Oberhausen:Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd.1

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Oberhausen:Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd.1
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Oberhausen

Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet

Studienausgabe

Herausgegeben von Magnus Dellwig und Peter Langer

unter Mitarbeit von Otto Dickau, Klaus Oberschewen und Burkhard Zeppenfeld

Band 1: Oberhausen in vorindustrieller Zeit

Verlag Karl Maria Laufen

Die Herausgeber und der Verlag bedanken sich bei den Sponsoren für die großzügige Unterstützung. Nur so konnte die Studienausgabe der Oberhausener Stadtgeschichte realisiert werden.


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© Verlag Karl Maria Laufen

Oberhausen 2014

Alle Rechte vorbehalten

Autoren und Herausgeber haben sich bemüht, alle Bildrechte zu klären. Sollte dies im Einzelfall nicht oder nicht zutreffend gelungen sein, wird um Nachricht an den Verlag gebeten.

Bildredaktion: Ingo Dämgen

Register: Saskia Eßer

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014

ISBN 978-3-87468-328-9

ISBN des Gesamtwerkes: 978-3-87468-316-6

Überblick über das Gesamtwerk

Band 1: Oberhausen in vorindustrieller Zeit

Band 2: Oberhausen im Industriezeitalter

Band 3: Oberhausen in Krieg, Demokratie und Diktatur

Band 4: Oberhausen in Wirtschaftswunder und Strukturwandel

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Überblick über das Gesamtwerk

Grußwort

Vorwort der Herausgeber

■ JÜRGEN HEINRICHS

Die Ur- und Frühgeschichte des Stadtgebietes Oberhausen

Ein Überblick über Fundstücke und Siedlungsspuren von der Steinzeit bis zum Mittelalter

■ HELMUT RÖNZ

Osterfeld

Von den Anfängen der Besiedlung bis zum Durchbruch der Industrialisierung um 1870

■ OTTO DICKAU

Sterkrade

Nicht nur Kraut und Rüben

■ KLAUS BIELECKI

Buschhausen

Ein Blick in die Vergangenheit

■ KARL LANGE

Schmachtendorf und Könighardt

Von den Anfängen bis zur Industrialisierung

■ MONIKA ELM

Holten

Von den Anfängen bis zum Einzug der Industrie 1928

■ ANDREAS KAMP

Alt-Oberhausen bis 1840

Vorgeschichte einer Stadt ohne Kern

■ MARIANNE VIER

Alstaden

Ein tausendjähriger Stadtteil an der Ruhr

Danksagung

Abkürzungen

Begriffserläuterungen

Anmerkungen

Register

Autorinnen und Autoren

Abbildungsnachweis

Klappentext

Grußwort

2012 wurde Oberhausen 150 Jahre alt. Das war und ist ein guter Grund sich zu erinnern. Immer wieder haben mich im Laufe der Jahre Oberhausenerinnen und Oberhausener angesprochen, ob es nicht mal wieder Zeit würde für ein neues Oberhausen-Geschichtsbuch.

Immerhin ist das letzte 1965 erschienen, das ist fast ein halbes Jahrhundert her. Den Anstoß, von der Idee zur konkreten Umsetzung zu kommen, gab die Verabschiedung von Dr. Peter Langer als Leiter der Heinrich-Böll-Gesamtschule Mitte 2009. Damals habe ich ihn, den Vorsitzenden der Historischen Gesellschaft Oberhausen (HGO), gebeten, in seiner hinzugewonnenen Freizeit sich um ein neues Stadtgeschichtsbuch für Oberhausen zu kümmern.

Er hat die Aufgabe angenommen und sie gemeinsam mit seinem Mitherausgeber Dr. Magnus Dellwig sowie den Autorinnen und Autoren, dem Redaktions- und dem Herausgeberteam zum Erfolg geführt.

Pünktlich zum Jubiläumsjahr 2012 lag ein neues und umfassendes Werk über die Stadtgeschichte vor. Es gliedert sich in vier Bände:

■ Band 1 beschreibt die vorindustrielle Zeit bis zum 19. Jahrhundert. Er stellt die Stadtteile in den Mittelpunkt für eine Zeit, zu der es Oberhausen noch nicht gab.

■ Band 2 setzt 1758 an. Er schildert die Industrialisierung und die Stadtbildung von der Gründung der St. Antony-Hütte bis ins frühe 20. Jahrhundert.

