Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht

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Aus der Reihe: Ius Communitatis
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Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht
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Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht

Eine systematische Darstellung der Wirtschafts- und

Wettbewerbsverfassung der EU

Prof. Dr. Peter Behrens, MCJ (NYU) em. o. Professor an der Universität Hamburg


www.cfmueller.de

Impressum

Peter Behrens hat nach dem Studium in Hamburg, Lausanne, Freiburg und Berlin seine juristische Ausbildung mit dem Referendariat in Hamburg abgeschlossen. Er wurde dort auch zum Dr. iur. promoviert (1969). Aufgrund eines Postgraduiertenstudiums an der New York University hat er den Grad eines Master of Comparative Jurisprudence (MCJ) erworben (1970). Seinen beruflichen Werdegang hat er als Referent am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg (1971-1984) begonnen und nach der Habilitation (1984) als Universitätsprofessor an der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg fortgesetzt. Er hat Gastprofessuren an den Universitten von Chicago (1984) und Michigan/Ann Arbor (1986/87) wahrgenommen. Als Lehrbeauftragter unterrichtet er in diversen in- und ausländischen Postgraduiertenstudiengängen. 1996/97 war er Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Seit seiner Emeritierung (2005) ist er Mitglied des Direktoriums des Institute for European Integration der Stiftung Europa-Kolleg Hamburg. Seine Forschungs- und Publikationsschwerpunkte liegen in den Bereichen des Internationalen Wirtschaftsrechts, des europäischen Binnenmarkt- und Wettbewerbsrechts, des internationalen, europäischen und vergleichenden Gesellschaftsrechts sowie der ökonomischen Theorie des Rechts.

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

ISBN 978-3-8114-4710-3

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Geleitwort

Europa dominiert immer deutlicher das Recht in Deutschland und in den anderen Mitgliedstaaten. Mit jeder EU-Richtlinie, EU-Verordnung, bedeutendem EuGH-Urteil wird allgemeiner bewusst, dass in fast allen Kerngebieten des Rechts die wichtigen Reformanstöße aus Europa kommen, dass Europäisches Recht zunehmend alle Eckpunkte besetzt. Europäisches Recht darzustellen heißt also, die Hauptprobleme zu diskutieren, die Leitprinzipien, praktisch jedoch zugleich zunehmend: Fragen zu erörtern, in denen nationale Rechtsprechungstraditionen umgeworfen, ganze Bibliotheken Makulatur werden können. Seit 2002 gilt ein anderes Schuldrecht, seit eineinhalb Jahrzehnten ist Europa die Triebfeder für ein Aktien- und GmbH-Recht in steter Reform, die Bankrechtsarchitektur ist fast vollständig Europäisch. Seit dem Brexit ist eine noch weitere Vertiefung eine Option – bis hin zu einer „Verfassung“, vielleicht auch einer differenzierten Integration.

Längst etabliert ist eine Europäische Währung, eine Europäische Aktiengesellschaft, eine Europäische Bankenunion folgte, der Europäische Kapitalmarkt wurde komplett novelliert, die freie, europaweite Zirkulationsfähigkeit von Urteilen in allen Zivil- und Handelssachen ist längst Wirklichkeit, ein Europäischer Verfassungsdiskurs Realität. Ein Europäisches Zivil- oder Vertragsgesetzbuch wurde konzipiert, Stücke davon werden weiter diskutiert. Sogar ein Europäisches Körperschaftssteuerrecht ist zumindest angedacht. Das Wettbewerbs- und Beihilfenrecht war schon lange primär Europäisch, es ist mit seinen mächtigen Durchsetzungsmechanismen, die den Worten von Staatschefs trotzen, in aller Munde. Ähnliches gilt für das Immaterialgüter-, das Außenwirtschafts- und auch das allgemeine Bank- und Versicherungs- sowie das Umweltrecht. Dies sind inzwischen genuin Europäische Materien, in Zentralstücken auch das Arbeits- und Steuerrecht.

Europäisches Recht – zu allen Rechtsmaterien – hat längst eine Breite gewonnen, die es unumgänglich macht, zu mehr als nur einem einzigen Buch zu greifen.

Dabei ist die Reihe so aufgebaut, dass sie das jeweilige Europäische Komplementärstück zu einem klassischen Rechtsgebiet vorhält. Die Reihe bietet damit das rundum sortierte Binnenmarktpaket, wobei für den Benutzer die Gebiete ausgewählt wurden, die solch einen Binnenmarktbezug in erheblichem Umfang haben. Gegenüber dem mehrbändigen Loseblattwerk hat sie nicht nur preislich Vorteile, es wird auch die Systematik stärker betont, die Beschränkung auf das Wesentliche – wichtig in einer ausufernden und für fast alle unübersichtlichen Materie wie dem Binnenmarktrecht.

