Der Herr der Welt

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Der Herr der Welt
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Robert Hugh Benson

Der Herr der Welt

Robert Hugh Benson

Der Herr der Welt

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2021

Übersetzung: F. R. von Lama, J. Schulze

EV: Verlag Josef Rösel & Friedrich Pustet, Münschen, 1923

3. Auflage, ISBN 978-3-954185-49-8

www.null-papier.de


null-papier.de/katalog

Inhaltsverzeichnis

Über die­ses Buch

Über den Au­tor

Vor­wort zur sechs­ten und sie­ben­ten Auf­la­ge

Ein­lei­tung

Pro­log

Ers­tes Buch – Die An­kunft

Ers­tes Ka­pi­tel

Zwei­tes Ka­pi­tel

Drit­tes Ka­pi­tel

Vier­tes Ka­pi­tel

Fünf­tes Ka­pi­tel

Zwei­tes Buch – Der Zu­sam­men­stoß

Ers­tes Ka­pi­tel

Zwei­tes Ka­pi­tel

Drit­tes Ka­pi­tel

Vier­tes Ka­pi­tel

Fünf­tes Ka­pi­tel

Sechs­tes Ka­pi­tel

Sie­ben­tes Ka­pi­tel

Ach­tes Ka­pi­tel

Drit­tes Buch – Sieg

Ers­tes Ka­pi­tel

Zwei­tes Ka­pi­tel

Drit­tes Ka­pi­tel

Vier­tes Ka­pi­tel

Fünf­tes Ka­pi­tel

Sechs­tes Ka­pi­tel

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Ihr

Jür­gen Schul­ze

Science Fic­ti­on & Fan­ta­sy bei Null Pa­pier

  Ge­heim­nis­vol­le Strah­len

  Aë­li­ta

  Ugh-Lomi

  Der Luft­krieg

  Der Brand der Che­ops­py­ra­mi­de

  Die Macht der Drei

  Der ge­stoh­le­ne Ba­zil­lus

  Be­fehl aus dem Dun­kel

  Die Spur des Dschin­gis-Khan

  Auf zwei Pla­ne­ten

  Der letz­te Tag

  Der Krieg der Wel­ten

  Der Un­sicht­ba­re

  Die ers­ten Men­schen auf dem Mond

  Die In­sel des Dr. Mo­reau

  Die Rie­sen kom­men!

  Die Zeit­ma­schi­ne

  Im Jah­re des Ko­me­ten

  Jen­seits des Si­ri­us

  Der Traum

und wei­te­re …

Über dieses Buch

Der Herr der Welt (»Lord of the world«) gilt als wich­ti­ger Vor­läu­fer der großen dys­to­pi­schen Ro­ma­ne des 20. Jahr­hun­derts wie Ge­or­ge Or­wells »1984« (1949) oder Al­dous Hux­leys »Bra­ve New World« (1932).

Zu Be­gin des 21. Jahr­hun­derts hat der ame­ri­ka­ni­sche Po­li­ti­ker Ju­li­an Fel­sen­bur­gh den Welt­frie­den er­reicht, zahl­lo­se Na­tio­nen un­ter­wer­fen sich sei­nem Dik­tat. Dies je­doch um den Preis ei­ner tech­no­lo­gi­sier­ten Ge­sell­schaft, die nur auf den ra­tio­na­len Ver­stand setzt und Re­li­gi­on als Aber­glau­ben ver­teu­felt und ver­folgt. Waf­fen­star­ren­de Zep­pe­li­ne be­völ­kern die Lüf­te, es gibt Elek­tro­au­to­mo­bi­le, draht­lo­se Kom­mu­ni­ka­ti­on, aber auch Ter­ror, Be­spit­ze­lung und Eutha­na­sie­häu­ser.

Als sei­nen letz­ten Geg­ner iden­ti­fi­ziert Fel­sen­bur­gh die ka­tho­li­sche Kir­che, ihre Ir­ra­tio­na­li­tät und ihr Glau­be sieht er als Be­dro­hung. Als Kon­se­quenz be­treibt er de­ren voll­stän­di­ge Ver­nich­tung.