■ Band 3 befasst sich mit dem Zeitraum von 1914 bis 1945 und stellt dabei die politische Geschichte in den Mittelpunkt.

■ Band 4 ist zeitlich gesehen der aktuellste Band. Er behandelt die Zeitgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg. Dabei macht ihn die Vielseitigkeit der thematischen Zugänge zur Stadtgeschichte besonders lesenswert.

Beeindruckende 35 Autorinnen, Autoren und Interviewpartner haben die Stadthistorie aufgearbeitet und auf mehr als 1.800 Seiten dargestellt. Das ist bislang einmalig in der Geschichte der Städte im Ruhrgebiet. So ist ein überaus spannendes Bild von der Entwicklung Oberhausens entstanden, das eine große Verbreitung und Leserschaft verdient.

Mein ganz besonderer Dank gilt den zahlreichen Autorinnen und Autoren, die in ihrer Freizeit mit großem Zeitaufwand und noch größerem Enthusiasmus dieses umfassende Oberhausener Geschichtsbuch geplant, geschrieben und herausgegeben haben.

Die Erstveröffentlichung im September 2012 fand bei der geschichtsinteressierten Bürgerschaft derart großes Interesse, dass die neue Stadtgeschichte schon zu Weihnachten 2012 vergriffen war.

Den Herausgebern ist es daraufhin gelungen, finanzielle Förderer und den Oberhausener Verlag Karl Maria Laufen für eine Neuveröffentlichung als Studienausgabe zu gewinnen. Diese verfolgt den hohen Anspruch, allen Interessierten in Stadt und Wissenschaft das Werk zu attraktiven Konditionen erneut zugänglich zu machen. Ebenfalls ist beabsichtigt, Folgebände zu Themen von gesamtstädtischer Bedeutung zu veröffentlichen. Dafür danke ich allen Beteiligten im Namen der Stadt Oberhausen, ihrer Bürgerinnen und Bürger ausdrücklich.

Glück auf und viel stadtgeschichtliches Lesevergnügen!

Klaus Wehling

Oberbürgermeister

Vorwort der Herausgeber

Liebe Leserin, lieber Leser,

Oberhausen feiert in diesem Jahr die 150-jährige Wiederkehr der Gründung im Jahre 1862. Aus einer Ansiedlung von 709 Gebäuden, darunter 466 privat Wohnhäusern, in denen 1864 bereits 7.204 Menschen lebten (so der Bürgermeister Schwartz in seinem ersten Verwaltungsbericht), ist eine Großstadt entstanden, die auf bewegte Zeiten zurückblicken kann. Diese sollen in den hierzu erstellten vier Bänden unter den individuellen Blickwinkeln vieler Mitarbeiter dargestellt werden. Oberhausen entstand in der heutigen Form erst 1929 und ist damit – gemessen an den beiden unmittelbar angrenzenden Städten Essen und Duisburg – eine vergleichsweise „junge“ Groß-Stadt. Sie erlangte diesen Status durch die Angliederung von umliegenden Städten und Gemeinden, die eins gemeinsam haben: Sie können auf eine historisch viel längere Tradition zurückblicken als (Alt-) Oberhausen, verfügten aber nicht über die wirtschaftliche Vitalität, um langfristig und eigenständig „überleben“ zu können. Die „Alstadener“, „Osterfelder“, „Sterkrader“, „Buschhausener“ oder „Holtener“ widersprechen dieser Annahme nach wie vor mit dem Hinweis, man habe es ja nicht ausprobieren dürfen.

Wie Oberhausen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ausgesehen haben dürfte, das erfahren Sie in diesem ersten Band des vierbändigen Werkes Oberhausen – eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet. Jürgen Heinrichs beschreibt eine weitgehend unbekannte Epoche der Stadtgeschichte, die sich als faszinierend darstellt. Durch die Vorstellung von alten und jüngst gemachten Bodenfunden kann er – gemeinsam mit den Freunden der Archäologie im Raum Oberhausen (FARO e. V.) – zeigen, dass die „junge“ Stadt eigentlich „steinalt“ ist. Neuere Funde lassen aber erwarten, dass die Ur- und Frühgeschichte des Oberhausener Stadtgrundes an vielen Stellen zu überarbeiten ist.

