Ruhe. Ruhe! Ruhestand?

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Mathias Scheben

Ruhe. Ruhe! Ruhestand?

Der allerletzte Ratgeber für Männer

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Inhalt:

Abschied und Anfang: Rutschgefahr, bitte nicht stolpern

Auf Wolke 7: Von der Freiheit, die du meinst

Alles fein: Lieber gut angezogen als schlecht ausgezogen

Struktur und Ordnung: Es gibt für dich so viel zu tun

Vom Guten und vom Verbessern: Du hast Zeit für das Falsche

Ungeahnte Unmöglichkeiten: Getrennte Wege und Nestbau daheim

Frische Luft tut gut: Deine Torheiten vor den Toren

Die Welt ist klein: Tausende Schritte sollst du tun

Die Welt ist groß: Jetzt kannst du in die Ferne schweifen

Zwischen Genie und Wahnsinn: Glückliche Stunden im Baumarkt

Talente zwischen Theorie und Praxis: Jetzt hast du Zeit für Hobbies

Geben und nicht nehmen lassen: Das richtige Ehrenamt für dich

König im Kreise der Lieben: Opa hat jetzt Zeit

Menschenfreund, Tierfreund: Wenn du auf den Hund kommst

Freude am neuen Rausch: Besorge dir Stoff für dein Gehirn

Die wahre Ruhe im Ruhestand: So schläfst du und lässt schlafen

Von A wie Auto bis Z wie Zugehfrau: Altersgerechte Angebote

Gesund und munter: Dein Arzt, deine Ängste, deine Medikamente

Sause oder Seniorenteller: Essen und Trinken auswärts

Kleiner Zettel, kleine Budgets: Endlich Rente, Rente endlich

Keine Lust auf Langeweile: Lernen mit Lust, auch Autofahren

Pensionärstreffen und andere Beerdigungen: Noch was zu sagen?

Verzicht oder nicht: Brauchst du noch Geschenke?

Der Schluss: Zum Einreiben und Vergessen

Zu diesem Buch:

Impressum neobooks

Inhalt:

Ruhe. Ruhe! Ruhestand? Der allerletzte Ratgeber für Männer

Entschließungen für mein Alter, formuliert von Jonathan Swift 1667 - 1745

Keine junge Frau heiraten.

Keine jungen Gefährten an mich fesseln, wenn sie es nicht wirklich wünschen.

Nicht launisch, mürrisch und misstrauisch werden.

Nicht die jeweilige Lebensweise, Denkart oder Mode geringschätzen.

Nicht zu kinderfreundlich werden.

Nicht immer die gleiche Geschichte den gleichen Leuten erzählen.

Nicht habgierig werden.

Schicklichkeit und Sauberkeit nicht vernachlässigen.

Mit jungen Menschen nicht überstreng sein, sondern für ihre jugendlichen Torheiten und Schwächen Verständnis zeigen.

Nicht freigiebig mit gutem Rat sein noch jemanden damit belästigen; es sei denn, man wünsche ihn.

Nicht viel reden, erst recht nicht von mir selber.

Nicht mit meinem früheren guten Aussehen, meiner Kraft oder meinen Erfolgen bei Damen prahlen.

Nicht auf Schmeicheleien hören noch mir einbilden, ich könnte von einer jungen Frau geliebt werden.

Nicht rechthaberisch und starrköpfig sein.

Einige gute Freunde bitten, mich ins Bild zu setzen, welche von diesen Vorsätzen ich breche oder vernachlässige und mir zu sagen, wie ich dagegen verstoße; und mich demgemäß bessern.

Nicht aufhören, allen diesen Regeln nachzuleben, aus der Befürchtung, es könnte mir unmöglich werden sie zu befolgen.