Was nun folgt, sind aber­wit­zi­ge, end­zeit­li­che Schlach­ten mit Luft­schif­fen ge­gen Rom und ge­gen den Va­ti­kan. Es kommt zum End­kampf zwi­schen dem Papst und dem Welt­prä­si­den­ten.

Ben­son sah in die­sem Werk vie­le Schre­cken der Zu­kunft vor­aus: Welt­krie­ge, Mas­sen­ver­nich­tungs­waf­fen, Ent­mensch­li­chung der Ge­sell­schaft, Ent­frem­dung der Fa­mi­li­en, Ter­ro­ris­mus und den »Kampf der Kul­tu­ren«

*

Über den Autor

Ro­bert Hugh Ben­son (18.11.1871 - 19.09.1914) war ein eng­li­scher Pries­ter und Schrift­stel­ler. Er ist der vier­te und jüngs­te Sohn Ed­ward Whi­te Ben­sons, Kanz­ler der Ka­the­dra­le von Lin­coln und spä­te­rer Erz­bi­schof von Can­ter­bu­ry.

Ben­son stu­dier­te Theo­lo­gie und Alt­phi­lo­lo­gie am Tri­ni­ty Col­le­ge in Cam­bridge. Im Jah­re 1894 wur­de er Dia­kon, 1895 wur­de er von sei­nem Va­ter zum Pries­ter der Kir­che von Eng­land ge­weiht.

Sei­ne re­li­gi­ösen Zwei­fel an der Au­to­ri­tät der an­gli­ka­ni­schen Kir­che je­doch führ­ten zur Hin­wen­dung zum ka­tho­li­schen Glau­ben. Er trat am 11. Sep­tem­ber 1903 in die rö­misch-ka­tho­li­sche Kir­che ein und wur­de schließ­lich in Rom zum Pries­ter ge­weiht.

1907 schrieb er sein be­kann­tes­tes Werk, den End­zeitroman »Lord of the World« (»Der Herr der Welt«), wel­cher vie­le Auf­la­gen und Über­set­zun­gen er­fuhr und als wich­ti­ger Vor­läu­fer der großen dys­to­pi­schen Ro­ma­ne des 20. Jahr­hun­derts gilt.

Ro­bert Hugh Ben­son er­lag ei­nem Herz­in­farkt in­fol­ge ei­ner Lun­gen­ent­zün­dung.

Vorwort zur sechsten und siebenten Auflage

Durch die in den letz­ten Jah­ren an­hal­ten­de Teil­nah­me an »Herr der Welt« ist die erst kürz­lich not­wen­dig ge­wor­de­ne 4. und 5. Auf­la­ge er­schöpft und be­dingt des­halb nun­mehr die 6. und 7. Auf­la­ge. An­fangs viel um­strit­ten hat das Buch doch all­mäh­lich sich durch­zu­set­zen ge­wusst, nach­dem mehr und mehr das Ver­ständ­nis da­für ob­sieg­te, dass Ben­son nichts wei­ter im Auge hat, als zu zei­gen, wie die in den Mas­sen ver­kör­per­ten Ge­dan­ken un­se­rer Zeit sich un­ter be­stimm­ten Voraus­set­zun­gen aus­wir­ken müss­ten, wenn die Ent­wick­lung ohne be­son­de­re Be­hin­de­run­gen und Ablen­kun­gen wei­ter sich voll­zö­ge. Ihm schi­en die Ent­christ­li­chung der Welt in nicht all­zu fer­ner Zeit mit Not­wen­dig­keit Zu­stän­de her­bei­zu­füh­ren, die ih­ren na­tür­li­chen Ab­schluss mit dem von der Vor­se­hung be­stimm­ten Ende der Zei­ten fin­den wür­den. Die geist­vol­le Stu­die in Ro­man­form, für die der Ver­fas­ser selbst sei­ner­zeit mir ge­gen­über den Cha­rak­ter ei­ner po­li­ti­schen Pro­phe­zei­ung ab­lehn­te, ist ja durch die Welt­ent­wick­lung in man­cher Hin­sicht in be­son­de­re Be­zie­hung zu den heu­ti­gen Er­eig­nis­sen ge­tre­ten.

