Vom Becher bis zum Baby

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Vom Becher bis zum Baby
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Vom Becher

bis zum Baby

Ratgeber für Spender, Paare und alleinstehende Frauen.

Mit Vorlagen für die Absicherung durch den Notar.

Max Sebastian Stremel

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2018

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Copyright (2018) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Titelfoto: baby in trash can © Syda Productions

Foto Rückseite: Mother and child © Studio Romantic

Lektorat: Birgit Rentz, www.fehlerjaegerin.de

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Impressum

Allgemeines

Motivation

Samenspenden in Deutschland

Die Sicht des Spenders

Die Sicht der Frauen

Technische Gesichtspunkte der Samenspende

Rechtliche Situation

Blick in die Zukunft

Abschließende Worte

Allgemeines

Für viele Frauen ist es gar nicht so einfach, Mutter zu werden, auch wenn dieser natürliche Wunsch unendlich groß zu sein scheint. Entweder ist ihr Partner unfruchtbar, sie leben in einer lesbischen Beziehung oder finden einfach keinen Partner, der mit ihnen eine Familie gründen möchte. Diese Frauen greifen auf Samenspenden zurück – das kann über eine Samenbank laufen oder über private Samenspender, wie ich es seit ein paar Jahren bin. Sie sind die Zielgruppe dieses Buches. Es ist eine Art Ratgeber, gespickt mit vielen kleinen Anekdoten, die natürlich nur meine Sicht widerspiegeln. Wenn meine Hilfestellungen auch nur einem Paar helfen, eine Familie zu gründen, dann hat sich der Aufwand schon gelohnt. Die Namen der Mütter habe ich natürlich verändert.

Über mich

Ich bin ein Durchschnittstyp. Mein Name ist Max, ich bin Jahrgang ’84, ungefähr 1,80 m groß, trage das übliche Straßenköterblond der meisten Deutschen und habe blau-graue Augen. In meiner Freizeit gehe ich boxen oder spiele Bassgitarre. Nach dem Abitur habe ich studiert und mittlerweile auch den Master abgeschlossen. Nun arbeite ich in einem langweiligen Beruf, in dem ich nicht gerade die Welt rette.

Als ich mit dem Spenden anfing, war ich gerade frisch von meiner damaligen Freundin getrennt. Einen ausgeprägten Kinderwunsch hatten wir beide, aber es wollte einfach nicht funktionieren. Deshalb ließ ich in der Landesfrauenklinik ein Spermiogramm anfertigen. Mit der Untersuchung meines Samens wollten wir herausfinden, ob das Problem bei mir lag. Dem war nicht so, denn ich liege etwas über dem Normalwert des durchschnittlichen gebürtigen Europäers.

Von der Kontaktaufnahme bis zum eigenen Baby

Der Ablauf ist stets der gleiche:

•Kontaktaufnahme

•Entscheidung zur Spende

•Schriftliche Vereinbarung, notariell beglaubigt

•Spende bis zum Erfolg

•Schwangerschaft

•Geburt des Kindes

•Stiefkindadoption inkl. Verzichtserklärung (nur bei Frauenpaaren)

Die Kontaktaufnahme zu den Frauen erfolgt auf ganz unterschiedlichen Wegen. Gemeinsame Bekannte oder das Internet sind die gängigsten Möglichkeiten. Meine favorisierten Seiten im Netz sind „familyship“ und „Co-Eltern“. Außerdem gibt es Portale wie „Wunschkind4you“ oder auch „Samenspende4you“ sowie diverse Facebook-Gruppen. Die Facebook-Gruppen sind kostenfrei und in der Regel voll mit Männern, die nur Sex wollen, und Frauen, die sich nur umsehen wollen oder für eine Spende kein Geld ausgeben möchten.

In der Regel werde ich angeschrieben, aber es kommt auch vor, dass ich Paare, die mir sympathisch escheinen, selbst anschreibe. Der Einstieg verläuft dabei recht locker. Begrüßung, Anfrage, ob das Angebot oder das Gesuch noch gilt, und schon werden meine groben Äußerlichkeiten abgefragt. Ich erkläre, wie es theoretisch ablaufen würde, und entweder sagt es den Paaren zu oder der Kontakt wird nicht weiter vertieft.

