Die Shanti-Methode

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Die Shanti-Methode
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Radana Kuny

Die Shanti-Methode




Radana Kuny

Die Shanti-Methode

oder

»Sprechen Sie Hundisch?«









Impressum

1. Auflage 2012

3., aktualisierte Auflage 2019

© Spirit Rainbow Verlag

UG haftungsbeschränkt

www.spirit-rainbow-verlag.de

Alle Rechte vorbehalten

Printed in Germany

Gestaltung, Druck und Vertrieb:

Druck- & Verlagshaus Mainz

Süsterfeldstraße 83

52072 Aachen

www.verlag-mainz.de

Abbildungsnachweis:

Umschlaggestaltung unter Verwendung von Fotografien von Lucia Sterr, Ina Illenberger und Suse Spriess

Print:

ISBN-10: 3-940700-53-3

ISBN-13: 978-3-940700-53-7

e-Book:

ISBN-10: 3-948108-19-6

ISBN-13: 978-3-948108-19-9

Für Simba!

Ohne dich hätte ich nie den Mut gehabt,

meinen Traum Wirklichkeit werden zu lassen.

Du wirst für immer mein Seelenhund bleiben!

»Um ein Lebewesen wirklich zu verstehen,

musst Du Dich in es hineinfühlen,

bis ganz tief in seine Träume hinein.«

Indianische Weisheit


Die Shanti-Methode

oder

»Sprechen Sie Hundisch?«

Ich weiß nicht, der wievielte Versuch es ist, dieses Buch zu schreiben, aber unabhängig davon, wie viele Seiten ich schon vorher geschrieben hatte, gab es eine Stimme in mir, die mit dem Ergebnis nicht zufrieden war. Warum klappte es nicht, was machte ich falsch?

Jetzt weiß ich es! Ich habe versucht, ein Fachbuch zu schreiben, mit der Hoffnung, die Leser von meiner Art der Arbeit zu überzeugen. Ein großer Fehler, denn so kam ich nicht echt, sondern gekünstelt/bemüht rüber. Abgesehen davon habe ich mich mehr auf den Hund konzentriert, obwohl ich durch meine Arbeit als Coach weiß ich, dass das »Problem« und somit auch die »Lösung« immer am anderen Ende der Leine hängt – also richtet sich nun mein Fokus mehr auf den Menschen.

Zudem habe ich beschlossen, dieses Buch »frei Schnauze« zu schreiben. Es ist ein Buch, dass ich für meine Freunde schreibe (deshalb auch die Du–Form), ein Buch, in dem ich meine Gedanken und Gefühle reflektiere – ein Buch, dass vollkommen MICH widerspiegelt. Sollte es jemanden zum Nachdenken anregen, freut es mich, falls nicht, ist es auch in Ordnung … Jeder wird das für sich selbst herausziehen, was für ihn in diesem Moment stimmig ist.

Schon immer war ich ein sehr neugieriger Mensch – ich liebe es Menschen und Tiere zu beobachten, richtig hinzusehen und hinzufühlen. Ich erkannte sehr schnell, dass sie so sehr viel mehr über sich preisgeben, als über das gesprochene Wort oder einen verbalen Laut. Ich konnte sehen, wie alles miteinander verbunden ist. Wie eine Reaktion, eine Handlung, eine Kettenreaktion nach sich zieht und uns somit prägt. Wie sich Handlungen, die wir immer wieder wiederholen, zu festen Gewohnheiten, zu Konditionierungen entwickeln, unabhängig davon ob sie uns guttun oder schaden!

Nach und nach wurden meine Sinne so geschult, dass ich heute spüren kann, wie die Gefühlszustände meines Gegenübers sind. Egal ob es sich um einen Menschen oder ein Tier handelt, ich kann seine Emotionen/seine Energie wahrnehmen und somit entsprechend darauf reagieren. Diese Gabe ist überhaupt nichts Besonderes, jedes Lebewesen besitzt sie. Der Unterschied ist lediglich der, dass ich mir dessen bewusst bin und diese Gabe auch täglich trainiere. Sie ist vergleichbar mit einem Muskel – wenn er nicht benutzt wird, verkümmert er.

Heute weiß ich durch meine NLP (neurolinguistisches Programmieren)–Ausbildung, dass ich unbewusst einen Rapport (Verbindung) aufbaue. Es liegt in der Natur eines jeden Lebewesen, dass es sich da wohl fühlt, wo es sich verstanden und akzeptiert fühlt. Dieses »Sich verstanden fühlen« ist die wichtigste Voraussetzung für eine gesunde und vor allem auch glückliche Beziehung zwischen zwei Lebewesen. Leider ist es nicht immer vorhanden, wenn wir mit einem Hund zusammenleben, im Gegenteil …

Viele Menschen, mit denen ich zusammenarbeite – so wunderbar sie auch sind – wissen nicht mehr von ihrem Hund als das, was er gekostet hat und welcher Rasse er angehört.

