Radau im Adventskalender

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Radau im Adventskalender

Erzählungen, Märchen und Gedichte zur Advents- und Weihnachtszeit

Ramona Stolle


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Impressum:

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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© 2020 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR

Mühlstraße 10, 88085 Langenargen

Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchausgabe erschienen 2019.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Titelbild: gestaltet mit Illustrationen von © WiGo (Nikolaus + Hintergrund), © Negro Elkha (Sterne) sowie © SimpLine (Adventskalender) – alle Adobe Stock lizenziert

Lektorat: Redaktions- und Literaturbüro MTM

ISBN: 978-3-86196-900-6 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-96074-326-2 - E-Book

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Inhalt

Rot gestreift mit grünen Pünktchen

Wunder-Weihnachtsbaum

Der Gutenachtengel

Ein Pfefferkuchenpaar

Und es gibt ihn doch!

Der erste Schnee

Weihnachtszauber

Flockentanz

Radau im Adventskalender

Mein Weihnachtsbild

Weihnachtskeks und Filzpantoffeln

Ein Kranz mit roten Kerzen

Elvira auf der Fensterbank

Mein Wunschzettel

Schneemann im Regen

Der Adventskalender

Bennis Weihnachtssternewunsch

Der Schneemann

Wenn ich groß bin

Mein Weihnachtswichtel

Herzkribbelige Weihnachten

Der Nikolaus

Wenn die Schneekönigin tanzt

Sternenzelt

Engelsgeschenke

Das Rentier

*

Rot gestreift mit grünen Pünktchen

Cleo formte mit beiden Händen einen Schneeball. Endlich hatte es geschneit und der ganze Garten war in einen Zauberwald verwandelt. Bei jedem Schritt knirschte es unter ihren Stiefeln. Cleo hüpfte von links nach rechts und juchzte, wenn sie knöcheltief im Schnee versank. Mit quietschendem Gebell sprang Zottel um sie herum. Er war nur ein kleiner Hund, aber seine Stimme war trotzdem so laut, dass man ihn viele Meter weit hören konnte. Zum Glück war das nicht schlimm, denn es wohnten, außer Cleo und ihrer Mutter, nur noch zwei Familien hier in der Straße. Sonst gab es ringsum nur den Wald und ein paar Felder, die dem Bauern Haschke gehörten. Im Sommer wuchsen dort Getreide und Sonnenblumen, aber jetzt war alles weiß.

„Glitzerschimmerweiß“, kicherte Cleo und sprang in die Höhe und Zottel tat es ihr gleich. Sein lockiges Fell war auch weiß und Cleo ließ ein bisschen Schnee auf ihn herabfallen, sodass sich die Schneekristalle auf seinem Rücken verteilten.

„Nun bist du auch glitzerschimmerweiß“, jubelte sie und warf den Schneeball zum Puderzuckerapfelbaum hinüber. Zottel flitzte sofort hinterher und stupste mit seiner Schnauze in den tiefen Schnee, doch der Schneeball war verschwunden.

„Guten Morgen, Cleo“, tönte da eine Stimme von nebenan. Das war Herr Engel. Er wohnte noch nicht so lange hier und war in das kleine rote Haus auf der anderen Straßenseite eingezogen. Neben Familie Haschke war er der zweite Bewohner hier im Kleinen Waldweg. Obwohl er gar keine richtige Familie war, denn er lebte ganz alleine dort drüben, zusammen mit seinem dicken getigerten Kater Herzchen.

„Wie heißt der?“, hatte Cleo überrascht gefragt, als Herr Engel sie und ihre Mutter einmal besucht hatte, dann hatte sie ganz laut gelacht, weil sie den Namen irgendwie komisch fand für so einen Kater. Doch dann kam Herzchen jeden Morgen, wenn Cleo und Mama in der Küche saßen und frühstückten, sprang auf das Fensterbrett und begrüßte alle, selbst Zottel, mit einem herzlichen Miau.

„Du hast wirklich einen schönen Namen, der zu dir passt“, hatte Mama irgendwann zu dem Kater gesagt und Cleo hatte ein schlechtes Gewissen bekommen, weil sie sich erst über Herzchen lustig gemacht hatte.

