Recht der Sozialen Medien

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Recht der Sozialen Medien
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Recht der Sozialen Medien

von

Prof. Dr. Rolf Schwartmann

Ass. iur. Sara Ohr

1. Auflage


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Impressum

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

ISBN 978-3-8114-4122-4

E-Mail: kundenservice@cfmueller.de

Telefon: +49 89 2183 7923

Telefax: +49 89 2183 7620

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Vorwort

Schaut man in die Vorlesungsverzeichnisse der Hochschulen, dann scheint es (noch) so, als sei das Recht der Sozialen Medien im Studium nicht relevant. Das ist ein Irrtum. Wer einen Onlinedienst betreibt oder ihn durch die Mitwirkung an einem sozialen Netzwerk nutzt, kommt mit dem Urheberrecht, dem Datenschutzrecht, dem Persönlichkeitsrecht und dem Rundfunkrecht ebenso in Kontakt, wie mit dem Telemedienrecht, dem Jugendschutzrecht, dem Wettbewerbs- und Werberecht und gegebenenfalls auch mit dem Strafrecht. Hinzu kommen die Nutzungsbedingungen der Dienstanbieter. Für unternehmerische Belange ist daneben das Arbeitsrecht äußerst relevant.

Das Recht sozialer Medien ist nicht nur für Studierende der Rechtswissenschaften bedeutsam, sondern für alle, deren Studium Onlinedienste betrifft. Insbesondere journalistische Studiengänge, aber auch Fächer im Bereich Kunst und Design, über technische Studiengänge, bis hin zu Lehramtsstudierenden sind angesprochen. Denn in Schulen dringt die Nutzung von sozialen Mediendiensten ebenso ein, wie in alle anderen Lebensbereiche.

Mit Blick auf den breitgefächerten und inhomogenen Leserkreis haben wir das Buch so juristisch wie nötig und so allgemeinverständlich wie möglich geschrieben. Um den Zugriff auf das Thema zu erleichtern, haben wir unter der Überschrift Netzblick, wo es geboten erschien, Kolumnen eingestreut, die einen Blick auch über den rechtlichen Horizont hinaus ermöglichen sollen.

Um eine weitere Perspektive zu eröffnen, haben Greser & Lenz, die sonst unter anderem regelmäßig Witze für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, den Focus und die Titanic zeichnen, das Buch illustriert. Wer bislang über Internet und Medienrecht nicht lachen konnte, der kann es ja mit Hilfe dieses Bandes einmal versuchen.

Das Buch basiert auf unserem Beitrag „Rechtsfragen beim Einsatz sozialer Medien“ in Schwartmann, Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht (3. Aufl. 2014).

Wir freuen uns über Anregungen und Kritik unter medienrecht@fh-koeln.de und über viele Follower von netinator_prof bei Twitter.

Köln, im März 2015

Sara Ohr, Rolf Schwartmann

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

I. Definition und Bedeutung sozialer Medien

1.Begriff und Wesensmerkmale

2.Chancen der Nutzung von sozialen Medien

2.1Chancen für Unternehmen

2.2Chancen für Private

3.Risiken der Nutzung von sozialen Medien

3.1Risiken für Unternehmen

3.2Risiken für Private

4.Arten von sozialen Medien

4.1Soziale Netzwerke

4.2Instant Messaging-Dienste

4.3Blogs

4.4Microblogs

4.5Wikis

4.6Webforen

4.7Bewertungsportale

4.8Multimediaportale

II. Regelwerke der sozialen Medien

1.Anwendbares Recht

2.Leistungsumfang

3.Social Media-Vertrag

4.Wirksamkeit typischer Klauseln

5.Verstöße gegen Verhaltensregeln

6.Beendigung der Social Media-Nutzung

6.1Kündigung

6.2Tod des Accountinhabers

III. Betroffene Rechtsgebiete

1.Urheberrecht

1.1Anwendbarkeit deutschen Urheberrechts

1.2Eigene Inhalte

1.3Fremde Inhalte

1.3.1Hochladen fremder Werke

1.3.2Verlinkung und Framing

2.Datenschutzrecht

2.1Verfassungsrechtlicher Schutz personenbezogener Daten

2.2Einfachgesetzlicher Schutz personenbezogener Daten

2.3Anwendbarkeit deutschen Datenschutzrechts

2.3.1§1 Abs.5 BDSG als Kollisionsnorm

2.3.2Verantwortliche Stelle innerhalb EU/EWR

 

