Sky-Navy 13 - Kampf um Rigel

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Aus der Reihe: Sky-Navy #13
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Sky-Navy 13 - Kampf um Rigel
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Michael Schenk

Sky-Navy 13 - Kampf um Rigel

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1 Die Spezialistin

Kapitel 2 Nicht Freund, nicht Feind

Kapitel 3 Die Namenlose

Kapitel 4 Tägliche Routine

Kapitel 5 Ein bekannter Name

Kapitel 6 Angriffsvorbereitungen

Kapitel 7 Das Freihandelsschiff

Kapitel 8 Ungewöhnliche Aktivitäten

Kapitel 9 Der Wald im Nichts

Kapitel 10 Das Ziel einer Übung

Kapitel 11 Eine unerfreuliche Erkenntnis

Kapitel 12 Eine angemessene Reaktion

Kapitel 13 Heimliche Manipulationen

Kapitel 14 Invasion

Kapitel 15 Nur die halbe Faust

Kapitel 16 Frustrationen

Kapitel 17 Feindkontakt

Kapitel 18 Schiff in Not

Kapitel 19 Das trojanische Schiff

Kapitel 20 Ein gelungener Coup

Kapitel 21 Sabotage

Kapitel 22 Zusammenbruch

Kapitel 23Traumlos

Kapitel 24 Der Feind in meiner Hand

Kapitel 25 Dies ist keine Übung

Kapitel 26 Alles nach Plan

Kapitel 27 Im Verborgenen

Kapitel 28 Eine tödliche Überraschung

Kapitel 29 Berührungspunkte

Kapitel 30 Überrumpelung

Kapitel 31 Hilferuf von Rigel

Kapitel 32 Eine riskante Situation

Kapitel 33 In Sicht

Kapitel 34 Feuer im Loch

Kapitel 35 Um Ehre und Tod

Kapitel 36 Von Deck zu Deck

Kapitel 37 Rückzug

Kapitel 38 Reboot

Kapitel 39Feuerschlag

Kapitel 40 Kein Tag des Ruhmes

Kapitel 41 De-Briefing

Kapitel 42 Ankündigung Sky-Navy 14

Kapitel 43 Hinweis zur Suche bei Amazon

Kapitel 44 Preiserhöhung und Erscheinungstermine

Impressum neobooks

Kapitel 1 Die Spezialistin

Sky-Navy 13

Kampf um Rigel

Military Science Fiction

von

Michael H. Schenk

© M. Schenk 2019

Sky-Base Rigel, Sky-Navy Sektor-Kommando Rigel, Deck 274, Sicherheitsabteilung

Die „My Starship 2“ hatte vor zwei Tagen an der Basis angelegt. Über Dreitausend Touristen besuchten die Raumbasis Rigel und nahmen an den Führungen teil. Für die Besatzung des Stützpunktes war es längst Routine ein Auge auf die Neugierigen zu haben, sie von bestimmten Bereichen fern zu halten und darauf zu achten, dass es zu keinen Unfällen kam. Etliche der Sky-Troopers, die hier stationiert waren, empfanden es als Abwechslung von der Routine, einzelne Kreuzfahrer oder ganze Gruppen zu eskortieren, andere waren weniger begeistert „Kindermädchen“ spielen zu müssen.

Admiral Paul Derfflinger, Befehlshaber von Sky-Base Rigel ließ jedoch keinen Zweifel, dass er die Besuche der Kreuzfahrtschiffe ausdrücklich begrüßte. „Ohne Zweifel befinden wir uns in einem unerklärten Krieg mit den humanoiden Negaruyen und wir haben einen eher unsicheren Waffenstillstand mit den insektoiden Norsun. Die Navy braucht Schiffe und Besatzungen und so ist es wichtig, dass die Streitkräfte des Direktorats die Unterstützung der Bevölkerung genießen. Rigel wird hierzu seinen Beitrag leisten.“