„Guten Morgen“, erwiderte Cleo jetzt, „schau mal, es hat geschneit.“

Herr Engel legte den Kopf in den Nacken und blickte zum Himmel. Dicke Schneeflocken landeten auf seinem Gesicht. „Tatsächlich“, lachte er, „dann werden wir wohl wirklich weiße Weihnachten bekommen in diesem Jahr. Das wird bestimmt sehr schön.“

Die Haustür öffnete sich und Mama erschien. Sie begrüßte Herrn Engel, den sie Klaus nannte, denn so hieß er. Cleo durfte auch Klaus zu ihm sagen und er nannte sie Cleo.

„Cleo, komm rein und lass uns essen“, sagte Mama und winkte Klaus hinterher, der zur Arbeit fuhr. Herzchen huschte ins Haus und Zottel lief schnell hinterher.

„Einen noch“, sprach Cleo zu sich selbst, formte einen Schneeball und warf ihn mit aller Kraft hinüber zum roten Häuschen. Es klirrte genauso ein Klirren, wie wenn Glas zerbricht! Oje, vor Schreck bekam Cleo eine ganz weiße Nase und ein komisches Gefühl im Bauch.

„Vielleicht ist es nicht so schlimm“, überlegte sie sich, „und ich kann es wieder reparieren.“ So beschloss sie, nach dem Essen, in den Nachbarsgarten zu gehen und sich den Schaden anzusehen.

Mama erzählte sie erst einmal nichts davon.

„Sei still“, flüsterte Cleo, doch Zottel winselte vor Aufregung. Die beiden stapften durch den Schnee und standen in wenigen Minuten vor dem roten Haus. Es war ein sehr hübsches Holzhaus, fand Cleo. Sie mochte diese nordischen Holzhäuser mit einer gemütlichen Terrasse vor der Haustür. Gleich nebenan stand ein kleiner Schuppen mit einer grünen Tür und einem winzigen Fenster.

„Kaputt!“, kreischte Cleo entsetzt und Zottel bellte. Tatsächlich, die Glasscheibe war in der unteren Ecke zersprungen. Konnte es wirklich sein, dass ein kleiner Schneeball so etwas anrichten konnte? Cleo stellte sich auf die Zehenspitzen und blickte ins Innere des Schuppens, doch es war dunkel und sie konnte nichts erkennen. Da tauchte plötzlich etwas Helles auf, das auf und ab sprang, knurrte und bellte.

„Zottel!“ Cleo blickte zur Tür, die einen Spalt offen stand, und genau durch diesen war der kleine Hund in den Schuppen gehuscht. Schnell stieß Cleo die Tür auf und trat in die Dunkelheit. Zottels helles Fells war klar und deutlich zu sehen.

„Was machst du?“, rief Cleo. „Lass das los!“

Zottel hatte etwas im Maul und schüttelte seinen Kopf nach links und rechts. Cleo griff zu und spürte weichen Stoff in ihren Händen. Der Hund hielt das für ein Spiel und zog so kräftig, dass es plötzlich ratschte.

„Kaputt“, stellte Cleo entsetzt fest. „Du hast ein Loch in den Mantel gebissen!“

Zottel ließ endlich los, drehte sich um und verschwand.

„Und ich muss das jetzt reparieren. Das Fenster ist kaputt und der Mantel …“ Cleo hielt den Mantel in die Höhe. Ihre Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt und sie konnte nun mehr Details erkennen.

„Ach du meine Güte“, rief sie, „er ist groß, rot, hat einen Bindegürtel und eine Kapuze. Das ist bestimmt der Mantel vom Weihnachtsmann!“ Sie wendete das flauschige Ding in ihren Händen und betrachtete es, so gut es eben ging, von allen Seiten.

„Potzblitz“, staunte sie, „Herr Engel ist der Weihnachtsmann!“

Das war ja eigentlich fantastisch, wäre da nicht das Loch in diesem Mantel. Schließlich konnte der Weihnachtsmann doch nicht am Heiligen Abend die Kinder mit einem kaputten Mantel beschenken. Zum Glück hatte Zottel auf der Rückseite zugebissen, dann würde das Malheur nicht gleich auffallen. Er hatte ein Stückchen aus dem Stoff gerissen. Cleo sah auf den Boden, ob sie etwas Rotes sehen konnte, aber wahrscheinlich hatte Zottel es einfach mitgenommen.