2.3.3Verantwortliche Stelle außerhalb EU/EWR

2.4Personenbezogene Daten

2.5Datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit

2.5.1Social Media-Anbieter

2.5.2Anbieter von Social Plug-ins

2.5.3Nutzer

2.6Gesetzliche Grundlagen des Datenumgangs

3.Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht

3.1Anwendbarkeit deutschen Rechts zum Schutze der Persönlichkeit

3.2Meinungsfreiheit

3.3Allgemeines Persönlichkeitsrecht

3.4Rechtsfolgen bei Persönlichkeitsverletzungen

3.4.1Vorgehen gegen den Äußernden

3.4.2Vorgehen gegen die Social Media-Anbieter

3.4.3Maßnahmen der Social Media-Anbieter

4.Rundfunkrecht

4.1Social Media als Rundfunk

4.2Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff

4.3Einfachgesetzlicher Rundfunkbegriff

5.Telemedienrecht

5.1Social Media als Telemedien

5.2Anwendbarkeit deutschen Telemedienrechts

5.3Gesetzliche Vorgaben nach RStV

5.3.1Anwendbarkeit rundfunkrechtlicher Vorschriften

5.3.2Grundsatz der Zulassungsfreiheit

5.3.3Inhaltliche Anforderungen an Telemedien

5.3.4Impressumspflicht

5.3.5Werberechtliche Grundsätze

5.3.6Telemediale Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten

5.4Gesetzliche Vorgaben nach TMG

5.4.1Weitergehende Impressums- und Informationspflichten

5.4.2Datenschutzrechtliche Vorgaben

6.Wettbewerbsrecht

6.1Anwendbarkeit deutschen Wettbewerbsrechts

6.2Schutzzweck des UWG

6.3Die relevanten Tatbestände im Einzelnen

6.3.1§3 Abs.1 UWG

6.3.2§3 Abs.3 UWG

6.3.3§4 Nr.3 UWG

6.3.4§4 Nr.11 UWG

6.3.5§5 UWG

6.3.6§6 UWG

6.3.7§7 UWG

6.4Rechtsfolgen wettbewerbswidrigen Handelns

6.4.1Unterlassungsanspruch

6.4.2Abmahnung

6.4.3Ersatz der Abmahnkosten

6.4.4Schadensersatz und Gewinnabschöpfung

6.5Vorgaben der Social Media-Anbieter

7.Jugendschutzrecht

7.1Verhältnis von JuSchG und JMStV

7.2Schutzrahmen des JMStV

7.3Freiwillige Alterskennzeichnung für soziale Medien

8.Strafrecht

8.1Soziale Medien als Ausgangspunkt strafbaren Verhaltens

8.2Anwendbarkeit deutschen Strafrechts

8.3Materielle Straftatbestände

8.3.1Mögliche Straftatbestände im Hinblick auf soziale Medien

8.3.2Phänomen Sexting

8.3.3Möglicher Reformbedarf

8.4Prozessuale Eingriffsbefugnisse

9.Haftungsrecht

9.1Verantwortlichkeit der Nutzer

9.1.1Haftung für eigene Inhalte

9.1.2Haftung für fremde Inhalte

9.1.3Minderjährige

9.2Verantwortlichkeit der Anbieter

9.2.1Haftung für Datensicherheit

9.2.2Haftung für eigene und fremde Anwendungen

9.2.3Haftung für Inhalte der Nutzer

IV. Social Media und Arbeitsrecht

1.Verpflichtung der Arbeitnehmer zur Nutzung von sozialen Medien

2.Private Nutzung sozialer Medien am Arbeitsplatz

2.1Bedeutung

2.2Erlaubnis privater Internetnutzung

2.3Nachträgliches Verbot privater Internetnutzung

3.Festlegung des Nutzungsumfangs

4.Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats

5.Kontrolle durch den Arbeitgeber

5.1Erlaubnis ausschließlich dienstlicher Internetnutzung

5.2Erlaubnis dienstlicher und privater Internetnutzung

5.3Rechtsfolgen bei Überschreitung der Kontrollbefugnisse

6.Kritische Äußerungen der Arbeitnehmer über soziale Medien

7.Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen über soziale Medien

8.Social Media Guidelines

9.Bring your own Device

10.Social Media Monitoring

10.1Begriff und Bedeutung

10.2Bewerbersuche über soziale Medien

 

