Buch lesen: «Wie kann man grandiose Arbeit leisten, ohne ein Arschloch zu sein?»
PAUL WOODS
Vollständige E-Book-Ausgabe der im Stiebner Verlag
erschienenen Printausgabe (ISBN 978-3-8307-1449-0).
Text and illustrations © Paul Woods 2019
Paul Woods has asserted his right under the Copyright, Designs and Patents Act 1988 to be identified as the author of this work.
First Published in 2019 by Laurence King Publishing Ltd, London
Titel der Originalausgabe: How to do great work without being an asshole
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2019 der deutschen Ausgabe
Stiebner Verlag GmbH, Grünwald
Alle Rechte vorbehalten. Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages.
Übersetzung aus dem Englischen: Marianne Harms-Nicolai
Satz und Redaktion der deutschen Printausgabe: Verlags-***und Redaktionsbüro München, www.vrb-muenchen.de
ISBN: 978-3-7679-3042-2
INHALT
Vorwort
Zu diesem Buch
Nett sein zahlt sich aus
Egos
Meetings
Pitching
Scoping
Briefings
Feedback
Präsentationen
Überstunden
Klienten
Jemanden einstellen & eingestellt werden
Kündigen & gekündigt werden
Wie man zum Arschloch wird, gerade weil man keines sein will
Manifest eines Nicht-Arschlochs
Danksagungen/Über den Autor
VORWORT
WIE MAN IN DEN WALD HINEINRUFT …
Paul bat mich um ein paar einleitende Worte für dieses Buch. Offensichtlich mögen wir uns, sonst hätte er mich nicht gefragt und ich nicht ja gesagt. Wir haben den Arschloch-Äquator also schon überquert.
In den letzten 50 Jahren oder so (ja, ich seh’ schon ganz schön alt aus!) arbeitete ich mit Hunderten von Kolleginnen und Kollegen zusammen, von denen ich die meisten sogar selbst eingestellt habe. Ich war mir dessen anfangs nicht bewusst, und wenn, hätte ich es vermutlich niemals zugegeben, aber: Ich stellte die Leute immer ein, weil ich sie mochte. Meine Überlegung dabei war: »Kann ich mir vorstellen, mit dieser Person acht bis zehn Stunden am Tag im selben Raum zu verbringen? Und wie sieht es mit dem Rest des Teams aus?«
Designer sind flexibel. Die meisten können sich all das, was sie brauchen, schnell aneignen – eine tolle Typo (okay, das kann Jahre dauern), saubere Codes schreiben, exzellenten Espresso machen und, und, und … Ein Arschloch aber bleibt ein Arschloch – meistens!
Meine besten Leute hatten die schrägsten Backgrounds – Schreiner, Köche, Soldaten, Historiker –, keiner stammte aus einer der üblichen Akademikerschmieden. Die Bereitschaft zu lernen, sich überall zurechtzufinden und immer sein Bestes zu geben, ist viel wichtiger als das Bestehen von Prüfungen. Verlassen Sie sich nie auf das Portfolio Ihres Gegenübers, vertrauen Sie lieber Ihrem Bauchgefühl!
Mitarbeiter ziehen weiter, werden zu Konkurrenten, Kollegen und häufig sogar zu Kunden. Und sie werden nie vergessen, wie du sie mal behandelt hast. Es ist immer schmerzlich, jemanden gehen zu sehen, besonders wenn er als Anfänger bei Ihnen eingestiegen ist und Sie ihm die ersten Tricks beigebracht haben. Aber Mitarbeiter müssen sich entwickeln können, sonst halten sie Ihre Art, etwas zu tun, für die einzig mögliche. Was natürlich nicht so ist.
Haben Sie Ihre Mitarbeiter damals aber gut behandelt, werden sie den Kontakt halten und Sie als Freund betrachten. Als Paul das Berliner Büro meiner Agentur Edenspiekermann nach ein paar Jahren verließ, war ich enttäuscht – und wusste doch zugleich, dass er das tun musste, um dazuzulernen und besser zu werden. Wir blieben in Kontakt, und: Bingo! Jahre später arbeiten wir wieder zusammen.
Ein Sprichwort sagt: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch heraus. Meine Worte! Na ja, wie auch immer: Paul hat’s getan. Ein ganzes Buch lang setzt er sich hier für seine Sache ein, die ganz zufällig auch die meine ist – und damit unsere gemeinsame!
