My demonic Stepbrother

Text
Aus der Reihe: Dangerous Mystery #1
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
My demonic Stepbrother
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Contents

Titel

Copyright

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

My demonic Stepbrother

Dangerous Mystery 1

Melody Adams

Paranormal Mystery

My demonic Stepbrother

Dangerous Mystery 1

Melody Adams

Deutsche Erstausgabe 2018


Love & Passion Publishing

www.lpbookspublishing.com

request.lp.publishing@gmail.com

copyright © 2018-2019 by Melody Adams

Melodyadamsnovels@gmail.com

© Cover Art by CMA Cover Designs

cmacoverdesigns@gmail.com

Alle Rechte vorbehalten.

Alle Personen und Gegebenheiten in diesem Buch sind fiktiv. Ähnlichkeiten mit noch lebenden oder bereits verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Zwei Jahre nach dem Tod ihrer Mutter leidet Mina noch immer unter dem schrecklichen Verlust. Als ihr Vater offenbart, dass er eine neue Liebe hat, ist sie am Boden zerstört. Etwas an der neuen Freundin ihres Vaters stört sie gewaltig und es ist nicht nur Eifersucht oder Wut was Mina verspürt. Etwas stimmt nicht mit Chantal, und ihr Sohn flößt Mina regelrecht Angst ein. Umso mehr missfällt ihr die Ankündigung ihres Vaters, dass er Chantal heiraten will, und sie alle zusammen nach Black Falls ziehen sollen. Eine neue Umgebung, neue Schule und dazu ein Stiefbruder, der ein dunkles Geheimnis zu haben scheint. Nur Nolan, der Quarterback an ihrer neuen Schule, kann sie ein wenig aufmuntern. Dann wird ein Mädchen ihrer Schule ermordet. Weitere Opfer folgen. Hat ihr Stiefbruder Jason etwas damit zu tun? Ist sie selbst in Gefahr?

Kapitel 1


Das Herz klopfte mir wild in meiner Brust. Ich starrte meinen Dad über den Tisch hinweg mit einer Mischung aus Unglauben und Ärger an. Was er mir gerade erzählt hatte war wie ein Schlag in die Magengrube.

„Mini, Liebling, ich weiß, dass es für dich wie ein Schock kommen muss, aber Mum ist seit zwei Jahren tot und ich fühle mich noch zu jung, um für den Rest meines Lebens allein zu bleiben“, erklärte Dad ruhig, seine Augen um Verständnis bittend.

„Du bist nicht allein, Dad. Du hast mich“, beharrte ich stur.

Dad seufzte und fuhr sich über das lockige dunkle Haar.

„Das ist nicht dasselbe und du weißt das, Mini. Ich vermisse Mum auch, und ich werde sie immer in meinem Herzen tragen, doch ich ... Ich hab auch Bedürfnisse, weißt du ...“

„Dann geh zu einer Prostituierten!“, schrie ich aufgebracht.

Dad starrte mich entsetzt an, dann verzerrte sich sein Gesicht in Ärger.

„Mina Cooper! Du benimmst dich wie eine egoistische, verzogene Göre! Ich hab ein Recht darauf, glücklich zu sein. Ich dachte, ich kann mit meiner fast erwachsenen Tochter vernünftig reden, doch offenbar bist du weniger erwachsen als ich gedacht habe.“

Die harschen Worte meines Dads schmerzten. Ein Teil von mir wusste, dass er recht hatte. Ich war egoistisch, von ihm zu erwarten, dass er Mums Andenken treu blieb und sich selbst das Glück einer neuen Partnerschaft versagte. Doch der Gedanke an eine andere Frau in meinem Leben war so unerträglich, dass ich mich einfach nicht damit abfinden konnte.

„Chantal wird am Wochenende zu Besuch kommen ...“, erklärte Dad. „... und ich erwarte, dass du dich ihr gegenüber anständig und höflich verhältst. Sie wird ihren Sohn mitbringen. Jason ist drei Jahre älter als du, doch vielleicht könnt ihr beiden Freundschaft schließen. Dies könnte wirklich funktionieren, wenn du dir nur etwas Mühe geben würdest.“

Ich sprang von meinem Stuhl auf und sah Dad aufgebracht an.

„Ich will keine neue Mutter und ich will ganz bestimmt keinen verdammten Bruder!“, rief ich wütend, ehe ich aus der Küche stürmte.