10.3Kundenbeobachtung über soziale Medien

V. Social Media Marketing

1.Definition

2.Unterschiede zum herkömmlichen Marketing

3.Rechtliche Zulässigkeit des Direktmarketings

4.Verschleierung des Werbecharakters

5.Gewinnspiele

VI. Aufbau einer unternehmensbezogenen Social Media-Präsenz

1.Bedeutung

2.Wahl des Accountnamens

3.Impressumspflicht

4.Erkennbarkeit kommerzieller Kommunikation

VII. Übernahme eines Social Media-Accounts

1.Vertragsübernahmebernahme eines Social Media-Accounts

2.Haftungsfragen

2.1Übertragender

2.2Erwerber

3.Einräumung von Nutzungsrechten

VIII. Zukunft von sozialen Medien

1.Sättigungseffekte

2.Konzentration von Datenmacht

2.1Facebook und WhatsApp

2.2Auswahl und Filterung von Inhalten

2.3Staatlicher Datenzugriff

3.Marktmacht der Nutzer

4.Gesetzgeberischer Handlungsbedarf

4.1Aufgabe der rundfunkrechtlichen Sonderdogmatik

4.2Verbesserung datenschutzrechtlicher Standards

4.3Verhinderung und Aufbruch überragender Marktstellung

4.4Anpassung des Medienkonzentrationsrechts

Glossar

Literatur

I. Definition und Bedeutung sozialer Medien

1. Begriff und Wesensmerkmale

1

Die Bezeichnung soziale Medien (englisch: Social Media) dient als Oberbegriff für digitale Medien und Technologien, deren Funktionen es den Nutzern ermöglichen, untereinander zu kommunizieren und mediale Inhalte, die einzeln oder kombiniert aus Texten, Bildern, Audio oder Video bestehen können, zu gestalten.[1] Derartige Angebote konnten in den letzten Jahren einen rasanten Anstieg der Nutzerzahlen verzeichnen. So sind mittlerweile mehr als drei Viertel (78 %) der Internetnutzer in minRdestens einem sozialen Netzwerk angemeldet, wobei es sich bei zwei Dritteln (67 %) um aktive Nutzer handelt.[2] Während die Kommunikationsstruktur früherer Internetangebote noch stark an die rezeptive Kommunikationsstruktur der traditionellen Massenmedien angenähert war, werden heutige Erscheinungsformen in erheblichem Maße durch die Partizipation der Nutzer mitbestimmt und gestaltet.[3] Die auf diese Weise erzeugten Inhalte werden als sog. User Generated Content (Nutzergenerierte Inhalte) bezeichnet. Neben der Darstellung der eigenen Persönlichkeit dienen soziale Medien auch der Interaktion der Nutzer untereinander. Zur Schau gestellte Inhalte können kommentiert, bewertet und weiter empfohlen werden. Der einzelne Nutzer kann auf diese Weise Kontakte aufbauen und pflegen. Zugleich erfährt er unmittelbare Rückmeldung im Hinblick auf die Außenwirkung seiner digitalen Identität. Indem jeder Nutzer für ihn relevante Inhalte auswählt, weiterverbreitet und sein Wohlgefallen kundtut, erhält der Einzelne eine durch sein sozial-mediales Umfeld selektierte Zusammenstellung von Informationen.


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2. Chancen der Nutzung von sozialen Medien

2.1 Chancen für Unternehmen

2

Die Nutzung sozialer Medien eröffnet vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, von denen gerade Unternehmen in erheblichem Maße profitieren können. Angesichts der viralen Verbreitung von Inhalten, wie sie innerhalb von Social Media typischerweise stattfindet, können werbe- oder sonst öffentlichkeitsrelevante Maßnahmen einem weitreichenden Konsumentenkreis zugänglich gemacht werden. Zugleich besteht die Möglichkeit, im Wege des direkten Dialogs mit (potentiellen) Kunden zu kommunizieren. Neben einer authentischeren Außenwirkung entsteht auf diese Weise eine nachhaltige Kundenbindung.

