Lektorat, Programmplanung und Projektmanagement im Buchverlag

Text
Aus der Reihe: BRAMANNBasics #7
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Lektorat, Programmplanung und Projektmanagement im Buchverlag
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

BRAMANN Basics – buch & medien

Band 7

Hg. von Klaus-W. Bramann und Anke Vogel

Michael Schickerling

Lektorat, Programmplanung und Projektmanagement im Buchverlag


Alle Titel der Reihe werden in der Deutschen Nationalbibliografie angezeigt.

Die Deutsche Nationalbibliothek bietet nach Erscheinen detaillierte bibliografische Informationen unter http://dnb.d-nb.de.

© 2020 Bramann Verlag, Frankfurt am Main

Alle Rechte vorbehalten

Herstellung

Margarete Bramann, Frankfurt am Main

Druck und Bindung

Druckerei TZ-Verlag & Print GmbH

Printed in Germany 2020

ISBN (Print)978-3-95903-013-7

ISBN (EPUB)978-3-95903-105-9

Inhalt

Vorwort der Herausgeber

Büchermacher

1Programm- und Projektplanung

1.1Programmentwicklung

Produktlebenszyklus

Programmportfolio

Programmanalyse

Programmplanung

1.2Projektakquise

Exposé

Autoren- und Themenakquise

Literaturagenturen

Lizenzerwerb

Verträge

1.3Projektpositionierung

Auswahl und Positionierung

Zielgruppenanalyse

Buchreihen und Einzeltitel

Verkaufsargumente

Konkurrenzanalyse

Preisbildung

Auflagenhöhe

Projektentwicklung

Projektprüfung

Programm- und Vertreterkonferenz

2Projektmanagement

2.1Projektplanung

Projektstrukturierung

Termin- und Ressourcenplanung

Zeitmanagement

2.2Autoren

Erstkontakt

Autorenbindung

Verhandlungen

Kommunikation

Nachbetreuung

2.3Ghostwriter

Auswahl

Auftragsumfang

Honorar

2.4Übersetzer

Auswahl

Auftragsumfang

Honorar

2.5Redakteure, Korrektoren und andere Dienstleister

Auswahl

Auftragsumfang

Honorar

2.6Leser

3Redaktion und Produktion

3.1Manuskripterstellung

Formale Aspekte

Inhaltliche Aspekte

Schreibblockaden

3.2Manuskriptbearbeitung

Manuskriptbewertung

Inhaltliche Textbearbeitung

Stilistische Textbearbeitung

Tipps für gutes Deutsch

3.3Werbetexte

Textarten

Sprachstile

Textaufbau

Lebendige Texte

Titel, Headlines und Slogans

3.4Abbildungen

Fotografien

Illustrationen, Karikaturen und Cartoons

Infografiken, Diagramme und Karten

Honorare und Rechte

Bildvorlagen

3.5Register

Registerbegriffe

Registererstellung

3.6Satzreife

3.7Buchgestaltung und Herstellung

Typografie

Buchaufbau

Satzspiegel und Seitengestaltung

Schrift und Auszeichnungen

Satz

Umschlaggestaltung

3.8Korrektur

Korrekturlesen

Kollation und Revision

Imprimatur

Danksagung

#Spotlights

Quellen

Literaturverzeichnis

Register

Vorwort der Herausgeber

Lektoren müssen vernetzt Denken können. Denn das Lektorat ist die ›Schaltzentrale‹ im Rahmen der Akquise und Vermarktung von Content. Auf der einen Seite plant man Projekte mit Kreativen (Autor, Übersetzer, Illustrator) und führt eine entsprechende Korrespondenz, auf der anderen Seite ist man eingebettet in Sachzwänge, die sich aus herstellungsbedingten Produktionsabläufen und Auslieferungsterminen ergeben. Darüber hinaus ist Sinn für Ästhetik und Kreativität gefordert – gilt es doch, sich gemeinsam mit der Herstellung über eine angemessene Symbiose von Inhalt und Gestaltung zu verständigen und kurze Presse- und Werbetexte über das Endprodukt selbst zu verfassen, wobei auch digitale Produkte in den Fokus rücken.