Mein Wunsch ist es, das wir lernen unsere Hunde als das zu sehen, was sie wirklich sind: wunderbare Wesen, Raubtiere, die uns auf einer spannenden Reise namens Leben begleiten und uns die Chance geben, an ihnen und mit ihnen zu wachsen. Denn genau das macht einen Hund so einzigartig in meinen Augen. Trotz seines Raubtierseins, ist er der beste Coach und Therapeut für mich – ohne meine Hunde hätte ich mich nie zu dem Menschen entwickelt, der ich heute bin. Meine Hunde haben mir gezeigt, was wahre Stärke, mentale Kraft und Vertrauen tatsächlich bedeuten. Dafür bin ich ihnen unendlich dankbar und ich freue mich, diese Erkenntnisse mit Dir teilen zu dürfen.

Warum kaufen wir uns einen Hund? Im Idealfall ist es die Sehnsucht und auch die Neugier sein Leben mit einer fremden Spezies zu verbringen, gemeinsam voneinander zu lernen und in Harmonie miteinander zu leben. Aber, Hand aufs Herz, nicht bei uns allen sind es diese Gründe. Sei bitte ehrlich zu Dir selbst (ich weiß, diese Art von Ehrlichkeit ist die schwerste von allen), warum wolltest Du einen Hund? Ist es nicht so, dass wir über unsere Hunde auch viel kompensieren? Die meisten Menschen suchen sich einen Hund nach unbewussten Gründen aus. Wenn wir alle wirklich zutiefst ehrlich und uns unserer Motive bewusst wären, würde ich unter anderem folgende Antworten bekommen:

Höre mal in Dich hinein, ob Du Dich in einem dieser Beispiele wiedererkennst:

Ich habe mir diesen Schäferhund ausgesucht, weil dann we-

nigstens einer auf mich hört, ich mich wichtig fühle.

Diesen Toypudel habe ich mir geholt, weil ich mir immer so

sehr ein Baby zum lieb haben und verhätscheln gewünscht

habe.

Meinen Australien-Shephard habe ich, weil ich mit ihm die

(sportlichen) Erfolge feiern kann, zu denen ich selbst nie in

der Lage war – ich fühle mich somit erfolgreich!

Diesen süßen Mischling habe ich aus dem Tierheim gerettet,

weil ihn auch keiner lieb hat, ich habe Mitleid mit ihm! Auch

ich bin ein Opfer und möchte gerettet werden!

Diesen gefährlich aussehen Bullmastiff brauche ich, damit

die Menschen endlich »Respekt« vor mir zeigen – jetzt kommt

mir keiner mehr blöd!

Diesen familienfreundlichen Labrador habe ich mir geholt,

weil er so sozial und lieb ist – er mag alle und alle mögen ihn.

Ich will auch »Everybody´s Darling« sein.

Diesen wunderschönen Berner-Sennenhund habe ich ge-

kauft, da er sich sehr dekorativ auf dem frischgemähten

Rasen vor unserer Prachtvilla macht. Jeder kann sehen, dass

wir ein perfektes Leben führen – alles ist ästhetisch und so

wie es sein soll!

Es geht hier nicht darum, jemandem zu beleidigen – es spricht auch nichts dagegen sich aus den erwähnten Gründen einen Hund zu holen – es geht hier um Ehrlichkeit sich selbst gegenüber und um die Erkenntnis, dass mir kein Tier das geben kann, was ich so sehr vermisse. Im Gegenteil, der Wunsch geht leider oft nach hinten los …

Du kannst Dir vorstellen, wie sich die Beziehung entwickelt, wenn der süße Toypudel kein Baby sein will, sondern nach jeder streichelnden Hand schnappt. Oder wenn der »devote« Schäferhund macht, was er will; der ach so liebe Labrador plötzlich alles andere als ein »Sunnyboy« ist und der Berner keinen Menschen mehr auf das supergepflegte Grundstück lässt! Denn eins kannst Du mir glauben, auch wenn es natürlich so etwas wie rassespezifische Eigenschaften gibt – Hunde sind nun mal keine Maschinen, die alle gleich sind. Ich habe nicht das Gefühl, dass jeder Labrador auch weiß, dass er ein Labrador ist und sich auch dementsprechend so verhalten soll. Probiere es ruhig aus, stell Deinen Hund vor einen Spiegel, zeige auf ihn und erkläre ihm, dass er der und der Rasse angehört und dann lese ihm aus einer Enzyklopädie vor, wie er gefälligst zu sein hat. Wenn er auch nur ein bisschen intelligent ist, wird er Dir den Hundefinger zeigen und sein Ding weitermachen.

