. Daraus leitet sich eine wichtige Lektion für die Handhabung von Mitarbeiterbefragungen in Unternehmen ab: Wenn man seine Mitarbeiter Fragebogen ausfüllen lässt, dann müssen die Ergebnisse auch den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden, und wenn man dies via Intranet vornimmt, werden die Daten auch allen Interessierten in der Öffentlichkeit – auch der Konkurrenz – bekannt.
Im Falle des Commerzbank-Monitors – so nennt sich die periodische Mitarbeiterbefragung bei der Bank – konnte die Konkurrenz unter anderem erfahren:
• 32 % der Mitarbeiter würden das Institut ihren Freunden und Bekannten ausdrücklich nicht empfehlen.
• 39 % der Mitarbeiter können die Bank nicht als attraktiven Arbeitgeber empfehlen; dazu kommen noch 28 %, die die Bank nur eingeschränkt als Arbeitgeber empfehlen.
• 22 % sind ausdrücklich nicht stolz darauf, für ihre Bank zu arbeiten.
Zudem wird in dem Bericht erwähnt, dass der Vorstand um jeden Preis eine abermalige Staatshilfe vermeiden will, damit keine gesetzlichen Gehaltsbeschränkungen und Einschränkungen in der Boni-Vergabe für die oberen Führungskräfte wirksam werden – was in Teilen der Belegschaft auf Unverständnis stieß und abgelehnt wurde.
Bei den allgemein zugänglichen Ergebnissen für die Konkurrenz und für die interessierte Öffentlichkeit muss man sich fragen, ob derartige »pulsmessende Befragungen« via Mitarbeiterbefragung noch vertretbar sind. Von 59.000 Konzernmitarbeitern haben 25.000 den Fragebogen ausgefüllt. Bei denen, die nicht mitgemacht haben, wird man wahrscheinlich auch keine »glühende Verehrung« für ihren Arbeitgeber vermuten dürfen.
Der Initiator des Projekts Mitarbeiterbefragungen, der Zentralbereichsleiter Management-Beratung, der mit diesem Projekt auch in der FKE »mitmischt«, muss sich mit der Frage auseinandersetzen, ob der intendierte Lernprozess in der Organisation nicht auch mit anderen Interventionen realisierbar war – ohne dass sich ein derartig verheerendes Bild der Bank in der Öffentlichkeit ergibt und ohne dass die Konkurrenz mit den Commerzbank-Ergebnissen arbeiten kann. Schließlich machen die Mitarbeiter in einer Bank den entscheidenden Unterschied in einer Branche aus.
»Man befragt die Mitarbeiter nicht deshalb, um schöne Zahlen zu erhalten, sondern um den Lernprozess in der Organisation zu verbessern« – mit dieser Position wollte der Verantwortliche die Mitarbeiterbefragung rechtfertigen. Wenn man Veränderungsprozesse in einer Organisation einleiten will, benötigt man keine sündhaft teure Mitarbeiterbefragung, um an die wichtigen »Baustellen« zu kommen. Zudem löst eine Mitarbeiterbefragung immer die Erwartung aus, dass auf vielen Bedarfsfeldern etwas passiert, was gar nicht möglich ist. Schließlich kann sich eine relativ kranke Bank nicht nur mit sich selbst beschäftigen.
Unerkannte Kunstfehler in der Expatriate-Vorbereitung
Im November 2016 wurde in verschiedenen Wirtschaftszeitungen über einen Vorfall eines deutschen Daimler-Managers in China berichtet. Er soll im Verlauf eines Disputs mit einem chinesischen Mitarbeiter Chinesen kollektiv als »Bastarde« beschimpft haben und als es weiter auf dem Parkplatz eskalierte, soll Pfefferspray zum Einsatz gekommen sein. Das Foto des Managers wurde sodann von den umstehenden Chinesen in die sozialen Netzwerke eingestellt, verbunden mit dem Aufruf, die Produkte des Konzerns zu boykottieren.
