Hochsensibilität bei Kindern

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Hochsensibilität bei Kindern
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Melanie Santa Vita

Hochsensibilität bei Kindern

Verstehen, begleiten, fördern


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-86506-974-0

© 2017 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers

Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers

Titelfoto: fotolia esthermm

Satz: Brendow Web & Print, Moers

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017

www.brendow-verlag.de

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

Einleitung

Fragebogen: Ist mein Kind hochsensibel?

1 Hochsensible Kinder

Hintergrundinformationen

1.1Was verbirgt sich hinter dem Begriff Hochsensibilität?

1.2Eigenschaften hochsensibler Kinder

1.2.1Hauptmerkmale

Depth of processing – Verarbeitungstiefe, gründliche Informationsverarbeitung

Overarousability – Übererregbarkeit, Neigung zur Überstimulation

Emotional Intensity – emotionale Intensität

Sensory Sensitivity – sensorische Empfindlichkeit

1.2.2Die Stärken hochsensibler Kinder

1.2.3Die Schwächen hochsensibler Kinder

1.3Hochsensibilität - Erziehung, Temperament oder neurobiologische Besonderheit?

1.3.1Die Frage des Temperaments

1.3.2Die besondere Wahrnehmung hochsensibler Kinder

1.3.3Das Verhaltenssystem hochsensibler Kinder

1.3.4Das starke Sicherheitsbedürfnis

1.3.5Introvertiert oder extrovertiert?

1.3.6Die Stärke der Emotionen

1.4Hochsensibilität – ein Temperamentsmerkmal und keine Störung

1.5Wie wirkt sich Hochsensibilität auf die Entwicklung aus?

1.6Zusammenfassung

2 Hochsensible Kinder stark machen

2.1Allgemeines

2.2Warum die Hochsensibilität in der Erziehung Beachtung finden sollte

2.3Wichtige Grundprinzipien

2.3.1Bedingungslose Wertschätzung

2.3.2Achtsamer Umgang miteinander

2.3.3Den Kindern Selbstmitgefühl nahebringen

2.4Vom Ziel her gedacht – Kriterien für eine gesunde Entwicklung

2.5Die Ziele gemeinsam meistern

2.5.1Soziale Fertigkeiten trainieren

2.5.2Veränderungsfähigkeit fördern

2.5.3Konfliktfähigkeit trainieren

Konfliktlösungsmöglichkeiten

2.5.4Das Selbstvertrauen stärken

2.6Zusammenfassung

3 Tipps für Eltern

3.1Strategien für den Alltag

3.1.1Den Alltag anpassen

3.1.2Rituale und Regeln bieten Sicherheit

3.1.3Ich sehe was, was du (noch) nicht siehst – oder die Kunst, hinter dem Verhalten des Kindes das eigentliche Bedürfnis zu sehen

3.1.3.1Wenn Traurigkeit auf Mitgefühl beruht – meins oder deins?

3.1.3.2Verweigerung heißt nicht Verweigerung, sondern oftmals Angst

3.1.3.3Wenn das Maß voll ist

3.2Alltagsrelevante Themen

3.2.1Ängste

3.2.1.1Hintergründe

3.2.1.2Unterstützungsmöglichkeiten

3.2.2Die Sache mit der Disziplin

3.2.3Schlafprobleme

3.2.3.1Allgemeines

3.2.3.2Ursachen für die Schlafprobleme ergründen

3.2.3.3Lösungen erarbeiten

3.3Stressmanagement für die ganze Familie

3.3.1Stressmanagement für die Kinder

3.3.1.1Stressoren

3.3.1.2Stressreaktionen

3.3.1.3Stressbewältigung

3.3.2Vergessen Sie sich selbst nicht – Stressmanagement für Eltern

3.4Die großen Veränderungen im Kindes- und Jugendalter

3.4.1Das Kindergartenalter

Wichtige Hilfen

3.4.2Die Schulzeit

Was es zu beachten gilt

3.4.3Die Pubertät

3.4.3.1Die Hürden Hochsensibler in der Pubertät

3.4.3.2Möglichkeiten der Wegbegleitung

3.5Zusammenfassung

4 Hinweise für Lehrerinnen und Lehrer

4.1Allgemeines

4.2Checkliste für Lehrkräfte

4.3Wie Lehrer unterstützen können

5 Ausblick

6 Wo finde ich Hilfe

 