 

›Kuratieren von Content‹ ist die Aufgabe des modernen Lektorats. Damit gehört der Titel fraglos in die Reihe BRAMANN Basics buch & medien, obwohl sich nur wenige Studieneinheiten diesem berufsspezifischen Thema widmen. Denn die Reihe richtet sich erklärtermaßen nicht nur an Studierende, sondern auch an Praktiker. Vorgabe: Das Material ist didaktisch gut aufbereitet, vermittelt komprimiert Aktuelles und ist von anerkannten Wissenschaftlern oder Praktikern mit Lehr- oder Seminarerfahrung verfasst.

Michael Schickerling ist ein ausgewiesener Mann der Praxis. Nach dem Studium der Anglistik, Hispanistik, Didaktik und Betriebswirtschaft arbeitet er seit 1996 in der Verlagswelt, zunächst als Praktikant und Volontär, dann als Lektor, später als Programmleiter eines Fachbuchverlags; aktuell als Editorial Consultant für Autoren und Verlage. Seit über 20 Jahren gehört er zum Referententeam des einwöchigen Lektorenseminars, das der Mediacampus Frankfurt anbietet.


November 2020 Klaus-W. Bramann und Anke Vogel

Büchermacher

Lektor bedeutet ›Leser‹, doch wer sich in #Verlagen umsieht, trifft selten auf Menschen, die in #Manuskripte vertieft sind oder regelmäßig ins Café gehen, um dort im angeregten Austausch mit ihren Autoren den Tag zu verbringen. Auch wenn sich auf den Schreibtischen aller Digitalisierung zum Trotz immer noch Papierberge türmen, sieht der Alltag oft anders aus: ständig klingelnde Telefone, Dutzende von E-Mails, endlose Besprechungen, enge Termine und Produktionsabläufe, die immer wieder aus dem Ruder laufen. In all der Hektik sollen Lektoren den Überblick behalten und ganz nebenbei ein verkäufliches Buchprogramm für das nächste Jahr entwickeln.

Das Tätigkeitsfeld von Lektoren hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verschoben: Immer weniger Aufgaben werden in den Verlagen selbst ausgeführt. Nur wenige leisten sich noch einen hauseigenen Korrektor, und selbst die Bearbeitung der Manuskripte – lange der Kern redaktioneller Arbeit – wird häufig außer Haus gegeben. Umso mehr müssen Lektoren oder Redakteure den Überblick über den gesamten Produktionsprozess behalten: Sie werden zu Produktmanagern, die über gute Kenntnisse der #Zielgruppe verfügen, kostenbewusst handeln und in enger Abstimmung mit Vertrieb und Marketing neue Projekte entwickeln – eben Bücher, manchmal auch Hörbücher, zunehmend auch #E-Books, #Apps, Online-Datenbanken oder andere Medien.

Dabei spielt auch eine Rolle, dass circa 65 Prozent der jährlichen Neuerscheinungen Non-Fiction-Titel sind.1 Diese werden anders als in der Belletristik häufig vom Schreibtisch aus konzipiert. So steht nicht allein der ›gute Text‹ im Vordergrund, sondern die Erwartungen einer Vielzahl von Interessengruppen: Leser, Medien, Buchhandel und Verlagsleitung.

Während Lektoren früher vor allem für die Inhalte ihrer Produkte verantwortlich waren, tragen sie heute oft Umsatz- oder Ergebnisverantwortung. Damit geht einher, dass Cheflektoren und Redaktionsleiter nicht mehr nur über das Programm entscheiden, sondern ihren Bereich als ein finanziell eigenständiges Profit-Center führen, das mit einem eigenen Budget ausgestattet ist und gewinnorientiert arbeiten soll. In gleichem Maß wächst der Erfolgsdruck auf jeden einzelnen Mitarbeiter.


Schaltzentrale Lektorat

In den Redaktionen der Verlage vollzieht sich eine immer stärkere Differenzierung des Berufsbilds: Der redigierende Lektor oder Copy-Editor ist für die termingerechte Projektabwicklung verantwortlich und arbeitet wie eh und je inhaltlich am Manuskript, während der akquirierende Lektor oder Acquisition-Editor neben der Autorengewinnung eher konzeptionelle Aufgaben übernimmt. So sind Lektoren und Redakteure nicht nur Fachleute für die Beurteilung und Bearbeitung von Texten, sondern vor allem die Schaltzentrale der Buchproduktion, in der alle Fäden zusammenlaufen: Bei der Projektakquise arbeiten sie mit #Autoren, #Herausgebern, #Literaturagenten sowie inund ausländischen Lizenzgebern zusammen. Gutachter helfen bei der fachlichen Beurteilung von Manuskripten. Diese entstehen in der Zusammenarbeit mit Autoren, Herausgebern, #Ghostwritern oder #Übersetzern. Freie Redakteure, Korrektoren oder Illustratoren bearbeiten das Manuskript. Grafiker und #Hersteller geben dem Werk eine Form. Vertrieb, Presse, Marketing und Social Media schließlich bringen das Buch in die Öffentlichkeit. Büchermachen ist also immer ein Teamspiel.