3

Auch im Rahmen des Kundenservicemanagements kann sich der Einsatz sozialer Medien positiv auswirken. Entsprechend der dortigen, auf schnelllebige Interaktion ausgerichteten Kommunikationsstruktur können Fragen, Anregungen, Kritik oder Beschwerden unmittelbar artikuliert werden.[4] Folgt ein Unternehmen dieser kommunikativen Taktung und reagiert innerhalb kurzer Zeit auf die Mitteilungen der Kunden, trägt dies langfristig zu einem serviceorientierten Image bei. Neben der stetigen Verbesserung und Weiterentwicklung bestehender Produkte können die Kunden auch aktiv in die Entwicklung neuer Artikel einbezogen werden (sog. Crowdsourcing).[5]

4

Die Präsentation als offenes, kundennahes Unternehmen bietet zugleich die Basis für Empfehlungen, die sich die Nutzer untereinander aussprechen. Im Gegensatz zu unternehmensseitig organisierten Marketingmaßnahmen kommt den Beurteilungen anderer Kunden regelmäßig eine höhere Glaubhaftigkeit und Authentizität zu. Angesichts der viralen Effekte, die von Social Media ausgehen, kann über den empfehlenden Dialog von Kunde zu Kunde eine Vielzahl potentieller Neukunden erreicht werden.

5

Neben der aktiven Kommunikation mit den Kunden können über Social Media auch Beobachtungen angestellt werden, wie die Konsumenten ein Unternehmen oder dessen Produkte beurteilen. Auf diese Weise können wichtige Erkenntnisse über die eigene Außenwahrnehmung gewonnen werden, die ansonsten nur durch längerfristige Studien und Befragungen erlangt werden könnten. Auf diese unmittelbare Resonanz der Konsumenten kann ein Unternehmen zeitnah reagieren und gegebenenfalls Konsequenzen für künftige Vermarktungsstrategien ziehen.[6]

6

Des Weiteren können soziale Medien auch zur Gewinnung von geeigneten Arbeitnehmern genutzt werden. Zum einen besteht für jedes Unternehmen die Möglichkeit, sich selbst über Social Media-Profile als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Zum anderen können einzelne Bewerber – unter engen Voraussetzungen – auch gezielt über soziale Medien, insbesondere soziale Netzwerke, gesucht werden (sog. Social Media Monitoring). Möglich, allerdings ebenfalls nur in engen rechtlichen Grenzen zulässig, ist die Gewinnung von Kundendaten über soziale Medien.[7]

2.2 Chancen für Private

7

Dem einzelnen, nicht gewerblich handelnden Nutzer dient der Gebrauch sozialer Medien zu kommunikativen und sozialen Zwecken. Im Rahmen des Social Web kann er eine digitale Identität erschaffen (Identitätsmanagement), durch die Pflege bestehender und den Aufbau neuer Kontakte soziales Kapital bilden (Beziehungsmanagement) sowie an der kollektiven Wissensentstehung und Informationsverteilung teilhaben (Informationsmanagement).[8] Um gesellschaftlich oder politisch relevante Themen öffentlich zu machen, bedarf es nicht mehr der Befassung professionell organisierter massenmedialer Strukturen mit diesen Inhalten. Vielmehr kann der Einzelne diese Öffentlichkeit mithilfe sozialer Medien selbst herstellen.[9] Diskussionsgrundlagen bieten sich dabei nicht nur im Hinblick auf Themen von gesellschaftlich-politischer Bedeutung. Daneben besteht im Rahmen von Social Media-Diensten auch die Möglichkeit zur Spezialisierung, so dass auch individuelle Nischenthemen den jeweils interessierten Kreisen zugeführt werden können.


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3. Risiken der Nutzung von sozialen Medien

3.1 Risiken für Unternehmen

8

Während der direkte Kundenkontakt verbunden mit der schnellen und weitreichenden Verbreitung von Inhalten das Erscheinungsbild eines Unternehmens durchaus positiv beeinflussen kann, erwachsen aus diesen strukturellen Gegebenheiten sozialer Medien zugleich gewisse Risiken. Weil das Prinzip von Social Media auf fortlaufende Erstellung, Veröffentlichung und Kommentierung nutzergenerierter Inhalte ausgerichtet ist, werden auch Auswahl, Intensität und Dauer der Kommunikationsthemen von den Nutzern bestimmt. Kritische Beiträge über ein Unternehmen oder dessen Produkte können bestätigt oder weiterverbreitet werden. Schlimmstenfalls können sich die so publizierten negativen Inhalte verselbstständigen und sich zu einem sog. Shitstorm ausweiten. Im Nachhinein sind derartige Kommunikationskomplexe aus den öffentlichen Diskussionsräumen faktisch kaum mehr zu entfernen. Erfolgt in einem solchen Fall kein angemessener Umgang mit der Kritik, kann die positive Reputation eines Unternehmens nachhaltig beschädigt werden.[10]