 

Als Cleo am Abend in ihrem Bett lag, hatte sie ein sehr schlechtes Gewissen. Zum Glück war Klaus nicht in den Schuppen gegangen, als er heute nach Hause gekommen war, denn Cleo hatte zwar ihr Bestes gegeben, um ihre Fußspuren zu beseitigen, und der kräftige Schneefall hatte ihr dabei geholfen, aber die Scheibe hatte nach wie vor einen Sprung und der Mantel, den sie ordentlich zusammengelegt an einen Haken gehängt hatte, war immer noch kaputt.

„Wir haben wirklich ein Problem“, flüsterte sie Zottel zu, doch der lag vor ihrem Bett auf dem Rücken und schnarchte. Cleos Blick wanderte zum Fenster, wo Irma saß und zum hellen Mond blickte. Irma war Cleos Puppe, die jeden Abend ihren Platz auf dem Fensterbrett einnahm und in den Garten blickte. Irgendwann fielen ihr die Augen zu, aber davon merkte Cleo nichts mehr, denn sie war dann auch längst eingeschlafen. Irma hatte wunderschöne rote Locken, die ihr bis zur Hüfte reichten. Das Kleid, das sie trug, war ebenso rot und es hatte grüne Pünktchen.

„Ich hab’s!“ Plötzlich saß Cleo in ihrem Bett und ihr Aufschrei kam so schrill, dass Zottel in Sekundenschnelle auf ihr Bett sprang, um nach dem Rechten zu sehen. Cleo hatte die rettende Idee und zum Glück hatte Irma noch viele weitere Kleider!

Die Zeit bis zum Heiligen Abend verging wie im Flug. Klaus verbrachte nun viel Zeit mit Mama, Cleo und Zottel. Sie gingen gemeinsam auf den Weihnachtsmarkt, spielten am Abend Mensch ärgere dich nicht und am vierten Adventssonntag gingen sie gemeinsam in die Kirche. Da zündete Mama eine Kerze für Cleos Papa an.

„Er hat überhaupt nichts gesagt“, dachte Cleo zufrieden, denn das Schuppenfenster war längst repariert und Klaus hatte es nicht mal erwähnt.

Als es dann endlich Weihnachten war, sagte Mama nur kurz, dass Klaus wohl erst spät am Abend zum Essen vorbeikäme.

„Das hab ich mir gedacht“, grinste Cleo, doch Mama blickte sie nur verwundert an. Zottel wusste genau, was sie meinte. „So ist das mit den Erwachsenen“, zwinkerte sie ihrem Vierbeiner zu, „sie hören irgendwann auf, an Weihnachten zu glauben und dann merken sie nicht mal, wenn der Weihnachtsmann nebenan wohnt.“

Das Weihnachtsfest wurde wunderschön, ganz genauso, wie Cleo es sich gewünscht hatte. Ein festlicher Weihnachtsbaum stand im Zimmer, überall leuchteten Sterne, Mandelduft lag in der Luft und die vier Kerzen auf dem Adventskranz flackerten um die Wette. Jetzt fehlten nur noch die Geschenke.

„Die bringt heute der Weihnachtsmann persönlich“, lächelte Mama. In diesem Moment ging die Tür auf und der Weihnachtsmann trat mit einem großen Sack über der Schulter ins Zimmer. Mit dem langen Rauschebart im Gesicht war Klaus kaum wiederzuerkennen, doch Cleo ließ sich nicht täuschen.

Nachdem sie ihr Gedicht aufgesagt hatte, bückte sich der Weihnachtsmann, um die Geschenke aus dem Sack zu holen. Dabei drehte er sich ein bisschen und Cleo erblickte den rot gestreiften Flicken mit den grünen Pünktchen auf seinem Mantel.

Cleo blickte verschmitzt zu Irma, die auf dem Sofa saß und von dort die Bescherung beobachtete. Sie trug ein wunderschönes blaues Kleid.

*

Wunder-Weihnachtsbaum

Heute darf Juliane zum allerersten Mal mit ihrem Vater zum Marktplatz, um einen Weihnachtsbaum auszusuchen. Ihre Mutter und die Großmutter Lina bleiben zu Hause und bereiten alles Wichtige für den Weihnachtsabend vor. Aber Weihnachten wäre nicht Weihnachten, wenn nicht ein prächtig geschmückter Tannenbaum im Wohnzimmer stehen würde. Deshalb läuft Juliane nun mit ihrem Vater an diesem Weihnachtsmorgen durch die Straßen der kleinen Stadt. Der Marktplatz ist schon voller Menschen. Einige haben den richtigen Baum bereits gefunden und tragen ihn fort.