Ben­sons Zu­kunfts­ge­mäl­de hat nun­mehr nach bald zehn Jah­ren im Pa­ri­ser in­ter­na­tio­na­len Frei­mau­rer­kon­gress vom Juni — Juli 1917 sei­ne Be­stä­ti­gung und nach die­ser Sei­te hin auch sei­ne theo­re­ti­sche Recht­fer­ti­gung ge­fun­den. Das Pro­gramm der in­ter­na­tio­na­len frei­mau­re­ri­schen Wel­tre­pu­blik, die Be­sei­ti­gung der Mon­ar­chi­en, die Auf­rich­tung der Ge­walt­herr­schaft des So­zia­lis­mus in ganz Deutsch­land, der ge­plan­te Völ­ker­bund auf ei­ner jede Jen­seits­re­li­gi­on aus­schlie­ßen­den Grund­la­ge, die zu­neh­men­de Kne­be­lung und Matt­set­zung des Paps­tes durch einen be­son­de­ren Ver­trag, die Wil­son­schen Ide­en von mau­re­ri­scher Welt­ver­brü­de­rung, sei­ne gan­ze dem christ­li­chen Ide­en­krei­se ent­nom­me­ne Phra­seo­lo­gie bei Un­ter­drückung ih­res über­na­tür­li­chen In­hal­tes, all dies müss­te, so möch­te man mei­nen, Ben­son zum Vor­bil­de ge­dient ha­ben, wenn es nicht erst drei Jah­re nach sei­nem Tode sei­ne Fest­le­gung und Er­he­bung zum Kriegs­end­zie­le er­fah­ren hät­te, zu des­sen Durch­füh­rung durch die­sen »letz­ten Krieg« die Vor­be­din­gun­gen ge­schaf­fen wer­den sol­len. Des Deut­schen Kai­ser­rei­ches letz­ter Herr­scher hat jüngst noch ei­nem eng­li­schen Pres­se­ver­tre­ter sei­ne von Ben­son ge­wiss un­ab­hän­gi­ge Über­zeu­gung aus­ge­spro­chen, Er­re­ge­rin und Sie­ge­rin im Welt­krie­ge sei die Frei­mau­re­rei und al­lein die ka­tho­li­sche Kir­che habe sich ihr ge­gen­über bis­her zu be­haup­ten ver­mocht.

So wächst das Buch mehr und mehr in die Wirk­lich­keit hin­ein und wird von Tag zu Tag mehr das, was man ›ak­tu­ell‹ nennt. Das be­weist auch nicht zu­letzt die wach­sen­de Nach­fra­ge un­se­rer Zeit. So­mit über­ge­be ich die­se Dop­pelauf­la­ge der Öf­fent­lich­keit; möge sie recht vie­len neu­en Le­sern zum Ge­nuss aber auch zur erns­ten Ge­wis­sens­er­for­schung wer­den.

 

Füs­sen im Ja­nu­ar 1923

H. M. von Lama

Einleitung

Im Jah­re 1908 er­schi­en in Lon­don ein Ro­man: »The Lord of the World«, des­sen Au­tor, Ro­bert Hugh Ben­son, in li­te­ra­ri­schen Krei­sen schon seit ge­rau­mer Zeit einen nicht mehr ge­wöhn­li­chen Rang ein­nahm. Das Buch er­reg­te so­fort großes Auf­se­hen, was der Ver­fas­ser selbst vor­aus­ge­sagt hat­te, als er in der Vor­re­de schrieb:

»Ich bin voll­stän­dig da­von über­zeugt, dass dies ein au­ßer­or­dent­lich sen­sa­tio­nel­les Werk ist und aus die­sem Grun­de so­wohl, als auch nach an­de­ren Rich­tun­gen hin, ei­ner end­lo­sen Kri­tik aus­ge­setzt sein wird. Aber ich wuss­te nicht, wie ich an­ders die Prin­zi­pi­en, die ich dar­stel­len woll­te (und von de­ren Rich­tig­keit ich durch und durch über­zeugt bin), zum Aus­druck hät­te brin­gen kön­nen, als in­dem ich bei Dar­stel­lung ih­res Ent­wick­lungs­gan­ges die Form der Sen­sa­ti­on wähl­te. Ich habe mich je­doch be­müht, nicht zu schril­le Töne an­zu­schla­gen und, so­weit es mir mög­lich war, die An­schau­un­gen an­de­rer Leu­te mit Ach­tung und Scho­nung zu be­han­deln. Ob mir das ge­lun­gen, ist al­ler­dings eine an­de­re Fra­ge.«