Der nächste Schritt ist dann meist ein Telefonat. Dabei geht es darum, offene Fragen zu klären und vorzufühlen, ob es zwischenmenschlich stimmt. Man tauscht sich über Hobbys, Zukunftswünsche sowie eventuelle Erbkrankheiten aus und vereinbart ein erstes persönliches Treffen.

Falls das Wetter angenehm ist, setzen wir uns nicht in ein Café, sondern gehen in einem Park spazieren. Die Paare sind sehr aufgeregt, halten Händchen und die Partner versuchen sich gegenseitig die Anspannung zu nehmen. Deswegen bemühe ich mich um einen freundlichen und entspannten Eindruck. Dabei bleibe ich sachlich. Es geht ja für mich nicht darum, die Herzen der Paare zu gewinnen, sondern ich versuche herauszufinden, ob ich diesen Personen trauen kann, denn ein vorab geführtes Telefonat trügt sehr oft. Ich erzähle auch die ein oder andere Anekdote. Dabei gehe ich auf Missverständnisse und unschöne Erlebnisse mit anderen Frauen ein. Die Intention dahinter ist, dass sich diese Probleme nicht wiederholen sollen. Also erzähle ich von Unzuverlässigkeit, falsch angesetzten Terminen, Lügen oder unentdeckten gesundheitlichen Problemen.

Das nutze ich als Überleitung, um auf die monetäre Frage zu kommen. Ich behandle alle Frauen gleich. Der fixe Betrag für die Spende ist für die einen fast wie ein Geschenk, anderen erscheint er sehr hoch. Ich erwähne, dass ich mich freuen würde, wenn es bei einem positiven Ergebnis ein weiteres Treffen gibt, bei dem wir etwas essen gehen und auf das Kind anstoßen.

Wir reden auch über die rechtliche Situation, Inhalte der schriftlichen Vereinbarung und den Ablauf der Stiefkindadoption.

Danach wird auf beiden Seiten eine Entscheidung getroffen. Sollten jeweils die positiven Gefühle überwiegen, klären wir, wie es weitergeht. Zunächst wird natürlich die Spendervereinbarung unterschrieben, in der alle wichtigen Punkte zusammengefasst sind.

Schließlich müssen die zukünftigen Muttis beim Frauenarzt prüfen lassen, ob alle körperlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Sie überwachen den Eisprung und nennen mir mit ein paar Wochen Vorlauf den wahrscheinlichen Termin der Spende. Der genaue Zeitpunkt muss mittels hochwertiger Tests ermittelt werden. Eine App oder simples Rechnen – 14 Tage nach der Periode – gelten als zu unsicher. Eine vorherige Kontrolle beim Arzt kann ebenfalls helfen, den idealen Zeitpunkt für die Insemination zu finden.

Kurz vor dem Eisprung nehmen sich die Paare ein Zimmer in meiner Stadt. Bei der Suche helfe ich natürlich gern, denn es ist auch in meinem Interesse, dass zwischen meiner Wohnung und dem Hotel keine 30 Minuten Fahrt liegen. Wenn es dann so weit ist, fahre ich zum Hotel und unterhalte mich noch einmal mit dem Paar. Das ist die letzte Möglichkeit, die Spende abzubrechen. Ich bitte die beiden, mich in ihrem Hotelzimmer allein zu lassen, gehe ins Bad, wasche mir die Hände und fange an zu onanieren.

Es kann auch vorkommen, dass die Spende von meiner Wohnung abgeholt werden muss. Der Mann ist dann lediglich Kurier, während die Frau im Hotel bleibt, wo sie sich entspannen kann.

Mittlerweile komme ich immer direkt in die Spritze. Dafür muss diese groß genug sein (Durchmesser mindestens 10 mm). Der Schieber ist natürlich vorher herauszunehmen und die kleine Öffnung mit einem Stopper zu verschließen. Nach getaner Arbeit wird der Schieber aufgesteckt und das Paar per Handy informiert. Bis sie wieder eintreten, halte ich die Spende auf Körpertemperatur, da sich das Sperma verflüssigen muss. Bei der Übergabe erhalte ich einen kleinen Umschlag mit einem Dankeschön für mein Vertrauen, die Zeit und meine sonstigen Aufwendungen. Ich verabschiede mich anschließend.

