Die medial-historische Entwicklung des Damen-Skispringens

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Auch in den Einzelkonkurrenzen waren die Österreicherinnen nicht zu schlagen; insbesondere Daniela Iraschko. Sie gewann nach Eva Gansters Auftaktsieg in Rastbüchl am Tag nach dem Teamspringen die Springen in Saalfelden, Schönwald und Baiersbronn und damit auch logischerweise die Gesamtwertung des 2. FIS-Ladies-Grand-Prix Ski-Jumping. Zweite wurde ihre Landsfrau Ganster, den dritten Platz belegte die Deutsche Heidi Roth91.

Nur gut einen Monat später gab es eine weitere Weltpremiere: das erste offizielle Springen auf einer Großschanze. Und das gleich am berühmt-berüchtigten Holmenkollen in Norwegens Hauptstadt Oslo92.

Der folgende Sommer war eine wettkampffreie Zeit für die Damen, jedoch gab es erfreuliche Neuigkeiten aus den Reihen der nationalen Skiverbände. Zwei weitere Verbände eiferten dem ÖSV nach und nominierten eine Skisprungnationalmannschaft für die Damen, nämlich Japan und das Mutterland des Skispringens, Norwegen.

Wie inzwischen gewohnt, ging es dann mit dem Ladies-Grand-Prix weiter, der in der dritten Ausgabe im Jahr 2001 jedoch aus lediglich drei Springen bestand: zwei in Schönwald und dem Abschluss in Rastbüchl. Erneut siegte Daniela Iraschko, doch dahinter tat sich Neues auf: die Nominierung eine offiziellen Mannschaft zahlte sich für die Norwegerinnen direkt aus, denn Henriette Smeby belegte in der Gesamtwertung Rang zwei.

Erstmals tauchte auch ein neuer Name aus den amerikanischen Reihen auf, nämlich die bereits erwähnte Lindsey Van. Sie sprang in Schönwald beim ersten Springen auf Rang zwei und wurde Vierte im Endklassement des Grand-Prix.

Und auch in diesem Winter sollte es eine Premiere für die Damen geben: denn erstmals durften sie im Rahmen der European Olympic Winter Days (EOWD) – heute European Youth Olympic Festival (EYOF) – an den Start gehen. Und das in einem eigens für sie veranstalteten Wettkampf.

„Im finnischen Vuokatti holte sich Daniela Iraschko am 13.03.2001 auf der K-90 […] die erste offizielle Goldmedaille für eine […] Skispringerin vor der Schwedin Helena Olsson und Anette Sagen aus Norwegen.“93 Rang vier belegte die Finnin Kristiina Suokas vor der Österreicherin Magdalena Kubli und ihrer Landsfrau Heli Pomell, die punktgleich den fünften Rang belegten.

Daniela Iraschko gewann auch die vierte Ausgabe des Ladies-Grand-Prix, bestehend aus vier Einzelspringen und einem Teamspringen, und machte damit ihren persönlichen Siegeshattrick perfekt. Das Teamspringen gewannen erneut die vier Österreicherinnen, vor Deutschland und den Norwegerinnen.

Doch immer noch blieb die Frage, was mit den bisher fast ausnahmslos wettkampffreien Sommermonaten passieren würde. Hier war es erneut Dr. Edgar Ganster, der das Heft des Handelns in die Hand nahm. Er rief eine Sommerserie ins Leben, die auf etwas kleineren Schanzen stattfand. Hauptsächlich um den Nachwuchs zu fördern und langsam an die Normalschanzen (80-110 Meter) heranzuführen. So wurden vier Einzel- und ein Teamspringen auf deutschen Schanzen ausgetragen. Um nur 0,3 Punkte Vorsprung entschied Daniela Iraschko wieder einmal die Gesamtwertung für sich. Undankbare Zweite wurde Eva Ganster, den dritten Platz belegte die Amerikanerin Jessica Jerome.

Der folgende Winter begann mit gleich drei Springen im Slowenischen Planica: zunächst fanden am 11. und 12. Januar 2003 zwei FIS-Springen auf der K90 statt.

Die ersten beiden Plätze waren an beiden Tagen klar verteilt: die Norwegerin Anette Sagen gewann jeweils vor Lindsey Van. Rang drei belegten am ersten Tag Eva Ganster und am zweiten Tag die Schwedin Helena Olsson. Das dritte Springen fand im Rahmen des

6. European Youth Olympic Festival (EYOF) statt. Wieder siegte Anette Sagen und das mit einem überaus deutlichen Vorsprung von 81 Punkten auf die Deutsche Ulrike Gräßler. Dritte wurde die Österreicherin Katrin Stefaner, die nur 1,5 Punkte hinter Gräßler lag94.