 

Die Alstadener und ihre Geschichte werden von Marianne Vier vorgestellt – wer sonst könnte „ihren“ Stadtteil mit so viel Charme und Hintergrundwissen so gekonnt und umfassend präsentieren? Der Beitrag von Andreas Kamp über die Historie (Alt-) Oberhausens macht deutlich, dass dieser Raum weitaus geschichtsträchtiger ist als bislang angenommen. Ein administrativ verfügter Zusammenschluss schuf aus historisch gewachsenen Orten ein künstliches Konstrukt, das noch ohne eigentliches Zentrum an einem Bahnhof entstand.

Anders dagegen die Situation bei Osterfeld, Sterkrade und Holten. Diese Gemeinden sind Gemeinwesen, die ihre Entstehung auf sogenannte Dorfkerne zurückführen können. In anschaulicher Form zeigt Helmut Rönz die Entwicklung des ▶ Kirchspiels Osterfeld von dem ersten Auftreten menschlicher Spuren in der mittleren Steinzeit, über ein vor allem um die Kirche zu Osterfeld sich gruppierendes mittelalterliches Höfekonglomerat bis hin zur Entstehung der St. Antony-Hütte, die über viele Jahre hinweg als ein Wirtschaftsfaktor für Osterfeld beschrieben wird. Eine ähnliche Entwicklung konnte Otto Dickau für Sterkrade nachweisen: Entstanden aus einer fränkischen Siedlung bildete sich am Marienbach das Zentrum der späteren Stadt. Hier hatten Nonnen ein Kloster gegründet, das sich durch Schenkungen zu einem lokalen Macht- und Wirtschaftsfaktor am Kreuzungspunkt zweier regional bedeutsamer Handelsstraßen entwickeln konnte. Buschhausen war, ein zwischen Sterkrade und Hamborn gelegene Landschaftsstreifen, der von der Abtei Hamborn abhängig und bis in die Gegenwart hinein von der Landwirtschaft bestimmt war. 1909 ging die Gemeinde in dem Bürgermeistereiverband Sterkrade auf.

Ein ähnliches Schicksal war auch dem Stadtteil Schmachtendorf bestimmt, wo, so Karl Lange, die ältesten Bauernhöfe Oberhausens (Süselbecks Hof und Barmscheids Hof) lagen. Größere Bedeutung erlangte der Ort aber erst seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, als Heideflächen auf Anweisung der Landesherren durch ehemalige Soldaten kultiviert werden sollten. Eindrucksvoll beschreibt der Autor die Auseinandersetzungen der „Zugereisten“ mit den „Ansässigen“, den Wandel des Ortes, der mit der Ansiedlung der Gutehoffnungshütte und der Abteufung von Schächten einhergeht.

Den Aufstieg von einer fernab jedweder Straßenanbindung errichteten Siedlung, die im Spannungsfeld lokaler Adelsgruppen und des Kölner Erzbischofs lag, zu einer mit allen Rechten ausgestatteten Stadt, den letztlich misslungenen Versuchen der Bürgermeister, diesen Ort wirtschaftlich zu stabilisieren, und den Niedergang in der frühen Neuzeit beschreibt Monika Elm.

Als Herausgeber möchten wir noch auf Folgendes hinweisen: Am Ende der vier Bände finden Sie jeweils eine Reihe von Begriffserläuterungen. Auf die dargestellten Begriffe wird im Text mit einem grauen Dreieck (▶) aufmerksam gemacht. Sodann möchten wir darauf hinweisen, dass die Autorinnen und Autoren für die mitunter wertenden Aussagen in ihren Beiträgen allein verantwortlich sind.

Die schriftliche Darstellung historischer Prozesse wird nie den Geschmack aller treffen. Es wird stets andere Meinungen geben. Das ist gut und notwendig, wenn neue Sehweisen vorgestellt und diskutiert werden. Die hier versammelten Autorinnen und Autoren wünschen sich eine sachliche und offene Auseinandersetzung, denn sie haben nach Zeit und Umständen das Möglichste geleistet.

Konstruktive Kritik ist immer erwünscht und wird unter stadtarchiv@oberhausen.de entgegengenommen. Anonym verfasste Kommentare werden allerdings nicht beantwortet. Die Mitglieder der Redaktion und alle Autorinnen/​Autoren wünschen den Leserinnen und Lesern eine interessante und erkenntnisreiche Lektüre.