Ehe wir uns mit der li­te­ra­ri­schen Per­sön­lich­keit Ben­sons nä­her be­fas­sen, mö­gen ei­ni­ge bio­gra­fi­sche Da­ten über die­sen be­deu­tends­ten ka­tho­li­schen Schrift­stel­ler des heu­ti­gen Eng­land vor­aus­ge­hen. Ro­bert Hugh Ben­son wur­de am 18. No­vem­ber 1871 zu Can­ter­bu­ry als der Sohn des 1896 ver­stor­be­nen an­gli­ka­ni­schen Erz­bi­schofs Whi­te Ben­son von Can­ter­bu­ry ge­bo­ren. Be­kannt­lich be­klei­det der In­ha­ber die­ses Erz­bi­schofs­sit­zes, den im Mit­tel­al­ter so große und glän­zen­de Geis­ter wie Duns­tan, Lan­frank, An­selm, Tho­mas Becket und an­de­re schmück­ten, die höchs­te Wür­de der an­gli­ka­ni­schen Hier­ar­chie, er ist »Pri­mas von ganz Eng­land« und tritt in der Ran­glis­te des Bri­ti­schen Rei­ches un­mit­tel­bar nach den Mit­glie­dern des Kö­nigs­hau­ses. Der jun­ge Ben­son ge­noss eine vor­treff­li­che Er­zie­hung. Nach­dem er das be­rühm­te Kol­leg zu Eton in Buck­ing­ham, die Pflanz­stät­te so vie­ler in der Ge­schich­te Eng­lands un­s­terb­lich ge­wor­de­ner Män­ner, be­sucht hat­te, wid­me­te er sich in Cam­bridge dem Stu­di­um der Theo­lo­gie. Hier, wo die Wie­ge des eng­li­schen Chris­ten­tums stand, um­rausch­te ihn der Geist ei­ner glän­zen­den Ver­gan­gen­heit, hier goss das Mit­tel­al­ter sei­nen vol­len Zau­ber in das emp­fäng­li­che Ge­müt des Jüng­lings. Ben­son wur­de nach Vollen­dung sei­ner Stu­di­en Vi­kar in Hack­ney Wick und in Kem­sing. Er brach­te eine nach Wis­sen und Wahr­heit dürs­ten­de See­le mit in sei­nen Be­ruf. Glü­hend vor Ei­fer gab er sich der Seel­sor­ger­tä­tig­keit hin. Aber nur zu bald muss­te er sich ge­ste­hen, dass die auf an­gli­ka­ni­scher, hoch­kirch­li­cher Sei­te be­tä­tig­te all­ge­mei­ne Auf­fas­sung des Pries­ter­amts sei­nem Ide­al nicht nach­kam. In Ben­son reg­te sich das Ge­fühl der Un­zu­frie­den­heit, das ihn be­wog, von sei­nem Amte zu­rück­zu­tre­ten und sich ei­nem Krei­se see­le­n­eif­ri­ger, gleich­ge­sinn­ter Män­ner an­zu­schlie­ßen, die un­ter der Lei­tung ei­nes Ober­haup­tes auf dem Ge­bie­te der in­ne­ren Mis­si­on ihre Kräf­te üb­ten.

Wi­d­ri­ge Ge­sund­heits­ver­hält­nis­se nö­tig­ten Ben­son zu ei­ner Er­ho­lungs­rei­se nach Ägyp­ten und dem Hei­li­gen Lan­de. Da er­eil­te ihn in Je­ru­sa­lem die Kun­de, dass das Ober­haupt je­ner Mis­si­ons­ge­nos­sen­schaft zum Ka­tho­li­zis­mus über­ge­tre­ten sei. Die­se Nach­richt lös­te eine schmerz­li­che Trau­rig­keit in Ben­son aus. Aber schon hat­te die Gna­de auch ihn be­rührt und sei­ne An­schau­ung, als sei die an­gli­ka­ni­sche Kir­che eine Schwes­ter, ja ein Glied der ka­tho­li­schen, der er an­zu­ge­hö­ren mein­te, wan­kend ge­macht.