Rigel war nicht nur einer der drei größten Militärstützpunkte der Menschheit, sondern über viele Jahre lang auch ein wichtiger Umschlagplatz für Personen und Waren. In vergangener Zeit waren die Schiffe noch Monate oder Jahre mit dem Überlichtantrieb unterwegs gewesen. Es gab kaum wirklichen Passagierverkehr, denn Besatzungen und Passagiere verbrachten den größten Teil der Reisezeit im Kälteschlaf. Die Entwicklung des Hiromata-Antriebs hatte alles verändert. Jetzt musste ein Schiff nur noch auf die einfache Lichtgeschwindigkeit beschleunigen, dabei die Kristalle des Hiromata aufladen und dann in den Sturz gehen. Selbst größte Entfernungen wurden dann ohne Zeitverlust zurückgelegt. Am Austrittspunkt des Nullzeit-Sturzes musste man sich dann lediglich der Geschwindigkeit des Ziels anpassen. Die endgültige Annäherung konnte daher immer noch Tage währen. Dennoch brachte der Hiromata-Antrieb einen enormen Aufschwung des interstellaren Verkehrs und er brachte der Menschheit eine zweite Kolonisierungswelle.

Und den Tourismus. Das Reiseunternehmen „My Starship“ warb mit dem Slogan „Geben Sie uns zwei Wochen und wir geben Ihnen die Wunder der Galaxis“. Eine ganze Reihe von Kreuzfahrtschiffen war nun im menschlich besiedelten Weltraum unterwegs und brachte die Neugierigen und Erholungssuchenden auf luxuriöse Weise zu ausgewählten Sehenswürdigkeiten. Die Weltraumbasen der Streitkräfte gehörten dabei immer wieder zum Besucherprogramm.

Für den Sicherheitschef der Rigel-Basis, Captain (Service) Maurice Darren, waren die Aufenthalte der Kreuzfahrtschiffe stets eine besondere Herausforderung. Diesmal hatte die „My Starship 2“ jedoch einen Passagier gebracht, der auf das besondere berufliche Interesse von Darren stieß.

Jetzt saß ihm Juliette Monroe in seinem Büro auf Deck 274 gegenüber und durchlief die üblichen Sicherheitskontrollen für Personen, die in der Basis als zivile Angestellte arbeiten wollten.

Natürlich hatte sich Maurice Darren längst die tetronischen Dateien angesehen, doch er bevorzugte es, diese auszudrucken und in ihnen zu blättern. Nach seinen Erfahrungen verunsicherte dies seine Besucher und verleitete sie gelegentlich zu Aussagen, die sie sonst vielleicht nicht gemacht hätten.

Juliette Monroe war jung und attraktiv. Maurice hielt sich diesbezüglich durchaus für einen Kenner und war auf der Basis dafür bekannt, beim weiblichen Geschlecht „nichts anbrennen“ zu lassen. Da er ungewöhnlich gut aussehend und charmant war, hatte er dabei durchaus Erfolg.

„Sie haben kein Langstrecken-Shuttle benutzt, sondern sind mit der My Starship 2 gekommen“, stellte Maurice fest.

Juliette fühlte sich zu einer Erklärung verpflichtet. „Ich muss mich ja eigentlich erst Morgen auf der Basis melden und wollte noch ein paar Tage Urlaub verbringen. Wir waren auf Banta III.“, fügte sie lächelnd hinzu, „und haben die dortigen Feuerfälle gesehen.“

„Die dürfen auf keiner Kreuzfahrt fehlen.“ Maurice blätterte um. „Hier steht, Sie wurden auf Direlius geboren… Der Planet liegt zwar in einer habitablen Zone, ist aber in meinen Unterlagen nicht als kolonisiert verzeichnet.“

Juliette errötete ein wenig. Verlegen strich sie eine lange blonde Locke aus ihrem Gesicht. „Das Kolonieschiff mit meinen Eltern landete dort, aber der Planet erwies sich als zu… schwierig. Es gab ein paar Todesfälle durch Raubpflanzen. Und auch eine Seuche.“

 

