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Ricarda Huch

Deutsche Geschichte

In drei Bänden

Ricarda Huch

Deutsche Geschichte

In drei Bänden

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2020

EV: Atlantis Verlag G. m. b. H. Berlin, 1934, 1937, 1949

Umschlag: Gerard ter Borch: Friede von Münster

1. Auflage, ISBN 978-3-962817-72-5

null-papier.de/693


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Inhaltsverzeichnis

Band I – Rö­mi­sches Reich Deut­scher Na­ti­on

Ein­lei­tung

Bo­ni­fa­ti­us

Die ers­ten Ka­ro­lin­ger und die Päps­te

Karl der Gro­ße

Die Deut­schen und das Chris­ten­tum

Das Klos­ter

Der Adel

Die Ot­to­nen

Bi­schö­fe

Frau­en

Der Nor­den

Im­pe­ra­to­ren

Hein­rich IV. und Gre­gor VII.

Hein­rich IV. und die Städ­te

Wel­fen und Stau­fer

Kai­ser und Papst

Aus­gang

Die Kreuz­zü­ge

Die Ko­lo­ni­sa­ti­on

Die letz­ten Ho­hen­stau­fer

Kauf­leu­te

Städ­te

Die Ju­den

Die Ju­den und der Wu­cher

Ket­zer

Die hei­li­ge Eli­sa­beth und der Deut­sche Or­den

Geis­ti­ges Le­ben

Al­bert Ma­g­nus

Der Rhei­ni­sche Bund

Ste­din­ger, Frie­sen, Dith­mar­schen

Schlach­ten

Die Eid­ge­nos­sen­schaft

Der falsche Fried­rich

Lud­wig der Bayer

Spra­che und Na­tio­na­li­tät

Die Mys­ti­ker

Karl IV.

Ter­ri­to­ri­al­fürs­ten

Ös­ter­reich

Zunft­kämp­fe

Städ­te­bün­de

Das Kon­zil zu Kon­stanz

Die Han­se

Sieg­mund im Reich und im Os­ten

Die Re­for­ma­ti­on des Kai­sers Sieg­mund

Gu­ten­berg

Un­ter­gang des Deut­schen Or­dens

Die Auf­lö­sung

Band II – Das Zeit­al­ter der Glau­bens­spal­tung

Ein­lei­tung: Der Zu­sam­men­bruch der mit­tel­al­ter­li­chen Wel­t­an­schau­ung

Der Zu­stand des Rei­ches im 15. Jahr­hun­dert

Drei Freun­de

Der Streit um das Bis­tum Bri­xen

Hu­ma­nis­ten und Mön­che

Reuch­lin und die Dun­kel­män­ner­brie­fe

Die Reichs­re­form

Die Kir­chen­re­form

Kul­tur

Rit­ter

Luther

Die The­sen

Von Hei­del­berg bis Leip­zig

Die Kai­ser­wahl

Hut­ten und Luther

Worms

Der Pro­phet

Neue Kir­che

Luther und Eras­mus

Sickin­gens und Hut­tens Ende

Der Bau­ern­krieg

Pa­via

Der Abend­mahlss­treit

Die Wie­der­täu­fer

Frau­en

An­fech­tun­gen

Ei­ni­gungs­ver­su­che

Die Be­frei­ung des Ad­lers

Der Schmal­kal­di­sche Krieg

Der Augs­bur­ger Re­li­gi­ons­frie­den

Tod

Auf­schwung der ka­tho­li­schen Kir­che

Cal­vin und der Ab­fall der Nie­der­lan­de

Geld­wirt­schaft

Faust

Die He­xen­ver­fol­gun­gen

Der Aus­bruch des Drei­ßig­jäh­ri­gen Krie­ges

Der Krieg im Reich

Das große Ster­ben

Der West­fä­li­sche Frie­den

To­le­ranz

Wis­sen­schaft

 

Ös­ter­reich

Im Nor­den

Aus­klang

Band III – Un­ter­gang des Rö­mi­schen Rei­ches Deut­scher Na­ti­on

Ein­lei­tung

Le­via­than

Der Fürs­ten­staat

Stän­de und Städ­te

Kampf ge­gen das Haus Ös­ter­reich

Bran­den­burg

Do­mi­ni­um ma­ris Bal­ti­ci

Der Rhein­bund

Lud­wig und Leo­pold

Lud­wigs ers­ter Raub­krieg

Der hol­län­di­sche Krieg

Geg­ner Frank­reichs

Un­garn und Tür­ken

Straß­burg

Um­schwung

Der spa­ni­sche Erb­fol­ge­krieg

Auf­schwung Russ­lands

Leib­niz

Athe­is­mus und Ma­chia­vel­lis­mus

Deis­mus

Die Ein­heit des Abend­lan­des

Frei­mau­rer

Or­tho­do­xie und Pie­tis­mus

Preu­ßen

Das Recht im ab­so­lu­tis­ti­schen Staat

Wirt­schaft

Fried­rich der Gro­ße

Die Krie­ge um Schle­si­en

Mon­tes­quieu und Eng­land

Wan­del der Spra­che

Die deut­schen Men­schen

Bau­ern­be­frei­ung

Sach­sen

Wien

Kir­che und Staat in Ös­ter­reich

Die Tei­lung Po­lens

Ös­ter­reich und Preu­ßen

Frei­heit

Pe­sta­loz­zi und Mö­ser

Die Zau­ber­flö­te

Kos­mo­po­li­tis­mus und Pa­trio­tis­mus

Un­ter­gang des Rei­ches

Der Macht­staat

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Band I – Römisches Reich Deutscher Nation