***

Das Wochenende kam schneller als erwartet und ich wäre am liebsten zu Tante Betty nach Denver gefahren, nur um dem unerwünschten Besuch nicht begegnen zu müssen. Doch Dad hatte mir nicht erlaubt, für das Wochenende zu verreisen. Er bestand darauf, dass ich seine neue Freundin und ihren Sohn kennen lernen musste. Dad hatte sich große Mühe mit seiner Garderobe gegeben und sogar Aftershave aufgelegt. Das machte mich noch wütender. Dies würde das längste und furchtbarste Wochenende meines Lebens werden.

Es klingelte an der Tür, und Dad sprang von seinem Stuhl auf.

„Das müssen sie sein“, verkündete er aufgeregt.

Mir wurde übel. Ich wollte dies nicht. Ich wollte keine neue Mutter und keinen Stiefbruder. Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen und irgendwie Mums Tod verhindern. Ich vermisste Mum so sehr. Selbst nach zwei Jahren war der Schmerz genauso groß wie an dem Tag, an dem ich die grausame Neuigkeit erfahren hatte. Dad hatte meine Mum vergöttert. Nie hätte ich gedacht, dass er sich noch einmal in eine neue Frau verlieben würde. Wie konnte er Mum nur so schnell vergessen haben?

„Mina!“, klang die Stimme meines Vaters aus dem Flur. „Komm und sag Hallo!“

Ich ballte die Hände zu Fäusten.

„MINA!“, rief Dad jetzt mit scharfer Stimme.

„Lass sie, Eddielein“, erklang eine weibliche Stimme. „Gib dem armen Mädchen Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Es muss furchtbar verwirrend und schmerzhaft für sie sein.“

„Trotzdem sollte sie nicht ihre guten Manieren vergessen“, beharrte Dad.

„Sie ist ein Teenager, Eddie. Eine schwierige Phase im Leben, wo die Gefühle Achterbahn fahren und man zwischen zwei Welten steht. Sicher erinnerst du dich an deine eigene Jugend. Du musst lernen, etwas nachsichtiger zu sein. Glaub mir, ich weiß wovon ich spreche, nicht wahr Jason Darling?“

„Hmmmpf!“, kam eine mürrische Antwort.

Die neue Frau lachte.

„Siehst du? Jason ist neunzehn und noch immer nicht aus der Phase raus“, sagte sie lachend. „Wie wäre es, wenn ich uns allen Tee mache? Ich hab einen Kuchen mitgebracht.“

„Chantal, du bist einfach zu gut für mich“, erwiderte Dad. „Aber ich verspreche, ich werde mir Mühe geben, und nachsichtiger mit Mina sein.“

Schritte näherten sich, und Dad kam mit seiner Neuen und ihrem Sohn in die Küche. Chantal schien zu jung für einen neunzehnjährigen Sohn zu sein, doch wahrscheinlich hatte sie sich ein paar OPs gegönnt um so auszusehen. Ihre glänzend schwarzen Haare fielen in schweren Locken bis zur Mitte ihres Rückens. Sie war schön, ohne Zweifel, doch etwas an ihr gab mir eine Gänsehaut. Ich konnte nicht sagen was, doch ich war mir sicher, dass Chantal nicht so lieb und freundlich war wie sie tat. Ihr Sohn war auf eine scharfe Weise gut aussehend, der typische Bad Boy mit Lederjacke und Tattoos. Er gab sich keine Mühe eine freundliche Fassade aufzusetzen. Wahrscheinlich war er von der ganzen Sache ebenso wenig begeistert wie ich, was ihn eigentlich zu meinem Verbündeten machen könnte. Doch wenn seine Mum mich schon beunruhigte, so war das in seinem Fall noch zehn Mal so schlimm. Seine dunklen Augen waren hart und unterstrichen die insgesamt finstere Ausstrahlung die er hatte. Ich konnte mir gut vorstellen, wie er jemandem ein Messer in die Brust rammte oder mit einer Pistole erschoss. Wahrscheinlich hörte er nur Heavy Metal und zog sich irgendwelche Drogen rein. Nicht unbedingt ein Typ dem ich zu nahe kommen wollte, gleiches Ziel oder nicht.

„Mina“, riss mein Vater mich aus meinen Überlegungen. „Dies sind Chantal und Jason.“

„Hi Mina, ich freu mich so, dich endlich kennen zu lernen“, sagte Chantal.

„Hi“, brachte ich mürrisch hervor.