Abschied und Anfang: Rutschgefahr, bitte nicht stolpern

Auf Wolke 7: Von der Freiheit, die du meinst

Alles fein: Lieber gut angezogen als schlecht ausgezogen

Struktur und Ordnung: Es gibt für dich so viel zu tun

Vom Guten und vom Verbessern: Du hast Zeit für das Falsche

Ungeahnte Unmöglichkeiten: Getrennte Wege und Nestbau daheim

Frische Luft tut gut: Deine Torheiten vor den Toren

Die Welt ist klein: Tausende Schritte sollst du tun

Die Welt ist groß: Jetzt kannst du in die Ferne schweifen

Zwischen Genie und Wahnsinn: Glückliche Stunden im Baumarkt

Talente zwischen Theorie und Praxis: Jetzt hast du Zeit für Hobbies

Geben und nicht nehmen lassen: Das richtige Ehrenamt für dich

König im Kreise der Lieben: Opa hat jetzt Zeit

Menschenfreund, Tierfreund: Wenn du auf den Hund kommst

Freude am neuen Rausch: Besorge dir Stoff für dein Gehirn

Die wahre Ruhe im Ruhestand: So schläfst du und lässt schlafen

Von A wie Auto bis Z wie Zugehfrau: Altersgerechte Angebote

Gesund und munter: Dein Arzt, deine Ängste, deine Medikamente

Sause oder Seniorenteller: Essen und Trinken auswärts

Kleiner Zettel, kleine Budgets: Endlich Rente, Rente endlich

Keine Lust auf Langeweile: Lernen mit Lust, auch Autofahren

Pensionärstreffen und andere Beerdigungen: Noch was zu sagen?

Verzicht oder nicht: Brauchst du noch Geschenke?

Der Schluss: Zum Einreiben und Vergessen

Du kannst es kaum erwarten. Seit vielen Monaten erzählst du wohl jedem, wie viele Tage es noch dauert. Abends im Bett dämmerst du dahin mit dem Gedanken, noch x-mal einschlafen. Aber dann. Dann wirst du aufwachen in einer neuen Welt: Endlich Rentner, Pensionär, Privatier, Ruheständler – egal: endlich frei!

Bis dahin führst du deine heimliche Strichliste an einer versteckten Tapetenstelle. Dein Abreißkalender verschlankt sich Tag für Tag. Jeder Strich, jeder Riss ist ein Genuss. Dein Handykalender meldet täglich für den ganzen Arbeitstag bis zum letzten: „Bald ist Schluss!“

Und dann, irgendwie plötzlich und trotz aller Gedanken und Vorsätze unvorbereitet, ist es unvermittelt Fakt. „Du willst jetzt aber doch nicht jeden Tag zu Hause bleiben?“, sagt deine Frau am Morgen des „day after“.

Mmhh. Dieser allerletzte Ratgeber hilft dir, das finale Fiasko zu vermeiden. Er beugt dem plötzlichen Rentnertod vor, rettet deine Ehe, erhält dich lebenstauglich, zeigt dir den Weg des fröhlichen Alterns. Er gibt deinem neuen Dasein im besten Sinne den richtigen Sinn.

„Hast du dann genug getan,

fängt die wahre Arbeit an.“

Mit diesem Buch wirst du deinen Wechsel in den beruflichen Ruhestand überleben. Und danach wirst du alles richtigmachen, wenn du magst: Rentner sein bedeutet mehr als Lernen, Laufen, Lieben und Lachen – auch Langeweile, Lust und Leidenschaft, Laster und Leiden gehören dazu.

70 Prozent aller 65- bis 85-Jährigen sind mit ihrem Leben zufrieden, 15 Prozent sogar sehr zufrieden. Ich wünsche auch dir noch viele schöne Jahre, dein Leben lang!

Mathias Scheben

Abschied und Anfang: Rutschgefahr, bitte nicht stolpern

Achtung: In der späteren Rückschau wirst du die letzten Wochen und Monate bis zur Rente zum Sekundenschlaf erklären. Es sei denn, du beschäftigst dich zeitig, gründlich und ehrlich mit dem Stress, zum Rentner zu mutieren und danach ein solcher zu sein.

