Sky-Navy 12 - Die Maske fällt

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Aus der Reihe: Sky-Navy #12
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Kapitel 5 In den Weiten des Alls

Norsun-Schlachtschiff Nendahir

„Die ausführende Hand der Seher an das ausführende Wort“, wandte sich der Ortungstechniker an den diensthabenden Offizier in der Bugzentrale des riesigen Hantelschiffes, „keine unbekannten Objekte in Reichweite unserer Fernaugen.“

Der Norsun im Kommandosessel blickte auf den großen Panoramaschirm an der Frontseite der Zentrale. Er hatte Mühe seine Frustration zu verbergen und konnte nicht ganz verhindern, dass der Stachel an seinem Hinterleib Duftmoleküle der Enttäuschung absonderte. Zwar trug er den an Bord vorgeschriebenen Druckanzug, doch das Schutzfutteral über dem Stachel war geöffnet, da er diesen in die Aufnahme des Sitzes eingeführt hatte. Zwar dienten die hornigen Stacheln längst nicht mehr als Waffe, doch sie waren ein fester Bestandteil der Kommunikation der Norsun untereinander oder mit den eTronischen Steuerungen ihrer Systeme. Der Informationsaustausch erfolgte über das akustische Idiom, die mechanische Bedienung von Steuerelementen und die Interpretation der Pheromone.

„Beim Feuerfall von Istwagh“, fluchte das ausführende Wort leise. „Nun haben wir zum dreiundsechzigsten Mal die Schwingung passiert und jede Fernsicht ergibt dasselbe Ergebnis: Nichts. Als seien die Menschen von den Sternen verschlungen worden.“

Dreiundsechzig Stürze durch die Nullzeit und jeder Fern-Scan war ohne Ergebnis verlaufen. Die Suche nach dem mörderischen Schiff der Menschen blieb auch diesmal ohne Erfolg.

Die ausführende Hand der Sprecher blickte von ihren Kommunikationsgeräten auf. „Statt nach einem einzelnen Schiff der Langnasen in unserem Hoheitsgebiet zu suchen, sollten die große Mutter und die kleinen Mütter einfach die Schlachtflotte entsenden und die Welten der mordgierigen Menschen in Asche verwandeln.“

Im Grunde stimmte der Diensthabende dieser Meinung zu, dennoch widersprach er. „Die große Mutter und die kleinen Mütter werden in ihrer Weisheit ihre Gründe haben, wenn sie mit dem Vernichtungsschlag noch warten. Ich werde das Hoch-Wort und das Höchst-Wort verständigen, dass wir noch immer keinen Erfolg haben. Sie werden nicht erfreut sein.“

Der Norsun-Offizier hatte recht. Der Kommandant des Schlachtschiffes und der Befehlshaber des Geschwaders saßen in der kleinen Offiziersmesse der Bugkugel, als sie die Nachricht erhielten.

Höchst-Wort Ter-Ankor befehligte ein Geschwader aus inzwischen elf Hantelschiffen. Nach dem Kampf um Kell´Nar und dem Verlust eines Schlachtkreuzers hatte die große Mutter ihm Verstärkungen geschickt. Er kommandierte nun zwei Schlachtschiffe, vier Schlachtkreuzer und vier Kreuzer, die allesamt der Zweier-Serie angehörten. Hanteln mit je zwei Kugeln und einem Mittelteil. Hinzu kam ein Schiff der Dreier-Serie, dessen zusätzliche mittlere Kugel mit Beibooten und Truppen vollgestopft war. Die Kugel eines Kreuzers besaß einen Durchmesser von 200 Meter, die eines Schlachtkreuzers 400 Meter und ein Schlachtschiff, wie die Nendahir, verfügte über Kugeln von 600 Metern. Die insgesamt 1.800 Meter langen Riesen bildeten das Rückrat der Flotte der Norsun. Die Dreier-Hantel besaß ebensolche Ausmaße, ihre Bewaffnung war allerdings deutlich schwächer, da sie als Truppentransporter eingesetzt wurde.