Der Daimler-Personalvorstand hat sich anschließend persönlich in die Affäre eingeschaltet. Der deutsche Manager wurde aus Peking abgezogen. Der chinesische Markt ist mittlerweile der wichtigste Auslandsmarkt des Konzerns, der in China innerhalb von zehn Jahren ein Wachstum von anfänglich 600 Mitarbeitern auf heute 23.400 Mitarbeitern aufweist (o.V. 2016, S. 23).
Für die FKE-Funktion ist dieser Vorfall in gleich mehrfacher Weise interessant:
• Die Umsetzung der China-Strategie des Konzerns ist nur mit Hilfe von FKE möglich, die deutsche Mitarbeiter für ihren internationalen Einsatz vorbereitet bzw. richtig vorbereiten soll.
• Es wird in dem Beitrag berichtet, dass die noch im Einsatz befindlichen »Expatriates« sukzessiv für einen Wissenstransfer an lokale Mitarbeiter sorgen. Dafür müssen die deutschen Manager für ihre Aufgabe der Counterpart-Entwicklung vorbereitet werden, die ein ganz wichtiges Bedarfsfeld in der entsprechenden Vorbereitung darstellt, worauf ich schon vor Jahrzehnten in einer als Buch veröffentlichten Studie hingewiesen habe: »Zwar übernimmt eine deutsche Führungskraft auch im Inland unterweisende Aufgaben am Arbeitsplatz und pädagogische Funktionen in der betrieblichen Bildungsarbeit, doch ist der Stellenwert der pädagogischen Funktion beim Auslandseinsatz wesentlich höher einzuschätzen. Hinzu kommt die veränderte Situation:
– Beim Auslandseinsatz steht die Führungskraft in Beziehung zu Mitarbeitern, die einem anderen Kulturkreis angehören und folglich auch ein anderes Lernverhalten haben.
– Die Beziehung zur einzelnen Person oder zu einer Gruppe von Personen dieses Kulturkreises wird besonders intensiv sein müssen, wenn es um die Counterpart-Entwicklung geht.
– Gleichzeitig muss darauf geachtet werden, dass die Beziehung von einer anfänglich hierarchischen und abhängigen Form allmählich in eine partnerschaftliche und unabhängige Form bis zum Ende des Auslandsaufenthalts der deutschen Führungskraft verändert wird.« (STIEFEL 1978, S. 33 ff.)
• Die HR-Funktion kann bei der Bereitstellung von inländischem Fach- und Führungspersonal in der Form in Bedrängnis kommen, dass man zu viele Mitarbeiter entsprechend der Auslandsstrategie in zu kurzer Zeit und deshalb ungenügend vorbereitet. In der Regel befinden sich darunter auch noch Personen, die man aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz vor Ort zwar benötigt, die aber aufgrund ihrer Persönlichkeit und Erfahrungen gar nicht für einen Auslandseinsatz in Frage kommen dürfen.
Dieser zuletzt genannte Aspekt kann bei dem stürmischen Wachstum der Daimler-Belegschaft im chinesischen Markt durchaus eingetreten sein. Die GF verlangt eine bestimmte Zahl von entsprechendem Fach- und Führungspersonal, das für den Aufbau der PKW-Produktion in China notwendig ist. Die dafür abgestellten Mitarbeiter, die vielleicht noch nie im Ausland – auch nicht in Ländern mit geringerer kultureller Distanz zu Deutschland – tätig waren, und die für ihre Entsendungsbereitschaft auch möglicherweise eher noch »bearbeitet« werden mussten, zeigen sich während der Auslandsvorbereitung als unpassend für eine Tätigkeit in China.
Es gibt in der Expatriate-Vorbereitung ein klassisches Beispiel, bei der eine gut gemeinte, aber unvollständige Maßnahme zu eher negativen Auswirkungen führt. So hat man festgestellt, dass die einseitige Sprachenschulung (ohne Vermittlung der Landeskultur und ohne Entwicklung der interkulturellen Kompetenz) zwar einen perfekten sprachlichen Auftritt sichert, der allerdings auch die Erwartung im neuen Umfeld schafft, dass der Expatriate im interkulturellen und landeskundlichen Verhalten über dieselbe Kompetenz verfügt. Wenn eine hohe fremdsprachliche Flüssigkeit nicht von einer hohen landeskundlichen und interkulturellen Kompetenz begleitet wird, gibt es gegenüber dem neuen Expatriate sehr wenig Toleranz. Mit anderen Worten: Die einseitige Qualifizierung in der Fremdsprache für den Auslandseinsatz wird zum Bumerang.