Einleitung

Das Rö­mi­sche Wel­treich liegt in Trüm­mern, aber es ist nicht tot. Es lebt ein ge­stei­ger­tes Le­ben, seit es nicht mehr Wirk­lich­keit ist; denn es ist Idee ge­wor­den. Ei­nem Lie­de gleicht es, das in das Ohr ei­nes Schla­fen­den dringt und ihm wun­der­ba­re Träu­me er­zeugt. Nichts, das man am Tage hört, tönt so laut, so hin­rei­ßend; er­in­nert man sich wa­chend sei­ner auch nicht deut­lich, so bleibt man doch sei­ner un­ver­gleich­li­chen Schön­heit be­wusst, die ewi­ge Sehn­sucht er­regt. Es hob das Herz wie ein Schlacht­ge­sang, strah­lend von Ma­je­stät und Tri­umph, es durch­bohr­te das Herz mit fei­er­li­cher Trau­er wie ein Cho­ral. Wel­t­herr­schaft und Chris­ten­tum wa­ren dar­in ver­schmol­zen, Im­pe­ri­um sine fine de­di – End­los dau­re das Reich, das ich gab. Die Ver­kün­di­gung Ju­pi­ters, des Va­ters der Göt­ter und Men­schen, durch die Vir­gil dem Rö­mer­reich un­end­li­che Dau­er ver­heißt, schlug in einen ge­wal­ti­gen Ak­kord zu­sam­men mit den Wor­ten des Herrn, auf wel­che die Kir­che ih­ren An­spruch auf Un­ver­gäng­lich­keit grün­det: Tu es Pe­trus – Du bist Pe­trus, und auf die­sen Fel­sen will ich bau­en mei­ne Ge­mein­de, und die Pfor­ten der Höl­le sol­len sie nicht über­wäl­ti­gen. Göt­ter­wor­te üb­ten bin­den­den Zau­ber, beug­ten die sieg­rei­chen Söh­ne Ger­ma­ni­ens un­ter Rom in Trüm­mern.

Man­che von den Ger­ma­nen hat­ten Rom ge­dient, man­che hat­ten sich ihm un­ter­wor­fen, an­de­re es be­kämpft, es be­siegt, alle glaub­ten an das Rö­mi­sche Reich. Es war eine von Gott er­rich­te­te Ord­nung, von Gott da­durch be­glau­bigt, dass er in­ner­halb die­ses Rei­ches Fleisch ge­wor­den war, au­ßer­halb des­sen das Cha­os der Hei­den­welt bran­de­te, und Rom war sein Haupt. Ro­ma sanc­ta, Roma ae­ter­na. Es war der Sitz der Cäsa­ren ge­we­sen, es war jetzt der Sitz der Päps­te, es konn­te ver­fal­len und ver­öden, es blieb der ma­gi­sche Punkt, durch den die Erde mit den Göt­tern ver­bun­den war. Die Ger­ma­nen wa­ren reich an Ge­gen­wart und Zu­kunft, aber Rom, wenn es auch da­nie­der­lag, be­saß einen Schatz über alle Schät­ze, es be­saß ge­form­te Ver­gan­gen­heit. Alte Kul­tur ist Schwer­kraft, die den Men­schen un­wi­der­steh­lich an­zieht; je nä­her er der Na­tur steht, de­sto wil­li­ger beugt er sich ih­rem ver­gilb­ten Glan­ze. Ver­schie­de­ne ger­ma­ni­sche Völ­ker grün­de­ten Rei­che, die über­ra­schend auf­blüh­ten, ei­ni­ge ver­gin­gen so rasch, wie sie ent­stan­den wa­ren, alle glaub­ten ohne Wur­zel im Zu­fäl­li­gen der ei­ge­nen Kraft zu schwe­ben, bis sie un­ver­gäng­lich gött­li­chen Rechts­grund im Rö­mi­schen Wel­treich fan­den.