Ich bin manchmal schon sehr erstaunt über die Menschen, die tatsächlich glauben, sich mit einem Hund eine bestimmte Marke/Typen ins Haus zu holen. Wie absurd ist es denn, wenn wir tatsächlich überzeugt davon sind, dass der Hund sich genau so verhalten wird, wie es in den Fachbüchern steht? Es wäre genauso seltsam, wenn Du behaupten würdest, dass alle deutschen Männer superpünktlich, ordentlich und intelligent sind oder alle Italiener die Frauen auf Händen tragen und heißblütige Liebhaber sind. Glaube mir, wenn das der Wahrheit entsprechen würde, wären alle Frauen schon längst in Italien! Denk immer daran, egal was auch in den Hundefachbüchern oder Enzyklopädien steht, die rassespezifischen Eigenschaften beziehen sich auf die Charakteristika oder die Aufgaben, die der Hund ursprünglich übernehmen sollte, weniger auf die Persönlichkeit oder das Wesen des einzelnen Hundes. Ein Wachhund, dessen Job es ist, Haus und Hof samt Inhalt zu bewachen, kann vom Typus her der liebste und zärtlichste Hund sein, der aber trotzdem sofort bereit ist vorzupreschen, wenn es die Umstände verlangen.

 

Mittlerweile hast Du sicher schon erkannt, dass ich gerne in Beispielen rede, mir prägt sich so einfach alles besser ein. Also benutze bitte Deine Phantasie und stelle Dir vor, es gibt zwei tolle Männer in Deinem Leben. Der eine ist Deutscher und arbeitet als Sozialarbeiter und der andere, ein Spanier, arbeitet bei der Polizei. Mit beiden (sind ja nur Freunde!) fährst Du gemeinsam in Urlaub. Ihr wartet im Flughafen auf euren Abflug, da bemerkt »Dein« Sozialarbeiter einen Koffer, der anscheinend zu niemandem gehört. Sofort will er hingehen um zu überprüfen, ob sich ein Namensschild auf ihm befindet. Du kannst Dir vorstellen, wie schnell »Dein« Polizist ihn daran hindern wird. Er hat eine andere Aufgabe, lebt durch seinen Job in einer »anderen« Welt und hat somit eine vollkommen andere Sicht und Wahrnehmung. Bei ihm piepsen alle Alarmanlagen gleichzeitig »Achtung, Achtung, in diesem Koffer könnte eine Bombe versteckt sein!« Beide können wunderbare, liebevolle Männer sein, aber jeder hat eine andere Wahrnehmung, einen anderen Job, lebt sozusagen in einer anderen Welt. Somit liegt es an Dir zu entscheiden, welche dieser Welten am stimmigsten mit Deiner eigenen ist.

Also frage Dich auch bei einem Hund ob Du z.B. damit leben kannst, dass er eine gewisse Wachsamkeit, oder eine Jagdpassion mit sich bringt. Je mehr Du auf seiner »Schiene« bist, je mehr sein Job mit Dir als Mensch harmoniert, umso einfacher wird es für euch beide!

Ich selbst hatte bis jetzt 6 eigene Hunde – der 7. (Einstein, ein Landseerrüde) ist schon unterwegs. Alle waren für mich einfach nur geniale Hunde, in ihrem Wesen sehr weich, sanft und absolut sozial Menschen und Tieren gegenüber. Und doch waren sie von ihren Eigenschaften (Fähigkeiten) sehr unterschiedlich. Simba, mein Traum von einem Berner-Sennenhund, war sehr stolz, wachsam und hätte mich mit seinem Leben verteidigt, ebenso wie meine eigenständige Landseerhündin Nala, die absolut furchtlos ist. Jacky, mein Riesenschnauzermix, war ebenfalls ein perfekter Wachhund, der aber eine unglaubliche Geduld hatte. Shanti, meine Retrieverhündin, rennt dagegen gerne mal einem Hasen hinterher (wenn sie ihn vor mir sieht), ist aber fremden Menschen gegenüber reservierter als die anderen, hat nicht den Mut wie die Anderen und braucht somit mal Unterstützung von mir oder den anderen Hunden. Kira, meine Terriermixhündin, war sehr temperamentvoll und fremden Menschen gegenüber recht mürrisch – zumindest am Anfang. Hutch, der Wolfspitzmischling, hat gerne alles verbal kommentiert, was dagegen bei meiner Nala, dem Landseer, sehr selten vorkommt. Shanti gehorcht sehr schnell und findet es toll mir zu gefallen, Simba und Nala fragen erst mal zur Sicherheit nach, ob ich es auch wirklich so meine …