Die Dynamik ist beeindruckend, die Entwicklung gewinnt rasant an Fahrt.

Orientierung tut not. Seriöse Rechtsanwendung kann auch nicht mehr allein mit der (deutschen) Umsetzung arbeiten. Das Original, die Europäische Vorgabe, die auch im nationalen Rechtsverkehr in fast allen Fällen de facto unmittelbar Anwendung findet, muss betrachtet werden. Diese Orientierungshilfe ist am besten zu leisten, wenn der Europäische Bestand zusammenhängend und mit der nötigen Dichte dargestellt wird – vorliegend in bis zu zwölf Einzelbänden, als Vorreiter im deutschen (und auch im Europäischen) Markt.

Die Einzelbände decken die Schwerpunkte der Europäisierung ab. Sie geben dem fortgeschrittenen Studenten das Material für herausgehobene Examensergebnisse. Der Student muss im Schwerpunktfach die Europäisierung seriös studieren, will er sich in diesem wirklich auch für die Zukunft spezialisieren und das Examen mehr als durchschnittlich meistern. Bände mit rechtsvergleichenden und interdisziplinären Bezügen bereiten ihn zudem auf ein mögliches Auslandsstudium vor und helfen ihm Funktionsbezüge zu sehen oder unterstützen auch Studien im Nachbarfach. Die einzelnen Bände geben dem Praktiker – dem Rechtsanwalt, Unternehmensjuristen, Richter oder Praktiker in Behörden und Ministerien –, der vor dem Europäischen Recht nicht die Augen verschließen will, die verlässliche Ordnung und den genügend detaillierten Hinweis auf die maßgeblichen Probleme. Sie geben – als gesamte Reihe – die Zusammensicht der Materien, in denen vor allem an Europäisches Recht zu denken ist. IUS COMMUNITATIS macht also – in klassischer deutscher Lehrbuchform – das Sachrecht Europas handhabbar.

Einbezogen ist ein Band, älter, zu den geschichtlichen Grundlagen. Denn in der Tat ist die Europäische Rechtsgeschichte Grundlage für ein Europa, das zunehmend eine junge Einheit wird.

Alle Bände zum geltenden Recht der Union eröffnen zunächst umfassend das Handwerkszeug. Dargestellt ist jeweils der EG-rechtliche Bestand und das Instrumentarium, wie dieser Bestand im nationalen Rechtsverkehr wirkt. Erörtert wird jedoch ebenfalls, welche ökonomischen oder sonstigen interdisziplinären Bezüge für die jeweiligen Normen von Bedeutung sind, also was die Regeln bewirken sollen, sowie, wo Lücken verblieben sind, welche verschiedenen Modelle hier europaweit existieren und diskutiert werden. Denn Europäisches Recht ist auch ein Recht im Werden. Jedes Rechtsgebiet wird also zusammenhängend gezeichnet, als Organismus, wobei das vereinheitlichte oder harmonisierte Recht gleichermaßen nur das Skelett – den harten Nukleus – bildet. So wird die Verbindung zum nationalen Recht deutlicher. So wird die Fähigkeit zum Umgang mit Europäischem Recht gesteigert. So entsteht ein zusammenhängendes, nicht das häufig beklagte fragmentarische Bild. Lernbücher, Diskussionsbücher, stets jedoch vor allem auch Praxisbücher – dicht genug für die nötigen Details und doch klar in den Grundlinien. Das war der Anspruch. Für Kritik und Anregungen danken Autoren und Herausgeber (Stefan.Grundmann@rewi.hu-berlin.de).

Die ganze Reihe IUS COMMUNITATIS verdankt viel der Thyssen-Stiftung, die den Europäischen Zugriff und insbesondere auch die Verbindung mit der Rechtsvergleichung als so wichtig einstufte, dass sie jeden Band großzügig unterstützte.

Als Herausgeber empfinde ich tiefe Dankbarkeit.