7 Literaturverzeichnis

8 Verwendete Literatur

Weitere Bücher

Fußnoten

Vorwort

„Die wichtigste Lebensaufgabe des Menschen besteht darin, seinem eigenen Wesen zum Durchbruch zu verhelfen.“

Erich Fromm

Warum ein neues Buch über Hochsensibilität? Die Literatur zu diesem Thema nimmt erfreulicherweise stetig zu. Das Phänomen der Hochsensibilität gewinnt in unserer Gesellschaft zunehmend an Bedeutung und erhält eine gebührende Präsenz. Als ich selbst durch eine Fachzeitschrift auf das Thema gestoßen bin, entstand in mir der Wunsch, ein Sprachrohr für all die hochsensiblen Kinder zu werden, die sich durch ihre ruhige, angepasste Art selbst in den Hintergrund stellen. In Gesprächen mit Eltern, Bezugspersonen und Fachkräften wurde ersichtlich, dass der Wunsch nach übersichtlicher, prägnanter und aussagekräftiger Literatur groß ist. Es ist nicht einfach, die Komplexität des Themas kurz und knapp darzustellen. Nicht zufällig enthält Elaine Arons Standardwerk „Das hochsensible Kind“1 486 Seiten. In dem Buch, das Sie nun in den Händen halten, sind die wesentlichen Aspekte zusammengestellt, wohl wissend, dass es zu jeder Rubrik noch viel zu sagen gäbe.

Dieses Buch wendet sich …

an Eltern und Angehörige von hochsensiblen Kindern und Jugendlichen,

an alle, die beruflich mit hochsensiblen Kindern zu tun haben.

Es bietet eine erste Orientierung zu diesem Thema und soll ein Grundverständnis für hochsensible Kinder wecken. Wie zeigt sich eine hohe Sensibilität, und wie kann eine Begleitung dieser Kinder aussehen? Wie können Heranwachsende so unterstützt werden, dass die Hochsensibilität zu einem wertvollen Potenzial in ihrem Leben wird?

Liebe Eltern, Erzieher, Lehrer,

hochsensible Kinder sind besondere Kinder mit vielen Talenten; sie können das Leben sehr bereichern. Das Wissen um ihre Wesenszüge kann Ihnen helfen, mit irritierenden Verhaltensweisen und offenen Fragen umzugehen. Mit der richtigen Unterstützung können Potenziale zur Entfaltung kommen. Allgemeinpädagogische Ratschläge reichen bei diesen Kindern nicht aus. In diesem Buch lernen Sie die Besonderheiten von hochsensiblen Kindern kennen. Sie finden wichtige Tipps, die aus meiner lerntherapeutischen Begleitung von hochsensiblen Kindern entstanden sind. Ziel ist es, Ihr Kind mit seinen Reaktionen zu verstehen und passende Lösungen für Probleme zu finden.

Hochsensible Kinder zu begleiten lohnt sich!

Ihre Melanie Santa Vita

Ein Leitfaden für dieses Buch

Damit Sie sich schnell orientieren können und Themen, die Sie besonders interessieren, auf Anhieb finden, hier ein kurzer Leitfaden:

■In Kapitel 1 erfahren Sie Grundsätzliches über die Hochsensibilität: die Erscheinungsformen, die Ursachen und die Folgen.

■Kapitel 2 und 3 wenden sich speziell an Eltern1* und Bezugspersonen von hochsensiblen Kindern.

■Kapitel 5 ist vor allem für Lehrerinnen und Lehrer gedacht.

Einleitung

Sie wirken auf den ersten Blick zurückhaltend, vorsichtig, ängstlich und kontaktscheu. Die Rede ist von hochsensiblen Kindern. Kinder, die in ihrem Umfeld oft als Mimose, Heulsuse oder Sensibelchen abgestempelt werden und deren Potenziale nicht selten übersehen werden. Ihre Stärken treten häufig erst bei näherem Kennenlernen zum Vorschein. Dann wird ersichtlich, wie einfühlsam sie sind, wie gut sie beobachten können, wie bedacht sie handeln und wie verlässlich sie sind.