Quasi zeitgleich schrieb Daniela Iraschko Skisprunggeschichte: sie wurde beim Skiflug-Weltcup der Herren auf der Kulm-Skiflugschanze in Bad Mitterndorf (Österreich) als Vorfliegerin eingesetzt. In ihrem dritten Versuch flog sie dort auf die magische 200-Meter-Marke und stellte damit einen neuen Weltrekord für die Damen auf95, welcher bis heute Bestand hat. Seitdem waren lediglich vier weitere Damen auf einer Skiflugschanze aktiv: im Rahmen des Continental Cups der Herren im Jahre 2004 wurden die Norwegerinnen Anette Sagen und Line Jahr, die Schwedin Helena Olsson und die US-Amerikanerin Lindsey Van ebenfalls als Vorfliegerinnen eingesetzt. 2009 kam noch ihre Landsfrau Jessica Jerome dazu.

Den Schanzenrekord der Frauen in Vikersund von 174,5 Metern teilen sich bis heute Helena Olsson, die heute Helena Olsson Smeby heißt und norwegische Staatsbürgerin ist und Anette Sagen.

Sagen sollte jedoch die dominierende Athletin des Winters 2003 bleiben, denn sie entschied auch die Gesamtwertung des Ladies-Grand-Prix für sich und durchbrach damit die Siegesserie von Daniela Iraschko.

Iraschko gewann ihrerseits drei der vier Einzelspringen der Serie, doch das reichte nicht zu einem Top-6-Resultat in der Gesamtwertung. Ein Novum gab es im Teamwettbewerb: erstmals gewannen die USA und nicht das Team aus Österreich. Auf der K85 in Saalfelden (Österreich) standen am Ende Karla Keck, Alissa Johnson, Jessica Jerome und Lindsey Van ganz oben auf dem Podium. Noch beeindruckender waren Sagens Leistungen im Sommer 2003: sie gewann alle vier Einzelspringen und stand auch in einem der beiden Teamspringen ganz oben auf dem Treppchen. Logischerweise ging damit auch die Gesamtwertung erneut an die Norwegerin.

Die Einzelsiege während des 6. FIS-Ladies-Grand-Prix Ski-Jumping im Jahre 2004 teilten sich Sagen (zwei) und die Amerikanerinnen Lindsey Van und Jessica Jerome (je einen) auf. Dennoch ging die Gesamtwertung erneut an Anette Sagen, die damit in zwei aufeinanderfolgenden Sommern und Wintern Rang eins in den Gesamtwertungen belegte.

Im Sommer 2004 stand die nächste große Neuerung an. Der 1998 als Einzelevent ausgetragene Continental Cup (COC) wurde nun als feste Serie eingeführt.

Für den Ladies-Grand-Prix bedeutete das jedoch nicht das Aus.

Im Gegenteil: die Serie erfuhr eine Aufwertung, da die Terminierung der hinzukommenden Springen am Verlauf des Grand-Prix vorgenommen wurde.

So wurden aus den bisher üblichen vier Einzelspringen im Grand-Prix ein Team- und vier Einzelspringen, die in sich noch einmal (wie bislang auch) eine eigene Gesamtwertung umfassten. Hinzu kamen im Winter Springen in Slowenien, Italien und Norwegen.

Diese Serie und zwei Sommer-Wettkämpfe auf der Olympischen Normalschanze von 2002 in Park City im US-Bundesstaat Utah bildeten die erste Continental Cup-Saison für die Damen. 13 Springen wurden terminiert, lediglich eines in Planica fiel aus.

Gewertet wurde hier jedoch wie in allen saisonalen Serien üblich nach dem Punktesystem für die jeweiligen Platzierungen, (siehe Kapitel 1.2). Die beiden erwähnten Sommer-Wettkämpfe wurden von Daniela Iraschko gewonnen, die damit einen perfekten Start in die COC-Saison hinlegte. Bei diesen Wettbewerben in Übersee waren immerhin 24, beziehungsweise 25 Athletinnen am Start, darunter mit Jenna Mohr und Ulrike Gräßler zwei Deutsche.

Die Altersspanne betrug beträchtliche 16 Jahre: Karla Keck (Jahrgang 1975) war mit 29 Jahren die Älteste, ihre Landsfrau Avery Ardovino (Jahrgang 1992) mit 13 die Jüngste. Und das, wohlgemerkt, auf einer 100-Meter-Schanze.