Berlin, im Februar 2017

Stefan Grundmann

Vorwort

In Zeiten der Krise gilt es, sich darauf zu besinnen, dass das Projekt der inzwischen zur Europäischen Union erstarkten europäischen Integration seinen Anfang bei der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft genommen hat. Ihr ist der beispiellose wirtschaftliche Aufstieg und Wohlstand der Völker Europas zu verdanken. Mögen auch mancherlei weitergehende Ansätze zu einer politischen Union ins Stocken geraten oder gar krisenhafte Züge annehmen, so sind doch der Binnenmarkt und das System unverfälschten Wettbewerbs der nach wie vor funktionsfähige Kern der Europäischen Union. Anders als die politische Integration, die als Prozess ständig neue Kompromisse zwischen den im Rat vertretenen Regierungen verlangt, beruht die wirtschaftliche Integration vor allem auf dem Schutz individueller Rechte. Das wesentliche Strukturmerkmal von Binnenmarkt und Wettbewerbssystem ist nicht die Übertragung vormals nationaler Hoheitsrechte auf die Union, sondern der rechtsverbindliche Verzicht der Mitgliedstaaten auf die Ausübung staatlicher Hoheitsrechte gegenüber ihren Bürgern in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Als der Europäische Gerichtshof aus den Vertragsbestimmungen die unmittelbare Anwendbarkeit der Grundfreiheiten und deren Vorrang vor dem nationalen Recht ableitete, war dies kein illegitimer Akt angemaßter Selbstermächtigung, sondern die Erhebung der Unionsbürger zu Subjekten wirtschaftlicher Freiheiten und damit zu Protagonisten der Europäischen Integration. Die wirtschaftliche Integration resultiert daher nicht aus der Zentralisierung von Machtbefugnissen bei den Unionsorganen, sondern aus der Wahrnehmung ihrer grenzüberschreitenden Wettbewerbschancen durch die Wirtschaftsteilenehmer. Die entsprechenden Handlungsfreiheiten garantiert das Unionsrecht durch die primärrechtlichen Verbote staatlicher Beschränkungen des zwischenstaatlichen Wirtschaftsverkehrs und der Beschränkungen des Wettbewerbs durch Unternehmen bzw. öffentliche Hände. Und es sind diese letztlich privatrechtlich konstituierten Freiheiten der Wirtschaftsteilnehmer, die von allen Behörden und Gerichten zu schützen sind. Walter Hallstein hat die Wirtschaftsgemeinschaft daher treffend als Rechtsgemeinschaft charakterisiert. Ihre vorausgesetzte Grundlage ist die Bereitschaft der mitgliedstaatlichen Exekutivgewalten, Urteile zugunsten der Bürger auch im Fall des Unterliegens zu akzeptieren und zu befolgen. Solange diese rechtsstaatliche Basis nicht erodiert, darf man hoffen, dass sich die rechtlich verfasste Wirtschaftsgemeinschaft im Kern als krisenfest erweisen wird.

 

Die Verrechtlichung von Binnenmarkt und Wettbewerb impliziert, dass sie in ihren Grundlagen tagespolitischer Einmischungen unzugänglich sind. Die primärrechtlich garantierten Individualrechte stehen nicht zur Disposition beliebiger politischer Ermessensentscheidungen. Sie ähneln Grundrechten, deren supranationaler Charakter ihnen grundsätzlich sogar Immunität gegenüber dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten verleiht. Es ist dieser spezifische Charakter des Binnenmarktrechts und der Wettbewerbsregeln, der ihnen Verfassungscharakter verleiht. Wenn der EuGH das Recht der Union als Verfassung gekennzeichnet hat, so gilt dies in besonderem Maße für die Wirtschafts- und Wettbewerbsverfassung. Indem der EUV das Konzept der „sozialen Marktwirtschaft“ in Bezug nimmt (Art. 3 Abs. 3 UAbs. 1 S. 2 EUV), wird allerdings auch anerkannt, dass der tragende unionsrechtliche „Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“ nicht ohne weiteres bereits aus sich heraus auch die sozialen Gerechtigkeitswerte realisiert, denen die EU ebenfalls verpflichtet ist. Soziale Marktwirtschaft bedeutet: Verknüpfung von wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und sozialem Ausgleich. Der Sozialstaat hat die Aufgabe, die soziale Differenzierung, die der wirtschaftliche Wettbewerb mit sich bringt, zu befrieden und damit auch die Akzeptanz der Marktwirtschaft zu fördern. Auch der europäische Binnenmarkt und sein Wettbewerbssystem bedürfen einer sozialen Grundlage, die sie selbst nur insofern garantieren können, als sie die materiellen Ressourcen hervorbringen, die für soziale Zwecke zur Verfügung stehen. In welchem Maße und nach welchen Kriterien aber redistributive Ziele verfolgt werden sollen, wird in der Union und ihren Mitgliedstaaten durchaus unterschiedlich beurteilt. Sozialpolitische Maßstäbe entziehen sich daher einer der Marktintegration vergleichbaren konsistenten Verrechtlichung. Die Harmonisierung der heterogenen nationalen Sozialstaatsstrukturen würde die Union überfordern. Hieraus resultiert die für die Union charakteristische Asymmetrie zwischen wirtschaftlicher, sozialer und politischer Integration. Man kann daher nur in einem vergleichsweise unscharfen Sinn in Parallele zur Wirtschafts- und Wettbewerbsverfassung von einer materiellen Sozialverfassung sprechen. Sie würde eine sehr viel weitergehende Integration durch Zentralisierung von Hoheitsrechten voraussetzen als sie die Mitgliedstaaten zu akzeptieren bereit wären und überhaupt opportun erscheint. Eine Sozialunion würde jedenfalls beträchtliche zwischenstaatliche Transferzahlungen voraussetzen, die nicht konsensfähig und deshalb im Rahmen des vorhandenen institutionellen Rahmens der EU auch nicht demokratisch legitimierbar sind.