Bei sei­ner Rück­kehr nach Eng­land fand er die Ge­nos­sen­schaft in Auf­lö­sung be­grif­fen, nach­dem noch mehr Mit­glie­der das Bei­spiel des Ober­haup­tes nach­ge­ahmt hat­ten. In Ben­son er­stark­te jetzt das Seh­nen nach der Er­neue­rung Eng­lands im ka­tho­li­schen Sin­ne im­mer mehr. Schon ge­hör­te sein Herz dem Ka­tho­li­zis­mus und mäch­tig zo­gen ihn des­sen Wahr­heit und Schön­heit in sei­nen Bann. Das »Zu­rück zur hei­li­gen Kir­che!« dem be­reits so vie­le Pro­tes­tan­ten ge­folgt sind, klang un­wi­der­steh­lich auch dem Soh­ne des an­gli­ka­ni­schen Pri­mas in der Brust. Doch ehe er den Letz­ten, den ent­schei­den­den Schritt wag­te, ging er auf Wunsch sei­ner in­nig ge­lieb­ten Mut­ter die an­ge­se­hens­ten Au­to­ri­tä­ten der Hoch­kir­che, meis­tens per­sön­li­che Freun­de sei­nes ver­stor­be­nen Va­ters, um ih­ren Rat an. Aber die Hoff­nung der Mut­ter, dass es ih­nen ge­lin­gen wer­de, den Sohn dem an­gli­ka­ni­schen Kir­chen­tum zu er­hal­ten, wur­de ver­ei­telt: Im Jah­re 1903 schied Ben­son aus dem­sel­ben aus, um zur ka­tho­li­schen Kir­che über­zu­tre­ten; ein Jahr spä­ter wur­de er in Rom zum Pries­ter ge­weiht. Als sol­cher leb­te er bis zu sei­nem Tode im Ok­to­ber 1914 in der Nähe von Bun­ting­ford bei Cam­bridge.

Es war in je­ner Zeit, da er die Wahr­heit in­ner­lich be­reits an­ge­nom­men hat­te, je­doch mit tau­send Fä­den noch an sei­nen bis­he­ri­gen Stand­punkt und so vie­les, was ihm lieb und teu­er ge­wor­den war, sich ge­bun­den sah, in je­ner Zeit auch, da er von den wi­der­stre­bends­ten Ge­füh­len und Re­gun­gen hin und her ge­wor­fen den­noch das un­ver­meid­li­che Ende klar er­kann­te, dass ihm ein Ma­nu­skript über die Zeit der Kö­ni­gin Eli­sa­beth un­ter die Hän­de kam. Es er­weck­te sein In­ter­es­se, und um sich dem Be­wusst­sein sei­nes un­er­träg­li­chen Ge­müts­zu­stan­des ei­ni­ger­ma­ßen zu ent­zie­hen, nahm er Ver­an­las­sung, eine Art his­to­ri­scher Er­zäh­lung über den Ge­gen­stand zu schrei­ben. So ent­stand sein ers­tes Buch »By what Aut­ho­ri­ty«, von dem Ben­son selbst be­kennt: »Die­se Ar­beit war, glau­be ich, ein aus­ge­zeich­ne­tes Si­cher­heits­ven­til für mei­ne Geis­tes­ver­fas­sung, und hät­te ich sie nicht ge­fun­den, ich weiß nicht, was ge­sche­hen wäre.« Es ist be­reits eine Apo­lo­gie des ka­tho­li­schen Stand­punk­tes und hat zum Ge­gen­stand die Haupt­schwä­che der an­gli­ka­ni­schen Po­si­ti­on, den Man­gel an Au­to­ri­tät.