Die Frau muss dann die Spritze bei sich einführen und sich in sexuelle Stimmung bringen. Idealerweise entleert sie die Spritze gleichzeitig mit dem Erreichen ihres Höhepunkts. Um es den Spermien zu erleichtern, die Eizelle zu erreichen, sollte sie die nächsten Minuten die Beine hochlegen und sich entspannen.

Die nächsten zwei Wochen sind für das Paar mit bangem Warten verbunden. Meistens informieren sie mich, sobald sie wissen, ob es funktioniert hat. Es kommt aber auch vor, dass ich selber nachfrage. Im negativen Fall wird dann gleich der ungefähre Zeitraum für die nächste Spende vereinbart.

 

Der Ablauf wiederholt sich, bis sich ein positives Ergebnis zeigt. Sollte es nach einem halben Jahr noch immer nicht funktioniert haben, kann die Frau noch mal alle Hebel in Bewegung setzen und sich verschiedenen Untersuchungen unterziehen lassen. Oft genug werden dann Zysten, Myome und sonstige Störfaktoren bei der Frau festgestellt. Aber auch ich lasse regelmäßig ein Spermiogramm erstellen, um zu prüfen, ob es an mir liegen könnte.

Sollte sich der Eisprung der einen Frau mit dem Termin einer anderen Frau überschneiden, wird immer die Frau vorgezogen, die schon länger dabei ist. Das kann zu einer bitteren Enttäuschung bei der Frau führen, die nun länger warten muss, aus meiner Sicht ist es aber nur gerecht. Wenn die neuere Frau bereits das 40. Lebensjahr überschritten hat, zählt jeder Monat und sie ist einer 29-Jährigen vorzuziehen. Das ist aber die Ausnahme.

Kommt es zu einer Schwangerschaft, ist die Freude bei dem betreffenden Paar unbeschreiblich groß. In der Regel erhalte ich in den darauffolgenden Monaten Informationen über das Geschlecht des Kindes sowie die Gesundheit und das Befinden der Mutter.

Nach der Geburt wird von den lesbischen Paaren die Stiefkindadoption in Angriff genommen, bei heterosexuellen Paaren wird bereits während der Schwangerschaft der Mann als Vater eingetragen.

Sind alle rechtlichen Punkte endgültig geklärt, habe ich keinen Kontakt mehr zu den jungen Familien.

Falls mich das Kind mit eintretender Volljährigkeit kennenlernen möchte, können die Eltern erneut den Kontakt zu mir suchen, ansonsten wird es keine weiteren Berührungspunkte zwischen mir und den Familien geben.

Die erste Spende

Ein verstärkter Kinderwunsch hat mich schon mit Mitte 20 begleitet. Mit 29 dachte ich, die Frau fürs Leben gefunden zu haben. Über das Thema Kinder waren wir uns sehr schnell einig. Schon nach dem zweiten Beziehungsmonat verhüteten wir nicht mehr und achteten darauf, auf jeden Fall ein paar Tage nach der Menstruation Sex zu haben. Es wollte aber auch nach einem halben Jahr nicht klappen. Ungeduldig, wie wir beide waren, ließen wir ein Spermiogramm anfertigen.

Das Ergebnis war recht eindeutig: Bei mir war alles im normalen Bereich, ich war sogar etwas besser als der Durchschnitt. Details wie die Anzahl normal geformter Spermien oder der Anteil der schnellen Schwimmer waren mir egal. Ich war froh, dass ich auf jeden Fall Kinder haben kann. Meine damalige Freundin reagierte etwas borniert, fast schon zickig. Wahrscheinlich wäre es ihr lieber gewesen, wenn die Schuld bei mir gelegen hätte.