Oberhausen, November 2014

Magnus Dellwig

Peter Langer

Otto Dickau

Jürgen Heinrichs

Die Ur- und Frühgeschichte des Stadtgebietes Oberhausen
Ein Überblick über Fundstücke und Siedelungsspuren von der Steinzeit bis zum Mittelalter

Wenn man die Begriffe Oberhausen und Archäologie in Zusammenhang bringt, denkt man zunächst an Industriearchäologie und hier insbesondere an die St. Anthony-Hütte, die Wiege der Ruhrindustrie. Dass Oberhausen aber mehr zu bieten hat als Industriearchäologie und viel älter ist als die Stadt Oberhausen mit ihrer 150-jährigen Geschichte, soll dieses Kapitel anhand einiger ausgewählter archäologischer Funde, insbesondere von der Ur- und Frühgeschichte bis zum Mittelalter, darstellen.1

Steinzeit

Eine Besiedlung des Oberhausener Raumes ist bereits für die Steinzeit belegt. So wurde in Oberhausen u. a. ein Schädel von einem jugendlichen, aber ausgewachsenen Individuum gefunden. Da keine weiteren Skelettreste beobachtet werden konnten, handelt es sich höchstwahrscheinlich um eine Schädeldeponierung, die in der Mittelsteinzeit keine Seltenheit war. Dass der Oberhausener Raum bereits früh besiedelt war, zeigt insbesondere der Fund der Vogelheimer Klinge auf Essener Gebiet südlich der Emscher (zwischen 280.000 und 250.000 Jahren alt), der als sicherer Nachweis des frühen saaleeiszeitlichen Menschen im Ruhrgebiet gilt.

Die wenigen mittelsteinzeitlichen Funde in Oberhausen beschränken sich bisher auf das Emschergebiet. So wurden z. B. auf einer Emscherdüne bei Lirich Anfang des 20. Jahrhunderts einige Mikrolithe (steinzeitliche Kleinstgeräte, meist aus gut spaltbarem Feuerstein, Obsidian oder Quarz, die als Harpunen, Sägen und Bohrer oder als Pfeilspitzen verwendet wurden) aufgefunden, die im Allgemeinen als Leitform der Mittelsteinzeit gelten. Somit könnte es sich hier um einen typischen Wohnplatz der damaligen Zeit handeln.

Waren die Menschen in der Frühzeit der Besiedlungsgeschichte noch Jäger und Sammler, so begannen sie in der Jungsteinzeit als Hirten sesshaft zu werden. Dies schlug sich auch in Funden entsprechender Werkzeuge und Geräte (u. a. Steinbeile, Äxte, Klingen) in Oberhausen nieder. Hierbei bilden Steinbeile die größte Gruppe steinzeitlicher Geräte aus Oberhausen. Fast alle können den Flint-Ovalbeilen westeuropäischer Prägung zugeordnet werden. Je nach Querschnitt, Nackenausbildung und Seitenriss werden mehrere Untergruppen unterschieden. So wurde z. B. das oben abgebildete spitznackige Flint-Ovalbeil in Schmachtendorf gefunden, das im Ruhrgebiet gehäuft nachweisbar ist. Ebenfalls aus dieser Zeit stammt eine im Holtener Bruch gefundene Geweihaxt, die eindeutige Bearbeitungsspuren zeigt. Die abgebildete Scheibenkeule mit flachspitzovalem Querschnitt und leicht exzentrischem Schaftloch zählt zu den selteneren Fundstücken und wird der bandkeramischen Kultur des Niederrheins zugeordnet.

Abb. 1: Schädel aus der Mittelsteinzeit

Abb. 2: Steinbeile und Scheibenkeulen

Abb. 3: Steinbeile und Scheibenkeulen


Abb. 4: Streitaxt aus dem Holtener Bruch

Das Endneolithikum (Übergang von der Stein- zur Bronzezeit) wird im Raum Oberhausen durch die nordwestdeutsch-niederländische Becherkultur, eine lokale Ausprägung der Schnurkeramik- und Glockenbecherkultur, dominiert. Auffälligster Fund dieser Zeit ist eine Streitaxt aus dem Holtener Bruch, eine sogenannte A-Axt. Auffällig und charakteristisch ist bei diesem Typ die plastische Naht von der Schneide bis zur Nackenplatte. Zur weiteren Hinterlassenschaft der Becherkultur zählen ferner einige Flintklingen, Feuersteindolche und eine zweiflügelige Pfeilspitze.