Bonifatius

Sel­ten ist es den Men­schen ver­gönnt, aus ei­ge­nem Geis­te eine Tat von dau­ern­der Be­deu­tung zu tun; ein dazu Au­ser­wähl­ter war Win­fried Bo­ni­fa­ti­us, der die Kir­che des Fran­ken­rei­ches dem Papst un­ter­warf. Wie viel Um­wäl­zen­des die Jahr­hun­der­te den bri­ti­schen In­seln ge­bracht ha­ben, der An­gel­sach­se des 8.Jahr­hun­derts war dem Eng­län­der der neu­en Zeit ähn­lich: tat­kräf­tig, sach­lich, streng kirch­lich, ohne fromm zu sein, groß­ar­tig in sei­nen Ent­wür­fen, im Or­ga­ni­sie­ren, so­dass man den jun­gen Mönch des Klos­ters Nutscel­le gern zu di­plo­ma­ti­schen Ge­schäf­ten ver­wen­de­te. Es wür­de ihm an Ehren und Ein­fluss in der Hei­mat nicht ge­fehlt ha­ben; aber ihn be­weg­ten grö­ße­re Ge­dan­ken. Er ging aus von dem Wun­sche, die Frie­sen zu be­keh­ren, nichts Fern­lie­gen­des für ihn, denn von den Iren und An­gel­sach­sen war größ­ten­teils die Mis­si­on un­ter den ger­ma­ni­schen Stäm­men des Fest­lan­des aus­ge­führt wor­den. Die kel­ti­schen Iro­schot­ten, die Urein­woh­ner der In­seln, ge­hör­ten der al­ten bri­ti­schen Mönchs­kir­che an, die den Ver­fall des Rö­mi­schen Rei­ches über­dau­ert hat­te, die An­gel­sach­sen der von Papst Gre­gor I. ge­pflanz­ten bi­schöf­li­chen Kir­che. In der bri­ti­schen Mönchs­kir­che be­stan­den al­ler­lei von der Papst­kir­che ab­wei­chen­de Ge­bräu­che, wie dass die Ehe­lo­sig­keit der Geist­li­chen bei ih­nen kein Ge­bot war, haupt­säch­lich aber wa­ren sie, wenn sie auch mit dem rö­mi­schen Papst in Be­zie­hung stan­den, doch un­ab­hän­gig von ihm, in­dem der Be­griff der Fort­pflan­zung der gött­li­chen Pries­ter­wei­he durch den rö­mi­schen Bi­schof bei ih­nen nicht galt. Die Ge­ring­schät­zung, mit wel­cher die An­gel­sach­sen auf die Mönchs­kir­che her­ab­sa­hen, hat­te ver­mut­lich ih­ren Grund mehr dar­in, dass sie über­haupt die un­ter­wor­fe­ne Ras­se ver­ach­te­ten, als in den Ei­gen­hei­ten ih­rer Ver­fas­sung. Man­gel an Bil­dung konn­te man den Iro­schot­ten kaum vor­wer­fen, die so­gar Grie­chisch ver­stan­den und lehr­ten; es war wohl mehr et­was Re­gel­lo­ses, Schwei­fen­des, Fan­tas­ti­sches in ih­rem We­sen, was die An­gel­sach­sen ab­stieß. Der säch­si­sche Stolz war bei den An­gel­sach­sen noch ge­stei­gert; Win­fried war von vor­neh­mer Ab­kunft, dazu per­sön­lich durch das Macht­ge­fühl ei­nes über­ra­gen­den Geis­tes und un­beug­sa­men Cha­rak­ters ge­ho­ben. Die Be­keh­rung der Frie­sen war eine Auf­ga­be der Zeit, zu­erst vom Erz­bi­schof von York ver­sucht, der bei ei­ner Rom­rei­se an die frie­si­sche Küs­te ver­schla­gen war, wäh­rend der Fran­ken­herr­scher Pi­pin von He­ris­tall und des­sen Sohn Karl sie mit dem Schwert zu un­ter­wer­fen trach­te­ten. Der krie­ge­ri­sche An­griff ver­dop­pel­te die Wi­der­spens­tig­keit der Frie­sen ge­gen die Glau­bens­bo­ten; denn der neue Gott stell­te sich of­fen­sicht­lich dar als der Gott von Fein­den, die ih­rer Frei­heit nach­stell­ten. Ein Sieg Pi­pins hat­te zu­nächst Er­folg: der Frie­sen­häupt­ling muss­te einen Teil sei­nes Lan­des ab­tre­ten und eine Toch­ter ei­nem Soh­ne Pi­pins, Grim­sald, zur Frau ge­ben. Der an­gel­säch­si­sche Mis­sio­nar Wil­li­brord war Pi­pin als Ge­hil­fe will­kom­men, er grün­de­te das Klos­ter Ech­ter­nach, stell­te sich dem rö­mi­schen Papst vor und wur­de von die­sem zum Erz­bi­schof von Ut­recht ge­weiht, dem­sel­ben Ort, wo Rad­bod, der Frie­sen­häupt­ling, sei­nen Sitz hat­te. Die­ser ra­sche Er­folg war nicht von Dau­er: Grim­sald wur­de auf der Rei­se zu sei­nem er­krank­ten Va­ter in der Kir­che von Lüt­tich von ei­nem Frie­sen er­mor­det, der, wie man glaub­te, ein Be­auf­trag­ter Rad­bo­ds war. Als bald dar­auf Pi­pin starb, fiel das er­ober­te Ge­biet ab. So war die Lage, als Win­fried, etwa fünf­und­drei­ßig Jah­re alt, sich dem ver­schüt­te­ten Werk zu wei­hen be­schloss. Er