Schiebst du deine Rentner-Vorbereitungen dagegen auf die lange Bank, dann ziehen sich die letzten Wochen und Monate des Arbeitslebens schier endlos dahin.

Also, kümmere dich. So dauert dein Rentner-Advent gefühlt nicht unnötig lange. Alles wird gut, und keine „schöne Bescherung“.

Wahrscheinlich lässt du es, angesichts des heranziehenden Abschieds, auf der Arbeit zunehmend ruhiger angehen. Damit aus deinem klammheimlichen Herzklopfen kein Herzrasen wird. Gelassen schüttelst du ab, worüber du dich früher geärgert hast.

 

Deine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beurteilst du in den letzten Wochen, wenn überhaupt noch, milder denn je. Neue Ideen sollen die jungen Leute umsetzen, die werden es noch schwer haben, gut dass dich das nicht mehr bekümmern muss. Du sagst dir, „keiner denkt an mich, nur ich“, und schaust nach vorne. In deinem Fokus flackert Licht am Ende des Tunnels.

Anspannung war gestern, jetzt ist Entspannung. Du darfst zurückgelehnt und mit verschränkten Armen bei der Besprechung sitzen, und - nichts sagend - altersweise nicken. Sitzt du als Rentner in spe freilich besonders aufrecht und aufmerksam im Meeting, nimmt dir das bald eh niemand mehr ab. Seht nur, wie der sich verstellen kann!

Von deinen langjährigen Erfahrungen will im Zweifel keiner mehr etwas wissen. Was will er denn noch, der geht ja bald. Was kümmert es dich also, was aus dem einen oder anderen vergänglichen Projekt demnächst wird. Was sorgst du dich noch länger um den einen oder anderen Trottel im Team? Lasse die nur Pläne machen, die werden schon sehen. Schließe die Augen, atme tief durch die Nase ein und schnuppere die aufsteigende Befreiung. Atme bewusst und langsam aus, spüre dich. Du bist eh fast der einzige, der es gut mit dir meint.

Gibt es für dich keine betriebliche Altersversorgung, kann es dir egal sein, was aus dem ganzen Laden wird. War dein berufliches Daheim eine Behörde, gilt das erst recht.

Wenn du aber ein netter Kerl oder einfach clever bist, dann räumst du dein Inneres anders ein. Denn Moral und Ethik waren dir immer wichtig, zumindest achtest du auf Contenance. Vor allem dann, wenn dein Arbeitgeber dir noch Geld zu schuldet, oder wenn du ihm für die Jahre danach noch einen Beratervertrag abzocken willst.

Wie auch immer, du wirst lebensklug deine Prioritäten setzen und für einen allseits begeisternden Abgang sorgen wollen. Schließlich soll man dir ein ehrendes Andenken bewahren und keine drei Kreuze hinter deinem Rücken machen, nicht wahr?

Du bereitest dich zeitig auf dein künftiges Leben im Ruhestand vor. Je näher der letzte Arbeitstag rückt, desto pingeliger planst du dein neues Leben. Du kennst dich aus mit Multitasking. So kurz vor dem Ausstieg am Peak deines Lebens, ist keine Zeit für Langeweile. Schon gar nicht am Feierabend.

Denn die Vorbereitungen geschehen möglichst abends daheim, nicht etwa tagsüber während der Dienstzeit. Es sieht, bei allem potentiellen Desinteresse am betrieblichen Alltag, nicht gut aus, wenn du die Unterlagen zur Klärung deines Versicherungsverlaufs auf deiner Werkbank, deinem Schreibtisch oder während der Herz-OP sortierst.

Ein erster Weg führt dich nach frühzeitiger Terminvereinbarung und gut vorbereitet zur nächsterreichbaren Rentenberatungsstelle. Du hast dir dafür frühzeitig Urlaub genommen. Oder du wirst, zur Not, spontan für einen Tag krank. Es sei denn, du bist, wie sonst immer, ehrlich und bekennst beim Vorgesetzten, was dich umtreibt. Man wird dich schon mal für ein paar Stunden ziehen lassen, in Gottes Namen ohne Blick auf die Uhr.