Ter-Ankor hatte, als einer der jüngsten Höchst-Worte der Norsun, nicht nur Verstärkung von der großen Mutter erhalten, sondern auch eine demütigende Rüge, da es ihm nicht gelungen war, das Menschenschiff auf Kell´Nar zu vernichten. Immerhin hatte er den Beweis erbringen können, dass das dortige Massaker an friedlichen Kolonisten von Menschen verübt worden war. Das Hoch-Wort der Menschen hatte sein Schiff mit großem Können und der erforderlichen Portion Glück geführt, so dass es entkommen war. Nun war die Warnung vor den Menschen an alle Einheiten der Flotte, alle Handelsschiffe und alle besiedelten Welten ergangen. Aufgrund der Ausdehnung des Norsun-Reiches würde diese Warnung, trotz der vielfach überlichtschnellen Kommunikation, die entfernten Norsun erst in Tagen erreichen.

Ter-Ankor tauchte seinen Nasenrüssel in die Schüssel mit gewürztem Nährbrei und verbarg seine düsteren Gedanken. Die Kritik der großen Mutter war zwar kein direkter Vorwurf seines Versagens, doch es war eine Warnung, dass er sich keinen Fehler erlauben durfte, wollte er nicht zum einfachen Wort erniedrigt werden. Dabei spürte er die Zufriedenheit von Hoch-Wort Nesor. Der Kommandant der Nendahir sah vielleicht seine Chance nahen, bald selbst in der Hierarchie aufzusteigen.

„Ich halte es für überlegt und angemessen, dass die Menschen zurück in ihr erbärmliches kleines Sternenreich geflohen sind“, meinte Nesor. Seine Kopffühler bewegten sich hin und her und zeigten, dass der Kommandant unsicher darüber war, wie er auf die Nachricht reagieren sollte. Auch wenn es ihn persönlich danach drängte die Menschen zu vernichten, so würde er seinem Gegenüber jedoch die Schlappe gönnen, wenn das Schiff entkam. „Jedes Schiff der großen Mutter und alle Schiffe der kleinen Mütter sind auf der Suche nach ihm.“

„Jedes Schiff der großen Mutter und alle Schiffe der kleinen Mütter suchen auch schon seit Jahrhunderten nach der verborgenen Welt der Flachschlitznasen“, erwiderte Ter-Ankor grimmig. „Dennoch ist es uns bislang nicht gelungen, die geheime Basis der Negaruyen zu entdecken. Nein, Nesor, ich denke nicht, dass das Menschenschiff geflohen ist. An Bord sind blutrünstige Bestien, die irgendwo da Draußen lauern und auf die Gelegenheit hoffen, erneut morden zu können. Uns bleibt keine Wahl, als sie zu finden und zu stechen, damit sie kein erneutes Unheil über eine friedliche Welt bringen können.“

„Dann gehen wir in die nächste Schwingung und setzen unsere Suche fort?“

„Daran kann es keinen Zweifel geben.“

Kapitel 6 Schleichfahrt

D.S. Nanjing, APS-Kreuzer, Beuteschiff der Negaruyen

Die Nanjing und die Sirandaar waren vor vielen Stunden aus der Schwingung gekommen. Die Berechnungen von Nargon waren perfekt gewesen. Die Schiffe erschienen jenseits des vierten Planeten, der ihnen Ortungsschutz zum dritten bot. Sie hatten sich im Schleichmodus treiben lassen und verbargen sich nun in der Deckung eines kleinen Asteroidenfeldes, welches sich zwischen den Planeten befand.

Liu-dal-Mandar hatte der Bitte der Primär-Kommandantin entsprochen, nochmals an Bord des Menschenschiffes zu kommen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Desara-dal-Kellon musterte die Sternenkarte, die auf den Holoschirm vor ihrem Kommandosessel abgebildet war. Die Karte der Negaruyen war sehr detailliert und zeigte alle Welten des Feindes, die man in achthundert Jahren Krieg ausfindig gemacht hatte. Nur die eigene verborgene Welt war nicht eingetragen. Man fand sie auf keiner einzigen Sternenkarte, damit die Koordinaten den Norsun nicht in die Hände fallen konnten und die Offiziere und Navigatoren der Negaruyen kannten sie auswendig,. Natürlich waren nicht alle Stammwelten, Kolonien und Einrichtungen der Eierlinge verzeichnet, denn manche waren neu und noch nicht entdeckt worden, aber die immer wieder aktualisierten Karten halfen der verborgenen Welt ganz erheblich, die Schachzüge gegen den Feind zu planen.