Es besteht also ein unvermeidliches Spannungsverhältnis zwischen Binnenmarkt- und Wettbewerbsrecht einerseits und den unionalen und mitgliedstaatlichen Politiken andererseits. Die Lösung kann jedoch nicht darin bestehen, wirtschaftliche und soziale bzw. allgemeinpolitische Zwecke miteinander zu vermengen. Unterschiedliche Ziele verlangen auch unterschiedliche Instrumente. Markt und Wettbewerb müssen daher zunächst einmal in ihrer Eigengesetzlichkeit verstanden und normiert werden. Darum geht es hier. Das schließt nicht aus, dass wichtige gesellschaftliche Ziele auch als rechtlich erhebliche Grenzen der wirtschaftlichen Integration zur Geltung gebracht werden können wie es etwa durch die Berücksichtigung „zwingender Allgemeininteressen“ im Binnenmarktrecht oder die Respektierung mitgliedstaatlich definierter „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ im Wettbewerbsrecht geschieht. Es bedarf dafür aber stets einer sorgfältigen Verhältnismäßigkeitsprüfung, um die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts und des Systems unverfälschten Wettbewerbs, die ebenfalls der Allgemeinheit – nämlich erklärtermaßen der Wohlstandmehrung – dienen, nicht zu gefährden. Die Abgrenzung zwischen der Wahrnehmung wirtschaftlicher Freiheitsrechte und der Durchsetzung sozial- oder allgemeinpolitischer Ziele ist daher ein integraler Bestandteil auch des Binnenmarkt- und Wettbewerbsrechts.

Angesichts der Fülle bereits vorhandener Handbücher, Kommentare und Lehrbücher zum Binnenmarkt- und Wettbewerbsrecht der EU mag der Leser eine Begründung dafür verlangen, dass hier eine weitere umfassende Erläuterung der entsprechenden Normenkomplexe vorgelegt wird. Welcher Bedarf soll damit gedeckt werden, dem nicht bereits hinreichend in der vorhandenen Literatur Rechnung getragen wird? Das vorliegende Werk weist einige Besonderheiten auf:


es betont die Einheit von Binnenmarkt und System unverfälschten Wettbewerbs,
es belegt die wettbewerbspolitische Einheit von Kartell-, Fusionskontroll-, Beihilfen- und Vergaberecht im Sinne des Schutzes wettbewerblicher Marktstrukturen,
es bemüht sich um Interdisziplinarität im Sinne der Wechselbeziehung zwischen Recht und Ökonomik, und
es reflektiert die komplexe Interaktion von Institutionen, Regeln und Verfahren im Mehrebenensystem der EU.

Es kann auch im vorliegenden Rahmen nur um eine Einführung gehen. Sie basiert im Wesentlichen auf Primärquellen wie den einschlägigen Unionsverträgen, den darauf beruhenden unionalen Gesetzgebungsakten, der Entscheidungspraxis und den diversen Verlautbarungen der Kommission sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Das wesentliche Anliegen des Autors ist es, Verständnis sowohl bei Lesern zu wecken, die mit der Materie noch nicht vertraut sind, als auch die Vertiefung des Verständnisses von Lesern anzuregen, die sich mit der Materie bereits weitgehend auskennen (vgl. die Benutzungshinweise auf S. XI). Eine ins Einzelne gehende Auseinandersetzung mit der Sekundärliteratur hätte den Rahmen gesprengt. Immerhin findet der Leser abschnittweise Hinweise auf weiterführende Literatur. Im Übrigen stehen für weitergehende Detailinformationen die bekannten Kommentare und Handbücher zur Verfügung (siehe dazu die Literaturliste auf S. XLVII ff.).