„Jason, sag Hi zu deiner neuen Stiefschwester.“

Moment? Stiefschwester? Die olle Hexe tut ja so, als würden sie und Dad gleich vor den Traualtar treten. Nur über meine Leiche!

 

„Hmmpf“, sagte Jason nur.

Ich begann mich zu wundern, ob der Kerl überhaupt fähig war, Worte zu formen, oder ob er nur knurren und grummeln konnte.

Unsere Blicke trafen sich und mein Herz begann zu rasen. Ich wollte den Blickkontakt lösen, doch musste feststellen, dass ich nicht wegsehen konnte. Bildete ich mir das ein, oder war da ein animalisches Funkeln in seinen dunklen Augen? Wie bei einem Tier, welches von Scheinwerfern angestrahlt wurde. Meine Kehle wurde plötzlich eng und Panik stieg in mir auf. Jasons Mundwinkel verzogen sich kaum merklich zu einem höhnischen Grinsen. Meine Nackenhaare stellten sich auf, als eine Gänsehaut über meinen Leib kroch.

„So!“, brach Chantals Stimme den seltsamen Bann. „Wer möchte Tee?“

Ich lag in meinem Zimmer auf dem Bett und starrte an die Decke. Der erste Tag mit der Neuen und ihrem unheimlichen Sohn war vorüber und mir graute es schon vor morgen, wo wir alle zusammen einen Bootsausflug machen würden. Wie sollte ich mehrere Stunden in der Enge eines Boots mit Chantal und Jason überstehen? Chantal hatte sich eigentlich freundlich und erstaunlich verständnisvoll gezeigt, doch ich konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass die Frau nicht war, was sie vorgab zu sein. Wenn Dad mehr Geld hätte, dann würde ich sie vielleicht für eine Heiratsschwindlerin halten, aber Dads Einkommen war, wenngleich solide, bei weitem nicht spektakulär genug, um diese Theorie zu festigen. Vielleicht war sie eine irre Serienmörderin, die ahnungslose Männer und ihre unschuldigen Teenager Töchter im Schlaf ermordete? Ich erschauerte. Großartig! Jetzt würde ich wahrscheinlich nicht schlafen können, weil ich darauf wartete, dass die Schwarze Witwe in mein Zimmer kam, um mich zu ermorden. Seufzend sah ich auf die Digitalanzeige meines Radios. Es war kurz vor Mitternacht. Killten Serienmörder zur Geisterstunde? Ein Geräusch ließ mich aufhorchen. Was war das gewesen? Es klang, als wäre jemand auf dem Balkon. Eine Gänsehaut lief über meinen Leib. Der Balkon verband mein Zimmer mit dem Zimmer, indem Dad Jason einquartiert hatte. Es war eigentlich Dads Büro, doch es hatte eine ausziehbare Schlafcouch. War Jason auf dem Balkon, um in mein Zimmer zu schleichen? Vielleicht war er der Killer.

Mann, Mina, jetzt geht aber deine Fantasy mit dir durch.

Ich lauschte angestrengt. Ich hörte ein scharrendes Geräusch, als wenn jemand einen der Stühle auf dem Balkon über die Fliesen schob.

Sieh! Der Blödmann will wahrscheinlich nur die Nachtluft genießen und hat sich in einen der Stühle gesetzt.

Ich wünschte, der Gedanke würde mich beruhigen, doch das war leider nicht der Fall. Vielleicht hatte der den Stuhl nur beiseite geschoben, um zu meinem Teil des Balkons zu kommen. Er könnte jetzt vor meiner Balkontür stehen und mich durch einen Schlitz in den Vorhängen beobachten. Ich konnte förmlich seinen unheimlichen Blick auf mir spüren und begann zu frösteln. Mein Herz klopfte unruhig und ich konnte nicht aufhören mir all die grausigen Details vorzustellen, wie entweder Chantal oder ihr Sohn mich und Dad ermorden würden.

Vielleicht sollte ich einfach nachsehen, was der Kerl da draußen macht?

Es brauchte noch eine ganze Weile, bis ich mich schließlich dazu entschloss, dass ich lieber wissen wollte, was mich erwartete, als weiter hier zu liegen und über ‚was wäre wenn’ nachzudenken. Mit weichen Knien erhob ich mich vom Bett und schlich auf Zehenspitzen durch das Zimmer zur Balkontür. Vorsichtig schob ich den Vorhang ein wenig zur Seite, um hinaus in die Nacht sehen zu können. Im fahlen Licht der Lampe an der Hausecke konnte ich erkennen dass der Balkon leer war.