Lena ist eines dieser Mädchen. Im Kindergarten hat sie sich nach längerer Eingewöhnungsphase gut integriert. Die Loslösung von der Mutter fiel ihr sehr schwer. In den ersten Monaten stand sie meist unsicher, beobachtend und scheinbar teilnahmslos im Raum, ohne sich Spielpartner zu suchen. Erst mit der Zeit fasste Lena Vertrauen, gesellte sich zu anderen, meist ruhigen, Kindern und ging den lauten, forschen und fordernden Kindern aus dem Weg. Seit klar ist, dass sie bald in die Schule kommt, klagt sie über Einschlafschwierigkeiten. Der neue Lebensabschnitt bereitet dem Mädchen großes Kopfzerbrechen, Ängste tauchen auf. Auch im Alltag beschreibt Lenas Mutter ihre Tochter als unsicher in unbekannten Situationen, spricht von extrem starkem Rückzugsverhalten des Kindes, sobald Stress und Hektik aufkommen. Über viele Kleinigkeiten zerbreche sich ihre Tochter den Kopf. Bezüglich der Einschulung hat die Mutter inzwischen Sorge. Wird ihre Tochter die Umstellung schaffen? Wie wird sie mit Mitschülern, mit Lehrern und den schulischen Anforderungen zurechtkommen?

So wie Lena geht es einer Vielzahl von Kindern. Oft wird ihr Verhalten missverstanden, fehlgedeutet und falsch interpretiert. Stoßen Eltern beim Ergründen der Ursachen auf das Thema Hochsensibilität, fällt ihnen nicht selten ein Stein vom Herzen. „Jetzt verstehe ich endlich, warum mein Kind sich so verhält“, ist einer der meistgehörten Sätze in meiner Beratung. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema lohnt sich. Hat das eigene Kind eine hochsensible Persönlichkeitsstruktur, kann das Wissen darüber helfen, den Alltag besser zu meistern und so zu gestalten, dass das Kind in seiner Entwicklung optimal gefördert wird und seine Fähigkeiten ausschöpfen kann. Dieses Buch soll einen Beitrag dazu leisten.

Fragebogen2: Ist mein Kind hochsensibel?

Mein Kind …

□erschrickt leicht.

□hat eine empfindliche Haut, verträgt keine kratzenden Stoffe, keine Nähte in Socken oder Etiketten in T-Shirts.

□mag keine Überraschungen.

□profitiert beim Lernen eher von sanfter Belehrung als harter Strafe.

□scheint meine Gedanken lesen zu können.

□hat einen für sein Alter ungewöhnlich gehobenen Wortschatz.

□ist geruchsempfindlich, sogar bei sehr schwachen Gerüchen.

□hat einen klugen Sinn für Humor.

□scheint sehr einfühlsam zu sein.

□kann nach einem aufregenden Tag schlecht einschlafen.

□kommt schlecht mit großen Veränderungen klar.

□findet nasse oder schmutzige Kleidung unangenehm.

□stellt viele Fragen.

□ist ein Perfektionist.

□bemerkt, wenn andere unglücklich sind.

□bevorzugt leise Spiele.

□stellt tiefgründige Fragen, die nachdenklich stimmen.

□ist sehr schmerzempfindlich.

□ist lärmempfindlich.

□registriert Details (Veränderungen in der Einrichtung oder im Erscheinungsbild eines Menschen etc.).

□denkt über mögliche Gefahren nach, bevor es ein Risiko eingeht.

□erzielt die beste Leistung, wenn keine Fremden dabei sind.

□hat ein intensives Gefühlsleben.

Hinweise zur Auswertung: Wenn Sie mindestens 13 Aussagen bejahen können, ist Ihr Kind wahrscheinlich hochsensibel. Allerdings ist der Fragebogen kein exaktes Messinstrument. Verstehen Sie die Aussagen als Beschreibung eines Temperaments, dem es wert ist, auf die Spur zu kommen! Ein objektiv messbares Diagnoseinstrument gibt es derzeit leider noch nicht. Aktuell arbeitet die Forschung an diesem Thema.