fuhr nach Fries­land hin­über und hat­te eine Un­ter­re­dung mit Rad­bod; da­bei muss er den Ein­druck un­über­wind­li­chen Wi­der­stan­des emp­fan­gen ha­ben, denn er kehr­te bald in sein Klos­ter zu­rück, nicht um sei­nen Plan auf­zu­ge­ben, son­dern um ihn an­ders an­zu­pa­cken. Win­fried war nicht ein Glau­bens­bo­te, wie Co­lum­ban, Gal­lus, Pir­min ge­we­sen wa­ren, die das Feu­er ih­res Glau­bens auf die Hei­den zu über­tra­gen wuss­ten, die Mensch und Tier durch die frem­de Rede be­zau­ber­ten, auch mit der Faust drein­schlu­gen, wenn das Wort nicht ver­fing; Win­fried war ein Ari­sto­krat, dem es mehr auf Kul­tur als Re­li­gi­on an­kam, den das Un­ge­ord­ne­te mehr be­lei­dig­te als das Un­christ­li­che. Als ein rech­ter Eng­län­der sah er die Re­li­gi­on als Teil der staat­li­chen Ord­nung an und be­schloss, sein Be­keh­rungs­werk nicht als ein Aben­teu­rer gleich­sam von un­ten aus im Her­zen des Vol­kes, son­dern von oben und au­ßen her, als Or­ga­ni­sa­ti­on an die Hand zu neh­men, aus­ge­hend von der Spit­ze der Kir­che, dem rö­mi­schen Papst. Nach­dem er die eben er­hal­te­ne Abts­wür­de nie­der­ge­legt hat­te, ging er nach Rom, um sich vom Papst die Voll­macht zur Mis­si­ons­pre­digt zu ho­len. Auch die Rom­rei­se war et­was Zeit­ge­mä­ßes, sie wur­de von den bri­ti­schen In­seln aus mit Vor­lie­be un­ter­nom­men. Geist­li­che und welt­li­che Per­so­nen, männ­li­che und weib­li­che folg­ten dem Zuge nach der Haupt­stadt der Welt, nach dem hei­li­gen Son­nen­lan­de. Dort war, wie in un­se­ren Ta­gen, eine Ko­lo­nie von Frem­den, dort mach­te man in­ter­essan­te Be­kannt­schaf­ten, dort trank man, ge­löst vom All­tag, aus ei­nem Le­bens­stro­me, der über fa­bel­haf­ten Rui­nen vol­ler als an­ders­wo rausch­te. Die vier Päps­te, die Bo­ni­fa­ti­us er­leb­te, Gre­gor II., Gre­gor III., Za­cha­ri­as und Ste­phan III., wa­ren ihm ge­gen­über die Läs­si­ge­ren, wenn sie auch auf sei­nen Plan, die frän­ki­sche Kir­chen­hier­ar­chie auf­zu­bau­en, wil­lig ein­gin­gen. Als Haupt der Chris­ten­heit sich füh­lend, moch­ten sie den­ken, die Bar­ba­ren­rei­che wür­den ih­nen oh­ne­hin ein­mal als zei­ti­ge Frucht in den Schoß fal­len, zum Teil wa­ren sie mit­tel­mä­ßi­ge Leu­te, die nicht den im­mer­tä­ti­gen Geist des großen An­gel­sach­sen hat­ten. Die Ei­gen­schaf­ten und Zu­stän­de des Nor­dens wa­ren ih­nen we­nig be­kannt, die Schär­fe der Ab­nei­gung Win­frieds ge­gen die iri­schen Mön­che und ihre Mis­si­on, ge­gen die ver­welt­lich­ten frän­ki­schen Bi­schö­fe fühl­ten sie nicht mit. An­de­rer­seits wa­ren sie ge­wöhnt, von den ger­ma­ni­schen Chris­ten als Schieds­rich­ter und Wis­sen­de in un­zäh­li­gen Fra­gen des Staa­tes, der Kir­che, der Sit­te an­ge­ru­fen zu wer­den. Sie wa­ren die In­ha­ber der Tra­di­ti­on, von ih­nen glaub­te man er­fah­ren zu kön­nen, was gül­tig war. Nach­dem Win­fried dem Papst Gre­gor II. förm­lich ge­hul­digt und von ihm einen Ko­dex des ka­no­ni­schen Rech­tes emp­fan­gen hat­te, un­ter­warf sich der stol­ze Sach­se dem Ur­teil des rö­mi­schen Bi­schofs mit er­staun­li­cher Selb­st­über­win­dung. In den meis­ten Fäl­len wa­ren die Ent­schei­dun­gen der Päps­te so ver­stän­dig, dass sie ohne wei­te­res ein­leuch­te­ten; aber in dem ka­no­ni­schen Ge­setz zum Bei­spiel, wo­nach geist­li­che Ver­wandt­schaft, näm­lich die Pa­ten­schaft bei dem­sel­ben Kin­de, ein Ehe­hin­der­nis bil­det, konn­te er, ob­wohl er sich Mühe gab, be­greif­li­cher­wei­se kei­nen Sinn fin­den. Wie soll­te er de­nen, die un­ter die­ser Be­stim­mung zu lei­den hat­ten, den Grund ih­res Lei­dens be­greif­lich ma­chen? Da der Papst dar­auf be­stand, schluck­te er den Bis­sen ohne Sinn hin­un­ter. Wenn es sei­nen Be­griff von Re­li­gi­on an­ging, wenn er sah, wie in Rom heid­nischer Aber­glau­be un­ge­rügt sein We­sen trieb, konn­te er aber auch die Un­ter­wür­fig­keit