Buch lesen: «Das BGB für ausländische Studierende - Übungen zu Rechtssprache und Methodik», Seite 13

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C. Der Vertrag

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Nachdem Sie sich mit der Willenserklärung, einem einseitigen Rechtsgeschäft, befasst haben, lernen Sie nun das Wesentliche zum Vertrag, der ein mehrseitiges Rechtsgeschäft darstellt.

Ein Vertrag besteht aus zwei Willenserklärungen, die inhaltlich korrespondieren und die Angebot bzw. Antrag und Annahme genannt werden. In diesem Kapitel wird behandelt, wie ein Vertrag geschlossen wird. Sie erfahren, dass in den §§ 145 ff. BGB geregelt ist, wie durch Angebot und Annahme ein Vertrag geschlossen wird und wie dieser zu interpretieren ist. Nicht im BGB geregelt ist, welche Elemente eine Willenserklärung enthalten muss, um ein Angebot zu sein. Diese nennt man essentialia negotii. Außerdem beschäftigen Sie sich mit der Rechtsfigur der invitatio ad offerendum. Diese ist als eine Einladung zu einem Angebot zu sehen.

Sprachlich konzentrieren Sie sich in diesem Kapitel auf die Bildung von Wortfamilien bzw. Wortableitungen mit Hilfe von Nominalisierungen und Verbalisierungen. Somit erwerben Sie ein Handwerkszeug, mit dem Sie sich in Zukunft selbständig Wörter erschließen und Ihren Wortschatz kontinuierlich ausbauen können. Sie lernen ein wichtiges Grammatikthema, die Bildung und Formulierung von Partizipialkonstruktionen, kennen. Sie lösen dazu erste einführende Aufgaben und üben, wie man diese sinnvoll erweitert. Erweiterte Partizipialkonstruktionen kommen häufig in Gesetzestexten vor. Relativsätze sind eng mit diesem Thema verbunden, so dass diese einen weiteren sprachlichen Schwerpunkt dieses Kapitels darstellen.

Mit einer Übung zum Verb erlöschen, das im Zusammenhang mit Willenserklärungen oder Ansprüchen und in den §§ 145 ff. BGB verwendet wird, erweitern Sie Ihren rechtssprachlichen Wortschatz. Für das Thema Vertragsschluss sind außerdem temporale Adverbien relevant, deren genaue Bedeutung Ihnen in unterschiedlichen Übungen verdeutlicht wird.

In einem Fall zum Vertragsschluss prüfen Sie eine invitatio ad offerendum. Eine Übung zur Fehlerkorrektur im Gutachten soll Ihren Blick für die inhaltliche und sprachliche Richtigkeit schärfen. Auf einen weiteren Fall ist § 150 Abs. 2 BGB anzuwenden, der eine Annahmeerklärung zum Gegenstand hat, die das Angebot abändert und deshalb als neues Angebot gilt. Eine in das Gutachten integrierte Übung fördert Ihre Kompetenz im Zitieren von Normen.

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I. Übungen zu Wortschatz und Grammatik

1. Übung Nominalisierung und Verbalisierung

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In den §§ 145 ff. BGB finden Sie folgende Nomen und Verben. Ergänzen Sie die Tabelle.


Nomen Verben
Bsp. der Vertragsschluss / die Schließung eines Vertrags einen Vertrag schließen
(1) der Antrag / der Antragende
(2) die Änderung
(3) ausschließen
(4) ablehnen
(5) annehmen
(6) die Bindung an den Antrag / die Gebundenheit
(7) die Erweiterung
(8) bestimmen
(9) erwarten
(10) erklären
(11) die Einschränkung
(12) verzichten
(13) entnehmen

2. Übung Synonyme

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a) Markieren Sie jeweils das richtige Synonym bzw. die richtige Erklärung.