Die Klärung deiner Rentenbezüge ist das Eine; die Klärung deiner Beziehung zu Frau, Partner, Kindern, Hund und Katze das Andere. Stelle im Hinblick auf dein privates Umfeld vorübergehend mal deine ureigenen Interessen ein wenig zurück. Bedenke, vor allem deine Lieben werden sich auf dich ein- und umstellen müssen.

Wenn dein beruflicher Film endet - hoffentlich mit dem Insert „Happy End“ - beginnt für dich und die Deinen sofort ein neuer Streifen. Ein neuer Film mit neuem Plot, unbekanntem Drehbuch, anderen Rollenverteilungen. In schwarze Rentnerlöcher lasse andere fallen, der plötzliche Rentnertod wurde ebenfalls für andere erfunden. Du bleibst cool.

„Ein Abschied ohne Wiederkehr,

fällt dem Verzagten ziemlich schwer.

Winkt dir beim Weggang lockend Ziel,

bedeutet Weggehen gar nicht viel.“

Dein Ego wird sich nicht aufgeben, sondern neu definieren. Deine Identität wird eine andere, und du bestimmst sie selbst. Im Ruhestand fallen viele Mitspieler weg, die dich über Jahrzehnte im Beruf begleitet haben. Du warst mit ihnen mehr oder weniger vertraut, wusstest mit ihnen umzugehen. Denen, die du schon immer gerne beim High-Noon-Shootout als erste getroffen hättest, wirst du nicht nachtrauern.

Andere waren dir wurscht, wieder andere gaben dir Orientierung und Stütze. Du kannst dich nun also mehr denn je auf die neuen Wesentlichen konzentrieren. Das sind diejenigen Menschen, die außerhalb des Berufslebens um dich herum waren und in deinem Ruhestand um dich herum bleiben.

Vice versa: Für deine Mitmenschen im Privatbereich kommst gerade du also künftig häufiger ins Bild. Deine Präsenz im Heimkino des Familien- und Ehelebens wird zunehmen, ebenso deine Bedeutung: Aus der Nebenrolle mit knapp bemessenen Auftritten zu festen Tages- und Nachtzeiten wird, gewollt oder nicht, eine Hauptrolle.

Nimm es dir vor: Zur neuen Quantität kommt optimierte Qualität! (Nicht maximale Qualität, behalte etwas von Dir in der Hinterhand.) Du wirst also den künftigen Familienfilm mehr denn je führend gestalten, mehr Einsätze haben und mehr Text.

Du wirst besser zuhören müssen, um dein Mitreden substantiell zu gestalten. Diese neue Herausforderung endet erst mit dir als Leiche. Aber niemand aus den Reihen deiner Lieben will dich sicher als solche den neuen privaten Blockbuster beginnen lassen.

Wird sich euer Freundeskreis ändern? Werden alte, verschüttete Bekannte wiederentdeckt? Kommen für euch neue Darsteller dazu, wer wird das Casting für den neuen Film übernehmen? Wer wird die Regie haben? (Was sich nach deinem Weggang rund um deinen ehemaligen Arbeitsplatz alles ändern wird, soll dir wurscht sein; aber dazu später mehr.) Wird es ein toller Film oder eine schlichte Dokusoap mit geringer Resonanz?

Die Funktion der Regisseurin und des Rollenbesetzers für das neue Werk kommt automatisch deiner Frau zu. Davon ist jedenfalls mit großer Sicherheit auszugehen, auch wenn sie ganz oder teilweise berufstätig war oder ist. Sollte sie diesen Anspruch bestreiten, sei besonders aufmerksam: Du brichst mit deinem ersten Rentnertag in ihren Lebensfilm ein, den sie seit vielen Jahren fortschreibt, den sie seit je besetzt und regiert hat. Den einen oder anderen Darsteller wird sie sogar geboren haben.