ab­wer­fen und den Papst we­gen sei­ner un­zei­ti­gen Duld­sam­keit ab­kan­zeln, wie wenn er der Herr wäre. Aus­ge­stat­tet mit der Voll­macht des Paps­tes hat der Apos­tel in Thü­rin­gen und Hes­sen das heid­nische Volk be­kehrt, Klös­ter ge­grün­det und mäch­tig die hei­li­gen Ei­chen vor den ent­setz­ten Au­gen ih­rer Ver­eh­rer ge­fällt; aber die Or­ga­ni­sa­ti­on und die Be­leh­rung der Ge­bil­de­ten la­gen ihm mehr. Für die­se hat­te sei­ne Er­schei­nung et­was Blen­den­des, na­ment­lich für die ge­bil­de­te oder nach Bil­dung stre­ben­de Ju­gend. Als er auf sei­nen Rei­sen im Non­nen­klos­ter Pfal­zel bei Tri­er ein­kehr­te, des­sen Äb­tis­sin eine En­ke­lin des Mero­win­ger­kö­nigs Da­go­bert II. war, be­stand ihr fünf­zehn­jäh­ri­ger En­kel Gre­gor dar­auf, dem Frem­den zu fol­gen; eben­so schloss sich ihm der jun­ge Bayer Sturm an. Die Ju­gend wuss­te sich nichts Schö­ne­res, als die­sem Man­ne, der un­ent­wegt ein ho­hes Ziel ver­folg­te, der al­les Nied­ri­ge ver­ab­scheu­te, und der durch Nied­ri­ges un­be­rühr­bar zu sein schi­en, zu die­nen. Am liebs­ten wa­ren ihm als Mit­ar­bei­ter sei­ne Lands­leu­te, die auf sei­nen Wink be­geis­tert aus den an­gel­säch­si­schen Klös­tern her­bei­ström­ten. Un­ter ih­nen war eine Ver­wand­te, Lio­ba, de­ren Mut­ter, wäh­rend sie schwan­ger war, ge­träumt hat­te, sie tra­ge eine Glo­cke un­ter dem Her­zen, die zu läu­ten be­gin­ne. Da sie klug und be­gabt war, sich lie­ber mit Le­sen, Schrei­ben und Dich­ten als mit Hand­ar­beit be­schäf­tig­te, übergab man sie ei­nem Klos­ter; Bo­ni­fa­ti­us mach­te sie zur Äb­tis­sin des Klos­ters Tau­ber­bi­schofs­heim. Man lieb­te sie we­gen ih­rer zar­ten Lieb­lich­keit; doch ging sie fes­ten Schrit­tes ih­ren ein­sa­men Weg. Sei­nen Jün­gern ge­gen­über war Win­fried ein gü­ti­ger, wenn auch viel for­dern­der Herr, ge­gen die, wel­che sich ihm nicht un­ter­war­fen oder die er als schäd­lich an­sah, war er ein un­nach­gie­bi­ger Ver­fol­ger. Er hass­te die ho­hen Geist­li­chen, die, wie das bei den Fran­ken nicht sel­ten war, ein welt­li­ches Le­ben führ­ten, und die­je­ni­gen, die den rö­mi­schen Ka­non ver­war­fen oder ir­gend­wie von ihm ab­wi­chen. Was für Kämp­fe und Rän­ke statt­fan­den, ist uns nicht im ein­zel­nen über­lie­fert; aber ge­wiss ist, dass sei­ne Be­stre­bun­gen auf man­cher­lei Wi­der­stand stie­ßen. Es war leich­ter, in den noch heid­nischen Ge­gen­den Klös­ter zu grün­den, dort ge­eig­ne­te Vor­ste­her ein­zu­set­zen, Kir­chen zu bau­en, als da, wo sich schon ei­gen­ar­ti­ges Le­ben in Kir­chen und Klös­tern ent­fal­tet hat­te, dies in eine ein­heit­li­che Ord­nung ein­zu­bin­den. Ge­wald, Erz­bi­schof von Mainz, hat­te Karl­mann, den Bru­der Pi­pins, der mit die­sem ge­mein­schaft­lich re­gier­te, in den Sach­sen­krieg be­glei­tet und war ge­fal­len. Des­sen Sohn Ge­wi­lieb, beim Tode des Va­ters Laie, emp­fing rasch die Wei­hen, um sein Nach­fol­ger wer­den zu kön­nen; sein Le­ben än­der­te er des­we­gen nicht. Der neu aus­bre­chen­de Krieg gab ihm Ge­le­gen­heit, sei­nen Va­ter zu rä­chen: er for­der­te den Sach­sen, der Ge­wald ge­tö­tet hat­te, zu ei­ner Un­ter­re­dung auf, und als der Ge­ru­fe­ne er­schi­en, brach­te er ihn um. Win­fried fand, dass Krieg und Mord kein Ge­schäft für christ­li­che Bi­schö­fe sei; aber die frän­ki­schen Bi­schö­fe wa­ren ge­wohnt, ihre Wür­de als ein kö­nig­li­ches Amt zu be­trach­ten, des­sen kirch­li­che Sei­te nur die zu­fäl­lig From­men pfleg­ten. Schließ­lich setz­te Win­frieds Ei­fer durch, dass Ge­wi­lieb auf ei­ner Synode ab­ge­setzt wur­de; be­straft wur­de er nicht, son­dern setz­te sein welt­lich präch­ti­ges Le­ben auf sei­nen Gü­tern fort. Auch die Geg­ner der Leh­re und der Or­ga­ni­sa­ti­on warf Bo­ni­fa­ti­us nach lan­gen Kämp­fen mit Här­te nie­der, nur mä­ßig un­ter­stützt vom Papst und von den frän­ki­schen Herr­schern.