1 Hochsensible Kinder

Hintergrundinformationen

Elaine Aron prägte den Begriff der Hochsensibilität. Sie betrieb zu diesem Thema Grundlagenforschung. 1996 ging sie mit dem Konzept an die Öffentlichkeit. Der Begriff der Hochsensibilität an sich ist damit relativ neu. Die Forschung hierzu läuft hingegen schon seit über 50 Jahren. Allerdings wurden andere Begriffe benutzt und jeweils nur Teilaspekte des Themas erforscht. So verwendeten Psychologen Begrifflichkeiten wie „niedrige Reizschwelle, angeborene Schüchternheit, Introvertiertheit, Ängstlichkeit, Hemmung, negative Grundhaltung oder Furchtsamkeit“3, um einen bestimmten Wesenszug zu umschreiben. Noch heute wird von schüchternen und nervösen Kindern gesprochen. Erst durch Elaine Aron wurde mit dem Terminus der Hochsensibilität ein ganzheitliches Konzept entwickelt. Zu den heute üblichen Begriffen gehören die Hochsensibilität (HS), hochsensible Personen (HSP, highly sensitive persons) und hochsensible Kinder (HSK). Die genannten Abkürzungen werden auch in diesem Buch verwendet.4

1.1 Was verbirgt sich hinter dem Begriff Hochsensibilität?

„Hochsensible Individuen haben die angeborene Neigung, ihre Umgebung deutlicher wahrzunehmen und gründlich nachzudenken, bevor sie handeln. Nicht hochsensible Personen nehmen im Vergleich dazu weniger wahr und handeln rasch und impulsiv. Hochsensible Erwachsene und Kinder sind meist mitfühlend, klug, intuitiv, kreativ, umsichtig und gewissenhaft. […] Hochsensible Personen fühlen sich häufig überwältigt, sei es von einem ‚starken Geräuschpegel oder einem Übermaß an anderen äußeren Reizen, die auf sie einströmen.“5

So beschreibt die amerikanische Psychologin und Psychotherapeutin Elaine Aron in ihrem Buch „Das hochsensible Kind“ (2010) die Hochsensibilität.

Hochsensible Kinder sind von Geburt an mit einem empfindsamen Nervensystem ausgestattet. Aron spricht von einer „high sensory-processing sensitivity“. Aufgrund einer Reizfilterschwäche sind die Kinder sehr reizoffen und nehmen Sinneseindrücke viel intensiver wahr als andere. Kaum etwas prallt einfach an ihnen ab. Was sie beobachten, spüren und wahrnehmen, wollen sie verarbeiten, durchdenken, verstehen. HSK nehmen dabei viel mehr Details auf als die Mehrzahl ihrer Mitmenschen und denken intensiver über das nach, was sie erleben. Verständlich, dass ihnen schnell alles zu viel wird. Die Menge an wahrgenommenen Informationen, wie Stimmungen von Mitmenschen, Geräusche, Gerüche etc. sorgt dafür, dass diese Kinder viel Zeit brauchen, um Geschehnisse zu verarbeiten.

Strömen zu viele Eindrücke auf die Kinder ein, kann es zu einer Reizüberflutung kommen. Sie fühlen sich erschöpft, geraten unter Stress, möchten sich von der Außenwelt abschirmen oder sind gereizt. Entgegen ihrer sonst so ruhigen und freundlichen Art beginnen HSK zu quengeln, zu weinen oder mittels Wutausbrüchen zu signalisieren, dass ihnen alles zu viel ist. Auch Schlafprobleme, Kopf- und Bauchschmerzen können Warnsignale für eine Überreizung sein. Neuen Situationen stehen HSK zunächst sehr vorsichtig und beobachtend gegenüber. Sie durchdenken alle Risiken, und erst wenn sie sich sicher fühlen und Vertrauen gewinnen, werden sie aktiv und handeln.

Nach wissenschaftlichen Untersuchungen weisen ca. 15 bis 20 % aller Kinder und Erwachsenen dieses Temperamentsmerkmal auf.