So koordiniert das Lektorat den gesamten Entstehungsprozess eines Buchs und ist von allen Beteiligten am besten über Inhalte, Autoren und Termine informiert. Damit ist es zentrale Anlaufstelle bei allen Fragen und Problemen – innerhalb des eigenen Verlags ebenso wie nach außen. Gesucht wird also weniger der philosophisch gebildete Schöngeist, sondern der multitaskingfähige Pragmatiker. Doch auch für diesen gilt, was der Soziologe Gerhard Schulze feststellte: »Im heißen Spektakel des Literaturbetriebs ist der Kopf des Lektors die einzige kühle Stelle. Illusionslos sieht er die Entbehrlichkeit der vielen Wörter, für die er mitverantwortlich ist.«2

Lektor oder Redakteur: Für viele ist das ein Traumberuf, der noch dazu als recht elitär gilt. Ein Beruf wie jeder andere ist es zweifelsohne nicht, denn Routine gibt es trotz standardisierter Abläufe selten. Jedes Buchprojekt verlangt, sich auf neue Inhalte und andere Menschen einzustellen. Wer sich darauf einlässt, tut dies mit Haut und Haaren: Geregelte Arbeitszeiten stehen oft nur auf dem Papier, denn das Arbeitsergebnis bemisst sich nicht nach geleisteten Stunden, sondern nach Qualität, Verkaufserfolg und pünktlichem Erscheinen der Produkte. Dass viele Veranstaltungen außerhalb der offiziellen Arbeitszeiten stattfinden, dass Autoren auch nach Feierabend oder am Wochenende ein offenes Ohr erwarten, wird als selbstverständlich vorausgesetzt. Gefragt ist also der Einsatz der ganzen Persönlichkeit, nicht nur des (unter-)bezahlten Lohnarbeiters. Der Dank für diese Mühen? Das Gehalt ist in anderen Branchen besser, und den Ruhm ernten die Autoren. Wer schnell viel Geld verdienen will und nicht damit zurechtkommt, vor allem im Hintergrund zu wirken, wird in diesem Beruf nicht glücklich. Alle anderen aber gewinnen nicht nur neue Einsichten, sondern vor allem spannende Kontakte zu vielen außergewöhnlichen Menschen.

Trotz dieser hohen Anforderungen gibt es für Lektoren und Redakteure in Buchverlagen weder eine einheitliche, geregelte Ausbildung noch klar vorgezeichnete Karrierewege. Für den Einstig üblich ist ein Studium mit anschließendem Praktikum oder Volontariat. Daneben gibt es weitere Möglichkeiten: eine Ausbildung für Medienkaufleute, ein Studium oder Aufbaustudium der Buch- oder Medienwissenschaften, ein Einstieg als Assistent, Lektor oder Redakteur. Wer den Beruf ausfüllen will, sollte eine gute Allgemeinbildung und ein erfolgreich abgeschlossenes Hochschulstudium mitbringen, für die Tätigkeit in einem Fachverlag vielleicht sogar promoviert sein oder über Berufserfahrung verfügen.

Gefordert sind zudem Veränderungsbereitschaft und Experimentierfreude, um die Möglichkeiten der neuen Medien zu erkennen und zu nutzen. Denn die Verlagsbranche steckt in einem gewaltigen Umbruch, der viele bekannte Geschäftsmodelle revolutioniert und neue Chancen eröffnet – und für Anbieter, die mit dem notwendigen Strukturwandel nicht Schritt halten können oder wollen, krisenhafte Züge annimmt. Für Lektoren und Redakteure in nahezu allen Verlagen bedeutet das: Sie werden in Zukunft nicht allein Bücher machen, sondern Inhalte so aufbereiten, dass sie online via Internet, mobil als App beziehungsweise E-Book oder weiterhin ganz klassisch in gedruckter Form verfügbar sind.