Synonym bzw. Erklärung
(1) mittels mit von wegen
(2) die Verkehrssitte Verhalten auf der Straße ungeschriebene Verhaltensordnung mit Vorschriften in der Gesellschaft festgelegte Reihenfolge von Gesetzesabläufen
(3) sich bestimmen nach gelten als sich ergeben aus sich verhalten wie
(4) der Umstand / die Umstände die Beziehung die Situation die Arbeit
(5) etwas nicht zu brauchen etwas nicht müssen etwas nicht können etwas nicht dürfen
(6) es sei denn außer im Regelfall wenn es möglich wäre
(7) gelten als betrachten als verändern sein wie
(8) innerhalb gemäß in der Zeit kraft
(9) etwas ausschließen versäumen verzichten auf erweitern
(10) rechtzeitig fristgemäß sofort zeitig

b) Ersetzen Sie nun die Synonyme mit den passenden rechtssprachlichen Vokabeln, ohne im BGB nachzuschauen. In manchen Sätzen müssen zwei Synonyme ersetzt werden. Achten Sie auch darauf, dass die Sätze entsprechend angepasst werden müssen (Kasus, Wortstellung, Singular / Plural usw.).

Beispiel

Wenn jemand einen Antrag abgelehnt hat, dann erlischt der Antrag. Der Antrag erlischt auch, wenn er nicht fristgemäß angenommen wird.

Wenn jemand einen Antrag abgelehnt hat, dann erlischt der Antrag. Der Antrag erlischt auch, wenn er nicht rechtzeitig angenommen wird.

(1) Wer jemandem einen Vertragsschluss vorschlägt, ist an den Antrag gebunden, außer wenn er auf die Gebundenheit verzichtet hat.

(2) Ein Antrag kann auch mit einem Fernsprecher oder einer sonstigen technischen Einrichtung von Person zu Person gemacht werden.

(3) Es kann auch einer Person, die gar nicht anwesend ist, ein Antrag gemacht werden. Diese abwesende Person kann den Antrag nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt annehmen. Dieser Zeitpunkt ist normalerweise von der regelmäßigen Situation des Abwesenden bestimmt.

(4) Wenn es eine Frist für die Annahme des Antrags gibt, dann kann der Antrag auch nur in der Zeit der Frist angenommen werden.

(5) Wenn ein Antrag später als geplant angenommen wird, dann ist das wie ein neuer Antrag.

(6) Wenn man einen Antrag ändert, dann ist das wie eine Ablehnung des alten Antrags.

(7) Ein Vertrag tritt dann in Kraft, wenn der Antrag angenommen wird. Es muss dem Antragsteller die Annahme nicht erklärt werden.

(8) Eine Annahmeerklärung ist besonders dann unnötig, wenn sie nach der gesellschaftlichen Verhaltensordnung nicht zu erwarten ist.

(9) Aus dem Antrag wird klar, was der Antragsteller will. Aus diesem Willen ergibt sich also, wann ein Antrag erlischt.

(10) Manchmal ergibt sich auch aus der Situation des Antragstellers, wann ein Antrag erlischt.

3. Übung Das Verb erlöschen

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a) Das Verb erlöschen, das in § 146 BGB und in anderen rechtlichen Zusammenhängen, wie z.B. in Bezug auf das Erlöschen von Schuldverhältnissen (Rn. 316 ff.), benutzt wird, kann nur in der 3. Person Singular oder Plural sinnvoll verwendet werden. Wie wird es in diesen beiden Formen im Präsens richtig konjugiert? Ordnen Sie die richtige Verbform aus dem Kasten in der Tabelle zu.


erlöscht – erlischen – erlascht – erlöschen – erlischt – erloscht – erloschen – erlaschen


Singular: er / sie / es . . . . .(1) z.B. das Angebot
Plural: sie / Sie . . . . .(2) z.B. die Rechte

b) Wie lauten die Vergangenheitsformen? Ordnen Sie die richtige Verbform aus dem Kasten in der Tabelle zu.


ist ergeloschen – ist erloscht – erlöschte – hat erloschen – erlischt – hat erlaschen – ist erloschen – erloschte – erlosch – hat erlöschtet – erlasch – ist erlöscht – ist geerloschen


Präteritum . . . . .(1)
Perfekt . . . . .(2)

c) Setzen Sie das Verb erlöschen in der richtigen Zeitform ein und konjugieren Sie es, wenn nötig.

Der Anspruch . . . . .(1), wenn man die Vereinbarung nicht einhält.

Dieses Recht kann vor Ablauf der Frist . . . . .(2).