Hänge dich nun nicht wie eine Klette an deine Frau. Sie hat sich Freiheiten und Unabhängigkeit erarbeitet. Beides möchte sie nicht mehr missen. Ihr müsst also nun nicht alles gemeinsam machen, was du gerne tun würdest. Sie ist nicht deine Pflegerin, noch nicht.

Sieh also zu, dass aus dem denkbar fröhlichen Film kein Drama wird. Fädle dich zunächst gelassen in das laufende Geschehen ein, folge dem Flow, provoziere keinen Filmriss und mache kein Theater. Welche Änderungen vorbehalten sind, das wird sich schon sehr bald zeigen.

Auf überraschende Regieanweisungen, neue Szenarien und Spielorte darfst du gespannt sein - um das Unwägbare positiv anzukündigen.

Gut ist es also, wenn du dich mit allen, die bei dir zuhause sind, frühzeitig zusammensetzt. Ihr redet über das, was da auf das Zusammenleben in den eigenen vier Wänden zukommen mag. Vor allem, ihr hört euch zu.

Wie wird euer Alltag ablaufen, wie stehts angesichts verminderter Einnahmen mit den Finanzen und dem Monatsbudget, was erwartet ihr vom Alltags-Leben im Alter? Können Leuchtturm-Projekte - etwa ferne Reisen, Kreuzfahrten oder klösterliche Einkehr - die Dramaturgie bereichern?

Was wollt ihr nicht so machen wie die anderen Paare und Partner, die euch mit tragischen Beispielen des Sicheinanderanschweigens, mit Rentnerstress, Zwist, Zerwürfnis, Trennung zeitlich voraus sind?

Es gibt so vielerlei zu beachten: Hattest du in deinem Job feste Kontakte zu Kunden oder Lieferanten, zu Branchenkollegen, externen Dienstleistern oder zu Behördenvertretern und dergleichen, so kannst du dich bei denen nicht still und heimlich aus dem Staube machen.

Also stimmst du deine Abschiedstermine mit deinem Arbeitgeber ab und führst, wo immer möglich, deine Nachfolgerin oder deinen Nachfolger ein. Damit erledigt sich ein Großteil der Einarbeitung, die du den Nachrückenden schuldest.

Vorsicht vor dem Fauxpas beim letzten beruflich bedingten Gespräch. Keine falschen Vertraulichkeiten, kein ‚Jetzt kann ich es Ihnen ja sagen“. Kein letztes kritisches Wort über die Firma, über Chefs oder Kollegen, weder über die eigenen Leute noch über die der anderen. Wer sich nicht mit warmen Worten, also in Würde, verabschieden kann, der stellt am Ende die Qualität seines Charakters in Frage. Er ruiniert den letzten Eindruck, und der ist für den Rest deines Daseins der entscheidende. Wer „nach mir die Sintflut“ sagt, wird vom Tsunami erfasst werden.

Deinen Arbeitsplatz räumst du nicht erst am letzten Tag, sondern ganz unauffällig, nach und nach, während der letzten Wochen. Es sieht lächerlich aus, seine Siebensachen im offenen Karton in letzter Minute aus der Firma zu tragen. Vor allem, wenn dabei der Kaktus final auf den Boden fällt.

Halte dir zum Abschluss die Hände frei für letzte Verabschiedungen, und die Arme für letzte Umarmungen. Derlei soll ja gelegentlich gewünscht werden wie ein frisches Papiertaschentuch fürs Tränchen zum Tschüss. Vielleicht wirst du sogar mit einem dicken Blumenstrauß behelligt.

Derlei lässt man dann nicht einfach zurück wie etwa die Schlüssel vom Firmenwagen, von den Eingangs- und Schranktüren. Auch der um alles Private gründlich bereinigte Laptop und der Stick mit allen vertraulichen Firmendaten bleiben da. Als Handwerker lässt du andere nützliche Dinge links liegen, seien es Werkbänke, Akkubohrmaschinen oder der filigranste Schraubendreher, der in jede Hosenfalte passt.