„Die geplante Kolonisation wurde also aufgegeben?“

„Nach einigen Jahren. Es gab nur wenige Überlebende.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich war schon fast erwachsen und wurde mit einer Handvoll anderer von einem Patrouillenschiff gerettet, das auf den Notruf reagierte. Meine Eltern gehörten zu den Toten.“

„Ich bedauere Ihren Verlust“, sagte Maurice mit professioneller Anteilnahme. „In den Unterlagen steht, dass Sie dann auf Mars Schule und Universität besuchten. Abschluss in Tetronik und Systemverwaltung.“

„Ich habe anschließend ein paar Jahre für Mars Tetronic Systems gearbeitet. Außenarbeit in den Kolonien, um dort die tetronischen Systeme für die Verwaltungen einzurichten.“

„Und jetzt haben Sie sich auf eine Stelle als Tetronik-Spezialistin bei uns beworben.“

„Und die Stelle bekommen.“ Ihr Blick wurde unsicher. „Habe ich doch, oder nicht?“

Er lächelte freundlich. „Dies ist nur eine letzte Routinebefragung und kein Verhör, Zivilistin Monroe. Das ist üblich, bevor man die erforderliche Sicherheitsfreigabe für unsere sensiblen Bereiche bekommt. Warum wollen Sie auf der Basis arbeiten? Mir ist bekannt, dass man in der freien Wirtschaft bessere Gehälter bekommt, als bei der Navy.“

„Die Navy hat uns damals von Direlius gerettet und jetzt, wo es doch Probleme mit diesen Alienvölkern gibt, da möchte ich der Navy helfen, so gut ich kann, Captain Darren.“

„Sehr löblich, Zivilistin Monroe. Doch nennen Sie mich nicht Captain. In der Navy pflegen wir die Tradition, dass nur der Befehlshaber eines Schiffes mit diesem Rang angesprochen wird.“ Maurice seufzte vernehmlich. „Die Schlammfüße tun sich damit natürlich schwer.“

„Schlammfüße?“

„Bodentruppen. Ich spreche von den Sky-Troopern der Raumkavallerie. Sicherlich gute Soldaten, aber einfach kein Sinn für die altehrwürdigen Traditionen der Navy.“ Ein erneuter Seufzer folgte. „Ich führe zwar den Dienstgrad eines Captains, doch im sogenannten Service, also ohne Schiffskommando. In solchen Fällen spricht man in der Navy einen Offizier mit „Sir“ oder „Ma´am“ an. Obgleich Sie Zivilistin sind, bevorzugen wir es an Bord, wenn Sie dies ebenfalls tun. Sprechen Sie Angehörige der Sky-Navy oder der Sky-Cavalry ansonsten stets mit deren Dienstgrad an.“

„Navy-Tradition“, meinte Juliette und nickte lächelnd.

„Ich sehe, wir verstehen uns.“ Maurice Darren erwiderte das Lächeln.

„Darf ich Sie… etwas fragen?“

„Selbstverständlich. Wie ich schon sagte… Dies ist ein Gespräch und kein Verhör.“

„Sind solche Gespräche wirklich erforderlich?“ Erneut zeigte sie ein verlegenes Lächeln. „Ich meine… Wir haben zwar Probleme mit den Aliens, aber so weit ich weiß, sind diese so verschieden von uns, dass sie sich doch kaum bei uns einschleichen können, oder?“

„Da können Sie ganz beruhigt sein. Die äußerlichen und genetischen Unterschiede sind so gravierend, dass sich kein Hanari, Negaruyen oder Norsun unerkannt unter uns bewegen könnte.“

„Das dachte ich mir schon“, gab sie zu. „Aber warum dann…?“

„Denken Sie an die schwarze Bruderschaft der Piraten oder Terrororganisationen wie „Human Rights“. Letztere hat damals schwere Anschläge verübt, da sie gegen unsere Rettungsmission für die Hanari war.“ Er zuckte bedauernd mit den Schultern. „Es gibt nicht nur Befürworter der Politik des Direktorats oder seiner Streitkräfte. Es gibt Extremisten und Fanatiker, die ihre Ansichten auch mit Gewalt durchsetzen wollen.“