Seltsam. Ob er wieder in sein Zimmer gegangen ist?

Ich öffnete leise die Balkontür und spähte hinaus. Nein, da war wirklich niemand. Dann sah ich, dass die Tür zu Jasons Zimmer einen Spalt auf stand. Er musste also wirklich draußen gewesen sein. Wagemutig trat ich auf den Balkon und schlich zu Jasons Balkontür. Ich lauschte. Nichts war zu hören. Vielleicht war er schlafen gegangen und hatte die Tür aufgelassen, um Luft herein zu lassen. Ich wollte mich gerade von der Tür abwenden, als ich erneut kratzende und knirschende Geräusche hörte und es kam von irgendwo direkt hinter mir.

„Spionierst du mir hinterher?“, erklang eine leise, ärgerliche Stimme.

Erschrocken zuckte ich zusammen und schlug eine Hand vor den Mund, um einen Schrei zu unterdrücken. Jason. Wie war er auf einmal hinter mich gekommen? Der Balkon war leer gewesen. Dass es Jason war, daran hatte ich keinen Zweifel, auch wenn ich noch nie seine Stimme gehört hatte. Den ganzen Tag hatte er kein Wort gesprochen und nur ein paar brummige „Hmmpf“ von sich gegeben.

Ich wirbelte herum. Jason saß auf dem Geländer und musterte mich finster. War er etwa zum Balkon herauf geklettert? Doch wie? Es gab keine Gerüst, keine Regenrinne oder Bäume, die ein Klettern ermöglichen würden.

„Was machst du hier?“, fragte ich argwöhnisch.

„Das könnte ich dich fragen“, erwiderte er grimmig.

„Dies ist immer noch MEIN Haus“, zischte ich ärgerlich. „Ich kann mich im Haus bewegen wie ich will.“

„Und mitten in der Nacht in das Zimmer eines männlichen Gasts starren. Brauchst du es so dringend, dass du mir nachsteigen musst? Wenn du mir gesagt hättest, dass du was willst, dann hätte ich dir doch gern weiter geholfen.“

Röte kroch mir ins Gesicht, als mir die Bedeutung seiner Worte bewusst wurde.

„Ich bin dir nicht nachgestiegen!“, verteidigte ich mich. „Und ich will nichts von dir.“

Ein ironisches Grinsen formte sich auf Jasons Lippen. Ich runzelte die Stirn, als mir ein Fleck in seinem Mundwinkel auf fiel. War das – Blut? War der Kerl ein Vampir? Das würde erklären, wie er hier herauf gekommen war. Vampire konnten so was.

Mina Cooper! Jetzt spinnst du aber echt! Vampir! Es gibt keine Vampire, du bekloppte Kuh! Wahrscheinlich hat er einen Burger gegessen – mit Ketchup!

Er holte eine Schachtel Zigaretten aus seiner Lederjacke und zündete sich eine Kippe an.

„Dies ist ein Nichtraucherhaus!“, wies ich ihn scharf zurecht.

Jason zuckte mit den Schultern.

„Ich bin ja nicht im Haus“, erwiderte er, ehe er einen tiefen Zug nahm und mir den Rauch ins Gesicht blies.

„Du Arsch!“, schimpfte ich ärgerlich.

Jason lachte leise.

„Ich werde meinem Dad sagen, dass du ...“

„Wirklich? Wie alt bist du?“, unterbrach mich Jason. „Nur Babys rennen zu ihrem Daddy um zu petzen.“

„Ich bin kein Baby!“, protestierte ich wütend.

„Dann benimm dich nicht wie eines.“

„Ich hasse dich!“, spie ich hasserfüllt. „Ich werde dafür sorgen, dass mein Dad deine Mutter nicht heiratet!“

Jason zuckte mit den Schultern und nahm einen weiteren Zug von seiner Kippe.

„Denkst du, das interessiert mich? Ich will das hier ebenso wenig wie du!“

„Dann ... dann können wir uns verbünden“, schlug ich vor. „Wir bringen die beiden auseinander und ...“

„Ich verbünde mich nicht mit kleinen Mädchen“, schnitt Jason mir das Wort ab.