Du siehst, jeder Hund bringt was anderes mit, hat auch einen anderen Job, und doch kann jeder der beste überhaupt sein und durch und durch ein sanfter, treuer Freund. Den meisten Hunden ist es sowas von egal, welcher Rasse sie angehören, sie sind auch nicht auf ihren Stammbaum (falls vorhanden) stolz – leider im Gegensatz zu einigen Menschen, die einen Rassehund im Wert über einen Mischling stellen. Gott sei Dank sind da die Hunde gesünder und kennen keinen Rassismus. Ich habe noch nie erlebt, dass sich ein Rassehund stolz vor einem Mischling aufgebaut hat mit der Aussage: »Ätsch, ich bin ein preisgekrönter Rassehund!« Obwohl es auch Blender unter Ihnen gibt. Ich habe schon so einige kleine Hunde kennengelernt, die schon aus Kilometerentfernung brüllen: »Ich bin ein Mastino Napoletano!« Geglaubt hat es ihnen allerdings niemand.

Es gibt nur zwei Gründe, warum wir uns für einen bestimmten Hund entscheiden (selbst wenn uns ein Hund zuläuft werden wir uns, falls wir ihn behalten, aus einem dieser beiden Gründe für ihn entscheiden.):

1) Der Hund spiegelt das wider, was ich vermisse, dass was ich zutiefst in mir leben will – oder vor was ich Angst habe (ich habe z.B. Angst davor, NEIN zu sagen und siehe da, ich suche mir einen Hund aus, der ständig NEIN zu mir oder anderen sagt).

Diese Entscheidungen laufen immer unbewusst ab. Für den zweiten Grund, sein Leben mit einem Hund zu verbringen, muss sich der Mensch kennen, sich seiner Schwächen und Fehler, aber auch seiner Stärken, bewusst sein:

2) Der Hund ist bewusst von mir ausgesucht worden, weil er genau die Eigenschaften hat, die ich bewusst lebe, die mir vertraut sind und die somit perfekt zu mir passen.

Wenn Hunde aus dem 2. Grund bewusst ausgesucht werden, können wir davon ausgehen, dass diese Beziehung harmonisch sein wird – die Chemie stimmt zwischen Mensch und Hund und beide können ihre Persönlichkeit bewusst entwickeln. Keiner wird den Anderen durch eine falsche Erwartungshaltung enttäuschen.

Menschen, die sich so bewusst einen Hund aussuchen, werden unabhängig von der Rasse auf den einzelnen Hund schauen, auf seine ganz eigene Energie, seine Persönlichkeit achten. Sie wissen, dass nicht die Rasse ausschlaggebend ist, sondern immer der Einzelne, das Individuum. Ich verliebe mich auch zuerst in das Wesen eines Menschen, nicht in seinen Job. Aber trotzdem sollte ich mir immer klar sein, dass auch ein Job einen Menschen prägt und ein wichtiger Bestandteil in seinem Leben ist. Eine Vegetarierin wird wahrscheinlich nie mit einem Metzger glücklich werden, selbst wenn es ein ganz netter ist.

Durch jahrelange Selektion durch Züchtung haben sich diese Job-Eigenschaften bei Hunden durchgesetzt und damit auch ihren Charakter mitgeprägt. Dadurch hat z.B. jeder Herdenschutzhund eine größere Eigenständigkeit und Wachsamkeit als beispielsweise ein Schäferhund, so wie jeder Jagdhund eine größere Passion zum Jagen mitbringt als z.B. ein Lagehund. Und doch kann kein Jagdhund mit einem anderen verglichen werden, denn jeder Hund einer bestimmten Rasse hat seine individuellen Eigenarten. Du kannst zehn deutsche Doggen haben und doch ist jede einmalig!