„Das Sorrosan-System“, sinnierte die Primär-Kommandantin. „Planet Drei wird von den Eierlingen Narret genannt.“

Kommandantin Liu-dal-Mandar saß auf dem Klappsitz neben ihr. „Natürlich Narret. Eierlinge sind so schrecklich einfallslos. Alle Welten, auf denen sie eine kleine Mutter mit ihrem Stamm angesiedelt haben, benennen sie nach dieser Mutter. Ebenso wie die Hauptstadt des Planeten und das Flaggschiff von dessen Schutzflotte.“

„Vielleicht sind die Eierlinge auch so zahlreich, dass ihnen einfach keine Namen mehr einfallen“, spottete Ontra. „Sie sollten ihre Welten durchnumerieren.“

„Nun, wie dem auch sei… Jedenfalls ist Sorrosan Drei unser Ziel. Narret, die Residenz der kleinen Mutter Narret.“ Desara strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Als Sitz einer kleinen Mutter wird diese Welt gut geschützt sein. Doch darauf sind wir, dank der modifizierten Torpedos, welche die Sirandaar mitgebracht hat, vorbereitet. Wir können ihre Verteidigung zerschlagen, bevor wir mit der Nanjing angreifen. Doch zuvor müssen wir die Anlagen auf Narret erkunden, damit unsere Bodenflugkörper ihre Ziele finden.“

„Mit der getarnten Sirandaar kann ich sehr nahe an den Planeten herangehen“, schlug dal-Mandar vor.

„Nein, so gering die Gefahr einer Entdeckung auch ist, so können wir sie dennoch nicht riskieren“, lehnte Desara ab. „Wir schicken zwei Fernsonden aus. Sie sind leistungsstark, klein und damit schwer zu orten, und sie verfügen über leistungsstarke Scanner, Sensoren und Optiken. Sie werden uns verraten, was wir wissen wollen.“

Die Primär-Kommandantin tippte auf das Symbol des dritten Planeten. „Eine ausgezeichnete Wahl“, stellte sie zufrieden fest, ohne erwähnen zu müssen, dass sie selbst diese Wahl getroffen hatte. „Der Planet hat keine Eigenrotation und wendet die der Sonne abgewandte und kaum besiedelte Rückseite dem kleinen Asteroidenfeld zu, in dem wir uns befinden. Hier ist verzeichnet, dass immer wieder kleine Objekte aus dem Asteroidenfeld von der Masse von Nummer Drei angezogen werden und in seiner Atmosphäre verglühen.“

„Wenn wir es geschickt anstellen, Käpp-Tenn“, schaltete sich Waffenoffizierin Ontra ein, „dann werden die Eierlinge unsere Bodenflugkörper für solche Steinbrocken halten.“

„Darauf beruht mein Plan“, bestätigte Desara mit sichtlichem Stolz in der Stimme.

 

„Ein ausgezeichneter Plan“, lobte Liu-dal-Mandar. „Ich bin mir sicher, dass er gelingen wird.“

„Natürlich wird er das“, meinte Desara. „Sofern uns kein grober Fehler unterläuft.“