Der Auftakt des ersten COC-Winters verlief zunächst holprig.

Nachdem das angesetzte erste Springen von Kranj nach Planica (beide in Slowenien) verlegt werden musste, wurde es zunächst abgesagt. Der neue Termin am Sonntag, den 16. Januar, erwies sich dann als günstig und so konnte das Springen ausgetragen werden. 28 Springerinnen aus sieben Nationen waren am Start. Mit zwei Sprüngen jenseits der Hillsize-Marke von 100 Metern, auf 104,5 und 102,5 Metern siegte Anette Sagen deutlich (16 Punkte Vorsprung) vor Lindsey Van und Lokalmatadorin Monika Pogladič, zwischen denen lediglich ein halber Punkt lag. Vierte wurde Daniela Iraschko vor der US-Amerikanerin Jessica Jerome. Ulrike Gräßler belegte als beste Deutsche Position sechs.

Die Jüngste in den Top 10 war die Österreicherin Jacqueline Seifriedsberger auf Rang neun, die an diesem 16. Januar 2005 gerade einmal 13 Jahre alt war.

Die viel erwähnte Eva Ganster belegte mit 200 Punkten den 14. Rang, vor der besten Italienerin, Lisa Demetz.

Die letzte noch nicht erwähnte Teilnehmernation ist Tschechien. Für die tschechische Republik startete die Jüngste im gesamten Feld, Vladena Pustková (12 Jahre alt), die den 27. Rang belegte.

Drei Tage später fand in Toblach/Dobbiaco in Südtirol das zweite Springen statt. Diesmal waren bereits 31 Athletinnen am Start, somit hätte bei normalem Wettkampfverlauf eine Springerin den zweiten Durchgang verpasst, da sie ausgeschieden wäre.

Doch dieses Szenario trat nicht ein, da mit der Deutschen Jenna Mohr und der Italienerin Roberta d'Agostina zwei Springerinnen von der Jury disqualifiziert wurden. Dies war eine (unrühmliche) Premiere im Damen-Skispringen.

Die Beste war erneut Anette Sagen, die dieses Mal vor den beiden Amerikanerinnen Lindsey Van und Jessica Jerome siegte. Die Slowenin Monika Pogladič belegte zwei Punkte hinter Jerome den vierten Rang. Beste Italienerin war erneut Lisa Demetz, diesmal als Fünfte. Eva Ganster war auch in Toblach beste Österreicherin, sie wurde Neunte. Auch Ulrike Gräßler war wieder die stärkste ihres Teams als Zehnte. Die weiteren Pionierinnen Daniela Iraschko (14.) und die Amerikanerin Karla Keck (21.) waren nicht ganz vorne zu finden. Vladena Pustková erzielte als 26. fünf Punkte für die Continental Cup-Gesamtwertung und erzielte damit ihr bestes Karriereresultat.

 

Auch beim dritten Springen in Oberaudorf war Anette Sagen nicht zu schlagen. 21 Punkte, also umgerechnet 10,5 Meter, betrug ihr Vorsprung auf Rang zwei. Diesen belegte Ulrike Gräßler und erzielte somit ihren ersten Podestplatz im Continental Cup. Sie hatte einen Punkt Vorsprung auf Lindsey Van, die ihrerseits ihren dritten Podestplatz in Folge erzielte.

In Schönwald im Schwarzwald durchbrach Daniela Iraschko die Siegesserie von Anette Sagen. Sie siegte mit sechs Punkten Vorsprung vor Lindsey Van, hinter der Sagen Rang drei belegte. Ulrike Gräßler wurde als Vierte abermals beste Deutsche.

Die junge Juliane Seyfarth kam in Schönwald offenbar gut zurecht und wurde gute Sechste. Mit Jenna Mohr (21.), Carina Hils (23.), Magdalena Schnurr (25.), Angelika Kühorn (28.) und Anna Häfele (29.) kamen fünf weitere Deutsche in die Punkteränge.

Aufgrund der bislang höchsten Teilnehmerzahl im COC mussten acht Springerinnen nach dem ersten Durchgang zuschauen. Dieses Springen war zugleich auch der Auftakt in die Grand-Prix-Serie, die nun im Februar 2005 fortgesetzt und beendet wurde.