Durch eine unerlaubte Nutzung jeder Art . . . . .(3) automatisch das Zugriffsrecht auf diese Internetseiten.

Wann . . . . .(4) der Anspruch auf das Stipendium?

Da er die Beiträge für die Versicherung nicht rechtzeitig zahlte, . . . . .(5) sein Versicherungsschutz.

Der Antrag . . . . .(6), denn er wurde dem Antragenden gegenüber abgelehnt.

Der Anspruch ist durch Erfüllung . . . . .(7).

Die Forderung . . . . .(8), wenn der Betrag bezahlt wird.

4. Übung Einfache Partizipialkonstruktionen

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a) Lesen Sie folgenden Text über Partizipialkonstruktionen. Sie finden Partizipialkonstruktionen häufig im BGB.

Partizipialkonstruktionen

Partizipien werden vom Infinitiv des Verbs abgeleitet. Im Deutschen unterscheidet man dabei zwei Arten von Partizipien.


Infinitiv Partizip I Partizip II
kaufen kaufend gekauft
bezahlen bezahlend bezahlt
binden bindend gebunden

Erklärung:

Das Partizip I bildet man mit dem Infinitiv + d, das Partizip II nach den bekannten Regeln (siehe Regeln zur Perfektbildung in einer Grammatik). Beide Partizipien können wie ein Adjektiv benutzt und dekliniert werden.

Beispiel

der bindende Vertrag = der Vertrag, der bindet

Das Partizip I drückt eine Gleichzeitigkeit oder eine nicht abgeschlossene Aktion aus. Wenn man etwas mithilfe eines Modalverbs näher beschreiben möchte, benutzt man anstelle des Modalverbs auch das Partizip I mit zu.

Beispiel

das zu bezahlende Grundstück = das Grundstück, das bezahlt werden muss

Das Partizip II drückt meist eine passivische Aktion, ein Resultat oder etwas Abgeschlossenes aus.

Beispiel

die gekaufte Ware = die Ware, die gekauft wurde

b) Bilden Sie entweder das Partizip I ohne zu, mit zu oder das Partizip II.

Beispiel

der Vertrag, der geschlossen wurde = der geschlossene Vertrag

(1) die Vereinbarung, die man geändert hat

(2) eine Person, die etwas erklärt

(3) eine Norm, die man bestimmen muss

(4) ein Angebot, das gemacht wurde

(5) eine Person, die etwas (be-)antragt

(6) ein Bescheid, der etwas ablehnt

(7) ein Vorschlag, der angenommen werden muss

(8) Rechte, die eingeschränkt werden

(9) eine Klausel, die einschränkt

(10) die Auslegung, die (den Anwendungsbereich der Norm) erweitert

c) Entscheiden Sie, ob eine Formulierung im Partizip I oder II möglich ist. Meistens kann man nur eine Partizipialform verwenden, manchmal aber auch beide. Sie drücken dann jeweils etwas anderes aus.

Beispiel

der bindende Mietvertrag – der gebundene Mietvertrag

(1) eine sich ändernde Regel – eine geänderte Regel

(2) ein unterschreibender Vertrag – ein unterschriebener Vertrag

(3) eine einschränkende Klausel – eine eingeschränkte Klausel

(4) der stellende Antrag – der gestellte Antrag

(5) der zu entnehmende Wille – der entnommene Wille

(6) die erweiternde Annahme – die erweiterte Annahme

(7) der antragende Vertragspartner – der angetragene Vertragspartner

(8) der zu bezahlende Zins – der bezahlte Zins

(9) die vereinbarende Miete – die vereinbarte Miete

(10) die abändernde Annahme – die abgeänderte Annahme

5. Übung Relativsätze

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a) Lesen Sie folgenden Text über Relativsätze.

Relativsätze

Mithilfe eines Relativsatzes können z.B. einzelne Nomen genauer beschrieben werden. Er wird immer durch ein Relativpronomen eingeleitet. Dieses Relativpronomen steht im gleichen Numerus und Genus wie das Bezugswort. Der Kasus ergibt sich aus seiner Position im Nebensatz. Ein Relativsatz ist immer ein Nebensatz, d.h. das Verb steht am Ende.