„Juli, wie gefällt dir der hier“, ruft der Vater und wirbelt ein kleines Bäumchen, das er an der Spitze festhält, im Kreis herum. Juliane zuckt nur mit den Schultern. So klein hatte sie sich den Baum nicht vorgestellt.

„Aber Schatz, einen ganz großen Baum kriegen wir doch gar nicht nach Hause. Unser Zimmer ist auch nicht groß genug für so einen Riesen!“ Der Vater lächelt tröstend, aber Juliane schnieft nur durch die Nasenlöcher. Dies ist ein Zeichen dafür, dass sie ganz anderer Meinung ist. Sie steckt die Hände in die Manteltaschen, dreht sich um und geht in Richtung Marktbrunnen.

„Schnief, schnief“, wimmert es im Tannenzweig. Juliane bleibt stehen, lauscht und blickt dann schnell zu Papa. Hat er sich mit ihr einen Spaß erlaubt? Nein, Papa ist nicht zu sehen.

„Schnief, schnief.“

„Hallo“, flüstert Juliane etwas zögerlich. Dann holt sie tief Luft und geht zu der Tanne, aus der die Schnieflaute ertönen. „Hallo!“ Juliane ist jetzt fest entschlossen, das Geheimnis des Schniefens zu lüften. Sie biegt die Tannenzweige auseinander. Zum Glück hat sie dicke Handschuhe an, sonst hätten die Nadeln sie ganz schön gepikst. Erst kann sie gar nichts erkennen.

„Schnief.“

„Hallo, wer schnieft denn da?“

Eine feine Stimme ertönt. Und da sieht Juliane das kleine Geschöpf auf der Spitze eines schiefen Tannenbäumchens sitzen. Es hat einen weißen Mantel und trägt eine ebenso weiße Mütze. Es sieht aus wie eine Schneeflocke. Eine Schneeflocke, die weint. Juliane traut ihren Augen nicht.

„Ich schniefe“, antwortet das kleine Geschöpf, „weil niemand mein Bäumchen will. Es ist noch klein und schief, aber das ist doch kein Grund.“ Jetzt wird die Stimme energischer. „Nur weil man klein ist, kann man doch ein schöner, prächtiger Weihnachtsbaum werden. Sieh nur, die Wurzeln hat man ihm gelassen. So könnte er sogar noch weiter wachsen ...“

„… und eines Tages der größte und schönste Weihnachtsbaum weit und breit werden“, beendet Juliane den Satz.

„Stimmt genau! Ich bin übrigens Alba, eine Tannenfee. Ich bin verantwortlich für diesen kleinen Nadelfreund. Er ist mein erster Auftrag, aber ich glaube, ich habe versagt. Niemand will ihn. Im Feenreich werden sicher alle über mich lachen.“ Und wieder schniefte die kleine Tannenfee laut los.

„Ich bin Juliane. Willst du mit zu mir kommen? Dann überlegen wir gemeinsam, wie wir deinem Freund und dir helfen können.“

Juliane hört sich diese Worte sagen, aber sie kann es nicht glauben. Sie will doch auch einen großen, geraden, prächtigen Weihnachtsbaum. Auf der anderen Seite ist es echt toll, mit einer echten Tannenfee zu reden. Das glaubt ihr bestimmt niemand.

„Papa!“ Juliane hört sich rufen, laut rufen. Mehrere Leute drehen sich nach ihr um.

Da taucht endlich der Vater auf.„Den da will ich!“ Sie zeigt auf die kleine Tanne. Jetzt hört man den Vater schniefen. Laut und langsam schnieft er durch die Nase. „Juliane, wie soll ich das deiner Mutter erklären? Wir sollen einen gerade gewachsenen, kräftigen Baum kaufen.“ Er seufzt jetzt ganz leise: „Es soll doch ein schöner Weihnachtsbaum sein!“

„Den da will ich. Der ist wunderschön!“

Alba sitzt auf der Tannenspitze und beobachtet das Gespräch. Ihr Herz schlägt ganz schnell, denn sie ist aufgeregt.