„Das ist so schrecklich überflüssig“, seufzte sie. „Der Weltraum bietet doch allen genug Platz und ist mit dem Hiromata für nahezu Jedermann erreichbar.“

„Nun, Zivilistin Monroe, Sie gehören offensichtlich weder zu den Aliens, noch zu irgendwelchen Extremisten.“ Maurice lachte gutmütig. „Zudem haben Sie hervorragende Beurteilungen. Sie werden sich auf der Rigel-Basis wohl fühlen.“

„Dann bekomme ich die Freigabe?“

„Aber selbstverständlich.“ Er griff in eine Ablage seines Schreibtisches und zog eine kleine Kunststoffkarte mit einem tetronischen Chip hervor. „Das hier ist Ihr Ausweis, Technikerin Monroe. Bitte immer sichtbar tragen. Er öffnet Ihnen alle erforderlichen Türen und ermöglicht zudem den Zugriff auf das Konto mit Ihrem Guthaben an Credits.“

Maurice erhob sich und reichte ihr den Ausweis und die Hand. „Willkommen auf Rigel.“

Juliette dankte lächelnd.

Als sie sein Büro verließ, sah Maurice Darren ihr wohlwollend hinterher. Er war erleichtert, dass es keinen Makel in ihren Unterlagen gab. Eine hübsche Person und ein Zugewinn für die Basis, dessen war er sich sicher.

Auch Juliette Monroe war erleichtert.

Die Leiden, die mit der Veränderung einher gegangen waren und die Jahre auf dem Mars, stets von der Furcht der Entdeckung begleitet, hatten sich ausgezahlt. Nun war sie am Ziel. Sie würde Zugriff auf die militärischen Geheimnisse der Menschheit erhalten und eines Tages, wenn das Schicksal ihr gewogen war, zu ihrer Vernichtung beitragen.

Kapitel 2 Nicht Freund, nicht Feind

D.S. Gallager, APS-Kreuzer, Registernummer 71

Sie waren auf der Suche. Auf der Suche nach dem APS-Kreuzer D.S. Nanjing, der vom Feind erobert worden war und nun eingesetzt wurde, um einen Frieden zwischen der Menschheit und den insektoiden Norsun zu verhindern. Beim Überfall auf eine Welt der Norsun war die Nanjing von der D.S. Remington gestellt worden. Die Negaruyen waren mit dem Schiff entkommen, dennoch war das Gefecht ein Erfolg. Die kleine Mutter Narret, Herrin der angegriffenen Welt, hatte anerkannt, dass die Menschen nicht für den Überfall verantwortlich waren und in ihrem Volk einen Waffenstillstand durchgesetzt. Mehr noch… Sie hatte bei der großen Mutter aller Norsun erreicht, dass die Sky-Navy im Hoheitsgebiet der Insektoiden nach dem Feind suchen durfte. Nun waren rund fünfzig APS-Kreuzer, fast ein Viertel des Flottenbestandes, im Weltraum unterwegs, um die Nanjing endlich zu finden, mit dem Ziel, sie zurückzuerobern oder sie zu vernichten.

Auch die D.S. Gallager gehörte zur APS-Klasse. Die Assault-Patrol-Ships waren das Rückrat der Sky-Navy und Captain Frank Keller gehörte fraglos zu ihren erfahrensten Captains. Die Gallager befand sich derzeit im Grenzgebiet zwischen dem menschlichen Direktorat und dem Herrschaftsgebiet der Norsun. Natürlich gab es keine wirkliche Grenze. Lediglich Sternensysteme, die man beanspruchte. Genau dies machte einen Konflikt im Weltraum so unübersichtlich und gefährlich. Es gab keine Grenze, die man befestigen und verteidigen konnte. Ein Gegner konnte jederzeit und überall auftauchen. Die Sky-Navy war auf das Äußerste beansprucht, um das Direktoratsgebiet zu bestreifen. Überwiegend waren es kleine Patrouillenboote vom Typ der Langstrecken-FLVs, deren tetronische Augen und Ohren den Raum absuchten. Entdeckten sie eine mögliche Gefahr, dann lag es an der Kommandoebene der Streitkräfte, Gegenmaßnahmen einzuleiten und Trägerschlachtschiffe, Kreuzer oder Kampftruppen in Marsch zu setzen.