Die Wir­kung des Bu­ches auf den Ver­fas­ser war eine aus­ge­zeich­ne­te, denn die stren­ge, kon­se­quen­te Durch­füh­rung der ein­zel­nen Cha­rak­tere, so­wie ih­res re­li­gi­ösen Stand­punk­tes hat­te klä­rend, rei­ni­gend und be­ru­hi­gend auf ihn ge­wirkt, den ge­won­ne­nen Stand­punkt er­heb­lich ge­stärkt, vie­le Vor­ur­tei­le in ihm nie­der­ge­ris­sen und ihn die Halt­lo­sig­keit vie­ler lieb ge­wor­de­ner Auf­fas­sun­gen er­ken­nen las­sen. Der Ab­schluss des Bu­ches fällt mit dem Ent­schlüs­se zu­sam­men, den un­ver­meid­li­chen Schritt in die Kir­che zu tun. Als Pro­tes­tant hat­te er be­gon­nen, doch auch als Ka­tho­lik leg­te er die Fe­der nicht nie­der und zwei wei­te­re his­to­ri­sche Ro­ma­ne ent­stan­den in der Fol­ge, »The Kings Achie­ve­ment« (Des Kö­nigs Werk), das die ge­walt­sa­me Ein­füh­rung des Pro­tes­tan­tis­mus in Eng­land schil­dert, und des­sen Fol­ge »The Queens Tra­ge­dy«, in de­ren Mit­tel­punkt Ma­ria die Ka­tho­li­sche steht.

In­dem Ben­son die­se Tri­lo­gie zum Dol­met­scher sei­ner ka­tho­li­schen An­schau­un­gen und Emp­fin­dun­gen mach­te, ver­folg­te er mit sei­nem Wer­ke of­fen­sicht­lich eine apo­lo­ge­ti­sche Ten­denz. Dass sie sich nir­gends auf­drängt, er­klärt sich wohl be­son­ders da­durch, dass er die­se Bü­cher nur für sich und zur Be­grün­dung sei­ner Über­zeu­gung sich selbst ge­gen­über ge­schrie­ben hat, nicht aber, um an­de­re zu be­leh­ren oder zu be­ein­flus­sen. Deut­lich und klar spricht auch dar­aus, was mit­ge­wirkt hat­te, ihn zur ka­tho­li­schen Kir­che zu­rück­zu­füh­ren: das Stu­di­um der va­ter­län­di­schen Ge­schich­te und be­son­ders der so­ge­nann­ten Re­for­ma­ti­on, von der vor­ur­teils­lo­se pro­tes­tan­ti­sche Eng­län­der selbst ur­tei­len, dass sie für Eng­land kei­nen Ruh­mes­ti­tel be­deu­te. Fa­ther Ben­sons his­to­ri­sches Ge­mäl­de, aus­ge­zeich­net vor al­lem durch Ver­ständ­nis- und lie­be­vol­les Er­fas­sen der eng­li­schen Kir­che des 16. Jahr­hun­derts, wur­de auch von der pro­tes­tan­ti­schen Kri­tik mit war­mem Bei­fall auf­ge­nom­men, die nicht zö­ger­te, dem Ver­fas­ser einen Platz zwi­schen dem großen Kar­di­nal und Kon­ver­ti­ten Ne­w­man und dem Schöp­fer des his­to­ri­schen Ro­mans. Wal­ter Scott, ein­zuräu­men.

Ro­bert Hugh Ben­sons li­te­ra­ri­sches Schaf­fen zeugt von ei­ner au­ßer­or­dent­li­chen Frucht­bar­keit und Reg­sam­keit sei­nes Geis­tes, zu­gleich aber auch von ei­ner merk­wür­di­gen Ener­gie im Stre­ben nach künst­le­ri­scher Vollen­dung. Ger­ne wen­det er sich in sei­nen Ro­ma­nen zeit­ge­mä­ßen Pro­ble­men zu, wie dem Sen­ti­men­ta­lis­mus, Kon­ven­tio­na­lis­mus, Spi­ri­tis­mus, wo­bei er sich mit Vor­lie­be von ei­nem mys­ti­schen Zuge trei­ben lässt.