Checkliste: Verlegerische Talente

Leselust, denn Lesen ist Ausgangs-, Ziel- und Mittelpunkt des Berufs.

Neugier, um sich immer wieder auf neue Menschen einzulassen, in neue Themen einzuarbeiten und permanent weiterzubilden.

Kommunikationstalent, um auch in heiklen Situationen mit eigenwilligen Menschen zurechtzukommen und um andere für die eigenen Ideen zu gewinnen.

Überzeugungsfähigkeit und Durchsetzungsstärke, um bei unterschiedlichen Interessen keinen faulen Kompromiss, sondern die beste Lösung zu erzielen.

Organisationstalent, um bei allen Projekten den Überblick zu behalten und diese termingerecht abzuschließen.

Marktorientierung, um Trends und Leserinteressen zu erkennen, neue Autoren zu finden und den in- und ausländischen Buchmarkt im Blick zu behalten.

Urteilsvermögen, um Projektangebote sicher zu bewerten und Manuskripte zielgruppengerecht zu bearbeiten.

Sprachgefühl und Sprachkenntnisse für den souveränen Umgang mit der deutschen und englischen Sprache sowie nach Bedarf mit weiteren Fremdsprachen.

Redaktionskenntnisse, damit aus Manuskripten druckreife Bücher werden.

Herstellungskenntnisse, um Gestaltungsfragen kompetent zu beurteilen und um zu wissen, was technisch machbar und sinnvoll ist.

Zahlenverständnis, um den richtigen Ladenpreis zu finden und die Kosten unter Kontrolle zu halten.

Viele Fähigkeiten und Kenntnisse, die vielleicht fehlen, wachsen mit der Erfahrung oder lassen sich in berufspraktischen Seminaren erwerben. Das geschieht zum Beispiel am Mediacampus Frankfurt (www.mediacampus-frankfurt.de), an der Akademie der Deutschen Medien (www.medien-akademie.de), bei den Landesverbänden des Börsenvereins (www.fortbildung-verlag.com), am Mediakolleg des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels (www.mediakolleg.at) oder beim Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband (www.sbvv.ch). Darüber hinaus sind Fachbücher zur beruflichen Weiterbildung ebenso nützlich wie die regelmäßige Lektüre der Branchenmedien.

Lektoren und Redakteure sind während der ersten Berufsjahre überwiegend mit der Abwicklung von Buchprojekten beschäftigt (Copy-Editor) und übernehmen später immer mehr Verantwortung für einzelne #Reihen oder andere Bereiche des Gesamtprogramms, die sie weiterentwickeln und für die sie neue Titel und Autoren akquirieren (Acquisition-Editor).

Die weiteren Aufstiegsmöglichkeiten sind aufgrund der geringen Zahl von Führungspositionen in Verlagen begrenzt. Die Programmleitung, die Redaktionsleitung oder das Cheflektorat gestalten eigenständig einen abgegrenzten Teilbereich des Verlagsprogramms sowohl in inhaltlicher als auch in finanzieller Hinsicht; neben der Projektakquise stehen deshalb die Programmentwicklung sowie zusätzlich die Budgetplanung und -kontrolle im Vordergrund.

 

Karrierewege im Verlag

Ausüben lässt sich die Tätigkeit fest angestellt in einem Verlag oder selbstständig als Freiberufler. Die Aufgaben und Anforderungen sind in beiden Fällen ähnlich; die Selbstständigkeit erfordert allerdings ein höheres Maß an Flexibilität und Risikobereitschaft bei gleichzeitig schlechterer sozialer Absicherung. Darauf müssen sich auch alle einstellen, die vor allem ›am Text‹ arbeiten wollen.

Neben einer Selbstständigkeit gibt es außerhalb von Buchverlagen ebenfalls interessante berufliche Chancen: So suchen große Unternehmen, Kommunikations- und Werbeagenturen ebenso wie Verbände oder kulturelle Institutionen für ihre Publikationen immer wieder erfahrene Lektoren. Literarische Agenturen, Book-Packager, Redaktionsbüros und Producer bieten als Dienstleister für die Buchbranche ebenfalls Alternativen. Für Festangestellte ist zudem ein Wechsel vom Lektorat in andere Verlagsbereiche möglich.