Er schnippte seine Zigarette über den Balkon und sprang vom Geländer. Mit einem langen Schritt war er direkt vor mir und umfasste mein Kinn mit einer Hand. Ich wimmerte schmerzerfüllt, als seine Finger sich in mein Fleisch drückten. Sein harter Blick bohrte sich in meinen. Etwas flimmerte in den dunklen Tiefen seiner Augen. Ein Angstschauer ließ mich zittern.

„Hör mir gut zu, Mina“, sagte er leise, doch unverkennbar drohend. „Geh mir aus dem Weg, wenn du weißt was gut für dich ist. Kleine Mädchen wie dich esse ich zum Frühstück.“

Mein Herz galoppierte wild in meiner Brust und Angst schnürte mir die Kehle zu. Seine Augen schienen auf einmal zu glühen und etwas passierte mit seinem Gesicht. Doch es verschwand so schnell wie es gekommen war und ich war mir nicht sicher, ob ich es mir nicht nur eingebildet hatte. Abrupt ließ er mich los und ging um mich herum zu seiner Balkontür. Ich hörte, wie die Tür leise zu glitt. Ich stand noch immer wie erstarrt da, unfähig mich zu bewegen. Ich zitterte trotz der schwülen Nachtluft. Mein Gefühl hatte mich nicht getrogen. Etwas war nicht richtig an diesem Jason. Etwas Gefährliches, Dunkles lauerte hinter seinen dunklen Augen. Mit einem kleinen Aufschrei riss ich mich aus meiner Starre und floh zurück in mein Zimmer.

Kapitel 2


Es hatte lange gedauert, bis ich endlich einschlafen konnte, und dann war mein Schlaf von Alpträumen geplagt gewesen, in denen sich Jason entweder in einen Vampir oder Werwolf verwandelte, um über mich herzufallen. Als Dad am nächsten Morgen an meine Tür klopfte war ich wie gerädert und äußerst gereizt. Im hellen Tageslicht kam mir die ganze Sache mit Vampiren und Werwölfen verrückt vor. Ich musste mich in dem was ich gesehen zu haben glaubte getäuscht haben. Das Leuchten in Jasons Augen war wahrscheinlich nur ein Licht von irgendwo her gewesen, welches sich in seinen Pupillen reflektiert hatte, und sein Gesicht hatte sich natürlich auch nicht verändert. Es musste ein Spiel der Schatten gewesen sein. Es gab weder Vampire noch Werwölfe. Jason war ein Mensch. Sicher ein unfreundlicher, antisozialer – vielleicht sogar gefährlicher Mensch, doch nichts desto trotz nur – ein Mensch. Ein Junge mit schlechten Manieren und wahrscheinlich in irgendetwas Kriminelles verwickelt. Ich würde mir seinen Rat zu Herzen nehmen und mich von ihm fern halten. Wichtiger war es jetzt, mir etwas auszudenken, wie ich Dad und Chantal auseinander treiben konnte.

„MINA!“, rief Dad durch die Tür. „Beeil dich. Frühstück ist fertig und wir wollen zeitig los.“

„Ich komme gleich!“, rief ich mürrisch, und schwang mich stöhnend aus dem Bett.

Die verdammte Bootsfahrt! Wie hatte ich das vergessen können? Ich würde Stunden in der Anwesenheit von Jason und seiner Mum ertragen müssen. Keine Chance, dem Typen auf dem Boot aus dem Weg zu gehen. Hoffentlich fiel er über Bord und ertrank. Und seine Mutter am besten gleich mit!

Himmel! Seit wann bist du so ein kaltherziges Biest?

Ich schüttelte die Schuldgefühle ab, die ich wegen meiner finsteren Gedanken hatte und schlurfte ins Bad. Zumindest hatte ich mein eigenes Bad, wo ich Jason nicht über den Weg laufen musste. Es war zwar winzig und man konnte sich zwischen Toilette, Dusche und Waschbecken kaum umdrehen ohne mit dem Hintern das Licht auszuschalten, doch es war meines ganz allein.

Eine viertel Stunde später nahm ich am Esstisch Platz, nur mit Mühe ein grimmiges „Guten Morgen“ heraus bringend.

Jason saß mir gegenüber. Ich spürte seinen Blick auf mich ruhen und Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn. Mein Herz begann zu rasen und ein ungutes Gefühl nistete sich in meinem Magen ein. Warum musste der Kerl nur so unheimlich sein? Er und seine Mum waren nur eine Nacht hier gewesen und ich war bereits vollkommen fertig mit den Nerven. Ich konnte – oder wollte – mir beim besten Willen nicht vorstellen dies permanent ertragen zu müssen.