 

Karl Mar­tells Groß­tat, die Zu­rück­wer­fung der Sa­ra­ze­nen nach Spa­ni­en, mach­te ihn zum Hel­den des ger­ma­nisch-ro­ma­ni­schen Abend­lan­des, die Kir­che be­trach­te­te ihn, der ge­walt­tä­tig mit dem Kir­chen­gut ge­schal­tet hat­te, um sei­ne Ge­folgs­leu­te be­loh­nen zu kön­nen, mit scheu­er Ab­nei­gung. Win­fried ließ sich einen Schutz­brief von ihm aus­stel­len, da er ein­sah, dass sich ein sol­cher in strah­len­den Ta­ten aus­ge­präg­ter Ruhm nicht über­se­hen ließ und dass es klü­ger sei, ihn zur Be­fes­ti­gung der ei­ge­nen Stel­lung zu be­nüt­zen; aber die bei­den Gro­ßen wa­ren zu an­ders ge­ar­tet und hat­ten zu ver­schie­de­ne Wege vor­ge­schaut, als dass sie sich freund­schaft­lich hät­ten be­rüh­ren kön­nen. Wenn Win­fried den Hof mied, tat er es si­cher nicht, um den Ver­füh­run­gen aus­zu­wei­chen, die für ihn kei­ne wa­ren, son­dern um als ein Herr nicht dem Herr­scher be­geg­nen zu müs­sen, der sich als den Hö­he­ren be­trach­tet hät­te, und der si­cher der Mäch­ti­ge­re war. Als lan­ge nach Win­frieds Tode sei­ne Freun­din Lio­ba ei­ner drin­gen­den Ein­la­dung der Kai­se­rin Hil­de­gard folg­te, bat die Äb­tis­sin ihre freund­li­che Gast­ge­be­rin, in­dem sie sie un­ter Trä­nen um­arm­te, sie so­fort wie­der zu ent­las­sen; so sehr wirk­te Win­frieds Ver­hält­nis zu den frän­ki­schen Herr­schern im Her­zen der ihm Er­ge­be­nen nach. Aus­schal­ten ließ sich die Mit­wir­kung der Herr­scher bei den kirch­li­chen Din­gen nicht, sie be­rie­fen die ers­ten großen Synoden, die auf An­re­gung des Bo­ni­fa­ti­us statt­fan­den. Als auf ei­ner Synode des Jah­res 747 die an­we­sen­den Bi­schö­fe und Geist­li­chen die Me­tro­po­li­tan­ver­fas­sung an­nah­men, eine Ur­kun­de über den or­tho­do­xen Glau­ben aus­stell­ten und sie dem Papst über­sand­ten, konn­te er sein Ziel als er­reicht be­trach­ten. Die Ein­heit der Kir­che im Auf­bau und im Glau­ben un­ter dem Papst war her­ge­stellt.