Dr. h.c. Erik Spiekermann
ZU DIESEM BUCH
Gleich neben dem Haupteingang unserer Agentur in Downtown L.A. hängt – gedruckt auf einer 1961er-Korrex Frankfurt-Kraft Presse – ein gerahmtes Plakat. Es ist das beliebteste Poster, das ich kenne. Jeder, der die Agentur besucht – ob Hollywood-Celebrity oder Investmentbanker – kommentiert es oder macht ein Selfie von sich davor, damit Kollegen, Freunde oder Fans sie mit der Botschaft in Verbindung bringen. Es stammt von dem Typodesigner und Agenturgründer Erik Spiekermann. Darauf steht: »Arbeite nicht für Arschlöcher. Arbeite nicht mit Arschlöchern.«
Wenn die Arbeit für Arschlöcher vielen so zuwider ist, warum arbeiten viele von uns dann immer noch für sie? In der Kreativbranche gibt es mehr Leute vom Typ Arschloch und der damit einhergehenden toxischen Unternehmenskultur als Nonnen im Kloster!
Im Lauf der Jahre haben viele meiner Freunde für CEOs, Creative Directors, Account Directors und Who-the-hell-cares-Directors gearbeitet, die sich nicht nur wie Riesenarschlöcher benehmen, sondern auch noch stolz darauf sind. Das kann der egozentrische Kreativdirektor sein, der freitags um 17.50 Uhr noch ein paar spontane Launen und Feedbacks zu einer Präsentation für den Designer bereithält, die bis zum Präsentationstermin am Montag unbedingt ausgebügelt werden müssen; eine Personalabteilung, die es nicht mal für nötig hält, den Bewerbern Absagen zu schreiben; oder ein CEO, der seine Mitarbeiter unter dem Deckmäntelchen eines euphorischen »Living My Dream« dazu drängt, regelmäßig massenhaft Überstunden zu machen.
Die Kreativbranche hat schon lange den Ruf, dass hier viele Menschen arbeiten, die sich eher zur Führung von Gefangenenlagern eignen würden, als in einer kreativen Agenturumgebung beeindruckende junge Talente zu fördern.
Doch die Dinge ändern sich – wenn auch ganz langsam.
Früher waren Junior-Designer den jeweiligen Agenturgepflogenheiten – überbordende Arbeitszeiten, egomanische Chefs und dergleichen – regelrecht ausgeliefert. Es gab keine Alternativen, in denen sie sich kreativ austoben und zuverlässig einen Gehaltsscheck bekommen konnten. Das sieht heute ganz anders aus: Die Auswahl an neuen Stellen in Technologieunternehmen, Start-ups und expandierenden internen Designteams ist riesig. Die besten Talente haben freie Wahl und können sich für ihre Karriere und gegen ungute Arbeitsumgebungen entscheiden.
Doch obwohl alle Anzeichen auf Veränderung hindeuten – hin zu positiveren Einstellungen und Bedingungen –, kann man sich offenbar schwer von den alten Strukturen in der Branche lösen. Noch immer agieren Kreativagenturen nicht nachhaltig genug. Burnout, hohe Fluktuationsraten und schlechte Qualität sind an der Tagesordnung. Dabei dient ein toxisches Arbeitsumfeld weder dem Individuum, noch dem Kunden, noch der Sache selbst.
Genau aus diesem Grund widme ich mich in diesem Buch einer sehr einfachen Frage: »Kann man eine grandiose Arbeit leisten, ohne ein Arschloch zu sein?«
Mag sein, dass der eine oder andere diese Frage naiv findet. Das ändert aber nichts daran, dass ich sie nicht nur in unsere Branche für essenziell halte.
Wenn Sie die folgenden Seiten lesen, werden Sie dabei immer wieder auf Vergleiche zwischen meiner Zeit in Deutschland und meiner Zeit in den USA stoßen. Der kulturelle Unterschied zwischen Kreativagenturen in Nordeuropa (Deutschland, Schweden, Dänemark etc.) und in den westlichen englischsprachigen Ländern (USA, Großbritannien, Irland etc.) ist enorm. Die Nordeuropäer legen in ihrer Arbeitsweise besonders großen Wert auf Effizienz, während die englischsprachigen Kollegen eine Haltung favorisieren, die die Arbeit wirklich über alles stellt – unabhängig von den Auswirkungen, die das auf das Privatleben meistens hat. Nachdem ich in beiden Kulturen gearbeitet habe, sehe ich hier wie dort deutliche Vorteile. Mit diesem Buch versuche ich nun, die besten (und schlechtesten) Eigenschaften beider Arbeitsweisen einander gegenüberzustellen. Die Wertung überlasse ich dann gerne Ihnen …
Mit freundlichen Grüßen,
Paul Woods
P.S. Vielleicht stellen Sie sich jetzt die Frage, ob der Autor dieser Zeilen nicht vielleicht selbst ein bisschen was von einem Arschloch hat. Und, tja, möglicherweise liegen Sie damit gar nicht mal so falsch.