Dritte Station des Grand-Prix‘ war Baiersbronn, ebenfalls im Schwarzwald. Dort trumpften die Sloweninnen groß auf und zwar in Form eines Doppelsiegs: Monika Pogladič siegte vor Maja Vtič, welche bis dato noch nicht groß in Erscheinung getreten war. Lindsey Van setzte ihre Podestserie fort und komplettierte das Podium als Dritte. Die Norwegischen Spitzenspringerinnen um Anette Sagen und Line Jahr nahmen nicht am Wettkampf teil.

Dies bescherte Lindsey Van die Gesamtführung im Grand-Prix vor den beiden Sloweninnen Pogladič und Vtič. Erstmalig war Ulrike Gräßler (6.) nicht beste Deutsche, sondern Juliane Seyfarth, die mit Rang fünf ihr bestes Karriereresultat erneut toppte.

Nennenswert sind ebenfalls Izumi Yamada aus Japan (7.), Elena Runggaldier aus Italien (8.) und Jacqueline Seifriedsberger aus Österreich (9.), die ebenfalls erstmalig die Besten ihres Landes wurden.

Im nächsten Austragungsort Rastbüchl (in der Gemeinde Breitenberg) fanden ein Teamspringen und ein Einzelspringen statt. Lediglich Letzteres hatte Einfluss auf die Gesamtwertung des COC. Das Teamspringen erhielt allein deshalb keine offizielle Anerkennung, da nicht, wie in den Regularien (siehe Kapitel 4.1) vorgeschrieben, acht unterschiedliche Nationen am Start waren. Es waren zwar neun Mannschaften gemeldet, jedoch stellten Slowenien und Deutschland jeweils zwei Teams.

Gewonnen hat das Springen jedoch das Team aus Österreich, bestehend aus Tanja Drage, Eva Ganster, Jacqueline Seifriedsberger und Daniela Iraschko. Sie erzielten zusammen in zwei Durchgängen 35,8 Punkte mehr als das Slowenische Team, bestehend aus Anja Tepeš, Petra Benedik, Maja Vtič und Monika Pogladič. Rang drei, mit dem knappen Rückstand von nur einem halben Punkt, belegten die Amerikanerinnen Karla Keck, Alissa Johnson, Jessica Jerome und Lindsey Van.

Vierte wurden die Norwegischen Rückkehrerinnen Henriette Smeby, Line Jahr und Anette Sagen, die von Mari Backe verstärkt wurden, die an sämtlichen Springen bis dato teilgenommen hatte.

Das erste deutsche Team belegte den fünften Rang und bestand aus: Lisa Rexhäuser, Jenna Mohr, Juliane Seyfarth und Ulrike Gräßler.

Dahinter folgen die Teams aus Italien (Barbara Stuffer, Roberta d’Agostina, Elena Runggaldier und Lisa Demetz) und Japan (Seiko Koasa, Rieko Kanai, Ayumi Watase und Izumi Yamada), die jedoch bereits beträchtlichen Rückstand auf das Team des Deutschen Skiverbands (DSV) hatten.

Dass man sie schlagen muss, um zu gewinnen, sofern sie denn antritt, stellte Anette Sagen am Folgetag einmal mehr unter Beweis: sie siegte mit 9,3 Punkten Vorsprung vor Daniela Iraschko und ihrer Landsfrau Line Jahr. Lindsey Van stand erstmals in der Saison 2004/2005 nicht auf dem Podest und wurde hinter Ulrike Gräßler Fünfte. Und auch das inoffizielle Finale des Grand-Prix‘ entschied Sagen für sich. Die Reihenfolge auf dem Podest war hierbei identisch mit der in Rastbüchl.

Und auch bei den drei Abschlusswettkämpfen in Norwegen war Sagen nicht zu schlagen. Sie siegte zunächst in Vikersund vor Lindsey Van und Ulrike Gräßler (am 5. März) und am 6. März vor Line Jahr und Van. Das letzte Springen in Oslo war das erste offizielle Springen im Rahmen einer saisonalen Serie, welches auf einer Großschanze stattfand: dem berühmten Holmenkollen. Auch hier bestand kein Zweifel an Anette Sagens Klasse.

Sie sprang mit 128 Metern im ersten Durchgang auf die Hillsize-Marke und legte im zweiten Durchgang 122 Meter nach und war somit die Einzige, die in beiden Durchgängen den K-Punkt von 115 Metern übersprang. Ihr Vorsprung betrug deutliche 50 Punkte auf die Zweitplatzierte Lindsey Van (114 und 106 Meter). Dritte wurde Jessica Jerome aus den USA, die 106 und 102 Meter sprang. Izumi Yamada wurde als Fünfte beste Japanerin (106 und 98 Meter); Maja Vtič mit 101,5 und 102,5 Metern als Sechste beste Slowenin.