„Iss dein Frühstück, Mina“, drang die Stimme meines Vaters durch meine Gedanken. „Wir warten nicht auf dich!“

„Fein! Ich wollte ohnehin nicht mit kommen“, erwiderte ich.

„Ohhhh nein! So haben wir nicht gewettet, Fräulein! Wenn ich sagte, dass wir nicht auf dich warten, dann meinte ich, dass wir nicht warten, bis du dein Frühstück aufgegessen hast. Du kommst mit! Mit oder ohne Frühstück!“

„Ich könnte mit Mina hier bleiben“, warf Jason ein. „Dann könnt ihr zwei Turteltauben den Tag allein verbringen.“ Bei dem Wort ‚Turteltauben’ triefte seine Stimme vor Spott und sein Blick zeigte seinen Unwillen über die Beziehung seiner Mutter mit meinem Dad.

„Das kommt nicht infrage“, entschied mein Vater. „Der Sinn und Zweck dieses Ausfluges ist, dass wir uns alle ein wenig besser kennen lernen. Immerhin werden wir bald eine Familie sein.“

„Du redest ganz so, als wäre die verdammte Hochzeit schon beschlossene Sache“, erboste ich mich.

Ich funkelte Dad wütend an. Mein Atem kam schwer und mein Herz raste jetzt vor Ärger und nicht vor Angst, wie zuvor. Ich war so aufgebracht, dass ich sicher war, keinen Bissen mehr runter kriegen zu können ohne mich zu übergeben. Tatsächlich fühlte ich mich jetzt bereits so, als würden die wenigen Bissen die ich gegessen hatte, wieder hinaus wollen.

 

„Die Hochzeit ist beschlossene Sache“, erwiderte Dad auf meinen Ausbruch. „Die Zeremonie findet in sechs Wochen statt. Am 25. September, um genau zu sein. Zum 1. Oktober ziehen wir dann alle gemeinsam nach Black Falls.“

„WAS?“, riefen Jason und ich gleichzeitig.

Ich sprang von meinem Stuhl auf. Jason tat es mir gleich. Ich zitterte vor Wut und Empörung.

„Und wann genau gedachtest du, mir davon zu erzählen, hä? Wenn ich nicht damit angefangen wäre, meine ich!“

„Dein Dad und ich dachten, dass wir erst das Wochenende abwarten, wenn wir uns alle besser kennen gelernt haben“, wandte Chantal ein. „Ich kann verstehen, dass du aufgeregt bist, Mina. Doch ich kann dir versichern, dass ich alles tun werde, damit wir als Familie zusammen wachsen. Ich habe nicht vor, den Platz deiner Mum einzunehmen, doch ich hoffe, dass du erlauben wirst, dass ich einen Platz als deine Stiefmutter, vielleicht sogar Freundin, einnehmen kann.“

„Als wenn du jemals den Platz meiner Mutter einnehmen könntest!“, spie ich hasserfüllt. „Ich werde jedenfalls nicht mit auf diesen dämlichen Bootsausflug kommen. Ich mag keine Macht darüber haben, diese Hochzeit zu verhindern, doch ich kann deutlich machen, dass ich dagegen bin und nicht gedenke, diesen Mist in irgendeiner Weise zu unterstützen.“

„Ich schließe mich Mina an“, knurrte Jason und stürmte aus dem Raum.

„Viel Spaß bei eurer Bootstour!“, rief ich ätzend, und rannte ebenfalls aus der Küche.

Im Flur hörte ich wie Jason im ersten Stock seine Zimmertür zu schlug. Ich stürmte die Treppen hinauf zu meinem eigenen Zimmer und schlug meine Tür ebenfalls hinter mir zu. Dann tat ich etwas, was ich nie zuvor getan hatte: ich drehte den Schlüssel im Schlüsselloch herum und verschloss die Tür.

Mit einem frustrierten Schluchzen warf ich mich auf das Bett und starrte an die Decke. Ich hörte Geräusche auf dem Balkon, dann ein Brüllen, das wie das eines wilden Tieres klang und doch irgendwie wie nichts, was ich je zuvor gehört hatte. Mit klopfendem Herzen hörte ich auf zu schluchzen und lauschte. Nichts war mehr zu hören. Was konnte das nur gewesen sein? Es war weder ein Hund noch eine Katze gewesen. Doch es gab keine wilden Tiere in der Umgebung.