Dal-Mandar wusste, dass die Primär-Kommandantin damit auf die drakonischen Strafen anspielte, die bei schuldhaftem Versagen üblich waren. Es war eine Mahnung an sie und sie nahm diese kommentarlos hin, obwohl alles in ihr danach drängte, darauf hinzuweisen, dass ihr noch nie ein vermeidbarer Fehler unterlaufen war. Die Primär-Kommandantin hatte als Oberbefehlshaberin die höchste Position in der Kampfflotte erreicht und die Matriarchin hielt ihre Hand wohlwollend über Desara. Deren Position war nicht zu erschüttern, es sei denn, ihr unterlief selbst ein grober Fehler. Dal-Kellon würde dies zu vermeiden wissen oder aber, wie dal-Mandar düster dachte, einen passenden Sündenbock finden. Da an dieser Operation nur zwei Schiffe beteiligt waren, konnte sie sich auch denken, wen Desara im Falle des Versagens verantwortlich machen würde. Mancher fähige Offizier war schon den Machtkämpfen in der Hierarchie der verborgenen Welt zum Opfer gefallen, statt gegen den Feind kämpfen zu können. Immerhin war Desara-dal-Kellon eine ausgezeichnete Befehlshaberin, wie sich Liu-dal-Mandar eingestand, und ihr Plan war wirklich gut.

„Wir senden zwei Spähsonden zum dritten Planeten, werten ihre Daten aus und legen dann die Details unseres Angriffs fest.“ Desara sah die ältere Kommandantin freundlich an. „Anschließend kannst du auf die Sirandaar zurückkehren und mit ihr den ersten Schlag führen.“

Kapitel 7 Die kleine Mutter Narret

Narret´Nar, Residenz der kleinen Mutter Narret

Die Residenz der kleinen Mutter Narret lag auf der Sonnenseite des Planeten Narret und weit außerhalb der hektischen Betriebsamkeit der Hauptstadt Narret´Nar. Die Residenz unterschied sich von allen sonstigen Bauwerken der Norsun. Ein Ring aus grausilbernem Metallplastik, gut einen Kilometer im Durchmesser, zwanzig Meter hoch und hundertzwanzig Meter dick. Zwei kreuzförmig angeordnete Segmente trafen sich in der Mitte, wo sich die transparente Kuppel der Aufenthaltsräume der kleinen Mutter befand. Der sonstige Raum innerhalb des Rings war als Park ausgelegt. Drei mächtige gekrümmte Bogen stiegen vom Außenring auf, neigten sich nach innen aufeinander zu, ohne sich jedoch zu treffen. Sie waren den Stacheln der Norsun nachempfunden und beherbergten die wenigen Offensiv- und Verteidigungssysteme der Residenz. Noch nie im achthundertjährigen Krieg war es dem Feind gelungen, den Sitz einer kleinen Mutter direkt zu bedrohen.

Die große Mutter und die ihr untergebenen kleinen Mütter waren die Führungselite der Norsun. Obwohl die meisten Angehörigen des Volkes von einfachen Weibchen abstammten, waren es die Mütter, welche die Eliten hervorbrachten. Ihre Eier beinhalteten Hormone, welche die Intelligenz des Brütlings steigerte. Wer von der großen Mutter oder einer der kleinen Mütter stammte, der war ein Adliger und erhielt stets eine hohe Position in der Welt der vielen Stämme.

Im Augenblick nutzte die kleine Mutter Narret den Park ihrer Residenz, um sich ein wenig zu erholen. Sie war deutlich größer als ein gewöhnlicher Norsun und ihr Hinterleib wirkte aufgedunsen, da Narret, zusätzlich zu den Eiern, auch Hormone und spezielle Nährstoffe produzieren musste. Das Gehen war ihr längst unmöglich und so ruhte sie auf einem gepolsterten Motorwagen, der von vier Leibwachen eskortiert wurde.

Narret genoss die Komposition aus den Duftstoffen der zahlreichen verschiedenen Pflanzen, die hier wuchsen und ihre Farbenpracht präsentierten. Insekten schwirrten umher, bestäubten die Blüten und sammelten deren Honig, dessen Genuss ausschließlich den Müttern und Adligen vorbehalten war.

Neben der Ehrenwache wurde Narret von Nor begleitet. Er war die führende Hand des Wissens im Stamm der Narret-Norsun und der persönliche Berater der kleinen Mutter. Ihr Gespräch drehte sich um den Konflikt zwischen Norsun und Menschen, denn die Nachricht vom Überfall des fremden Volkes auf Kell´Nar hatte überall Beunruhigung hervorgerufen.