Die Fundstellen liegen fast immer in der Nähe eines Baches und lassen erkennen, dass der Mensch seine Siedlungsstätte vorzugsweise in der Nähe eines Gewässers anlegte. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Emscher – gemessen an ihrer Bedeutung in der Alt- und Mittelsteinzeit – mit nur sehr wenigen Funden zurücktritt. Es wird deutlich, dass sich die Funde aus der Jungsteinzeit nördlich der Emscher verdichten. Fast aus jedem Bachtal des Sterkrader Raumes sind Funde bekannt. Eine Fundkonzentration findet sich insbesondere im Bereich Schmachtendorf (Handbachtal) und im ehemaligen Holtener Bruch. Weitgehend fundleer bleibt dagegen das Gebiet der heutigen Oberhausener Innenstadt einschließlich Alstaden, das Gebiet des Rhein-Herne-Kanals und der heutigen Emscher sowie das nordöstliche Sterkrade (Sterkrader Venn) und der Hiesfelder Wald. Die genaue Ursache dieser ungleichen Fundverteilung über das Stadtgebiet wird noch Gegenstand weiterer archäologischer Untersuchungen in der Zukunft sein.

Als die Menschen der jüngeren Steinzeit gelernt hatten, Ackerbau zu betreiben, und dazu übergingen feste Häuser zu errichten, verließen sie die Oberhausener Gegend, um fruchtbarere Gebiete aufzusuchen. Der überwiegend vorhandene Sandboden schenkte wenige Erträge, welche die mühevolle Feldarbeit mit den primitiven Geräten lohnten. Dies zeigt sich insbesondere in der Fundarmut der nachfolgenden Epochen. Insbesondere aus der frühen und mittleren Bronzezeit fehlt bislang jeder Beleg in Oberhausen und erst mit der Urnenfelderzeit gibt es wieder einen ersten Hinweis auf eine Besiedlung des Gebietes.

Die Urnenfelderzeit (1.300 bis 800/​750 v. Chr.)

Die Urnenfelderkultur ist die am weitesten verbreitete mitteleuropäische Kultur der Späten Bronzezeit. Sie dauerte von etwa 1.300 bis 800 v. Chr. Da der Bestattungsritus – Leichenverbrennung auf einem Scheiterhaufen und die Beisetzung des Leichenbrandes in Urnen – auch in anderen Kulturen geübt wurde, ist die Urnenfelderkultur durch weitere Kriterien, wie typische Bronze- und Keramikformen, definiert. Die Urnenfelderkultur folgt der Hügelgräberkultur der Mittleren Bronzezeit. In vielen Teilen ihres Verbreitungsgebietes wird die Urnenfelderkultur mit Beginn der Eisenzeit durch die Hallstattkultur abgelöst.

Aus dieser Epoche sind nur sehr wenige Funde aus Oberhausen bekannt. Der bedeutendste Fund ist eine bronzene Lanzenspitze aus dem Holtener Bruch, die mit ihrem weidenblattförmigen Blatt auf die Form der norddeutschen Lanzenspitzen hindeutet.

Des Weiteren wurden auf dem Gelände eines fränkischen Gräberfeldes in Sterkrade (Weseler Straße/​Ecke Oskarstraße) auch bronzezeitliche Scherbenfunde gemacht, darunter eine mit tiefen eingeschnittenen Linien und Einstichen verzierte Scherbe. Sie wird der sogenannten Kerbschnittware zugerechnet, die für den Niederrhein in der jüngeren Urnenfelderzeit kennzeichnend ist. Die Lage der Fundstelle auf einem sandigen Höhenrücken fügt sich gut in das damalige Siedlungsschema ein und beweist die lange Besiedlung dieses Gebietes.