Die entsprechenden Untersuchungen haben dagegen gezeigt, dass einem fremdsprachlich nicht so flüssigen Expatriate wesentlich mehr Toleranz entgegengebracht wird, weil man nicht erwartet, dass der Expatriate auch über Kultur und Brauchtum im Land Bescheid weiß.
Häufige Kunstfehler in der Gesamtanlage der FKE-Arbeit
Man kann die FKE-Arbeit mit einer einfachen Matrix abbilden:
• Bei den Zielgruppen werden normale FKE (Manager) und erfahrene Führungskräfte auf der oberen Ebene unterschieden, die auch als OFK in der Fachliteratur bezeichnet werden (Executives).
• Bei der Zielrichtung wird danach differenziert, ob man für die teilnehmenden Führungskräfte eine Performance-Verbesserung in der gegenwärtigen Position (Fit für heute) oder eine Förderung für andere zukünftige Einsätze im Unternehmen anstrebt (Fit für die Zukunft).
Im Folgenden stelle ich Ihnen die häufigsten Kunstfehler und Fehlvorstellungen in den vier Matrixfeldern vor (vgl. STIEFEL 2011, S. 153ff.).
Feld 1
• Man geht davon aus, dass erfahrene Manager bei einer »Executive-Nominierung« über so viel Know-how und Kompetenzen verfügen, dass sie sich problemlos in die Herausforderungen einer neuen Position einarbeiten. Schließlich hat das »Potentialeinschätzungssystem« des Unternehmens den Kandidaten als geeignet befunden und schließlich hat der »Executive-Kandidat« während seines bisherigen Managerlebens eine große Zahl von Seminaren besucht, die ihn auch für die neue Aufgabe befähigen sollten.
• Man entsendet die Executives zur Vorbereitung ihrer neuen General Management-Anforderungen in ein General Management-Programm einer bekannten Business School, damit sie lernen, sich von ihrer beschränkten funktionalen Management-Perspektive zu lösen. Dies kann vor Übernahme oder unmittelbar nach Übernahme der neuen Position erfolgen.
• Man folgt der Vorstellung, dass man sich in oberen Etagen speziell mit dem Leadership-Thema befassen sollte. In großen Unternehmen führt man für die OFK-Kandidaten ein eingekauftes Leadership-Programm von einer bekannten Trainer- und Beratergruppe durch, damit die Teilnehmer jetzt Leadership im Unterschied zu Management lernen.
Feld 2
• Man ist als FKE-Abteilung auf sein klassisches Seminar »Von der Fach- zur Führungskraft – Das erste Mal Führen« stolz, das als Kompaktseminar vor der Übernahme der neuen Führungsposition besucht wird, damit die Kandidaten in der neuen Position keine Fehler machen.
• Man legt großen Wert auf die ausgegebenen umfangreichen Trainingsunterlagen, die den Teilnehmern als neuen Führungskräften die Sicherheit vermitteln sollen, dass sie über die notwendigen Inhalte für ihre neue Position verfügen.
• Solange man mit den bekannten Namen von Trainer- und Beratergruppen im Markt zusammenarbeitet, die über umfangreiche Erfahrungen in der Qualifizierung von neuen und neu ernannten Führungskräften verfügen, kann das Unternehmen nur profitieren. Schließlich führen die dort angestellten erfahrenen Trainer die Teilnehmer so gekonnt – auch via Rollenspiele – in ihre neuen Führungssituationen ein, dass nichts »anbrennen« kann. Zudem verfügen die Trainer über so viel Erfahrung in transferorientierter Seminargestaltung, dass die Teilnehmer auf ihre neuen Führungspositionen sehr gut vorbereitet sind.
Der kostenlose Auszug ist beendet.