Zu guter Letzt: Die Fähigkeit zu Kommunikation und Networking ist entscheidend für dauerhaften beruflichen Erfolg – nicht nur, weil gute Beziehungen weiterhelfen. Dabei liegt es an jedem selbst, wie stark das inner- und außerbetriebliche Beziehungsnetz ist. Die wichtigste Anlaufstelle für den Branchennachwuchs sind die Jungen Verlags- und Medienmenschen (www.jungeverlagsmenschen.de), für weibliche Beschäftigte sind die Bücherfrauen (www.buecherfrauen.de) eine starke Interessenvertretung, und um die Belange der Freien kümmert sich der Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren (www.vfll.de). In jedem Fall entstehen durch den regelmäßigen Erfahrungsaustausch mit anderen Menschen neue Ideen, findet sich Hilfe bei Alltagsproblemen und Rat in schwierigen Situationen.

Verwendete und weiterführende Literatur

Breyer-Mayländer, Thomas: Wirtschaftsunternehmen Verlag. Märkte analysieren und bewerten, Herstellungsprozesse verstehen und planen, Medialeistungen bewerben und verkaufen, Medienprodukte vertreiben, Arbeitsprozesse in Redaktion oder Lektorat organisieren. 5. Auflage. Frankfurt a. M.: Bramann 2014.

Ein Standardwerk für Ausbildung und Studium.

Groothuis, Rainer: Wie kommen die Bücher auf die Erde? Über Verleger und Autoren, Hersteller, Verkäufer und das schöne Buch. Köln: DuMont 2018.

Dieses schön illustrierte Buch zeigt ebenso anschaulich wie unterhaltsam, was Verlage machen, und eignet sich auch vorzüglich als Geschenk.

Röhring, Hans-Helmut; Fetzer, Günter: Wie ein Buch entsteht. Einführung in den Buchverlag. 10. Auflage. Darmstadt: WBG 2019.

Ein immer noch aktueller Klassiker, der eine knappe Einführung in die Arbeitsabläufe von Buchverlagen bietet.

Schickerling, Michael; Menche Birgit: Bücher machen. Ein Handbuch für Lektoren und Redakteure. 3. Auflage. Frankfurt a. M.: Bramann 2012.

Der Vorläufer dieses Werks geht ausführlich auch auf alle praxisrelevanten Fragen zu Recht, Herstellung, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit, Vertrieb und freies Lektorat ein.

Schlüter, Okke: Das Buch im Kontext der Medienkonvergenz. Frankfurt a.M.: Bramann 2020.

Das Buch thematisiert grundlegende Veränderungen im Verlagsgeschäft. In Anbetracht technischer Entwicklungen ist ›Bücher publizieren‹ nur noch eine Option von vielen.

VFLL (Hg.): Leitfaden Freies Lektorat. 11. Auflage. Frankfurt a. M.: Bramann 2018.

Das Handbuch des Lektorenverbands bietet umfassende und praxiserprobte Hilfen für den Arbeitsalltag von Freien.

1
Programm- und Projektplanung

Praxisbeispiel 1

Die Verlagsgründerin hatte die Zügel immer fest in der Hand: Alle Entscheidungen liefen über ihren Tisch, die Autorenkontakte pflegte sie höchstpersönlich. Nun ist sie schwer erkrankt, und niemand weiß so recht, wie es weitergeht. Die von ihr akquirierten Titel reichen noch für das nächste Programm – und dann? Nachdem drei Verlagsmitarbeiter ein Seminar zur Programmplanung besucht haben, teilen sie die Arbeit unter sich auf: Die dienstsälteste Kollegin wird mit allen Autoren telefonieren und sie nach neuen Buchideen fragen – da findet sich bestimmt etwas. Der Volontär durchforstet die Backlist und prüft, welche Titel durch eine Neuauflage frischen Schwung bekommen könnten. Und eine Lektorin wird endlich ihre Idee für eine neue Reihe umsetzen, die schon lange in ihrer Schublade liegt, im Detail durchdacht ist und für die es sogar zwei konkrete Themenangebote gibt. Dass sie die Dinge jetzt selbst in die Hand nehmen, werden sie der Verlegerin beim nächsten Krankenbesuch vorsichtig beibringen.