Ganz so einfach geht es mit der Ehrlichkeit wieder nicht: Die nötigen Formalitäten enden für dich nicht unbedingt mit einem Bodycheck, wohl aber mit dem Erhalt unterschriebener Empfangsbescheinigungen. Nur Köche nehmen den Holzblock mit ihren Messern mit; die können sie Jahre später auch noch daheim verwenden.

Nicht auf den letzten Drücker solltest du die Frage nach deiner künftigen Mobilität beantworten. Durftest du einen Firmen-Pkw privat benutzen und ihn zum Abschied nicht privat zum Freundschaftspreis übernehmen, so darfst du dir jetzt beim Händler deines Vertrauens einen eigenen Wagen aussuchen. Auf eigene Rechnung natürlich, und die Befindlichkeiten deiner Familie musst du mit ins Kalkül ziehen.

Also, welcher Wagen darf es sein? Ist es der, den du dir als Rentner noch leisten kannst? Ist es der, dessen Farbe deine Frau sich wünscht? Ist es der nun um vieles Größere und Stärkere, der deinen Kollegen und Chefs zum Schluss die Augen dazu öffnet, wie gut es dir demnächst geht? Und wie jugendlich du immer noch bist, oder jünger denn je?

Es soll Arbeitnehmer gegeben haben, die sich zum Abschied besonders in diese Richtung gut auf Symbolik verstanden: Sie fuhren am letzten Tag mit ihrem frisch gekauften Wohnwagen vor. Du kannst das toppen. Verzichte auf den Abschiedsalkohol und starte mit deinem Gebrauchten vom Caravan-Markt nach der Feier gleich durch, auf, auf und davon an die Costa Brava.

Mehr als ein Gläschen Sekt ist eh ein schlechter Begleiter beim letzten Termin vor Chefs und Mitarbeitern. Du willst doch Haltung zeigen, deine freundlichen Worte wägen, der Runde aufmerksam zuhören, dich über ein Abschiedsgeschenk freuen.

Sind alle Nettigkeiten ausgetauscht, heißt es für dich ‚to go“, und zwar aufrecht, ohne Gehhelfer. Schwanken und Lallen sind ein ‚no go“, ganz zu schweigen von einer liegenden Abreise im Notarztwagen.

Apropos freundliche Worte: Es wertet dich nicht ab, wenn du dir für deine kleine Rede vorab ein paar Notizen machst. Schließlich willst du niemanden vergessen, den du namentlich hervorheben solltest und wolltest.

Du willst an das eine oder andere amüsante Erlebnis erinnern, sogar an gemeisterte schwierige Zeiten, oder an ein paar Daten deiner Ochsentour im Betrieb erinnern. Beziehe aber deine Zuhörerinnen und Zuhörer mit ein, sprich vor allem vom ‚wir“ und von ‚uns“, von den angenehmen Gemeinsamkeiten eurer Zwangsgemeinschaft.

Du darfst in netter Form über alles Nette reden, nur nicht über fünf Minuten.

Ein ausgefeiltes Redemanuskript statt knapper Merkwörter ist nur dann angebracht, wenn du vor lauter Nervosität ohne festgeschriebenen Text keinen Ton herausbringen würdest. Ist dem so, dann übe deine Sätze mehrmals vor dem kritischsten Publikum der Welt – vor deiner Frau.

 

Beim Probieren hilft der Blick auf die Uhr dabei, die Zeit nicht zu überziehen und die Zuhörer zeitlich nicht zu überfordern. Auch wenn dir Notizen reichen, sind ein paar Rede-Übungen vorab ratsam: Zeitkontrolle, fester Stand, Augenkontakt, langsames und deutliches Sprechen, Wirkungspausen.

Am Ende des Berufslebens ist wohl jedermann in der Lage, ein paar Minuten Aufmerksamkeit und Konzentration auf die eigene Person zu ziehen. Sollte das für dich nicht gelten, machst du es kurz: ‚Liebe Leute, vielen Dank für alles.“