Wieder kamen mir die verrückten Gedanken in den Kopf, Jason könnte ein Vampir oder Werwolf sein. Doch Vampire machten keine solchen Geräusche. Außerdem mochten sie kein Sonnenlicht. – Oder? Und ein Werwolf ...? Waren Werwölfe nicht an den Vollmond gebunden? Sicher konnten sie sich nicht mitten am Tag verwandeln.

Jason ist ein Mensch! Er ist ein Mensch. Ein Mensch. Ein Mensch. Es gibt keine Vampire oder Werwölfe! Er ist ein Mensch. Mensch. Mensch.

***

Die Fahrt nach Black Falls schien sich ewig hinzuziehen und doch viel zu schnell zu vergehen. Ich konnte es nicht glauben, dass dies wirklich geschah. Dad war wieder verheiratet und ich würde mit Chantal und ihrem Sohn leben müssen, ob es mir passte oder nicht. Noch dazu musste ich alle meine Freunde zurück lassen und in Black Falls ganz neu anfangen. Ich hasste es, die Neue zu sein. Kids konnten so grausam sein und neue Schüler waren stets ein beliebtes Opfer für Mobbing. Zum Glück würde Jason nicht zur High School gehen. Er studierte an der Uni in Stanton und würde nur zum Wochenende nach Black Falls kommen. Wenigstens hieß das, dass ich ihn nicht jeden Tag sehen musste. Vielleicht würde er auch seine Wochenenden lieber in Stanton verbringen. Doch da blieb immer noch Chantal. So lieb und freundlich sie sich auch zeigte, ich traute ihr nicht über den Weg. Ich konnte nicht einmal genau benennen, was mich so argwöhnisch machte, doch ich konnte das Gefühl einfach nicht abschütteln, dass meine Stiefmutter ein düsteres Geheimnis hatte. Ebenso wie ihr Sohn.

Wir passierten ein Schild mit der Aufschrift: ‚Willkommen in Black Falls. Einwohner: 1236’

„Gott! Was für ein Kaff“ brummte ich.

„Du wirst sehen, Black Falls ist eine nette kleine Stadt“, warf mein Vater ein. „Jeder kennt hier jeden und es gibt einen sehr guten Zusammenhalt in der Gemeinde.“

Ich schnaubte.

„Stadt“, murmelte ich. „Kuhdorf trifft es eher.“

„Schau! Sie haben sogar ein Kino hier!“, rief Chantal aus. „Ist das nicht toll, Kids?“

Jason und ich schnaubten. Ich schaute nicht aus dem Fenster. Ich wollte das Elend gar nicht sehen. Alles war noch viel schlimmer als ich mir vorgestellt hatte. In einem Kaff wo – wie Dad gesagt hatte, jeder jeden kannte – war es für eine Neue wie mich noch viel schwieriger. Ich würde wahrscheinlich nie Freundschaften hier schließen. Dörfler waren meist cliquenhaft. Sie würden niemanden akzeptieren, der von außerhalb kam.

„Da wären wir!“, verkündete Dad gut gelaunt.

Es machte mich noch wütender, dass Dad und Chantal so verdammt fröhlich und aufgeregt über diesen Umzug waren.

„Kommt! Alles aussteigen“, sagte Dad und schnallte sich ab.

Ohne Begeisterung stiegen Jason und ich aus dem Wagen. Wir schauten beide grimmig vor uns hin.

„Hmm, der Möbelwagen ist noch nicht da“, sagte Chantal. „Sollten sie nicht vor uns ankommen? Wir haben sie unterwegs nirgendwo überholt. Vielleicht haben sie sich verfahren?“

„Ach was!“, wiegelte Dad ab. „Du haben sicher auf irgendeiner Raststation Pause gemacht und werden jeden Moment eintrudeln.“

„Du hast recht. Gehen wir erst mal rein, dann können die Kids sich ihre Zimmer aussuchen“, erwiderte Chantal.

„Ist mir egal, welches Zimmer ich hab“, brummte ich. „Ich hasse es hier sowieso.“

„MINA! Wann hörst du endlich auf, dich wie ein bockiges Kleinkind zu benehmen?“

Ich erwiderte nichts, sondern zuckte nur mürrisch mit den Schultern.

Dad schloss die Haustür auf und öffnete sie, ehe er sich zu Chantal umdrehte und sie schwungvoll auf seine Arme nahm.