Sie sagte, dass sie trotzdem noch einige Jahre genau so weitermachen wolle. Auf keinen Fall sollten wir irgendwelche Möglichkeiten wie die Temperaturmethode oder bestimmte Tests in Erwägung ziehen. Es sollte „zufällig passieren“, so hatte sie es sich in den Kopf gesetzt. Ihr war immer wichtig, was andere von ihr denken, und sie wollte auf keinen Fall eine der Frauen werden, die es verzweifelt versuchen. Mit der Beziehung ging es unabhängig davon nach ein paar Monaten bergab.

Eher zaghaft begann ich mich mit dem Thema Samenspende auseinanderzusetzen. Meine Ergebnisse waren ja nach wie vor super, warum sollte ich nicht anderen damit helfen, und es würde niemandem wehtun. So stieß ich unter anderem auf die Internetseite „Co-Eltern“ und meldete mich dort an.

Weiter ging es dann zunächst aber nicht. Wenn man Nachrichten schreiben möchte, muss man etwas bezahlen, und so weit war ich noch nicht. So bekam ich zwar Nachricht für Nachricht, konnte sie aber weder lesen noch beantworten. Das führte irgendwann zu einer enormen Neugier, sodass ich mich im Frühjahr 2015 endlich vollständig anmeldete. Ich verfasste noch einen kleinen Text über mich und beantwortete die alten Anfragen. Meist ohne Reaktion, denn deren Abo war in den meisten Fällen längst abgelaufen. Außer ein paar Nachrichten tat sich also nichts.

Dennoch erzählte ich meiner Freundin Tatjana von meinem Vorhaben. Tatjana wiederum erwähnte, dass ihre Kollegin und beste Freundin, eine lesbische Frau, einen Spender suche und sehr verzweifelt sei. Das war dann Swantje. Swantje war auch schon einmal bei einer Geburtstagsfeier unserer gemeinsamen Freundin Tatjana mit von der Partie gewesen. Dort hatten wir uns ganz gut verstanden, aber wirklich intensiv lernten wir uns nicht kennen. Tatjana gab nun einfach meine Nummer an Swantje weiter, und dann ging es recht schnell. Zum nächsten Eisprung fuhr ich zu der Wohnung, in der Swantje mit ihrer Partnerin lebte. Bevor es losgehen sollte, wollten wir erst mal alles besprechen.

Die Stimmung war freundlich, dennoch waren alle Beteiligten ein wenig angespannt. Die beiden hatten schon Becher sowie Spritzen gekauft und ich eine Onanierpause von drei Tagen eingehalten. Meine Vorstellungen waren zu der Zeit noch ganz anders als heute. Mein Wunsch war, das Kind ab und zu zu sehen, es vielleicht sogar meinen Eltern oder meiner Oma zeigen zu dürfen. Aus heutiger Sicht war das sehr naiv, denn schon von Beginn an betonte Swantje, dass ihre Partnerin auf keinen Fall eine Co-Elternschaft mit einem Mann wolle. Das war für mich okay, denn ich wollte kein fünftes Rad am Wagen sein oder nur reiner Zahler für ein Kind, das ich nicht sehen durfte.

Nach einem kurzen Plausch verließen die beiden das Zimmer und ich machte es mir auf der Couch gemütlich. Nachdem es endlich geklappt hatte, klopfte ich kurz an die Schlafzimmertür und verzog mich.

Zwei Wochen später kam die Nachricht: Nein, die Menstruationsblutung hatte eingesetzt, kein Erfolg – sowohl für Swantje als auch für mich ein ernüchterndes Ergebnis. Die Erfolgswahrscheinlichkeit beim ersten Versuch mit der Bechermethode liegt aber auch nur bei etwa 10 Prozent, darum sollte das jetzt keine große Überraschung sein.

Beim nächsten Termin war ich zuvor etwas länger enthaltsam und Swantje hatte sich von ihrer Frauenärztin ein Katheter-Set geben lassen.

Der Ablauf war dieses Mal etwas anders, denn ihre Partnerin holte den Becher von mir zu Hause ab. Vorher war ich noch beim Boxen, deshalb musste sie etwas warten. Wir umarmten uns zur Begrüßung, aber es war etwas weniger herzlich und es fühlte sich für mich schon fast befremdlich an. Sie wollte sich nicht mit mir anfreunden und war auch sicherlich nicht begeistert darüber, auf mich warten zu müssen. Am nächsten Tag erfolgte eine weitere Spende, dieses Mal aber bei den beiden zu Hause. Fast schon Routine.