Das ist für mich auch der Grund, warum ich nie dieselbe Hunderasse mit dem gleichen Geschlecht doppelt habe. Simba war z.B. für mich ein absoluter Traumhund, der wunderbarste Berner, den ich mir nur erträumen konnte. Es wäre unfair in diese Fußspuren einen anderen Bernerrüden eintreten zu lassen. Ich würde ihn unbewusst mit Simba vergleichen und das wäre einfach nicht fair ihm gegenüber. So ist jeder Hund, der zu mir kommt, immer frei, was meine Erwartungshaltung angeht und hat somit die Möglichkeit, ebenfalls tiefe, einmalige Spuren in meinem Herzen zu hinterlassen. Es fällt mir leichter nicht zu vergleichen, wenn die Optik, oder zumindest das Geschlecht, anders ist. Aber ich kann immer nur von mir reden – für manch einen Menschen muss es immer die gleiche Rasse und auch das gleiche Geschlecht sein. Solltest Du auch zu ihnen gehören, dann bleibe aber bitte immer fair und vergleiche nicht! Die Hunde spüren das und leiden auch, wenn sie auf energetischer Ebene fühlen, dass sie Deinen Erwartungen nicht entsprechen. Oder wie wäre es für Dich, wenn Dein Partner Dir immer Deinen Vorgänger als Vorbild vor Augen halten würde?

Die Persönlichkeit eine Hundes setzt sich aus 3 Faktoren zusammen: Zum einen aus den Genen, der Veranlagung (Konstitution), die der Hund von Geburt an mitbringt, zum anderen aus den rassespezifischen Eigenschaften und zum guten Schluss aus der Prägung, der Sozialisierung (Erziehung), seinem alltäglichen Umfeld. Gerade dieser letzte Punkt ist in meinen Augen der Wichtigste, ich würde sogar behaupten, dass er mindestens 70 % von dem Charakter eines Hundes ausmacht.

Das gute – ja, das allerbeste – daran ist, dass wir somit einen unglaublichen Einfluss auf unseren Hund haben! Im positiven allerdings nur, wenn wir Menschen sind, die sich dessen bewusst sind und den Hund richtig und gesund erziehen.

Wir müssen uns klarmachen, dass wir es in der Hand haben, wie sich unser Hund entwickelt – unabhängig von der Rasse! Wir haben die Macht bzw. die Chance, aus jedem Hund einen wunderbaren, freundlichen, in sich ruhenden sozial verträglichen Hund zu formen.

Und genau das ist das Ziel meiner »Shanti-Methode«. Dazu noch eine kleine Erklärung, was eigentlich »Shanti-Methode« heißt (und nein, ich gehöre keiner Sekte an – auch wenn sich mein Name so komisch anhört):

Ich bin ich Prag geboren, Radana ist somit ein normaler tschechischer Name und Shanti kommt aus dem Indischen und heißt übersetzt Frieden. Vor langer Zeit war ich für knapp 12 Wochen in Indien und kam in den großen Genuss von einem wilden Hunderudel lernen zu dürfen. Über viele Wochen und unzählige Stunden konnte ich sie beobachten und bin ihnen bis heute dankbar für diese unvergessliche Ausbildung. Was mich am allermeisten beeindruckt hat, war dieser unglaubliche Frieden, den diese wilden Hunde ausstrahlten. Das Alphapaar wurde respektiert und bewundert und die beiden hatten solch eine enorme Präsenz, dass manchmal nur ein Augenzucken ausreichte, damit das restliche Rudel richtig reagierte. Das hat mich dazu veranlasst, nicht nur meine zuckersüße Retrieverhündin »Shanti« zu nennen, sondern auch meine Arbeit mit Hunden allgemein. Ich habe erkannt, dass es keine Probleme geben kann, wenn Frieden herrscht.

Da wo Frieden ist, gibt es keine Störungen und alle fühlen sich wohl und ausgeglichen, entspannt. Oder siehst Du das anders? Ich kann nur von mir sagen, dass, wenn ich mich vollkommen wohl und entspannt fühle, mein Leben wesentlich leichter und schöner ist. Ich kenne keinen Hund und auch keinen Menschen, der das Bedürfnis nach Streit, Kummer oder Aggression hat, wenn er in sich einen tiefen Frieden trägt.

Probleme signalisieren immer, dass etwas aus der Balance geraten, nicht in Harmonie ist. Somit sehe ich es als meine Aufgabe an, wieder Frieden und Harmonie in die Mensch/Hund-Familie zu bringen – zumindest soweit es in meiner Macht steht. Das heißt für mich, den Menschen einen Weg zu zeigen, der wieder ihr Leben, und somit auch das ihres Hundes, in Balance bringt. Übrigens ein wunderschöner und auch spannender Weg. Es erfüllt mich mit einer tiefen Dankbarkeit, Dich dabei begleiten zu dürfen. Ich könnte manchmal glatt vor Glück platzen, wenn ich miterlebe, wie meine Kunden über sich hinauswachsen und sich somit alles in ihrem Leben wandelt! Es ist wunderschön zu sehen, wie sich Hunde, die ein negatives Programm in sich hatten, entspannen und in ihre Menschenfreunde »verlieben« und plötzlich ein »Verstehen ohne Worte« entsteht.