NETT SEIN
ZAHLT SICH AUS
Traditionell stand in der Kreativbranche die Arbeit schon immer an erster Stelle. Ein Arschloch zu sein, war völlig akzeptabel, wenn man erst mal ein paar Auszeichnungen erhalten hatte. Kurzfristig war also alles gut und schön. Doch die interne Unternehmenskultur blieb auf der Jagd nach der Bestleistung am Markt leider nur allzu oft auf der Strecke.
Eine harmonische Agenturkultur ist jedoch elementar, um wirklich grandiose Arbeit zu leisten. Es ist auch wichtig, um die besten Mitarbeiter zu gewinnen und um stabile Kundenbeziehungen aufzubauen. Selbst für diejenigen, die gar kein Herz haben und für die allein das schnelle Geld zählt, ist es immer noch von immenser Bedeutung – sie wissen es nur (noch) nicht.
Kreativagenturen hatten nie ein Problem damit, hervorragende Arbeit zu leisten. Aber wenn es darum geht, ob sie auch ein positives Arbeitsumfeld aufbauen und ihre Mitarbeiter anständig behandeln können, sieht der Blick selbst in die jüngste Vergangenheit ganz anders aus. Damit ist es nun vorbei. Heute sind die Verhältnisse so transparent geworden, dass es kaum noch Geheimnisse gibt. Deshalb kommen auch die bisherigen Missstände (nicht nur) in der Kreativbranche direkt auf den Tisch.
SCHLECHTE UNTERNEHMENSKULTUR IN DER KREATIVBRANCHE
Jeder, der schon mal in einer der internationalen Kreativagenturen Londons, New Yorks oder anderer Großstädte gearbeitet hat, wird mir zustimmen, dass dort eine lausige Unternehmenskultur, Egozentrik und aberwitzige Arbeitszeiten nicht nur gang und gäbe sind, sondern oft auch noch geradezu zelebriert werden. Praktikanten bekommen keinen Cent, Überstunden werden wie eine Auszeichnung vor sich hergetragen. Egomanie wird gefördert, und es gilt der Konsens, dass mit der Größe des Egos auch die Bewunderung und Verherrlichung des Individuums wachsen.
Wie fast jeder in der Kreativbranche habe auch ich viele Menschen getroffen, die extreme Stereotypen verkörperten. Im Verlauf dieses Buches stelle ich Ihnen einige der skurrilsten davon vor. Fangen wir doch gleich mal mit der ersten, übrigens unvergesslichen Begegnung an. Dieser Gentleman – nennen wir ihn Denny Dribblehoff – war ein ganz besonders widerlicher Charakter.
Denny war kein kreatives Genie im Steve Jobs’schen Sinne, sondern Account Director für einen großen Firmenkunden. Diese Sorte Mensch verkörpert die allerschlimmsten Eigenschaften der Kreativbranche. Zugegeben, sie haben auch einen der härtesten Jobs, weil sie permanent zwischen überbordenden Kundenanforderungen einerseits und realistischen Zeitvorgaben für die eigentliche kreative Arbeit andererseits herumjonglieren müssen. Zum Glück durfte ich im Lauf der Jahre auch mit einigen ganz wunderbaren Exemplaren dieser Spezies zusammenarbeiten, die den Bogen raushatten, wie man sogar in diesem undankbaren Job hervorragende Arbeit leisten kann.
GUTE AGENTURKULTUR ZÄHLT! UM GUTE ARBEIT ZU LEISTEN! UM DIE BESTEN MITARBEITER FÜR SICH ZU GEWINNEN!