Beispiele

Der Mieter muss die Miete (Sg., fem.) zahlen. Er hat die Miete (Akk.) mit dem Vermieter ausgehandelt. Der Mieter muss die Miete zahlen, die (Sg., fem., Akk.) er mit dem Vermieter ausgehandelt hat. Stephan hat einen Kaufvertrag (Sg., mask.) über ein neues Motorrad geschlossen. Der Kaufvertrag (Nom.) ist bindend. Stephan hat einen Kaufvertrag über ein neues Motorrad geschlossen, der (Sg., mask., Nom.) bindend ist.

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Die Relativpronomen unterscheiden sich nur im Dativ Plural und im Genitiv in allen Genera und Numeri von dem bestimmten Artikel.

Wiederholen Sie, was Sie in Rn. 16 zur Deklination gelernt haben.


Sg. mask. Sg. fem. Sg. neutr. Pl.
Nom. der die das die
Gen. dessen deren dessen deren
Dat. dem der dem denen
Akk. den die das die

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b) Formulieren Sie die Partizipialkonstruktionen aus Übung 4c), die Sie markiert haben, nun in einen Relativsatz um. Das Relativpronomen steht dabei immer im Nominativ. Achten Sie auf die Verbstellung.

Beispiel

Ein bindender Mietvertrag ist ein Vertrag, der (den / der / das) die Mietparteien bindet.

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c) Entscheiden Sie sich im folgenden Text für das richtige Relativpronomen.

In den meisten Fällen, . . . . . (die / den / denen) (1) Studierende im BGB AT und Schuldrecht AT lösen müssen, wollten die Parteien einen Vertrag schließen. Meist hat eine Partei ein Angebot abgegeben, . . . . . (der / den / das) (2) eine Willenserklärung ist und . . . . . (dem / das / dessen) (3) von einer anderen Partei angenommen worden sein muss. Das ist die Partei, mit . . . . . (die / der / denen) (4) dann ein Vertrag zustande kommt. Eine Annahme ist eine Willenserklärung, durch . . . . . (die / deren / der) (5) Abgabe eine Partei sich mit dem Angebot der anderen Partei einverstanden erklärt.

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d) Aus Partizipien können auch Nomen gebildet werden. Hier sollen Sie entscheiden, ob Sie als Grundlage das Partizip I oder das Partizip II nehmen müssen, um es zu nominalisieren.

Hinweis

Ein nominalisiertes Partizip wird immer wie ein Adjektiv dekliniert. Achten Sie also auf die richtigen Adjektivendungen.

Beispiel

studieren – Die Studierenden des deutschen Rechts haben gute Karrierechancen.


anstellen Stefanie arbeitet als . . . . . . . . . . . . . . .(1) beim Bundestag.
sich schwer verletzen Bei dem Unfall gestern Abend gab es zwei . . . . . . . . . . . . . . .(2).
sich betrinken Schuld an dem gestrigen Unfall war ein . . . . . . . . . . . . . . .(3), der mir die Vorfahrt genommen hat.
finden Etwas . . . . . . . . . . . . . . .(4), das auch noch wertvoll ist, sollte man als ehrlicher Mensch zum Fundbüro oder zur Polizei bringen.
erklären Der . . . . . . . . . . . . . . .(5) gibt eine Willenserklärung ab.
anbieten Jutta hat bisher noch keinen neuen Mietvertrag unterschrieben, da ihr das . . . . . . . . . . . . . . .(6) nicht gefiel.
antragen Die Annahme braucht dem . . . . . . . . . . . . . . .(7) gegenüber nicht erklärt zu werden.
anwesend Der Antrag, der einem . . . . . . . . . . . . . . .(8) gemacht wird, kann nur sofort angenommen werden.
abwesend Eine Willenserklärung, die gegenüber einem . . . . . . . . . . . . . . .(9) abgegeben wird, ist erst mit Zugang wirksam.
vertreten Der . . . . . . . . . . . . . . .(10) wird Vertragspartner.
geschädigt Der Schaden wurde dem . . . . . . . . . . . . . . .(11) zugefügt.

Der kostenlose Auszug ist beendet.