Dahinter landete die beste Österreicherin, Daniela Iraschko, mit 105 und 97 Metern auf dem siebten Rang. Eva Ganster wurde zum Abschied mit 97 und 94 Metern noch einmal gute Achte.

Sie beendete nach diesem Springen ihre sportliche Laufbahn. Mit Eva Ganster trat zudem die Frau zurück, die als Erste überhaupt einen Flug auf einer Skiflugschanze absolviert hat. Sie darf ohne jeden Zweifel als Pionierin der Sportart Damen-Skispringen bezeichnet werden. Somit waren die beiden Töchter der Hauptaktivisten Dr. Edgar Ganster und Hans-Georg Schmidt nicht mehr aktiv.

Insgesamt zwölf Springen waren nun ausschlaggebend für die Gesamtwertung der COC-Serie. Anette Sagen nahm an elf von ihnen teil und belegte lediglich zweimal nicht(!) den ersten Rang. Folgerichtig ging der Gesamtsieg mit einer Punktzahl von 1020 in ihre Hände. Rang zwei belegte die konstant auf dem Podium anzutreffende Lindsey Van aus den USA mit 740 Punkten. Den dritten Platz sicherte sich die Österreicherin Daniela Iraschko mit 620; auch dadurch, dass sie die beiden Sommerspringen in Park City gewann. Auf Rang vier befand sich Line Jahr (567 Punkte) vor Jessica Jerome (525).

Ulrike Gräßler fand sich am Ende als beste Deutsche auf Position sechs wieder mit einer Punktzahl von 519. Mit Juliane Seyfarth (292 Punkte) auf dem zehnten Platz landete noch eine zweite deutsche Springerin in den Top 10. Vor ihr landete mit Alissa Johnson (304) die dritte Amerikanerin unter den besten Zehn. Diese werden von den beiden konstanten Sloweninnen Maja Vtič (374 Punkte) auf Acht und Monika Pogladič (478 Punkte) auf Sieben komplettiert.

Insgesamt haben im Verlauf der Saison 2004/2005 54 Springerinnen aus zehn verschiedenen nationalen Skiverbänden Punkte holen können96. Die Verteilung ist nun aufgelistet:


USA: Zehn Springerinnen (10)
Deutschland: Neun Springerinnen (9)
Slowenien: Acht Springerinnen (8)
Italien und Norwegen: Je sechs Springerinnen (je 6)
Japan und Österreich: Je fünf Springerinnen (je 5)
Kanada: Drei Springerinnen (3)
Schweden und Tschechien: Je eine Springerin (je 1)

So stellt sich die erste Continental Cup-Saison der Damen aus statistischer Sicht dar. Für die sportliche Entwicklung ist die Einführung dieser Serie mit Sicherheit ein Meilenstein gewesen.

Was nun folgte, waren Jahre der Etablierung und der konstanten Verbesserung des sportlichen Niveaus.

Um den geschichtlichen Abriss in einem lesbaren Rahmen zu halten, wird der Fokus im weiteren Verlauf des Kapitels auf den im Zeitstrahl festgehaltenen Meilensteinen gerichtet.

Neuland betraten die Skispringerinnen am 13. Januar 2005, als sie zum ersten Mal an der Universiade, den Studenten-Weltmeisterschaften, teilnahmen. Sechs Damen fanden sich in Seefeld auf der Olympiaschanze von 1974 ein, um erstmals die beste studentische Skispringerin der Welt zu finden. Auch diesen Titel holte sich die Österreicherin Daniela Iraschko vor der Slowenin Monika Pogladič und Seiko Koasa aus Japan97. Auch zur Universiade gibt es ein eigenes Unterkapitel (2.3.1.5).

Im Februar 2006 fand erneut eine Weltpremiere statt: die Damen nahmen zum ersten Mal offiziell an einer Junioren-Weltmeisterschaft der FIS teil. Diese fand im Slowenischen Kranj statt und kürte als erste Siegerin die Deutsche Juliane Seyfarth.

Mit Sprüngen auf 109 und 109,5 Metern sicherte sie sich überlegen den Titel vor der Kanadierin Atsuko Tanaka (105,5 und 95,5 Meter) und den drei Italienerinnen Elena Runggaldier (96 und 100 Meter), Lisa Demetz und Roberta d'Agostina auf den Plätzen 3, 4 und 598.