Denny Dribblehoff gehörte nicht dazu. Er stammte aus irgendeiner obskuren Kleinstadt und wurde, im Großstadtdschungel noch nicht ganz angekommen, mit der Betreuung eines ziemlich kniffligen Firmenkunden-Accounts beauftragt. Er hatte das Selbstbewusstsein und die Körperhaltung eines Footballstars, trug gern schlecht sitzende schwarze Anzüge mit Krawatte wie auf einer Beerdigung, und wenn er tatsächlich, selten genug) mal aus sich herauging, war dabei in der Regel (zuviel) Alkohl im Spiel. Und er war ein absoluter Alptraum für jedes Kreativteam. Denn auf eines war Verlass: Jeden Freitag vor Ablauf einer Deadline erschien Denny pünktlich gegen 17.00 Uhr in der Designabteilung und grunzte: »Alles klar, Leute. Der Kunde liiiiiiiiebt Kreative. Großartig …, genialer Scheiß, noch nie gesehen so was – das waren seine Worte! Hundertprozentig preisverdächtig! Sie haben nur noch ein paar ganz kleine Änderungen …« Und dann ratterte er eine kilometerlange Liste von Änderungswünschen herunter, die allesamt darauf hinausliefen, am Wochenende eine völlig neue Idee zu entwickeln und sie bis Montagmorgen, 9.00 Uhr, fertigzustellen. Im Anschluss an seine Vortrag ließ er uns wissen, dass er selbst am Wochenende eine wichtige familiäre Verpflichtung habe und – ups – eigentlich schon längst weg sein müsste. Woraufhin er mit den Worten »Also dann, Leute, bis Montag in aller Früh’« beschwingten Schrittes das Büro verließ.
DIE SCHLECHTESTEN EIGENSCHAFTEN DER KREATIVBRANCHE
Während der gesunde Menschenverstand in dieser Situation vom Designteam eigentlich verlangt hätte, Denny unmissverständlich mitzuteilen, er könne zur Hölle fahren, bevor man ihm mit seinen Lacklederschuhen die Fresse polierte, betrachtete man die Aufgabe reflexartig – ganz Kreativagenturkonditionierung! – als Herausforderung für die Designerehre. Und zwar frei nach dem Motto: »Ob Sie wohl gut genug sind, um in drei Tagen ein preisgekröntes Stückchen Arbeit zu produzieren? Dilly und Johnny haben auf diese Weise mal einen großen Pitch gewonnen – nur mit ein bisschen Wochenendarbeit; und jetzt munkelt man, dass sie sogar Chancen auf den Goldenen Löwen in Cannes haben.«
Account Directors wie Denny kennen diese kreative Disposition ganz genau; sie wissen, welche Knöpfe (Stichwort: »Ego«, »Unsicherheit«) sie bei den Kreativen drücken müssen. Kein Wunder, dass so viele ältere von uns in den Agenturen geschieden sind. In dieser Branche können Sie sich von Ihrem Privatleben erst mal verabschieden.
Ach ja, noch was: Denny hat überlebt. Er arbeitet immer noch in derselben Agentur, und (bislang) hat ihm auch noch niemand auch ein Härchen gekrümmt.
DAS STREBEN NACH EXZELLENZ UM JEDEN PREIS
Kreativdirektoren sind manchmal richtig schizophren, wenn es um schlechte Arbeitsbedingungen geht. Als Junior-Mitarbeiter quälten sie sich selbst oft jahrelang mit Überstunden, Wochenendarbeit und Egomanie herum, nahmen es zähneknirschend hin, dass es in unserer Branche kein Privatleben gibt – und sobald sie dann selbst Kreativdirektor sind, gehen sie über Leichen, um exzellent (und ausbeuterisch) zu arbeiten. Es ist ein Teufelskreis.
Ich weiß, wovon ich spreche. In Südafrika schuftete ich freiwillig wie ein Irrer 20 Stunden und mehr am Tag, um eine Plattform aufzubauen, die soziale Unternehmer in ärmeren Gemeinden fördert. Dieses Projekt war wichtig, und ich opferte gerne meine freie Zeit dafür. Aber ich habe leider – besonders zu Beginn meiner Laufbahn – auch viele, viele, Stunden meines »Privatlebens« für Projekte gearbeitet, die niemandem etwas brachten, am allerwenigsten mir selbst. Denn das blinde perfektionistische Streben verhindert, dass wir diejenigen Projekte, für die es sich lohnt, seine persönliche Zeit einzusetzen, von all dem Scheiß unterscheiden, den niemand braucht. Besonders kurios dabei ist: Niemand außerhalb unseres Zirkels des kreativen Wahnsinns interessiert sich überhaupt für das, was wir da machen. Bestimmt erinnern auch Sie sich noch noch an irgendeine Banner-Kampagne, für die Sie 15 Stunden am Tag gearbeitet und zwei Wochenenden ihres Privatlebens verpasst haben: Nur 0,05 % aller Leute, die diese Kampagne überhaupt wahrnehmen1, werden sie jemals anklicken. Vieles von dem, was »dringend, sofort und gleich« gemacht werden »muss«, ist am Ende Müll, den niemand braucht und der keinen wirklich interessiert. So »perfekt« der Müll auch gemacht sein mag:
UNTERSCHEIDEN SIE DIEJENIGEN PROJEKTE, FÜR DIE ES SICH LOHNT, SEINE ZEIT ZU OPFERN, VON DEM MIST, DEN KEINER BRAUCHT.