Frank Keller saß im Kommandosessel auf der Brücke, die sich im vorderen Drittel an der Oberseite des Kreuzers befand. Von seinem Sitz aus konnte er die Arbeitsplätze der Brückenbesatzung überblicken und den ungehinderten Ausblick in den freien Raum genießen, den die großen Panoramascheiben aus Klarstahl ermöglichten. Im Gefecht wurde die Brücke allerdings in den Rumpf eingefahren und durch ihre Panzerung geschützt.

Der Kreuzer war soeben in die Nullzeit gegangen und kam nun am Ende des Sturzes heraus. Schlagartig wechselten die Sternbilder und an der Backbordseite wurde ein roter Riese sichtbar. Sofort begannen die Scanner und Sensoren zu arbeiten, während auf dem Schiff bedingte Gefechtsbereitschaft herrschte.

Im Weltraum gab es, entgegen der beliebten SciFi-Holos in den Medien und den Phantasien der Geschichtenerzähler, kaum die Möglichkeit, ein Schiff überraschend anzugreifen. Die Annäherung zweier Schiffe auf Gefechtsentfernung nahm, selbst bei maximaler Überlichtgeschwindigkeit, etliche Stunden in Anspruch. Zeit genug, ein Schiff in Ruhe für den Kampf vorzubereiten. Ausnahmen gab es allenfalls, wenn man ein stationäres Ziel anflog, dessen Position und relative Geschwindigkeit im Raum exakt bestimmt werden konnten. Doch das war ein äußerst schwieriges Manöver und zudem riskant. Kein Captain war darauf aus, sein Schiff mit einem Hindernis kollidieren zu lassen. Beim Austritt aus dem Sturz galt die Kampfbereitschaft also eher „natürlichen“ Gegnern, wie Asteroiden und Kometen, die unerwartet die Flugbahn auf kürzeste Distanz kreuzten.

„Sturz vollzogen“, meldete der traditionell als Rudergänger bezeichnete Pilot. Sein Kopf bewegte sich unmerklich unter dem Virtual-Reality-Helm. Die Hände lagen entspannt auf dem Joystick der Steuerung und den Schaltungen der Armlehne. „Wenn mich meine Augen nicht trügen, Sir, dann sind wir genau auf dem Punkt aus dem Sturz gekommen“, fügte er weniger formell hinzu.

Captain Keller war unruhig, was selten vorkam. Seine Fingerspitzen trommelten auf die Armlehne. „Nav?“

„Einen Moment noch, Sir.“ Der für Navigation und Ortung verantwortliche weibliche Lieutenant beobachtete die Anzeigen ihrer Konsole. „Bestätige Austrittspunkt am Ziel. Die aktualisierten Daten kommen herein.“

Vor Keller „hing“ das große Hologramm in der Luft, welches den Status seines Schiffes, die wichtigsten Aktionen und die Karte der nächsten Umgebung wiedergab. Die Tetronik projizierte die Katalogdaten der nächsten Umgebung. Sie gaben die bekannten Objekte und deren Daten wieder. Im Gegensatz zu vielen anderen Schiffen verfügte die Gallager bereits über den Nullzeit-Scanner, dessen Impulse ebenfalls ohne Zeitverlust arbeiteten. Diese Scanner waren noch neu und ihre Serienfertigung ging nur langsam voran, da sie eine gewisse Menge des Hiromata-Kristalls benötigten. Hiromata war selten und daher kostbar. Alles, was mit Nullzeit funktionierte, ob Antrieb, Funk oder Ortung, benötigte diesen Kristall. Die Funde waren selten, die Mengen meist gering und man unternahm gewaltige Anstrengungen, neue Vorkommen ausfindig zu machen.

„Echos zeichnen. Daten kommen rein und werden synchronisiert, Sir“, meldete die junge Frau.

