Die Suche nach sich selbst

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Die Suche nach sich selbst
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Patrycja Mundt

Die Suche nach sich selbst


Unsere Sehnsüchte kommen vom Herzen, du kannst ihnen folgen, wenn du zu ihm nach innen gehst.

Inhalt

Kapitel 1

Es war so ein Tag.

Einer von vielen, die ich schon erlebt habe. Alles war wie immer, wie immer da.

Dieselben Menschen um mich herum, dieselben Straßen. Sogar die Luft schien mir gleich, gleich wie immer.

Die Sonne stand hoch am Himmel, das Blau schimmerte in seiner vollsten Pracht. Einzelne Wolken zogen vorbei und bedeckten zuweilen mit ihren Formen die helle Scheibe des Lichts.

Mein Gesicht wärmte sich gemütlich, während ich im Liegestuhl auf der Terrasse lag.

Die Strahlen der Sonne drangen in mich ein, und ich fühlte mich wie zu Hause.

Na, ihr wisst schon, wie ich das meine. Wie angekommen.

Hmmmm … ist das schön, dachte ich.

»Bist du da?«, fragte jemand.

»Ja, wieso?«

»Hast du mal Zeit? Zeit für mich?«, fragte er erneut.

»Wie, Zeit für dich?«, antwortete ich mit einer Gegenfrage. »Machst du Witze?«

»Ich bin sehr traurig«, sagte er. »Ich fühle mich nicht verstanden, vernachlässigt und überflüssig.«

Ich hatte das Gefühl, dass er eine große Hoffnung hatte. Hoffnung, dass es jemanden gibt, der ihm zuhören würde.

Er fragte:

»Was bin ich eigentlich?

Wozu bin ich eigentlich da?

Welchen Sinn habe ich als Körper so zu erfüllen?«

Er bekam keine Antwort. Ihr fragt euch natürlich jetzt, warum. Richtig?

Na, ganz einfach, mein Telefon hat geklingelt, und ich war mal wieder sehr beschäftigt.

Die Zeit verging, und die Jahre sind verflogen.

Es gab niemanden, der ihm eine Antwort auf seine Fragen gab. Er selbst vergaß, was er gefragt hatte, und lebte weiter. Wie immer halt.

Morgens stand er auf, wurde gewaschen und geduscht.

Man putzte ihm die Zähne.

Danach wurde er schick angezogen, dann einen Schluck Kaffee oder Tee und noch schnell ein Brot, für mehr blieb keine Zeit.

Zeit ist heute bares Geld.

Schließlich gibt es viel Wichtigeres zu tun, als sich selbst zu fragen, wer dem Körper die Zähne geputzt hat.

Mittags gab es was Schnelles, etwas, das den Magen füllt.

Abends vielleicht noch einen Snack und ein Bierchen zum Abschalten.

Schließlich war er den ganzen Tag unterwegs und hatte ganz wenig Zeit. Das Bierchen hatte er sich jetzt mehr als verdient!

Er wurde darauf trainiert zu funktionieren, denn schließlich war er da.

Mit der Zeit, die vergangen war, als er in die Jahre gekommen war, stellte sich heraus, dass er krank wurde.

Er fühlte sich nicht mehr gesund und fragte sich selbst, woher das kam.

Er dachte nach.

Er, der Körper, erinnerte sich an seine Fragen, die er gestellt hatte, und ein Gefühl überflog ihn.

Das Gefühl konnte er nicht beschreiben, er wusste nicht, wie.

Er wusste nicht, was er tun sollte, um das Gefühl beschreiben zu können. Es war, als ob er vergessen hätte, wie das geht.

Er war da, aber irgendwie auch nicht da – hilflos und auf sich selbst gestellt.

Sein Kopf brummte vor lauter Fragen.

Er wusste nicht mehr, wie es weitergehen sollte.

Wer sollte herausfinden, was er ist und aus was er besteht und vor allem, warum er diese Gefühle hat, die er nicht beschreiben konnte.

Nach langem Überlegen beschloss er, sich auf seine Fragen einzulassen und selbst nach Antworten zu suchen.

Schließlich war er schon alt, und wer weiß, wie viel Zeit er noch hat?

Er legte sich gemütlich hin, mit etwas gequälter Miene, und fing an, in sich hineinzufühlen.

Plötzlich dachte er nach: Bist du eigentlich bescheuert? Das macht doch kein Mensch. So etwas Blödes … in sich selbst nach Antworten zu suchen, dazu noch durch das Fühlen. Hast du sonst nichts anderes zu tun?

Das ganze Denken löste ein Gefühl in ihm aus, etwas Unbeschreibliches wuchs in ihm hervor.

Das Unbeschreibliche war so stark, dass er keinen Ausweg mehr fand, als nach innen zu fühlen. Dorthin, wo das Gefühl sich zeigte.

Er wusste nicht so recht, wie er das machen sollte, das mit dem Fühlen. Seine ganze Wahrnehmung war wie betäubt und fühlte sich berauscht an.

In seiner Tiefe erinnerte er sich, wie das geht. Nur der Weg, wie man das macht, war verschwommen.

Er brauchte ein wenig Zeit, um sich auf sein eigenes Fühlen einzulassen.

»Bist du noch da?«, fragte ich.

»Ja, wieso?«, fragte er.

»Naja, ich würde sehr gerne unser Gespräch fortsetzen, welches wir vor Jahren begonnen haben.«

»Unser Gespräch? Hmmm … ich weiß nicht, ob ich das kann«, antwortete er nachdenklich. »Es ist viel Zeit vergangen, und du hast mich sehr vernachlässigt.« Seine Stimme trug etwas Trauriges mit sich. »Ja, ich weiß«, antwortete ich, ebenfalls nachdenklich.