Zwei Wochen später kam die Nachricht: positiv! Es hatte geklappt.

Das Gefühl, das ich verspürte, kann ich auch heute noch nicht richtig einordnen. Einerseits war ich glücklich, gleichzeitig aber auch ein wenig bedächtig. Nun war aus der Flause im Kopf doch noch Ernst geworden und es wuchs ein Mensch heran. Es ist auch mein Kind – so war in dem Moment mein Gefühl. Zumindest wusste ich nun, dass es sehr wohl auch über diese Methode funktionierte. Wenigstens etwas, waren meine Gedanken. Aber auch: Jetzt geht es erst richtig los!

Der Kontakt zu Swantje wurde über die Wochen und Monate immer spärlicher. Über Gesundheit und Zustand sowie das Geschlecht des Kindes hielt sie mich immer mal wieder auf dem Laufenden. Es würde ein Junge werden und der Geburtstermin sollte der Geburtstag meines Vaters sein. Das klang fast nach Schicksal. Aber irgendwann kam auf Nachfrage die Nachricht, dass Swantjes Partnerin nicht wolle, dass ich überhaupt eine Rolle im Leben des Kleinen spiele. Für mich war das ein Dämpfer. Ich war traurig. Von da an sah ich die beiden mit anderen Augen. Andererseits war ich froh, dass ich niemandem aus meiner Familie bis dahin von diesem Kind erzählt hatte.

Von der Geburt des Kindes erfuhr ich zunächst nur über die gemeinsame Freundin. Erst später kamen von Swantje ein paar Bilder, die sie mir heimlich sendete, denn ihre Partnerin war dagegen. Es stand außer Frage, wer in dieser Beziehung der männliche Part war. Ich konnte es Swantje noch nicht einmal verübeln. Sie hatte einfach Angst, ihre kleine Familie zu riskieren. Ab und zu hatten wir noch spärlichen Kontakt, und als ich mir eines Tages ihr Facebook-Profil ansah und die Bilder des Kleinen betrachtete, war ich schon etwas betrübt.

Mittlerweile habe ich aber damit abgeschlossen. Eine emotionale Bindung habe ich zu keinem der Kinder mehr aufgebaut. Das ist auch das einzig Vernünftige, und so wird es im Vorfeld abgestimmt. Keinesfalls würde ich heute noch auf die Idee kommen, eines meiner Kinder aus den Spenden meiner Familie vorzustellen.

Durch Zufall hatte ich wieder Kontakt mit meiner Exfreundin. Genauer gesagt: Sie hatte den Kontakt gesucht und war auch gleich wieder mit dem Kinderwunsch in die Tür gefallen. Natürlich erzählte ich ihr von dieser Methode und meinen Erfahrungen. Die Stimmung schlug sehr schnell um. Meine Exfreundin war sichtlich sauer und bezeichnete mich als dumm. Außerdem bereute sie, dass sie sich noch mal um mich bemüht hatte, denn das, so sagte sie mir, sei nun alles vergebens gewesen. Auch Wochen später war sie noch dieser Meinung, also war ihre erste Reaktion kein emotionaler Ausrutscher gewesen. In einer Mitteilung schrieb sie mir, sie finde es komplett daneben. Wahrscheinlich konnte sie sich nicht in die Mütter hineinversetzen oder sie gönnte ihnen dieses Glück nicht. Wenn, dann hätte ich nur bei ihr spenden dürfen.

Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus – dieses Sprichwort gilt hier offensichtlich nicht. Dazu muss ich sagen, dass sich meine Exfreundin als modern und sozial versteht. Sie hat ein entsprechendes Studium abgeschlossen, engagiert sich für Migranten und sonnt sich in ihrer Gutmütigkeit bis hin zum Belächeln der – in ihren Augen – spießigen Normalbevölkerung.

Sie hat bis heute kein Kind. Und ich habe bis heute nichts bereut.

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