„Danke, Nav.“ In der Projektion erschienen nun andere bewegliche Objekte, mit Informationen zu Größe, Masse, voraussichtlicher Beschaffenheit, Flugbahn und relativer Geschwindigkeit, in Relation zum Schiff.

„Sieben unbekannte Objekte kommen hinter dem siebten Planeten hervor.“ In der Stimme von Nav lag nun ebenfalls eine leichte Anspannung. Auf der holografischen Karte blinkten nun sieben orangefarbene Symbole. Orange stand für „nicht identifiziert und möglicherweise gefährlich“. Haig warf einen kurzen Blick auf den Captain. „Drei dicke Brocken und vier kleinere Einheiten. Definitiv künstliche Objekte.“

„Identifikation?“

„Noch nicht möglich, Sir. Die Messdaten legen allerdings nahe, dass es sich um Hantelschiffe der Norsun handelt.“

„Kurs?“

„Einen Moment, Sir. Berechnung läuft.“ Der Lieutenant brachte die Ergebnisse des laufenden Scans in Relation zur Gallager. „Paralleler Kurs mit uns. Ich berichtige. Objekte haben Kurs geändert und nähern sich uns jetzt an. Bei gleichbleibendem Kurs und Geschwindigkeit erreichen wir den Rendezvouspunkt in zwei Stunden und siebzehn Minuten.“

„Bestätigt, Nav. Ruder, wir behalten Kurs und Geschwindigkeit bei.“

Captain Keller lächelte zufrieden. „Sie haben uns erst mit einer gewissen Verzögerung entdeckt und reagiert. Das bedeutet, dass unsere Nullzeit-Scanner schneller als ihre Ortungssysteme sind. Das bestätigt die Beobachtungen, die Captain Tangaroa bereits mit der Remington machte.“

„Und es verschafft uns einen gewissen zeitlichen Vorteil im Gefecht“, fügte der Waffenoffizier hinzu.

Keller wandte sich dem Radio Operator zu. „RO, Echoimpuls abgeben.“

„Aye, Sir, sende Echoimpuls.“

„Bereitschaftsstatus erhöhen, Sir?“, fragte der Waffenoffizier sofort nach.

„Ney“, lehnte Keller mit der traditionellen Verneinung der einst „nassen“ Navy ab. „Falls es unsere neuen „Freunde“ sind, könnte das angemessen und falsch interpretiert werden. Außerdem sind wir noch weit entfernt und haben Zeit, um zu reagieren.“

 

Das Funkgerät strahlte den Echoimpuls ab. Im Grunde handelte es sich dabei um einen sehr kurzen Nullzeit-Morsespruch, der den Namen und die Kennung der Gallager an die Unbekannten übermittelte. Jeder menschliche Sender würde diesen Impuls mit der eigenen Kennung erwidern und sich als Freund identifizieren.

„Negativer Echoimpuls, Sir“, stellte der Funkoffizier fest. „Soll ich Kontakt aufnehmen?“

Keller tippte eine Eingabe in seine Armlehnensteuerung. Ein Teil der Brückenverglasung wurde zu einem optisch extrem stark vergrößernden Instrument. Der Bereich, in dem sich die unbekannten Objekte bewegten, wurde vergrößert. Doch die Unbekannten waren noch zu weit entfernt, um optisch identifiziert werden zu können. „Na schön, RO, spulen Sie den vorbereiteten Spruch ab. Aus in Norsun, Ein in Standard.“

Seitdem die Remington auf dem Planeten der kleinen Mutter Narret gegen die Nanjing gekämpft hatte, führten alle Suchschiffe einen neuartigen tetronischen Translator mit sich. Die kleine Mutter Narret, Herrin ihrer Welt, hatte eine Botschaft als Datei speichern lassen, um eine friedliche Begegnung zwischen den Schiffen der Menschen und denen der Norsun zu ermöglichen.