„Eddie!“, kreischte Chantal lachend. „Was machst du ...?“

„Ich muss doch meine Braut über die Schwelle tragen“, erwiderte Dad lachend und trug Chantal ins Haus.

Jason und ich wechselten einen angewiderten Blick. Jason zuckte mit den Schultern, dann machte er eine einladende Handgeste um mir zu deuten, zuerst einzutreten. Ich bezweifelte, dass die Geste von Galanterie her rührte. Wahrscheinlich wollte er nur hinauszögern, das verhasste neue Zuhause zu betreten.

Der Möbelwagen kam eine Stunde nach uns an. Ich war froh, dass ich mich nun mit Kisten schleppen und einrichten beschäftigen konnte. Alles war besser als die eine Stunde voller peinlicher Anspannung, als wir in dem leeren Haus auf das Umzugsunternehmen gewartet hatten.

„Uff“, stöhnte ich, als ich nach der Kiste mit meinen Büchern griff. „Ich hätte das verdammte Ding nicht so voll machen sollen.“

„Gib her!“, erklang die mürrische Stimme von Jason hinter mir.

„Danke, aber ich brauche deine Hilfe nicht!“, schnappte ich und hob die Kiste hoch.

Schon nach wenigen Schritten war klar, dass ich mich übernommen hatte. Mein Kreuz schmerzte und meine Arme zitterten. Ich schwankte auf der Treppe, die zur Veranda hinauf führte.

„Dummes kleines Mädchen“, schimpfte Jason neben mir und nahm mir die Kiste aus den Händen. „Nur weil ich dich nicht leiden kann heißt nicht, dass ich zusehe, wie du dich verletzt. Also hör auf so verdammt stur zu sein, Mina!“

Mit offenem Mund starrte ich meinem Stiefbruder hinterher, als er die schwere Kiste ins Haus trug als handle es sich lediglich um einen Karton mit Federn. Wieso war mir nie aufgefallen, wie breit seine Schultern waren und wie die dunklen Jeans seinen knackigen Hintern betonten?

Oh mein Gott, Mina! Hör auf damit! Du kannst diesen finsteren Typen nicht wirklich attraktiv finden!

Doch so sehr ich mir einzureden versuchte, dass ich Jason auf keinen Fall attraktiv fand, klopfte mein Herz wie wild in meiner Brust und diesmal war es nicht vor Angst.

„Mina! Steh hier nicht faul in der Gegend rum!“, erklang die Stimme meines Vaters neben mir. „Es ist mir egal, ob du wegen diesem Umzug wütend bist, doch das gibt dir nicht das Recht, uns alles allein machen zu lassen. Also pack an und schaff dein Zeug nach oben!“

Mir lag eine scharfe Erwiderung auf der Zunge, doch dann besann ich mich und ging zurück zum Umzugswagen.

Sechs Stunden später war alles im Haus und an seinem Platz. Jason hatte mir geholfen, mein Bett und die Schränke zusammen zu bauen. Jetzt musste ich nur noch die Kartons auspacken, doch das konnte bis morgen warten. Ich hatte einen kleinen Karton gepackt, indem ich alles verstaut hatte, was ich für den ersten Tag brauchte. Waschzeug, Pyjama, Wechselklamotten für morgen früh und der Roman, den ich gerade las.

Die Tür zu meinem Zimmer ging auf, und Chantal kam mit einem Stapel Bettwäsche und Handtüchern auf dem Arm in den Raum.

„So, hier ist deine Bettwäsche und Handtücher. Brauchst du sonst noch was?“

Ich schüttelte den Kopf.

„Ich fahr jetzt mit deinem Dad zum Italiener um Pizzas zu holen. Was möchtest du drauf haben?“

„Ist mir egal. Nur nichts mit Fisch oder Krabben. Ich hasse Seafood.“

„Okay. Und was willst du trinken?“

„Dr. Pepper.“

Chantal nickte, dann drückte sie mir den Stapel Bettwäsche und Handtücher in die Hand.

„Wir sind in einer halben Stunde zurück“, sagte sie und verließ das Zimmer.

Ein unabhängiger Beobachter würde mich wahrscheinlich für undankbar und unfair halten, dass ich Chantal so ablehnte. Es stimmte, dass Dads neue Frau sich große Mühe gab, freundlich und verständnisvoll zu sein. Doch ich war mir sicher, dass meine Instinkte mich nicht betrogen und dass meine Ablehnung nicht auf Eifersucht beruhte. Etwas war faul an Chantal und ich würde herausfinden, was.

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?