„Ich glaube nicht, dass von den Menschen eine ernsthafte Bedrohung ausgeht“, meinte die kleine Mutter Narret. „Wir wissen wie erbärmlich klein ihr Machtgebiet ist. Ihre Zahl ist gering und das gilt erst recht für die ihrer Schiffe und ihrer Stecher.“

„Deine Worte sind weise, ehrwürdige kleine Mutter.“ Nor trug lediglich die leuchtende Schärpe seiner Amtswürde und so konnte sein Hinterleibstachel die vielfältigen Pheromone der Pflanzen aufnehmen. Sie bereiteten ihm ein fast euphorisches Wohlbehagen, doch sein Verstand blieb davon ungetrübt. „Dennoch erlaube ich mir auf die verhängnisvolle Schlacht hinzuweisen, welche eine Flotte der großen Mutter um jene erbärmliche Welt führte, die von den Langnasen Regan genannt wird. Ihre Schiffe sind nicht zahlreich, doch ihre Waffen sind stark. Die große Mutter handelt weise, da sie zögert die Schlacht gegen die Menschen aufzunehmen. Wir wissen noch zu wenig von ihnen.“

„Wir wissen genug um sie vernichten zu können.“

„Verehrungswürdige kleine Mutter, einst dachten wir auch bezüglich der Flachschlitznasen so. Als wir den Negaruyen begegneten begriffen wir, dass der Weltraum nur ihnen oder uns genug Platz bietet. Wir kannten alle ihre Welten und so entschloss sich die damalige große Mutter, die Flachschlitznasen auszulöschen.“

„Ich kenne diese alten Legenden ebenso wie du, Nor.“

„Daran habe ich keinen Zweifel“, versicherte der Wissende. „Und doch erfülle ich meine Pflicht, in dem ich dich an die damaligen Ereignisse erinnere. Wir nahmen uns die Ehre des ersten Stechens und konnten viele Welten und Schiffe der Negaruyen auslöschen. Doch sie waren stärker, als wir angenommen hatten. Sie leisteten Widerstand gegen das Unvermeidliche. Ja, es gelang den Flachschlitznasen sogar, ihrerseits einige unserer Welten anzugreifen und die Stämme zweier kleiner Mütter zu ermorden.“

„Beim Feuerfall von Istwagh, die Abgründe mögen die Negaruyen und ihre Brut verschlingen“, sagte Narret und ihre Stimme und Duftstoffe spiegelten die Empörung wieder, die sie empfand. „Sich an einer kleinen Mutter zu vergreifen ist empörend.“

„Das ist es“, stimmte Nor voller Überzeugung zu. „Verehrungswürdige kleine Mutter, das erste Stechen gegen die Negaruyen liegt nun schon weit in der Vergangenheit und doch sind diese hässlichen Kreaturen noch immer nicht bezwungen. Wir wissen nicht wie viele Welten sie noch beherrschen. Wir wissen nicht wie viele Schiffe sie besitzen. Doch wir wissen, dass sie noch immer kämpfen.“

„Sie verlieren.“

„Ganz gewiss verlieren sie. Doch in letzter Zeit haben sie neuartige Waffen entwickelt. Den Zersetzer, der das grüne Biometall unserer Schiffe auflöst und sie haben neue Waffen, die nicht mit Energie schießen, sondern mit Dingen aus Metall, die beim Aufschlag explodieren. Sie zertrümmern auch die härtesten Panzer unserer Schiffe.“

„Ausführende Hand des Wissens, du willst doch nicht behaupten, die widerlichen Flachschlitznasen seien dem erhaben Volk der Norsun überlegen?“

Nor´s Körperfarbe wurde eine Spur heller und er ging hastig in eine demütige Haltung über. „Verzeih, verehrungswürdige kleine Mutter Narret, du Sonne und Schoß des Stammes von Narret, wenn ich es wage, dich an die Gefährlichkeit des Feindes zu erinnern. Doch dies ist meine Aufgabe, Herrin.“