Bitte entschuldige, wenn ich so tief in die Gefühlskiste greife, aber wenn ich nicht so vollgepumpt mit Gefühlen wäre, könnte ich nie meine beiden Berufe erfolgreich ausüben. Denn mal ganz im Ernst: kann ich ein Lebewesen besser über den rationalen Verstand oder über die Empathie, das Gefühl, begreifen? Also wenn ich die Wahl hätte, mir z.B. Liebe erklären zu lassen, würde ich dann meinen Kopf, oder meinem Gefühl, dem Herzen, den Vorzug geben? Na also! Da das nun geklärt ist, werde ich weiterhin ungehindert in meinen Gefühlen schwelgen. Falls das nichts für Dich ist, wärest Du sicher mit einem der vielen wissenschaftlichen, logisch fundierten Fachbüchern – am besten mit einer Gebrauchsanleitung für einen perfekt funktionierenden Hund – besser bedient! Und unabhängig davon, ich finde Gefühle klasse und habe überhaupt keine Probleme mit meinen Kunden zu lachen, albern zu sein, aber auch mal (am liebsten vor lauter Freude) zu weinen. Wenn Du es einmal erleben könntest, was für eine Magie entsteht, wenn der Hund zum allerersten Mal ganz bewusst, voller tiefem Vertrauen, seinem Menschen tief in die Augen sieht … Also, wer da keine tränenden Augen bekommt hat ein Herz aus Stein! Ich weiß, dass jetzt das Argument kommt – hoffe aber nicht von Dir – das doch in so vielen Hundebüchern steht, dass man einem Hund nicht in die Augen schauen soll. Mal ganz im Ernst, sind wir erwachsene Menschen, die einen gesunden Menschenverstand haben und ihn auch benutzen, oder einfach nur Marionetten, die jeden Schwachsinn unreflektiert für wahr halten? Wie würdest Du Dich fühlen, wenn Du mit einem Menschen zusammenleben würdest, der Dich nie anschaut? Furchtbar, oder? Sagen wir nicht schon unseren Kindern »Sieh mich an, wenn ich mit Dir rede!«? Empfinden wir es nicht als angenehm, oder sogar als unverschämt, wenn uns unser Gesprächspartner nicht anschaut?

Die Augen sind das Tor zur Seele – wie kann ich denn jemals jemanden wirklich kennenlernen, wenn ich nicht tief in seine Seele schauen kann? Meine Hunde und ich beherrschen diese Kunst in Perfektion! Ich zerschmelze regelrecht, wenn sie mich mit ihren wunderschönen, bernsteinfarbenen Augen minutenlang anschauen. Die Gefühle, die da zwischen uns hin und her fließen, sind einfach unbeschreiblich.

 

Also bitte schaltet euren klugen (falls vorhandenen) Menschenverstand ein und schaut euren Hunden mal ganz bewusst in ihre Augen. Und bitte bitte erwidert den Augenkontakt, wenn euer Hund euch mal anschaut – ein Strahlen (das kommt von alleine, wetten?) oder ein zustimmendes Brummen reicht schon vollkommen aus, um ein glückliches Schwanzwedeln zu erhalten.

Bei mir gibt es ein Training, das nennt sich »ohne Worte«. Im Klartext heißt es, dass wir vorwiegend nur über Augenkontakt mit unseren Hunden kommunizieren – und, Überraschung, kein Training ist so effizient! Jeder, aber auch wirklich jeder Hund begreift spätestens dann, was sein Mensch ihm mitteilen will.

Was ich natürlich nicht mache, ist einem fremden, oder aggressionsbereiten Hund mit starren, weit aufgerissenen Augen anzugaffen, glaub mir, dass kommt nicht gut an!

Aber schließlich würde ich auch nicht versuchen, einen angriffsbereiten Menschen durch einen herausfordernden Blick auf mich Aufmerksam zu machen, oder? Selbst einem fremden, sehr hübschen Mann würde ich nicht tief in die Augen schauen – zumindest nicht, wenn seine Frau in der Nähe ist. Es sei denn, ich bin lebensmüde!

Zu beachten sind immer die 3 W´s. Unterscheide je nach Situation:

WEN, WIE und WANN schaue ich jemanden an?