Trotz­dem war der stol­ze Mann nicht be­frie­digt. Tie­fe Trau­rig­keit las­te­te oft auf ihm wie ein kör­per­li­cher Schat­ten. Er fühl­te sich im Be­zirk sei­ner Wirk­sam­keit in der Frem­de, an­ge­fein­det, nicht rich­tig ge­wer­tet. Sein Wunsch, das Erz­bis­tum Köln zu er­lan­gen, wo er den Frie­sen nahe ge­we­sen wäre, wur­de ihm nicht er­füllt, weil die dor­ti­ge hohe Geist­lich­keit ihn ab­lehn­te, an­statt des­sen be­kam er Mainz, das er nicht ge­wollt hat­te. Mehr hing sein Herz an dem Klos­ter Ful­da, das er selbst ge­grün­det und dem Papst un­mit­tel­bar un­ter­stellt hat­te, wo­mit jede Mög­lich­keit kö­nig­li­cher Ein­grif­fe aus­ge­schal­tet war. In die­ser An­stalt soll­te die stren­ge Re­gel des hei­li­gen Be­ne­dikt herr­schen, nach wel­cher das Klos­ter einen selbst­stän­di­gen Wirt­schafts­be­zirk zu bil­den hat­te, wo alle er­for­der­li­che Ar­beit von den Klos­ter­brü­dern selbst, ohne Hil­fe die­nen­der Lai­en ge­leis­tet wür­de. Der Ort, wo spä­ter das Klos­ter Hers­feld ent­stand, den Win­frieds Schü­ler Sturm zu­erst aus­ge­wählt hat­te, er­schi­en un­ge­eig­net, weil zu nah am heid­nischen Ge­biet ge­le­gen; so wan­der­te der Ab­ge­sand­te wei­ter durch som­mer­li­che Bu­chen­wäl­der, bis ihn ei­nes Ta­ges ein Tal von be­son­de­rer Lieb­lich­keit fes­sel­te. Da war der Bo­den wie eine Wie­ge ge­stal­tet, die den Men­schen he­gend um­fas­sen will, und Hü­gel und sanf­te Berg­kup­pen zo­gen einen schüt­zen­den Ring dar­um; da führ­te ein ge­sel­li­ger Fluss das kla­re Was­ser her­bei, das fast wie die Luft zur Er­hal­tung des Le­bens not­wen­dig ist, da gab es au­ßer dem Holz der Wäl­der Ba­salt und Sand­stein als Ma­te­ri­al zum Bau des Got­tes­hau­ses. Nach­dem Karl­mann, da­mals noch Re­gent in Ober­hes­sen, das ge­wünsch­te Ge­biet ge­schenkt hat­te, wur­de die Er­rich­tung des Klos­ters in An­griff ge­nom­men. Von ei­nem Hü­gel her­ab sah Win­fried, al­ternd und zu­wei­len der un­be­que­men Rei­sen, der bit­te­ren Kämp­fe und der ei­ge­nen Lei­den­schaf­ten müde ge­wor­den, den em­si­gen Män­nern zu und dem Er­wach­sen des klei­nen Rei­ches, wo er für eine Zeit lang we­nigs­tens Zuf­lucht und Hei­mat und bald viel­leicht die ewi­ge Ruhe fin­den wür­de. Von der al­ten Kir­che und dem al­ten Klos­ter, die sei­ne Au­gen sa­hen, ist nichts üb­rig­ge­blie­ben, das fest­li­che Ba­rock des heu­ti­gen Doms ist un­end­lich fern von dem erns­ten, glü­hen­den, welt­über­win­den­den Geist der Stif­ter des ers­ten. Ein­zig die ka­ro­lin­gi­sche Rotun­de der Mi­chae­lis­kir­che, ein­sa­mer Fremd­ling, der in un­ver­ständ­li­cher Zun­ge re­det, hat eine Spur da­von er­hal­ten.