Der Slogan einer bekannten Werbeagentur lautet »The Work. The Work. The Work«. Wie ein Mantra betont dieser Slogan eine Führungskultur, in der von den Mitarbeitern erwartet wird, dass sie zu allem bereit sind, um für nahezu jede beliebige Aufgabe Spitzenleistungen zu erbringen. Erst wenn Sie einen Schritt zurücktreten, werden Sie erkennen, dass dieses Verhalten komplett verrückt ist.
Achtung! Machen Sie den »Reality Check«!
Sie helfen Unternehmen, billige Telefonpakete, kohlensäurehaltige Getränke, Schokoriegel und alle möglichen anderen nutzlosen oder ungesunden Produkte zu verkaufen. Ist es das wert, dafür Ihr Privatleben, Ihre Familie und Ihre Freunde zu verlieren?
Lange Zeit war die Antwort darauf für viele von uns ein klares Ja.
WAS HAT SICH VERÄNDERT?
Warum ist es auf einmal so wichtig, kein Arschloch mehr zu sein? Schließlich gibt es die Kreativbranche schon seit Jahrzehnten. Sie verdient jährlich Milliarden und erhält nebenbei unzählige Auszeichnungen, egal, wie toxisch sie arbeitet. Also, warum etwas ändern?
Der Grund dafür liegt auf der Hand: Im Zentrum grandioser Kreativleistungen stehen grandiose Menschen – die nur dann in Ihrer Agentur bleiben werden, wenn sie glücklich sind. Im digitalen Zeitalter kennen auch Ihre besten Talente ihren Marktwert und ihre Alternativen besser als je zuvor.
GUTE LEUTE BLEIBEN NUR BEI IHNEN, WENN SIE GLÜCKLICH SIND.
GUTE UNTERNEHMENSKULTUR
SCHLECHTE UNTERNEHMENSKULTUR
STARKE KONKURRENZ DURCH TECHNOLOGIEUNTERNEHMEN
In den letzten Jahren hat das einst attraktive Agenturmodell an Exklusivität verloren. Die besten Leute wurden zunehmend durch sehr viel attraktivere Arbeitsbedingungen und lukrative Angebote ins Silicon Valley gelockt. IT-Unternehmen wie Google, Facebook und andere bieten bessere Gehälter, flexiblere Arbeitszeiten und eine Vielzahl anderer Vergünstigungen. Agenturen können da nur schwer mithalten. Vor ein paar Jahren wurde mir ein sehr verlockender Job in einem großen Technologieunternehmen in San Francisco angeboten – und obwohl ich durch und durch »ein Agentur-Typ« war, zog ich den Wechsel ernsthaft in Erwägung. Ich stieg sogar in die erste Runde Job-Interviews ein und war sehr angenehm überrascht, was man »uns Kreativen« zu bieten hatte. Wäre ich nicht erst kurz zuvor mit der Familie von Europa nach New York umgezogen, hätte ich nicht gezögert, die Agenturwelt hinter mir zu lassen.
DIE KUNDENSEITE IST BELIEBTER DENN JE
Auch die Kreativabteilungen von Nicht-Technologieunternehmen wachsen. Während ich in New York auf der Agenturseite arbeitete, begegneten mir eine Menge Leute, die auf die andere Seite wechselten. Kein Wunder! Wenn es um digitale Produkte geht, ist die Kundenseite sehr attraktiv. Kreative können an Projekten detaillierter, mehr in die Tiefe gehend arbeiten, als ständig von Projekt zu Projekt zu hetzen. Und dabei bewegen sie sich auch noch häufig in nachhaltigeren Umgebungen.
WER SCHULD HAT, LIEGT AUF DER HAND
Schon in der Vergangenheit hatte die Kreativwirtschaft nicht immer den besten Ruf, was ihre Arbeitspraktiken anging. Trotzdem blieb für junge Talente der Reiz, sich zugunsten ihrer Karriere auf diese toxischen Gepflogenheiten einzulassen, hoch. Im digitalen Zeitalter ist es damit vorbei. Heute lässt es sich leicht erschließen, in welchen Positionen und in welchem Kundenkreis man auf gute oder schlechte Arbeitsbedingungen stößt. Auf Sites wie Glassdoor können Unternehmen frei und anonym bewertet werden, und alle diese Bewertungen sind jederzeit öffentlich zugänglich. Ein paar Klicks und man bekommt einen Eindruck davon, wo ein schlechtes Betriebsklima herrscht.