Im Südwesten des Stadtkerns von Bottrop liegt ein ausgedehntes Brandgräberfeld der jüngeren Bronze- und älteren vorrömischen Eisenzeit (etwa 1.000 bis 300 v. Chr.), das sogar bis nach Osterfeld reicht. Es wurden insgesamt 362 Gräber entdeckt, von denen etwa ein Drittel Knochengräber und zwei Drittel Urnengräber mit zum Teil schönen Verzierungen, Deckeln, Beigefäßen und Bronzebeigaben (Nadeln, Messer, Armringfragmente) waren. Das Gräberfeld hat eine Ausdehnung von rund 2.800 Meter Länge und 800 Meter Breite und wurde durch verschiedene Ausgrabungen in den Jahren 1973 bis 1992 untersucht. Die Funde befinden sich im Museum Quadrat in Bottrop und werden teilweise der Urnenfelderzeit, aber auch der nachfolgenden Hallstattzeit zugeordnet.

Hallstattzeit (800/​750 bis 450 v. Chr.)

Die Hallstattkultur steht üblicherweise für die Periode der älteren Eisenzeit. Am Salzberg bei Hallstatt wurde 1846 von Johann Georg Ramsauer ein ausgedehntes Gräberfeld entdeckt und teilweise ausgegraben. Das Gräberfeld liegt in einem Hochtal über dem Hallstätter See. In dem Gebiet findet man Siedlungsspuren, die bis in die Jungsteinzeit vor 5.000 Jahren zurück reichen; die Hauptphase der Besiedlung lag aber in der späten Eisenzeit. Danach scheint Hallein zu dieser Zeit die führende Position im Salzbergbau eingenommen zu haben. Das Gräberfeld von Hallein umfasst über tausend Gräber. 55 Prozent davon sind Körpergräber, 45 Prozent Brandgräber. Bei 26 Prozent der Gräber handelt es sich um Waffengräber, die meistens am äußeren Rand des Gräberfeldes angelegt wurden, während sich die waffenlosen Gräber in der Mitte befinden. In Frauengräbern fand man Fibeln, Gürtel und Schmuck, in Männergräbern Nadeln und Waffen.

 

In Oberhausen-Osterfeld („Am Heidenkirchhof“) wurden in der Zeit von 1923 bis 1925 insgesamt 25 Urnen und Urnenreste verschiedenen Typus entdeckt. Bereits im 19. Jahrhundert wurden nach Aussage von Zeitzeugen beim Sandabbau in dieser Gegend einige Urnenfunde gemacht, die aber zur damaligen Zeit keine Beachtung fanden. Die Angabe, dass zur damaligen Zeit mehrere hundert Urnen gefunden worden seien, erhalten in Anbetracht der in der Nachbarschaft entdeckten Gräberfelder, Duisburg-Wedau mit etwa 5.000 Gräbern, Bottrop-Südring mit mehr als 300 Gräbern, eine gewisse Glaubwürdigkeit. Somit konnten 1923/​25 nur noch Reste dieses möglicherweise großen Gräberfeldes ausgewertet und dokumentiert werden. Da die gefundenen Urnen wie aufgereiht im Boden lagen, handelt es sich vornehmlich um sogenannte Flachgräber. Nur bei zwei Gräbern konnte eine eindeutige „Überhügelung“ der flach eingegrabenen Urne nachgewiesen werden. So wurden z. B. die eimerförmigen Urnen, ursprünglich beide mit Deckelschale, bei den Ausgrabungen entdeckt und befinden sich derzeit im Stadtarchiv Oberhausen.

Daneben wurden im Jahre 1931 bei Erweiterungsarbeiten auf dem Westfriedhof in Lirich (südlich der alten Emscher) eine hallstattzeitliche Grube und ein Spitzgraben entdeckt, die wohl viele Fundstücke (u. a. rotgebrannte Herdsteine, Wetzsteine, Spinnwirtel und Scherben) enthielten. Des Weiteren ist auf dem Kickenberg in Osterfeld ein Hügelgrab mit einem Durchmesser von sechs Metern erwähnt, das eine dicke Brandschicht und Reste einer Urne vom Typ Rauhtopf enthielt.

In diesem Zusammenhang ist interessant, dass sich die bekannten hallstattzeitlichen Fundstellen, Osterfeld und Lirich, auf einem Dünenrücken bzw. am Hauptterrassenabhang des Emschertales befinden und in der Nähe damals bekannter Handelswege lagen. Hier ist für Oberhausen insbesondere an den Hellweg und die Emscherfurt zu denken, wie sie aus späterer Zeit dokumentiert sind.