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9

Weitere Risiken können sich aus dem Einsatz unzureichend geschulter Mitarbeiter ergeben. Mit der umfassenden Verbreitung sozialer Medien ist die Unternehmenskommunikation nicht mehr auf eine professionelle Marketingabteilung beschränkt. Vielmehr können sämtliche Mitarbeiter, etwa in Form von Blogs, unternehmensbezogene Informationen nach außen tragen. Dies birgt die Gefahr, dass Firmeninterna oder sonstige vertrauliche Informationen der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.[11] Hieraus können wiederum Spam-, Malware oder Phishing-Angriffe resultieren, die der Datensicherheit des Unternehmens weiteren Schaden zufügen.[12]

3.2 Risiken für Private

10

Während die Teilhabe an sozialen Medien einerseits zur weitest möglichen Persönlichkeitsentfaltung beitragen kann, besteht andererseits die Gefahr einer erheblichen Persönlichkeitsbeschädigung. Mit dem wachsenden Verbreitungsgrad von Social Media erhöht sich zugleich der Druck auf den Einzelnen, an derartigen Aktivitäten zu partizipieren.[13] Ist der Nutzer im Umgang mit sozialen Medien nicht hinreichend vertraut oder geht er mit der Preisgabe persönlicher Informationen allzu sorglos um, besteht die Gefahr einer öffentlichen Bloßstellung, die angesichts digitaler Vervielfältigungsmöglichkeiten nicht auf die jeweils genutzte Plattform beschränkt bleiben muss. Je nachdem, welche Angaben zugänglich gemacht werden, können daneben auch vermögensrechtliche Interessen oder sogar die körperliche Integrität des Nutzers bedroht sein (so etwa im Fall von Konto- oder Adressdaten).


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Darüber hinaus kann sich der Einzelne durch den Gebrauch sozialer Medien auch mit Haftungsfragen konfrontiert sehen. Neben Urheber- und Persönlichkeitsrechtsverletzungen kann sich eine Mitverantwortlichkeit des Nutzers unter Umständen auch für solche Schäden ergeben, die aus der versehentlich unterlassenen Beschränkung von Einladungen auf bestimmte Kontaktpersonen resultieren.[14]

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Internet der Dinge

Ein Biss ins Handy, und schon ist Karies diagnostiziert, und das Smartphone schickt uns zum Zahnarzt. Das ist doch ein Witz. Stimmt, aber wie weit ist er von der Realität entfernt? Denken wir an Socken. Die Menschen verbringen viel Zeit damit, sie zu sortieren und versagen dennoch kläglich bei der Zuordnung. Alle sehen ähnlich aus und unterscheiden sich in Farbe, Länge und Bündchenform doch immer irgendwie. Am Ende laufen wir dann wie Pippi Langstrumpf mit unterschiedlichen Strümpfen zur Arbeit. Dagegen hilft das Internet der Dinge. Darunter versteht man die Kommunikationsfähigkeit von Alltagsgegenständen. Wie funktioniert das? In jedes Paar Socken wird ein sog. RFID-Chip eingenäht. Diese können sich dann über das Internet ihrem Gegenstück zuordnen. Sie können auch Prozesse anstoßen, wie „Wasch mich bei 30 Grad.“ Stellt dann die ebenfalls mit einem Chip ausgestattete Waschmaschine fest, dass die Socken in einer 60 Grad-Waschmaschinenfüllung gelandet sind, kann man sie so programmieren, dass sie die Wäsche erst mal stoppt. Auf dieselbe Weise kommunizieren Kühlschränke mit Supermarktregalen, wenn die Milch alle ist. Solange der Kühlschrank nur Milch bestellt, ist das ja noch nichts Geheimes: Aber was ist mit denjenigen, die per Chip jede Woche sieben Flaschen Wodka und 20 Tüten Chips ordern? Diese Daten sind gesundheitsrelevant und deshalb besonders sensibel. Sie sind auch für den Krankenversicherer des Kühlschrankinhabers relevant, dessen Dinge ja vielleicht auch mit dem Kühlschrank vernetzt sind. Vielleicht erhält er die Informationen aber auch von einem Datenhändler, der die Daten im Supermarkt abgreift oder beim Geheimdienst der USA oder beim chinesischen, der möglicherweise eine Kopie der amerikanischen Sicherheitsdaten hat. Das ist doch auch ein Witz. Hoffentlich, aber das hätte man von den sich selbst sortierendenden Socken auch denken können. Die gibt es allerdings tatsächlich: www.blacksocks.com.[15]


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