Narret zögerte kurz, bevor sie ihre Fühler zustimmend nach vorne knickte. „Deine Worte sind überlegt und angemessen, führende Hand des Wissens. Du hast mich stets gut beraten und es gibt nichts zu verzeihen, wenn du deine Aufgabe so mutig erfüllst. Ja, die neuen Waffen der Flachschlitznasen sind beunruhigend. Selbst die formbare goldene Energie vermag uns nur unvollkommen zu schützen. Doch die große Mutter sagt, dass wir ebenfalls so schreckliche Waffen entwickeln. Waffen, gegen die auch die Panzer der Negaruyen wirkungslos sind.“

„Die besten Hände des Wissens aller Stämme erforschen die neuen Waffen. Auch sie werden Gegenstände werfen, die jede Hülle und Panzerung zerschlagen. Ihre Konstruktionspläne werden schon sehr bald verfügbar sein und dann wird jeder Stamm sie in seinen Industrien bauen können. Die Schiffe der großen Mutter und der kleinen Mütter werden unüberwindlich sein.“

Nor bezweifelte seine eigenen Worte. Doch wenn die Hantelschiffe denen des Feindes wieder gleichwertig waren, dann musste sich die enorme Übermacht der Stämme rasch bemerkbar machen.

„Ich kann deine Zweifel riechen“, stellte Narret fest. „Auch wenn sie vom Duft der Blüten fast überdeckt werden.“

Nor knickte verlegen die Fühler nach vorne. „Nichts ist wirklich gewiss, verehrungswürdige kleine Mutter.“

„Außer dem Sieg der Stämme.“

„Gewiss“, räumte Nor ein. „Letztlich haben wir jedes Volk bezwungen, welches sich uns im Weltraum entgegen stellte.“

„Es ist die Bestimmung der Stämme, über die Sterne zu herrschen“, zitierte Narret die Doktrin der Norsun. „Doch ich verstehe nun deine Bedenken gegenüber den Langnasen der Menschen.“

Nor erlaubte sich das Äquivalent eines menschlichen Lächelns. „Ihre Energiewaffen sind erbärmlich, doch ihre Dingwaffen erschreckend. Sie vernichteten damit bei Regan auch die größten Schlachtschiffe der großen Mutter und die goldene Energie konnte sie nicht schützen. Es ist weise abzuwarten, bis wir über eigene effektive Dingwaffen verfügen.“

„Ich halte dies für überlegt und angemessen. So werden wir mit der Vernichtung der Menschen warten, doch das Mörderschiff muss gefunden und gestochen werden.“

„Es wird der Strafe für Kell´Nar nicht entkommen.“

Narret sah den Führer der Ehrenwache an. „Wir werden nun in meine Räume zurückkehren. Nor, wir müssen noch über den Ausbau der Nahrungsmittelproduktion sprechen. Die nächste Generation unserer Brütlinge liegt schon in den Eiern und ich möchte nicht, dass es zu Engpässen kommt, wenn sie schlüpft.“

Kapitel 8 Der Plan des Todes

D.S. Nanjing, APS-Kreuzer, Beuteschiff der Negaruyen

Die Fernsonden der Negaruyen waren klein und effektiv. Ihre Hüllen bestanden aus Material welches Strahlung absorbierte und auch keine Lichtreflexion zuließ. Lediglich gegen einen hellen Hintergrund waren sie als dunkles Objekt erkennbar. Doch die Norsun auf Narret verließen sich auf ihre empfindlichen Scanner und Sensoren. Wer von ihnen in den Himmel hinauf sah und zufällig eine Sonde erblickte, der hielt diese wohl für einen der zahlreichen Vögel, die es in der Tageslichtzone des Planeten gab. Die beiden Erkundungsgeräte verrichteten ungestört ihre Arbeit und kehrten dann zur Nanjing zurück, wo ihre Daten und Bildaufzeichnungen ausgewertet wurden.

Primär-Kommandantin Desara-dal-Kellon versammelte ihre Offiziere und Liu-dal-Mandar im Besprechungsraum des APS-Kreuzers und rief dann die Informationen auf dem Holoschirm über dem Konferenztisch ab.