Aber al­les, was Ben­son auf dem Ge­biet des his­to­ri­schen und mo­der­nen Ro­mans ge­schaf­fen, wird über­trof­fen von sei­nem Wer­ke: »Der Herr der Welt«. Die be­deu­tends­ten Ta­ges­blät­ter Eng­lands gin­gen ei­nig in be­geis­ter­ten Lo­bes­er­he­bun­gen über die­se gran­dio­se Dich­tung, die sich an das Kühns­te wagt, was ei­nem Dich­ter zu wa­gen ver­gönnt ist: an die Schil­de­rung des Wel­ten­des und der Er­schei­nung des All­mäch­ti­gen am Tage des Ge­rich­tes.

Weit da­von ent­fernt, etwa eine Pro­phe­zei­ung zu sein, sucht das Werk mit vi­sio­närer Ge­walt dem Lau­fe der Jahr­hun­der­te vor­an­zu­ei­len, um ein fan­ta­sie­vol­les Ge­mäl­de der Kul­tur­mensch­heit zu ent­wer­fen, wie sich die­se viel­leicht in ei­nem Jahr­hun­dert ent­wi­ckelt ha­ben mag. Vor dem in­ne­ren Schau­en des Dich­ters er­he­ben sich die gi­gan­ti­schen Tri­um­phe des mensch­li­chen Geis­tes, der die höchs­ten Spit­zen der Wis­sen­schaft er­klom­men ha­ben wird. Dann wird die Mensch­heit nur mehr zwei große re­li­gi­öse La­ger er­ken­nen, den Ka­tho­li­zis­mus und den Hu­ma­ni­ta­ris­mus, zu de­nen sich die Form strengs­ter Ge­setz­ge­bung und mit­leids­lo­ses Blut­ver­gie­ßen als die schärfs­ten Ge­gen­sät­ze ver­hal­ten. Für die ka­tho­li­sche Kir­che aber wird eine neue Zeit hef­tigs­ter Ver­fol­gung an­bre­chen, und dä­mo­ni­sche Mäch­te wer­den sich am Ende der Zei­ten auf sie stür­zen, mit al­len Macht­mit­teln des mensch­li­chen Fort­schrit­tes aus­ge­rüs­tet.

Mit hin­rei­ßen­der Be­red­sam­keit und ei­ner er­staun­li­chen Plas­tik stellt Ben­son je­nes Zeit­al­ter vor das er­schau­ern­de Ge­müt des Le­sers, der über­wäl­tigt wird von der dra­ma­ti­schen Wucht der Er­eig­nis­se. Welch ein furcht­ba­res Epos, wenn die Luft­schif­fe des fa­na­tisch has­sen­den Fein­des der Kir­che über dem ewi­gen Rom er­schei­nen, um es zu zer­stö­ren! Wer wür­de da nicht er­in­nert an die Of­fen­ba­rung Jo­han­nes’ von dem sie­ben­köp­fi­gen Tier: »Auch ward ihm ge­ge­ben, Krieg zu füh­ren mit den Hei­li­gen und sie zu über­win­den … Und es tat große Zei­chen, so­dass es so­gar Feu­er vom Him­mel fal­len mach­te vor den Au­gen der Men­schen« (13, 7.13.). Kein Mi­che­lan­ge­lo ver­möch­te die Schluss­ka­ta­stro­phe der Mensch­heit, die­ses große und schreck­li­che Bild, er­schüt­tern­der in Far­ben zu fas­sen, als der ge­nia­le eng­li­sche Pries­ter-Dich­ter sie im »Herrn der Welt« malt. Ge­wiss, die­ser Ro­man ist sen­sa­tio­nell im höchs­ten Gra­de, ohne dass da­durch dem künst­le­ri­schen Wer­te der Dich­tung Ab­bruch ge­schä­he. Es ist ein un­ge­heu­rer Stoff, der hier ge­bän­digt und mit ei­nem über­wäl­ti­gen­den Reich­tum at­men­den Le­bens aus­ge­stal­tet wor­den ist. Ge­bil­de­te Le­ser wer­den ho­hen Ge­nuss aus dem Ro­man schöp­fen und, was noch weit mehr ist, den An­stoß zu erns­tem, frucht­brin­gen­dem Den­ken emp­fan­gen.

Ot­to von Scha­ching