Die vorliegende Publikation ist im Institute for European Integration der Stiftung Europa-Kolleg Hamburg entstanden. Der Autor hat zahlreichen Gesprächspartnern zu danken, deren vielfältige Anregungen wesentlich zur Klärung seiner eigenen Gedanken beigetragen haben. Ein besonderer Dank gilt Wolfgang Wurmnest, der erhebliche Teile des Manuskripts kritisch durchgesehen hat, Konrad Lammers, dessen Rat den Autor vor groben wirtschaftswissenschaftlichen Missverständnissen bewahrt hat, und Thomas Bruha, der den Blick für die völkervertraglich geregelte Außenseite von Binnenmarkt und Wettbewerbssystem geschärft hat. Martin Lieberich war bei der Erstellung des Abkürzungsverzeichnisses, Sönke Häseler bei der Gestaltung der Schaubilder behilflich. Dorothee Walther hat dankenswerter Weise die immense Mühe auf sich genommen, das Manuskript und die Druckfahnen sorgfältig zu korrigieren. Selbstverständlich gehen verbliebene inhaltliche Fehler oder formale Mängel zu Lasten des Verfassers selbst.

Hamburg, im November 2016

Peter Behrens

Hinweise zur Benutzung

Der hier gewählte Zugriff auf den Stoff ist ungewohnt. Er umfasst das Binnenmarktrecht und das gesamte unionale Wettbewerbsrecht in seinen kartell-, fusionskontroll-, beihilfe- und vergaberechtlichen Ausprägungen. Die Darstellung ist auf insgesamt vier Teile verteilt, in denen jeweils unterschiedliche Querschnitte durch die genannten Materien gelegt werden. Jeder Teil ist so konzipiert, dass er auch unabhängig von den anderen Teilen aus sich heraus verständlich sein sollte. Keiner der Teile setzt also die Lektüre der jeweils vorhergehenden Teile voraus. Querverweise sind auf das Notwendigste beschränkt. Das bedingt allerdings in gewissem Maße Wiederholungen. Es ist dem Benutzer überlassen, auf welchen Teil sich sein besonderes Interesse richtet.

Es werden zunächst in einem ersten Teil die rechtlichen und ökonomischen Grundlagen der Wirtschafts- und Wettbewerbsverfassung der EU erläutert. Sie umfassen außer einem Überblick über die binnenmarktrechtlich normierte Marktöffnung und das durch Wettbewerbsregeln konstituierte „System unverfälschten Wettbewerbs“ einschließlich der entsprechenden Beziehungen zu Drittstaaten auch eine Darstellung der wettbewerbsökonomischen Grundlagen sowie eine Auseinandersetzung mit den wettbewerbspolitischen Leitbildern. Dazu gehört insbesondere eine ausführliche Kritik des von der Kommission propagierten „more economic approach“.

Im zweiten Teil werden die mit dem Wettbewerbsrecht befassten Institutionen (Organe) der EU und der Mitgliedstaaten hinsichtlich ihrer jeweiligen legislativen, administrativen und judikativen Kompetenzen und Aufgaben analysiert. In diesem Zusammenhang werden die Rechtsgrundlagen, die Durchsetzungskompetenzen der Behörden und der gerichtliche Rechtsschutz auf der unionalen und der nationalen Ebene dargestellt sowie die rechtlichen Mechanismen für ihre materiell- und verfahrensrechtliche Koordinierung analysiert.

Der dritte Teil erläutert die materiellrechtlichen Wettbewerbsregeln, die der „Errichtung eines Systems unverfälschten Wettbewerbs“ dienen. Hinsichtlich der unterschiedlichen Verbote wettbewerbsbechränkender Verhaltensweisen wird zwischen Unternehmen und Staaten als deren Adressaten unterschieden.

Im vierten Teil werden die Verfahren erläutert, die für die Durchsetzung der Wettbewerbsregeln in ihren unterschiedlichen Ausprägungen zur Verfügung stehen. Hier umfasst die Darstellung das Kartellverfahren, das Fusionskontrollverfahren sowie das Beihilfenkontrollverfahren, die erhebliche strukturelle Gemeinsamkeiten aufweisen. Da die Durchsetzung der vergaberechtlichen Regeln Sache der Mitgliedstaaten ist, beschränkt sich die Erörterung insoweit auf die Kontrollfunktion der Kommission.