Im Jahr 2015 fand feierten die Damen ihre zehnte Teilnahme an einer Junioren-WM. Eine Liste der Medaillengewinnerinnen und weitere Details zum Event gibt es im Kapitel 2.3.1.3.

Eine weitere Neuerung im Jahr 2006 ist die Einführung des FIS-Cups, der zweiten Serie für die Damen. Er fungiert zunächst als Ergänzung zum COC, heute ist er Unterbau für Nachwuchsspringerinnen und dort Punkte zu holen ist zwingend notwendig, um eine Starterlaubnis für den COC zu bekommen. Auch er wird in einem Unterkapitel (2.3.1.2) genauer thematisiert.

Neben dem COC und dem FIS-Cup findet im Winter 2007 erneut die Universiade statt. Sie ist neben der zweiten Junioren-WM-Teilnahme das Highlight des Winters.

Bahnbrechend sollten die beiden Folgejahre werden: nachdem bekannt wurde, dass die Damen erstmals im Programm der Nordischen Ski-WM Platz finden sollten, wurde im Sommer 2008 auf der WM-Schanze in Liberec (Tschechien) der obligatorische Test-Wettkampf ausgetragen.

Und am 20. Februar 2009 war es dann so weit: die erste Weltmeisterin in der Geschichte des Damen-Skispringens wurde ausgesprungen. Erste Springerin bei einer WM überhaupt war die Norwegerin Maren Lundby, die die Startnummer 1 trug.

Die US-Amerikanerin Lindsey Van, die zuvor davon gesprochen hatte, dass in Liberec Geschichte geschrieben werde99, wurde mit 243 Punkten erste Weltmeisterin im Skispringen, nachdem sie nach dem ersten Durchgang noch Vierte war. Die nach dem ersten Durchgang noch führende Deutsche Ulrike Gräßler holte Silber, COC-Seriensiegerin Anette Sagen aus Norwegen gewann Bronze100.

Ein großer Wunsch wurde den Damen jedoch nicht erfüllt: die Teilnahme an den Olympischen Winterspielen. Diese fanden im Februar 2010 in Vancouver statt, allerdings ohne Beteiligung der Skispringerinnen.

Ein Sport sei nur dann vollwertig, wenn er auch bei den Olympischen Spielen einen Platz finde und die Damen seien reif für die Teilnahme, so lauteten die Argumente der Befürworter und der Athletinnen selbst. Doch bei den Entscheidern stieß man auf wenig Gegenliebe.

Seitens des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hieß es, dass es nicht genug aktive Springerinnen gebe, um eine Aufnahme in das Olympische Programm zu rechtfertigen. Zudem hatte der Präsident des Internationalen Skiverbandes (FIS) Gian Franco-Kasper im Jahr 2005 einem Radiojournalisten gesagt, dass Skispringen aus „medizinischen Gründen keine Frauensache“ sei. Die Skispringerinnen argumentierten dagegen, dass mit Ski Cross und Snowboard Cross zwei Sportarten neu im Programm seien, die noch jünger und damit noch weniger entwickelt als das Damen-Skispringen seien.

Mit Vic Method, einem Befürworter und in seiner Rolle als Vize-Präsidenten des US-Amerikanischen Frauen-Skisprungverbandes nicht unbedeutenden Mann, erhielten die Entscheider weiteren Gegenwind. Der FIS seien mehr als 160 Springerinnen aus 18 Nationen gemeldet und mehr als 30 Springerinnen hätten seit der Einführung des COC als erste Liga des Damen-Skispringens Top-6-Platzierungen erreicht. „An sich ist es ein breites und dichtes Feld“, so Method.

 

Um die Unterstützung wissend und nach dem Motto „alle oder keine“ waren die Skispringerinnen bis dato vorgegangen und waren nicht dazu bereit, bei den Olympischen Spielen 2010 als Vorspringerinnen zu agieren. Sie sahen die Rolle dieser als im übertragenen Sinne Knechte der eigentlichen Athleten. „Es ist doch ein Widerspruch in sich, warum kämpfen wir an vorderster Front?“, beklagte die US-Skispringerin Alissa Johnson in der New York Times. Nicht nur von ihr war zu hören, dass, wenn die Organisatoren wirklich der Überzeugung seien, die Skispringerinnen seien in der Lage, die Schanze zu bewältigen, dann solle man sie auch ins Programm mit einbeziehen.