Hochsensibilität zeigt sich anhand folgender Hauptmerkmale, die bei Aron unter dem Akronym DOES zu finden sind6:

Depth of processing – Verarbeitungstiefe, gründliche Informationsverarbeitung

Overarousability – Übererregbarkeit, Neigung zur Überstimulation

Emotional Intensity – emotionale Intensität

Sensory Sensitivity – sensorische Empfindlichkeit

1.2 Eigenschaften hochsensibler Kinder

Die Persönlichkeit setzt sich aus einer einzigartigen Kombination aus ererbten Wesenszügen, Erziehung und Lebenserfahrungen zusammen. Dabei spielen Temperamentsmerkmale wie die Hochsensibilität eine große Rolle. Die jeweilige Art und Ausprägung einer hohen Sensibilität ist bei jedem Kind anders. Allen gemeinsam sind jedoch die oben bereits erwähnten Hauptmerkmale, auf die im Folgenden eingegangen wird.

 
1.2.1 Hauptmerkmale

Depth of processing – Verarbeitungstiefe, gründliche Informationsverarbeitung

Jeder Mensch nimmt über seine Sinneskanäle kontinuierlich eine immense Anzahl von Informationen auf. Viele dieser aufgenommenen Reize bleiben im Unterbewusstsein und werden nicht weiterverarbeitet. Nur ein Bruchteil gelangt in unser Bewusstsein und wird von unserem Gehirn in den dafür zuständigen Gehirnregionen verarbeitet. Wie hoch der Bruchteil ist, hängt vom Individuum ab. Je nach Reizfilter erreichen das Gehirn mehr oder weniger Informationen. Dabei spielen sogenannte Neurotransmitter oder auch Botenstoffe eine wichtige Rolle in der Weiterverarbeitung der Reize.

Mittlerweile wurde festgestellt, dass die Wahrnehmungsfilter bei hochsensiblen Kindern niedriger eingestellt sind. Das heißt, es gelangen wesentlich mehr Informationen zur Verarbeitung in das Gehirn (zu den Hintergründen s. 1.3.1). HSK nehmen viel mehr Einzelheiten und Details auf als andere Kinder und verarbeiten die Informationen auch nachhaltiger. Damit lässt sich gut nachvollziehen, dass sowohl Gefühle intensiver erlebt als auch Situationen viel stärker durchdacht werden. Insbesondere in neuen Situationen ziehen hochsensible Kinder es vor, Details und Beobachtungen gedanklich immer wieder abzuwägen, bevor sie handeln. Für den unerfahrenen Betrachter erweckt es den Anschein, als ob diese Kinder träumen und in ihrer Welt versunken sind. Dabei arbeitet das Gehirn auf Hochtouren, um Handlungsstrategien zu erarbeiten.

Dies hat Auswirkungen auf viele alltägliche Bereiche. So sind HSK sehr stetige Kinder, die sich schwer auf schnelle Situationswechsel einlassen können. Sie benötigen für Antworten, Entscheidungen und Arbeitsausführungen viel mehr Zeit. Konsequenzen zeigen sich dadurch auch im Bereich des Lernens: Ein hochsensibles Kind wird seine Aufgaben in der Regel detailliert und genau bearbeiten wollen. In vielen Fällen braucht es dadurch länger als andere. Das Arbeitstempo wird zugunsten der Arbeitsgenauigkeit gedrosselt. Hochsensible sind zudem ganzheitliche Denker. Sie verarbeiten jedes Detail, um ein Gesamtbild einer Situation oder eines Sachverhalts zu bekommen.

O verarousability – Übererregbarkeit, Neigung zur Überstimulation

Durch die hohe Reizaufnahme und die intensive Verarbeitung stellt sich bei hochsensiblen Kindern deutlich rascher eine Reizüberflutung ein, die für eine niedrigere Belastbarkeit und schnellere Erschöpfung sorgt. Das heißt, diesen Kindern wird bei zu hoher Informationsflut alles zu viel, und es entsteht aufgrund der Überstimulation Stress. Es kann zu heftigen Gefühlsausbrüchen, einem schlagartig auftretenden Bedürfnis nach Ruhe und Rückzug, psychosomatischen Beschwerden oder auch zu Unkonzentriertheit und Vergesslichkeit kommen. Ruhepausen und Auszeiten sind für hochsensible Kinder entscheidend, um ihr Potenzial entfalten zu können.