Was in der einen Situation richtig ist, kann nur ein paar Minuten später völlig falsch sein.

Wie machtvoll Blicke sind merkt man oft daran, wenn sie geradezu körperlich spürbar sind. Sicher kennst Du das, dass Du z.B. in einem Café sitzt und dich auf einmal unwohl und beobachtet fühlst und wenn Du Dich nach einer Zeit umdrehst, sitzt hinter Dir ein komischer Typ, der Dich ununterbrochen anstarrt. Ein anderes Beispiel: Du bist mit Deinem Schatz auf einer großen Party und er steht am anderen Ende des Saals und unterhält sich angeregt, dann plötzlich hebt er seinen Kopf hoch und schaut Dich an. Und Du hast auf einmal das Gefühl, dass ihr Beiden die einzigen Menschen auf dieser Party seid, so verbunden fühlt ihr euch nur durch diesen einen Augenkontakt – das ist Magie!

Schaue ich jemanden an, berühre ich ihn!

Wer kennt nicht die Aussagen:

»Ihre/Seine Blicke haben mich ausgezogen!«

»Ihr/Sein Blick hat mich peinlich berührt!«

»Ihre/Seine Augen haben mich gestreichelt!«

»Ihre/Seine Augen haben mich in den Bann gezogen!«

»Ihre/Seine Blicke haben mich verfolgt!«

»Aus ihren/seinen Augen schossen Blitze ...!«

»Wenn Blicke töten könnten!«

All unsere Gefühle spiegeln sich in unseren Augen wider. Sie können warm, voller Liebe, Leben, List, Hass, Wut, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Kälte, Härte, Mitgefühl, Gleichgültigkeit … sein. Augen lügen nie! Selbst wenn unser Mund lächelt oder Nettigkeiten sagt, wirst Du die Wahrheit immer nur in den Augen erkennen.

In dem Moment, in dem ich jemanden ansehe, stelle ich eine Verbindung her. Einem sehr tief in die Augen schauen hat meistens nur zwei Gründe: der erste zeigt, dass man sich öffnet – ich lasse mein Gegenüber tief in meine Seele blicken. Der zweite Grund ist nichts anderes als ein Machtkampf – wer zuerst den Blick abwendet, hat verloren. Eins kannst Du mir glauben, ich habe noch nie einen Hund oder einen Menschen erlebt, der diese beiden Blicke nicht unterscheiden konnte!

Dies ist auch der Grund, warum ich Dir immer erkläre, dass Du nur das anschauen sollst, wenn Du mit Deinem Hund unterwegs bist, was auch für ihn interessant sein soll. Kommt Dir ein Jogger entgegen, wirfst Du ihm nur einen kurzen Blick zu – sozusagen um Dich zu überzeugen, ob er eine Gefahr für Dich und Deinen Hund ist, falls nein, wendest Du Deinen Blick ab – so zeigst Du Deinem Hund, dass Du kein Interesse hast. Wenn Du der Anführer für Deinen Hund bist und er Deinem Urteil vertraut, passt er sich Deinem Verhalten sofort an. Starrst Du dagegen den Jogger wie hypnotisiert an, signalisierst Du Deinem Hund Interesse und brauchst Dich dann nicht wundern, wenn er frei nach dem Motto reagiert: »Kein Problem Frauchen, ich hole den Kerl für Dich!« Obwohl, wenn ich so darüber nachdenke, bei manchen attraktiven Joggern würde es sich vielleicht doch lohnen, einen längeren intensiven Blick hinterher zu werfen.

Du hast sicher das Wort Anführer herausgehört. Im Grunde genommen ist das der Schlüssel zu einem glücklichen entspannten Hund. Sobald der Hund einen Menschen mit Führungsqualität an seiner Seite hat, kann er sich voller Vertrauen an ihm orientieren und hat somit keinen Stress. Aber was ist denn nun ein Anführer? Ein Anführer hat nichts mit jemandem zu tun, der einen unterdrückt oder sonst wie negative Macht über jemanden ausübt. Selbst wenn der Hund Dir gehorcht bist Du nicht automatisch sein Anführer. Im Gegenteil – so seltsam sich das im ersten Moment auch anhören mag. Aber wenn Du wüsstest, wie viele Hunde ich kenne, die einen sehr guten Grundgehorsam haben und sich trotzdem absolut führungslos und somit überfordert mit ihrem Leben fühlen. Du kennst doch sicher auch Hunde, die gehorchen, aber ansonsten Stresssymptome zeigen, wie z.B.: kläffen im Auto, Aggression gegen Artgenossen oder Menschen, Zerstörungswut, ständiges Abhauen.