Als Win­fried etwa sieb­zig Jah­re alt war, kör­per­lich sehr hin­fäl­lig, mit schnee­weißem Haa­re, so schil­dert ihn ei­ner, der ihn da­mals sah, er­griff ihn wie­der der Wunsch sei­ner Ju­gend, den Frie­sen das Wort Got­tes zu pre­di­gen. Er hat­te da­mals den Plan zu­guns­ten ei­nes an­de­ren auf­ge­ge­ben, aber es scheint, dass er ihn nie aus den Au­gen ver­lo­ren hat­te. Vi­el­leicht be­trach­te­te er die Frie­sen als einen be­son­ders nah­ver­wand­ten Stamm und ihr Land als sei­nem Vol­ke be­son­ders zu­ge­hö­rig; denn von dort sol­len die An­gel­sach­sen aus­ge­zo­gen sein, um Bri­tan­ni­en zu er­obern, wor­auf die Frie­sen in das ver­las­se­ne Ge­biet ein­dran­gen. Da­mals hat­te er eben das Man­nes­al­ter er­reicht, und sein Werk lag vor ihm, er woll­te das Le­ben er­hal­ten, das sei­nem Wer­ke ge­weiht war; jetzt war es an­ders. Sein Werk war ge­tan und soll­te ge­krönt wer­den durch den Mär­ty­rer­tod. Die, wel­che die Nach­fol­ge des Herrn ge­lobt hat­ten, sehn­ten sich da­nach, zu ster­ben wie er, gleich­sam mit ihm, wie Ge­folgs­leu­te mit ih­rem Her­zog. Trotz­dem zog er nicht aus wie ein ein­fa­cher Glau­bens­bo­te, der mit kei­nem an­de­ren Schild als sei­nem Glau­ben sich in den Ra­chen der Höl­le wagt; son­dern er reis­te als der Kir­chen­fürst, der Le­gat des Paps­tes, um­ge­ben von ei­nem zahl­rei­chen be­waff­ne­ten Ge­fol­ge, mit al­ler­lei Rei­se­ge­päck, auch Bü­chern, als der höchs­te Geist­li­che Ger­ma­ni­ens, der sich ei­ner ent­fern­ten, noch un­si­che­ren Ge­mein­de zei­gen will. Zu­gleich aber, ent­spre­chend der zwie­fa­chen Rich­tung sei­nes Geis­tes, schick­te er sich an wie zum ge­wis­sen Tode, als wis­se er, dass der Tod seit dem An­fang sei­nes Le­bens dort an der frie­si­schen Küs­te stän­de und ihn er­war­te­te. Be­vor er ab­reis­te, nahm er in Mainz Ab­schied von sei­nen Ge­treu­en und ließ auch Lio­ba kom­men, um sie noch ein­mal zu se­hen und sei­nen Freun­den zu emp­feh­len. Er traf die Be­stim­mung, dass er in Ful­da be­stat­tet sein wol­le, und dass, wenn Lio­ba einst ge­stor­ben sein wür­de, ihr Leich­nam zu dem sei­ni­gen in sei­nen Sarg ge­legt wer­de. Die er im Le­ben sich fern­ge­hal­ten hat­te, ge­treu dem stren­gen Ge­bot, dem er sich un­ter­stellt hat­te, riss er im Tode an sich, in sei­nem her­ri­schen Sinn si­cher, dass sie so oder so die Sei­ne war, ihm fol­gend in der Ent­sa­gung, ihm fol­gend im bes­ten eins wer­den der Lie­be. Dies Her­vorflam­men ei­ner ein Le­ben lang zu­rück­ge­hal­te­nen Lei­den­schaft moch­te für die Jün­ger des al­ten Man­nes et­was Er­schre­cken­des ha­ben; sie schwie­gen, aber sie ge­trau­ten sich nicht, als Lio­ba ge­stor­ben war, sei­nen Be­fehl aus­zu­füh­ren. Je­doch hiel­ten sie die zar­te Freun­din des Hei­li­gen so hoch, dass ihr als der ein­zi­gen Frau ge­stat­tet wur­de, im Klos­ter Ful­da als Gast emp­fan­gen zu wer­den. Sie wur­de auf dem Pe­ters­ber­ge bei­ge­setzt; wäh­rend Win­frieds Lei­che, wie un­gern auch Mainz auf die Über­res­te sei­nes großen Erz­bi­schofs ver­zich­te­te, sei­nem Wil­len ent­spre­chend nach Ful­da über­führt und in der Kir­che des Klos­ters be­stat­tet wur­de. Die Biblio­thek be­wahrt das aus dem Dom­schatz über­nom­me­ne Buch auf, mit dem Bo­ni­fa­ti­us in un­will­kür­li­cher Be­we­gung wie mit ei­nem Schild den Streich des Mör­ders ab­zu­weh­ren such­te, und das die Spu­ren des ihm gel­ten­den Schwert­hie­bes trägt.

Denn der Erz­bi­schof fand mit 52 Beglei­tern den er­sehn­ten Tod; es war, als wenn der Him­mel, der dem ord­nen­den Herr­scher bei­ge­stan­den hat­te, auch sei­nen Op­fer­mut be­stä­ti­gen woll­te. Die Son­ne ei­nes hei­te­ren Som­mer­mor­gens war eben auf­ge­gan­gen, und Bo­ni­fa­ti­us er­war­te­te bei sei­nen Zel­ten frie­si­sche Chris­ten zur Fir­mung, als eine Schar frie­si­scher Män­ner die Frem­den über­fiel, wahr­schein­lich mehr von Rau­blust als von Glau­bens­hass an­ge­trie­ben. Eine Frau be­rich­te­te spä­ter, dass sie ge­se­hen habe, wie der Erz­bi­schof, den Arm mit dem Buch er­ho­ben, den To­dess­treich emp­fing.