Praxisbeispiel 2

In Asien bereits ein Riesentrend: ›Sports Fantasy‹, kurze Romane mit cricketspielenden Gnomen und Elfen. Die Lektorin hat dazu gerade ein erstes Angebot vorliegen, aber eine kurze Marktrecherche ergibt: Cricket kennt hierzulande kaum jemand. Aber wenn man das Ganze vielleicht ins Eishockeymilieu verlegt und als Setting die Alpenlandschaft um ein verzaubertes Neuschwanstein wählt? Dann könnte man die Lizenz auch gut ins Ausland verkaufen. Die Lektorin überzeugt ihre Programmleiterin, es zunächst mit einem Titel zu versuchen, und den Marketingchef, dafür eine starke Social-Media-Kampagne zu entwickeln. So lässt sich die avisierte junge, vorwiegend weibliche Leserschaft, die sie bei ihrer Zielgruppenrecherche als erfolgversprechend identifiziert hat, am besten erreichen.

Praxisbeispiel 3

Die bisher erfolgreiche Ratgeberreihe, Aushängeschild des Verlags, verkauft sich von Jahr zu Jahr immer schleppender. Um herauszufinden, woran das liegt und was man besser machen könnte, arbeiten der verantwortliche Lektor, ein Kollege aus dem Marketing und die Vertriebschefin mit der Business-Model-Canvas. Ihre Leitfrage: Welche Faktoren gefährden das Geschäft mit unserer Buchreihe? Schnell wird klar: Die Leser informieren sich zunehmend in kleinen Häppchen im Internet, oft auf Special-Interest-Seiten, die teils eine erstaunlich große und engagierte Fangemeinde haben. Die eigenen Produkte müssten in Zukunft also viel flotter und übersichtlicher als bisher aufbereitet werden. Und der Verlag sollte eine eigene Online-Community rund um seine Themenwelt aufbauen oder Kooperationen mit Influencern eingehen. Gut gemachte Bücher allein reichen für den Erfolg jedenfalls nicht mehr.

Immer mehr Bücher – immer weniger Zeit zum Lesen. 2019 erschienen auf dem deutschen Buchmarkt etwa 78.800 Titel erstmals oder in einer Neubearbeitung,3 immerhin 18 Prozent weniger als im Spitzenjahr 2007.4 Hinzu kommen 9.500 Novitäten in Österreich5 und 4.800 deutschsprachige Neuerscheinungen in der Schweiz6 Da stellt sich die Frage: Wer soll das alles lesen? Denn nur 31 Prozent der Bevölkerung nehmen zumindest einmal pro Woche ein gedrucktes Buch in die Hand, 32 Prozent tun das nie, und bei E-Books sieht es noch schlechter aus. Bücher lesen gehört damit schon lange nicht mehr zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen – und rangiert weit abgeschlagen hinter dem Spitzenreiter Fernsehen (94 Prozent) oder der Nichtaktivität Ausschlafen (61 Prozent).7Für die Lektüre von gedruckten und digitalen Büchern stehen täglich durchschnittlich 26 Minuten zur Verfügung – während es für die Lektüre im Internet 101 Minuten sind, wozu auch Social-Media-Beiträge oder Produktbeschreibungen in Online-Shops zählen, 89 Minuten für das Lesen und Schreiben von E-Mails, SMS und Messenger-Chats sowie 22 Minuten für Zeitungen und Zeitschriften.8 Bücher haben es immer schwerer, im Medienwettbewerb zu bestehen – und finden entsprechend von Jahr zu Jahr immer weniger Käufer.9

Konzentrationsprozesse in der Medienbranche haben ebenfalls Auswirkungen auf die Lesekultur. Auf der einen Seite verdrängen wenige große Buchhandelsketten viele mittelständische Buchhandlungen. Auf der anderen Seite versammeln große internationale Verlagskonzerne zahlreiche #Imprints unter ihrem Dach, die sich auf immer kleinere Zielgruppen spezialisieren. Doch damit sinken die Verkaufszahlen pro Titel, verstärkt durch die digitale Konkurrenz – eine schwierige Situation für Verlage. Für die Programmmacher stellt sich daher die Frage: Wie muss ein Buch aussehen, damit es den Nerv der Zielgruppe trifft? Der Handel hat dabei hohe Erwartungen an die Verlage: schnelle Verkäuflichkeit bei guter inhaltlicher und herstellerischer Qualität. Aber soll es überhaupt noch ein gedrucktes Buch sein?