Gehorsamkeit, im Sinne von Kommandos befolgen, ist nichts anderes als eine Dressur und sagt nichts darüber aus, ob der Hund ein sozial erzogenes Lebewesen ist und Dich als Anführer, als Leitfigur, respektiert!

Falls Du in einem Betrieb arbeitest und Anweisungen von Deinem Chef annimmst, zeigst Du auch Gehorsamkeit ihm gegenüber und doch würdest Du nie auf die Idee kommen, dass Dein Chef automatisch jemand ist, den Du liebst, respektierst und dem Du Dich freiwillig anschließen würdest. Und ich wette – so hoffe ich doch – dass Du ihm ganz schnell die Meinung sagen würdest, wenn er versuchen sollte, sich in Dein Leben einzumischen!

Das eine ist Job/ Ausbildung, das andere Respekt, Freundschaft, Vertrauen und Führung! Das eine kann ich mir erkaufen oder mit Druck einfordern, dass andere muss ich mir mit Geduld und Liebe erarbeiten und somit erst verdienen. Dressur heißt, mein Fokus liegt auf dem Hund und je nach meiner Persönlichkeit mache ich ihm diese Dressur schmackhaft (z.B. mit Futter oder Streicheleinheiten) oder mit Druck (über Strafreize und Gewalt) – wenn es um Führung geht, liegt mein Fokus dagegen bei mir – ich arbeite an mir, entwickle alle Eigenschaften, die es braucht, damit mir mein Hund vertrauen kann, mich respektiert und sich mir somit freiwillig anschließt und mir folgt. Tja, das ist eigentlich der allergrößte Unterschied zwischen meiner »Shanti-Methode« und der konventionellen Hundeerziehung: Der Fokus liegt auf dem Menschen.

Du würdest doch auch nicht jedem dahergelaufenem Trottel vertrauen, nur weil er Dir mal den Rücken massiert oder Dich auf einen Kaffee einlädt – geschweige denn, wenn er Dich beleidigt oder Dir sogar eine scheuert. Wie fühlst Du Dich dagegen bei harmonischen, in sich ruhenden Menschen, Menschen die eine tiefe Zufriedenheit und somit Charisma ausstrahlen? Wetten, es zieht Dich magisch zu ihnen hin? Du fühlst Dich einfach wohl in ihrer Nähe.

Dieser Punkt ist so enorm wichtig, dass ich ihn noch einmal wiederholen möchte. Ein Hund, der auf Kommandos gehorcht, ist nicht automatisch ein erzogener und somit auch sozialer Hund! Leider tragen noch immer auch die meisten Hundetrainier zu dieser falschen Annahme bei. Uns wird suggeriert, dass ich einen perfekt erzogenen Hund habe, wenn er meinen Kommandos gehorcht. Diese Dressurstunden nennen sich auch noch Erziehungskurse! Ich kann mir sogar schriftlich bestätigen lassen, z.B. durch eine Begleithundeprüfung, dass ich einen erzogenen Hund habe. Wie viele Menschen könnten sofort ein gutes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen und sind doch verkappte Psychopathen oder zumindest unangenehme Sozialgenossen.

Berufe Dich nicht auf irgendein Stück Papier und mache dir bewusst: Erziehung hat nichts mit einer Dressur zu tun!

Was glaubst Du denn, wie viele Hunde zu mir kommen, die perfekt Sitz-Platz-Fuß auf Kommando ausüben können? Ich schätze mal vorsichtig, dass es so um die 70 % sind. Davon besitzen sicher die Hälfte eine Begleithundeprüfung. Und was glaubst Du, was bis heute der Hauptgrund ist, warum ich gebucht werde? Wegen Aggression oder zumindest einem unsozialen Verhalten Artgenossen und oft auch Menschen gegenüber! Sehr viele meiner Kunden konnten keinen Besuch mehr empfangen, da jeder sofort von dem Hund gestellt wurde. Viele trauten sich nur noch in einsame Gegenden oder nachts heraus, damit sie auf keinen Fall anderen Hunden begegneten und all das, obwohl der Hund (zumindest die meisten, ca. 80 %) doch von Anfang an in einer Hundeschule waren. Oder die Hunde hauen ab und machen was sie wollen. Der Mensch interessiert sie eigentlich nur, wenn er den Dosenöffner in die Hand nimmt. Also was läuft hier falsch? Kannst Du es mir jetzt sagen? Prima, wusste ich doch, dass Du es jetzt begriffen hast!