„Vorbereitete Datei wird gesendet, Sir“, kam es von RO. „Ausgehende Sendungen erfolgen automatisch in Norsun, alle eingehenden Sendungen werden in Standardidiom übersetzt.“

„Sender und Empfänger auf Brücke legen.“

„Aye, Sir. Lege Sender und Empfänger auf Brückenlautsprecher.“ Der Funker tätigte eine Eingabe an seiner Konsole. „Aktiviert, Sir.“

„Hier ist das Direktoratsschiff D.S. Gallager unter dem Schutz der kleinen Mutter Narret“, gingen die Impulse hinaus. „Wir sind Hüter des Eis und suchen den Feind, um ihn zu stechen.“

An der Schadenskontrolle lächelte der weibliche Tech-Master-Chief. Keller bemerkte ihr breites Grinsen. „Was amüsiert Sie, Tech?“

„Wir legen nun einmal keine Eier, Cap, und schlagen sie für gewöhnlich in die Pfanne.“

„Lassen Sie das die Norsun nicht hören“, erwiderte Keller und schmunzelte ebenfalls. „Die sind sehr empfindlich, was Eier angeht. Wir können uns glücklich schätzen, dass uns die kleine Mutter Narret in ihrer Botschaft als Hüter des Eis bezeichnet. Damit werden wir für alle Eierlegenden Norsun zu Freunden.“ Sein Lächeln vertiefte sich. „Wenigstens in der Theorie. Jetzt wird sich zeigen, ob sich das auch in der Praxis bewährt. Ist ja unsere erste Begegnung mit einem Norsun-Geschwader, nach den Vorfällen mit der Nanjing.“

„Falls es tatsächlich Norsun sind“, schränkte der Waffenoffizier ein.

„Wir haben Zeit, bis wir auf Gefechtsentfernung heran sind“, brachte Keller in Erinnerung. „Genug Zeit, um zu entscheiden, ob wir uns auf ein Stechen einlassen oder den Rückzug einleiten.“

„Mit Verlaub, Cap, Sie hören sich schon fast wie ein Norsun an“, spottete der Rudergänger.

„Wenn wir mit den Insektoiden kommunizieren, dann sollten wir auch ihre traditionellen Redewendungen benutzen“, antwortete Keller. „Gemeinsamkeiten schaffen Verbindungen, Ladies und Gentlemen. Unsere neuen grünhäutigen Freunde haben noch immer einen verkümmerten Stachel am Unterleib und ihre Vorfahren haben nun einmal damit gestochen.“ Er wandte sich wieder dem Funker zu. „Noch immer keine Antwort, RO?“

„Ney, Sir. Wir senden weiter und sind auf Empfang.“

Frage und Antwort waren eigentlich überflüssig gewesen, denn jeder konnte über das Lautsprechersystem der Brücke mithören. Es zeigte, dass Keller tatsächlich beunruhigt war. Doch das war ihm kaum zu verdenken. Die Menschheit drohte in den jahrhundertealten Krieg zwischen Norsun und Negaruyen hinein gezogen zu werden. Tatsächlich wäre es den humanoiden Negaruyen beinahe gelungen, dass der drohende Konflikt zwischen dem Direktorat und den Insektoiden offen ausbrach. Gegenüber dem riesigen Reich der Norsun und ihrer gewaltigen Flotte hätten die Menschen jedoch niemals bestehen können. Nun hing sehr viel davon ab, ob die Botschaft der kleinen Mutter Narret tatsächlich dafür sorgte, dass die Waffen schwiegen.

„Captain, die Objekte zeichnen jetzt deutlich“, kam es von Nav. „Drei Zweikugeln der 1200-Meter-Klasse und vier Zweikugeln der 400-Meter-Klasse. Definitiv Norsun, Sir.“

Die sieben orangen Symbole wechselten zu Grün. Das entsprach den aktuellen Vorgaben für die automatische Zuordnung der Scanner, doch ob die Norsun tatsächlich „freundlich“ waren, musste sich nun erst zeigen.