Das Ganze wurde zu einer rechtlichen Angelegenheit: 15 Skispringerinnen waren bis vor den obersten Kanadischen Gerichtshof gegangen, doch dort wurde im Dezember 2009 ihr Antrag auf Aufnahme ins Olympische Programm abgelehnt. Und so blieb den allermeisten Springerinnen nur die Zuschauerrolle. Dieses Szenario sorgte auch unter den Skispringerinnen für Verdruss und Streitigkeiten.

Denn: mit Atsuko Tanaka und Nata de Leeuw waren zwei kanadische Skispringerinnen als Vorspringerinnen bei den Olympischen Spielen in Vancouver im Einsatz. Alissa Johnson ist der Meinung: „Das zeigt ihnen [den Entscheidern] doch, dass es für uns okay ist, wenn wir kleine Nebenrollen spielen“. Auch Katie Willis äußerte sich in der renommierten US-Tageszeitung New York Times kritisch gegenüber der Teilnahme ihrer Teamkolleginnen: „Ich war sehr überrascht, dass Atsuko als Vorspringerin dabei war.“

Im Herbst 2009 habe es ein Treffen von Skispringerinnen gegeben, bei dem darüber abgestimmt wurde, ob ein Einsatz als Vorspringerinnen in Frage käme.

Bei diesem Treffen habe Tanaka ihrer Teamkollegin Willis gegenüber geäußert, sie werde nicht als Vorspringerin dabei sein.

Für Willis selbst war die Sache klar: „Mir war klar, dass, nach all‘ dem, was passiert ist, ich nicht springen werde. Ich wäre aus den falschen Beweggründen in Vancouver dabei gewesen“, sagte sie. Atsuko Tanaka indes selbst war nicht unter den 15 Springerinnen, die rechtliche Schritte eingeleitet hatten, ihre Teamkollegin Nata de Leeuw schon. Diese äußerte sich ebenso wenig in den Medien, wie ihre bevormundete Mutter. Tanaka sagte der New York Times: „Jeder Athlet träumt davon, bei Olympia dabei zu sein. Und selbst wenn man nur ein kleiner Teil davon ist, es fühlt sich einfach großartig an.“

Das Angebot an die Damen, als Vorspringerinnen zu fungieren, kam vom verantwortlichen Schanzenchef John Heilig. Dieser intendierte damit jedoch nicht, die Damen in irgendeiner Art und Weise anzugreifen. „Alle wissen, dass es hier nicht um mich geht. Ich bin nicht der, der die Regeln macht.“ Zudem sei die ebenfalls in den Medien kritisierte Nata de Leeuw nur in der ersten Woche als Vorspringerin aktiv gewesen.

Was am Ende blieb, war ein Zugeständnis, das IOC-Sprecherin Emanuelle Moreau verkündete: Die Damen dürfen bei den ersten Youth Olympic Winter Games 2012 starten und zum frühestmöglichen Termin, im nächsten Jahr (2011) gebe es eine Abstimmung darüber, ob die Damen bei den nächsten Olympischen Winterspielen 2014 im Russischen Sochi teilnehmen dürfen101.

Umso erfolg- und auch ereignisreicher wurde das Jahr 2011. Bei der Nordischen Ski-WM in Oslo sind die Skispringerinnen zum zweiten Mal mit dabei. Daniela Iraschko fügt ihrer ohnehin beeindruckenden Siegessammlung die WM-Goldmedaille hinzu. Elena Runggaldier holt mit Silber die erste Skisprungmedaille bei einer WM für Italien überhaupt und Iraschkos Teamkollegin Jacqueline Seifriedsberger gewinnt Bronze102.

Ein weiterer Meilenstein wird schließlich im November gelegt: über 30 Jahren nach Einführung des Weltcups als vollwertige Winterserie, findet in Lillehammer das erste Weltcupspringen für die Damen statt.

Die US-Amerikanerin Sarah Hendrickson gewinnt dieses Auftaktspringen vor Coline Mattel (Frankreich) und der Deutschen Melanie Faißt.

Einen Monat später gewinnt Sabrina Windmüller als zweite Frau das erste von zwei Springen in Hinterzarten, bis heute ist es der einzige Weltcupsieg für die Schweiz. Die weiteren Siegerinnen im Weltcup in der Saison 2011/2012 sind Daniela Iraschko und Sara Takanashi aus Japan.

Sarah Hendrickson wird erste Gesamtweltcupsiegerin mit fast 400 Punkten Vorsprung auf Daniela Iraschko. 53 Springerinnen aus 14 Nationen sammeln in diesem Winter Weltcuppunkte, darunter auch die Niederländerin Wendy Vuik (54 Punkte)103.