Verlage stehen vor der schwierigen Aufgabe, den zahlreichen Novitäten weitere Titel hinzuzufügen – für deren Lektüre niemand so recht Zeit hat. Den richtigen Riecher haben nur wenige; der hängt mehr von glücklichen Umständen ab als von durchdachter #Programmplanung. Darauf können #Verleger und Lektoren also ebenso wenig bauen wie darauf, dass sie die richtigen Bücher schon irgendwie finden werden. Denn in einem heiß umkämpften Markt, in dem gleichzeitig um die Aufmerksamkeit der Leser und der Medien sowie um knappe Regalflächen im Handel gerungen wird, sind erfolgreiche Verlagsprodukte fast immer das Ergebnis klarer Konzepte. Das Stichwort lautet Programm- beziehungsweise Produktpolitik. Sie ist Teil des klassischen Marketingmix, dem 4-P-Konzept.10 Eine Neuinterpretation, welche die Kundeninteressen mehr in den Vordergrund rückt, bietet das hier integrierte SAVE-Modell:11

4-P-KONZEPTDieses Konzept als klassische Säule des Marketingmix stammt ursprünglich aus dem Jahr 1960 von Edmund Jerome McCarthy Perreault, damals Professor für Marketing an der Harvard University. Das Modell hat seitdem einige Erweiterungen und Abwandlungen erfahren, zum Beispiel als 7 P (zusätzlich People, Process und Physical Evidence), oder Neuinterpretationen wie den SAVE-Ansatz (Solution, Access, Value, Education).

ProduktWelche Produkte (Buch, Hörbuch, E-Book oder App) oder Dienstleistungen (Aktualisierungen via Internet, Diskussionsforen oder anderes) sollen zu welchen Themen und für welche Zielgruppen angeboten werden? Noch mehr als das einzelne Produkt muss eine Lösung (Solution) im Hinblick auf die Kundenbedürfnisse im Vordergrund stehen.

PlatzierungWelches sind die geeigneten Absatzkanäle (Buchhandel, Online-Shops, Direktvertrieb, Nebenmärkte wie Lebensmittelgeschäfte, Apotheken oder Tankstellen)? Optimale Verfügbarkeit und Zugänglichkeit (›Access‹) spielen für Kunden dabei eine wichtige Rolle.

PreisWas ist der richtige #Ladenpreis? Wie sind die Lieferbedingungen (Rabatte, Valuta oder Skonto)? Dabei sind für die Kunden weniger der Preis oder die Kosten entscheidend als Nutzen und Wert (›Value‹) des Angebots.

PromotionWelche Bestandteile hat das Kommunikationskonzept (Werbung, Verkaufsförderung, Öffentlichkeitsarbeit oder Social Media)? Was sind die Werbebotschaften? Welches sind die optimalen Medien für Marketing und PR? An die Stelle mehr oder weniger aufdringlicher Werbebotschaften tritt Wissen (›Education‹) in Form attraktiver und hochwertiger Inhalte, die Kunden inspirieren, unterhalten oder informieren.

Der Kern verlegerischer Aktivitäten ist die Programmgestaltung. Hierzu zählen die Entwicklung und Herstellung sämtlicher Produkte und Dienstleistungen, die ein Verlag anbietet. Daran orientieren sich die anderen Instrumente des Marketingmix. Auch der umgekehrte Weg ist möglich: Die Marketingstrategie verlangt unter Umständen eine bestimmte Gestaltung des #Covers, unterschiedliche Vertriebskanäle erfordern unterschiedliche Ausstattungen, und nicht zuletzt hat der Ladenpreis großen Einfluss auf die Aufmachung eines Buchs. Die Grundlinien der Programmpolitik werden vom Lektorat oder von der Verlagsleitung festgelegt, oft in enger Abstimmung mit der Marketingabteilung. Dabei lauten die beiden wesentlichen Fragen:

TitelpositionierungWie lassen sich einzelne Titel innerhalb des eigenen Verlagsprogramms und nach außen in Abgrenzung zum konkurrierenden Gesamtmarkt eindeutig positionieren?

ProgrammentwicklungWie wird aus der Vielzahl der Einzeltitel ein profiliertes und erfolgreiches Verlagsprogramm?

Bei jedem Buchprojekt werden Lektoren immer auch mit Fragen der Programmentwicklung konfrontiert. Das gilt umso mehr, wenn sie neue Reihen oder gar Programmbereiche planen. Umgekehrt hat das Programmprofil ebenfalls entscheidenden Einfluss auf Auswahl und #Positionierung einzelner Titel.