Auf den Reliefkarten blinkten die Symbole der entdeckten Einrichtungen des Feindes.

Waffenmeisterin Ontra übernahm die Aufgabe, die Informationen zu interpretieren, während sich die Primär-Kommandantin entspannt im Sessel zurücklehnte und die Arme vor der Brust verschränkte.

„Auf der Nachtseite gibt es siebzehn kleine industrielle Anlagen“, erläuterte Ontra. „Es handelt sich wohl um Abbauanlagen für dort vorkommende Rohstoffe. Es gibt keine Verbindungswege zwischen den Anlagen. Der gesamte Verkehr und Transport erfolgt demnach über Luftfahrzeuge.“

„Oder sie holen die Rohstoffe direkt mit Hantelschiffen ab“, meinte Nargon.

Desara nickte zustimmend, als Ontra die richtige Antwort gab. „Es gibt Landefelder, doch sie sind zu klein, um die Landung eines Hantelschiffes zu ermöglichen. Auf der Nachtseite existieren keinerlei Siedlungen. Auf der Tagseite sieht das natürlich anders aus, was nicht verwundern kann, da die Eierlinge ja die Wärme von Sonnenbestrahlung bevorzugen. Was aus dem Ei schlüpft, das verträgt bekanntermaßen keine Kälte.“

Gelächter war kurz zu hören, bis die Waffenmeisterin fortfuhr. „Auf der Tagseite haben wir ein Dutzend großer Siedlungen. Die Hauptstadt, sie wird gewohnheitsmäßig sicher Narret´Nar heißen, bietet nach unseren bisherigen Erfahrungen Raum für rund zwanzig Millionen Eierlinge. Die anderen Niederlassungen sind kleiner, beherbergen insgesamt aber wohl etwa vierzig Millionen. Die gesamte Schwerindustrie, also der Raumschiffbau, konzentriert sich in der Hautstadt. Die Komplexe zur Versorgung mit Energie und Nahrung sowie Gebrauchsgütern sind hingegen über alle Siedlungen verteilt.“

 

„Wir haben nicht genug modifizierte Torpedos um alles zu vernichten“, seufzte Oberfrau Kara.

„Bedauerlicherweise“, stimmte Ontra zu.

„Wir werden uns auf die bedeutendsten Ziele beschränken“, warf Desara ein. „Schwerindustrie, Raumschiffe und Verteidigungsanlagen, die großen Betriebe zur Versorgung und die größte Ballung an Eierlingen.“

Es war allen bewusst, dass die Primär-Kommandantin damit die Zivilbevölkerung der Hauptstadt meinte. Das Abschlachten von wehrlosen Zivilisten machte keinem von ihnen etwas aus. Im Gegenteil, ebenso wie Kara bedauerten sie, dass ihnen nicht genug Vernichtungsmittel verfügbar waren, um die gesamte Bevölkerung des Planeten auszulöschen.

„Bei allen Siedlungen gibt es Flugfelder für Luftfahrzeuge und Landefelder für kleinere Hantelschiffe. Die beiden bedeutsamen Raumhäfen liegen jedoch in der Hauptstadt selbst“, fuhr Ontra fort. Sie vergrößerte Ausschnitte der Karten. „Derzeit liegen dreiundfünfzig Hanteln in den Häfen. Zehn davon sind Schlachtschiffe.“

„Ein ziemlich großer Bissen“, meinte Liu-dal-Mandar.

„Aber ein lohnender Bissen, denn wir werden eine Menge Eier zerschlagen.“ Desara-dal-Kellon war sichtlich zufrieden.

„Wir müssen den Feuerschlag sehr sorgfältig planen.“ Ontra betrachtete frustriert die zahlreichen lockenden Objekte auf den Kartenausschnitten. „Da die Bodenflugkörper mit Fragmentsprengköpfen bestückt sind, können wir immerhin mit einem Flugkörper gleich mehrere Ziele angreifen.“

„Wirklich“, Desara lachte leise, „es sind eine Menge Eier.“

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