Die Schiffe der Norsun hatten stets die Form von Hanteln, wobei die Kugeln durch tonnenförmige Segmente miteinander verbunden waren. Es gab Hanteln mit zwei oder drei Kugeln. Bislang hatte die Sky-Navy herausgefunden, dass Schiffe mit drei Kugeln als Träger für Truppen oder Beiboote genutzt wurden. Die sogenannten „Zweikugeln“ waren hingegen reine Waffensysteme von gewaltiger Vernichtungskraft.

„Fette Teile“, murmelte der Rudergänger. „In so einen Zwölfhunderter passt selbst eines unserer Trägerschlachtschiffe wohl drei Mal hinein.“

„Ein Grund mehr, um vorsichtig zu sein.“ Der Waffenoffizier verschränkte die Arme vor der Brust und der Blick, den er Keller zuwarf, wirkte leicht vorwurfsvoll.

„Sie lassen die Finger von den Waffen, Arms“, knurrte der Captain. „Wir sind nicht hier, um einen Krieg zu führen. Im Gegenteil, es geht darum, ihn unter allen Umständen zu vermeiden.“

„Immerhin haben wir den Insektoiden bei Regan III. ordentlich zugesetzt“, brachte der weibliche Tech-Master-Chief in Erinnerung. „Selbst solche 1200-Meter-Riesen haben gegen unsere Nullzeit-Railguns keine Chance.“

Keller schwenkte seinen Sessel leicht und hob die Stimme an. „Wir haben uns bei Regan gut geschlagen, Leute, aber lassen wir uns dadurch nicht täuschen… Diese Norsun haben wahrscheinlich mehr Schiffe, als wir Munition für die Nullzeit-Rails. Und damit Ende der Diskussion… Wir werden nichts unternehmen, was die Norsun als feindselige Handlung auslegen könnten. Wenn es knallt, dann ganz bestimmt nicht wegen uns.“

Noch immer lief die Endlosbotschaft der kleinen Mutter Narret. Keller beobachtete die sich verändernden Daten des Scanners. Auf der holografischen Karte wurde die Flugbewegung der Norsun als dünne Linie wiedergegeben.

Auch die anderen beobachteten das Hologramm. Der Lieutenant an der Waffenkontrolle räusperte sich. „Wir sind bald auf Gefechtsentfernung, Sir.“

Ein ungewöhnliches Knistern drang aus dem Lautsprecher. Bevor RO seine Meldung machen konnte, änderte die Stimme des Translators ihren Wortlaut. „Hier ist Höchst-Wort Tor-Tarap von Zweikugel Kredahir, führender Stachel der kleinen Mutter Dahira. Wir haben die Worte der kleinen Mutter Narret gehört und grüßen die menschlichen Hüter des Eis. Mögt ihr einen scharfen Stachel und eine gute Jagd haben.“

Irgendwer auf der Brücke stieß einen erleichterten Seufzer aus, während die Botschaft des Norsun-Kommandeurs wiederholt wurde.

Frank Keller hob die Hand. „RO, übersetzen Sie meine Worte in Norsun und senden Sie folgende neue Botschaft: Hier ist Captain Keller von der D.S. Gallager. Wir erwidern die Grüße und wünschen ebenfalls einen scharfen Stachel und gute Jagd.“ Er räusperte sich kurz und fuhr dann fort. „Mögen die Feinde des Eis ihr verdientes Ende finden.“

Keller nickte dem Funker zu, der den Text in den Translator eingab. Dann ging die Übersetzung an das Norsun-Schlachtschiff.

„Keine Antwort“, stellte RO fest.

„Norsun ändern Kurs“, meldete Nav nun. „Sie entfernen sich von uns.“

Frank Keller entspannte sich erleichtert.

„Mögen die Feinde des Eis ihr verdientes Ende finden…“ Der Tech-Master-Chief schüttelte lächelnd den Kopf. „Meine Güte, Cap, ich habe Sie selten so… blutrünstig… erlebt.“

Der Captain zuckte mit den Schultern. „Ein fähiger Captain passt sich fremden Kulturen an. Immerhin haben wir gerade etwas Entscheidendes gelernt: Wir mögen keine Freunde sein, aber wenigstens sind wir auch keine Feinde.“