Die Stille nahm uns ein. Die Atmosphäre wirkte unheimlich, unheimlich still. Ich hatte das Gefühl, als ob etwas Neues geboren würde. Etwas, das ich noch nicht kannte. Dieses Gefühl machte mich neugierig und unsicher.

Dann begann er zu sprechen, und ich hörte ihm aufmerksam zu.

»Du bist das Ziel, deine Wahrnehmung ist der Weg, dein Weg. Dein Weg zur dir selbst.«

»Das klingt logisch«, sagte ich. »Warum machst du das Ganze jetzt so geheimnisvoll?«

»Du weißt nicht, wer ich bin, oder?«

»Quatsch! Natürlich weiß ich, wer du bist«, antwortete ich.

»Du weißt aber nicht, aus was ich bestehe. Richtig?«

»Doch, klar, über ein wenig medizinisches Wissen verfüge ich schon, denke ich.«

»Du begreifst nicht, wozu ich da bin?«

»Du stellst seltsame Fragen«, antwortete ich lächelnd.

»Weißt du, wer ich bin?

Weißt du, was ich tue, um mich bewegen zu können?

Weißt du, welche Nerven ich aktiviere, damit du sehen und riechen kannst?«

»Na, mein Lieber, jetzt wirst du aber fordernd!

Soll unsere Unterhaltung auf diese Art und Weise weitergehen?«

»Weißt du, was in mir geschieht, wenn du mich mit ungesunden Lebensmitteln ernährst?

Weißt du, wie viel Kraft ich aufbringen muss, um dem Alkohol, den du mir wegen des Verlangens, dich zu amüsieren, leichtsinnig einflößt, standzuhalten?

Weißt du, wie viele Schäden in mir entstehen, wenn du eine Zigarette nach der anderen rauchst?«

»Was weißt du über mich?«, fragte der Körper nachhakend.

»Hör mir mal zu, jetzt gehst du zu weit. Willst du mir jetzt die Schuld in die Schuhe schieben, weil es dir schlecht geht?«, fragte ich ihn.

»Weißt du eigentlich, dass du, wenn es mich nicht gäbe, keine einzige Idee verwirklichen könntest?«, antwortete der Körper.

Ich fühlte mich sprachlos, gedemütigt. »Meinst du etwa mich?«, fragte ich leise nach.

»Ja«, antwortete er, »natürlich meine ich dich!«

»Was zum Teufel soll das sein!? Bin ich jetzt irre geworden?« Ich wurde laut.

Sein Reden hörte nicht auf. Es war, als ob er es satt hätte, ständig auf den richtigen Moment zu warten, in der Hoffnung, dass ich ihm endlich zuhörte.

Er fuhr fort:

»Wenn es mich nicht gäbe, was dann?

Wenn ich nicht da wäre, was dann?«

»Ich fühle mich ein wenig überrumpelt«, flüsterte ich leise.

»Soll ich dir mal auf die Sprünge helfen?

Du hättest nichts sehen können.

Keinen Sonnenaufgang und auch keinen Sonnenuntergang.

Keinen Regenbogen.

Kein Meer, keine Berge.

Keinen Himmel, keine Wolken, keine Sterne.

Keine Blumen und keine Bäume.

Keine Wiesen und Wälder.

Kein Lächeln auf dem Gesicht, welches du gern hast.

Keine Tränen, die dich berühren.

Oder wird dir gerade bewusst, dass du all das vernachlässigt hast und so normal hinnimmst, dass es da ist, dass du all den schönen Dingen keine Bedeutung mehr schenkst?«, fragte er wütend.

Mir wurde vieles bewusst und unbewusst zugleich. Ich fragte mich gerade, was das sollte.

Er hörte aber nicht auf, blieb hartnäckig und sprach weiter.

»Du hättest nicht schmecken können.

Die saftigen Äpfel und Birnen und Trauben und Erdbeeren und Himbeeren und Brombeeren und Stachelbeeren und Kirschen und Bananen.

Das knackige Gemüse.

Den leckeren Kuchen.

Du hättest nicht riechen können.

Riechen, wie die Erde nach kräftigem Gewitter ihre Frische hervorruft.

Riechen, wie aus Gras Heu wird.

Riechen, wie der Duft der Blumen sich in deinem Wohnzimmer ausbreitet.

Riechen, wenn du das leckere Essen kochst und anderen eine Freude damit bereitest.

Den Geruch deines Lieblingsparfüms riechen.

Du hättest nicht hören können.

Hören, wie die Vögel singen.

 

Deine Lieblings-CD würde nutzlos in deinem Regal liegen und verstauben.

Dein Lieblingsradiosender wäre genauso überflüssig ohne mich …«

»Bitte hör auf damit!«

Der Körper jedoch ließ sich nicht unterbrechen und sprach weiter.

»Jetzt sage ich dir, was ich fühle und was der Körper so fühlt, und du schreibst das bitte auf. Denn, wenn ich morgen gehen soll, dann bleiben zumindest meine Worte, die andere lesen können.

Und bitte entschuldige, dass ich jetzt Wut empfinde.«

»Du entschuldigst dich bei mir?« Ich war völlig perplex.

»Ja, ich bin gut erzogen worden«, antwortete er.

Dann fuhr er fort;

»Du hättest nicht tasten können und dadurch keine Unterschiede feststellen können.

Du hättest nicht fühlen können.

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