Juliane kräuselt ihre Stirn und schaut ihren Vater mit großen Augen an. Sie weiß, dass er ihr so kaum noch einen Wunsch abschlagen kann. „Bitte“, gurgelt sie aus tiefster Kehle, „bitte.“

Keine fünf Minuten später gehen Vater und Tochter nach Hause. Die Hektik der anderen Menschen ringsumher stört sie nicht. Sie freuen sich jetzt auf das Weihnachtsfest mit dem kleinen, schiefen Tannenbäumchen. Der Vater hält den Eimer mit dem Wurzelwerk fest im Arm. Das Bäumchen ragt in den Himmel wie ein Mast im Wind, und an der höchsten Stelle sitzt die kleine Tannenfee, schaukelt mit den Beinchen und ist so glücklich.

Die Mutter hat die Hände voller Plätzchenteig, als der Vater, Juliane und das Bäumchen samt Fee nach Hause kommen. Juliane merkt sofort, dass die Mutter nicht begeistert ist.

„Das ist ein Wunder-Weihnachtsbaum“, sagt Juliane schnell.

„Wohl eher ein Wunder, dass es jemanden gibt, der ihn gekauft hat“, sagt die Mutter und blickt strafend ihren Mann an.

Da kommt Großmutter Lina ins Zimmer und beginnt zu lachen. „Mein Gott, seit Jahren hab’ ich nicht mehr ein solch’ wunderbares Bäumchen gesehen. Das wird sicher der prächtigste Weihnachtsbaum, den wir jemals hatten“, juchzt sie. „Ich hole mal einen schönen Topf aus dem Keller. Da kleben wir goldene Sterne drauf, dann kommt das Bäumchen rein. Komm Juli, es gibt noch viel zu tun, bevor der Weihnachtsmann an die Tür klopft.“

Jetzt schnauft die Mutter durch die Nase, aber dann dreht sie sich um, geht in die Küche und kümmert sich wieder um die Plätzchen. Der Vater stellt den Baumschmuck bereit, und Juliane holt das goldene Bastelpapier und beginnt Sterne auszuschneiden.

Das Bäumchen steckt noch in dem alten Eimer. Der Vater hat ihn im Flur abgestellt. Natürlich ist Juliane furchtbar neugierig, was es mit der Fee noch auf sich hat. Sie setzt sich zum Basteln in den Flur und flüstert dabei: „Hallo, hallo, bist du noch da?“

„Natürlich! Ich danke dir sehr. Wir, das Bäumchen und ich, werden euch ein goldenes Weihnachtsfest bereiten.“

„Warum bist du denn nicht im Wald geblieben, als das Bäumchen geholt wurde?“ Juliane ist neugierig.

Nun erzählt Alba, dass jeder Tannenbaum, der einmal zur Weihnachtszeit leuchten soll, eine Fee hat, die für ihn sorgt und ihn am Weihnachtsabend zum Leuchten bringt. „Manchmal holen die Menschen einen Baum zu früh aus dem Wald“, erzählt sie. „Es wäre so schön, wenn mein Bäumchen noch ein paar Jahre in die Erde zurückkönnte. Die Wurzeln sind ja noch dran.“

Juliane hat nun genug Sterne ausgeschnitten. „Ich muss zur Großmutter. Wir sehen uns später noch“. Sie springt auf und verschwindet.

Wie in jedem Jahr ist Juliane furchtbar aufgeregt. Sie sitzt an ihrem Schreibtisch und blättert in einem Buch, als die Mutter endlich die Tür öffnet und sie ins Wohnzimmer holt. Der große Augenblick ist da. Feierliche Weihnachtsmusik ertönt, die Kerzen brennen und der Weihnachtsbaum steht vor dem Fenster in einem roten Topf mit goldenen Sternen und strahlt heller als jeder Stern am Himmel.

„Er sieht so groß und festlich aus“, flüstert die Mutter.

Juliane lächelt glücklich und zwinkert Alba zu, die auf der Christbaumspitze sitzt und ab und zu ihren Feenstaub ins Zimmer pustet. So hüllt sie alles in goldenes Zauber-Licht. „Und im Frühling setzen wir das Bäumchen in Großmutters Garten“, lächelt Juliane. Großmutter Lina nickt zufrieden. Der Vater hat eine kleine Träne im Auge.

„Danke, lieber Wunder-Weihnachtsbaum“, denkt die Mutter.

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