Noch während dieser ersten Weltcupsaison findet die bereits erwähnte erste Ausgabe der Youth Olympic Winter Games in Innsbruck und Seefeld statt. Erste Jugend-Olympiasiegerin wird die Japanerin Sara Takanashi, die beiden anderen Medaillen gehen an die Slowenin Urša Bogataj und die Deutsche Katharina Althaus104. Das Mixed-Team gewinnt Deutschland vor Slowenien und, überraschend, Kanada105.

Auch die Youth Olympic Winter Games finden gemeinsam mit dem EYOF Platz in einem eigenen Unterkapitel (2.3.1.4).

Ein weiterer Schritt zur Gleichberechtigung von Skisprungdamen und -herren folgt im Sommer mit der Einführung des FIS Sommer Grand-Prix' als höchst einzustufende Sommerserie. Rein vom Namen her, sind Damen und Herren nun auf einer Stufe.

Auch in Sachen Nachwuchsförderung tut sich etwas: fünf Jahre nach dem Alpen Cup für Herren wird nun auch der Alpen Cup für Damen eingeführt, um den mitteleuropäischen Nachwuchsspringerinnen bis zu einem Alter von 20 Jahren eine Möglichkeit zu geben, sich mit Gleichaltrigen zu messen. Ebenso wie zum FIS-Cup gibt es im Kapitel 2.3.1.2 Näheres zur Alpen Cup-Serie.

Kurz nach dem Auftakt der zweiten Weltcup-Saison finden in Sochi die Test-Wettkämpfe zu den Olympischen Spielen 2014 statt.

Der Entscheid im Jahr 2011 über die Teilnahme der Damen bei Olympia fiel positiv aus und somit stieg bei tropischen Temperaturen von über 15 Grad im Kaukasus die Olympia-Generalprobe.

Alles Wissenswerte zu den ranghöchsten Wettkämpfen (Weltcup, Weltmeisterschaften, Sommer Grand-Prix und Olympische Winterspiele) ist im Kapitel 2.3.1.1 zu finden.

Nach dem Gesamtweltcupsieg in der ersten Weltcupsaison 2011/2012 legt die US-Amerikanerin Sarah Hendrickson bei der dritten WM für Frauen noch den Einzel-Weltmeistertitel oben drauf. Mit gerade einmal 19 Jahren ist sie bereits zu diesem Zeitpunkt eine der erfolgreichsten Skispringerinnen in der Geschichte. Im Val di Fiemme findet zudem die Weltmeisterschaftspremiere des Mixed-Team-springens statt, das zuvor bereits zweimal im Rahmen des Weltcups in Lillehammer ausgetragen wurde. Japan wird vor Österreich und Deutschland erster Mixed-Team-Weltmeister.

Râșnov in Rumänien hat ein nagelneues Schanzenzentrum und ist auf Anhieb Ausrichter des EYOF und nach zehn Jahren Abstinenz sind auch wieder Skispringerinnen startberechtigt. Auch dort findet ein Mixed-Teamspringen statt.

Eine weitere Premiere gibt es zum Saisonfinale in Oslo: das erste Großschanzenspringen im Weltcup findet statt. Zur Feier des Tages springt ein Großteil des Feldes mit dick aufgetragenem roten Lippenstift. Wie auch heute üblich, springen dort die besten 30 Athletinnen des Gesamtweltcups.

Der Turnus der Universiade wurde aufgrund von Terminkollisionen verändert und so findet diese nun am Ende der ungeraden Kalenderjahre und damit nach den Weltmeisterschaften statt. Die Damen sind zum fünften Mal dabei und treffen sich erneut in Val di Fiemme, das damit gleich beide Weltmeisterschaften ausrichtet.

Das Jahr 2014 sollte schließlich den bis heute letzten großen Meilenstein bereithalten: die Olympia-Premiere im Russischen Sochi Mitte Februar.

Als erste Skispringerin in der Geschichte geht Sarah Hendrickson bei diesen Olympischen Spielen von der Normalschanze in Sochi. Ein Jahr zuvor hatte sie eine schwere Knieverletzung erlitten und fiel lange aus. Der Olympische Wettbewerb war der einzige, an dem sie in der Saison 2013/2014 überhaupt teilnahm. Die Deutsche Carina Vogt wird die erste Olympiasiegerin in der Geschichte des Damen-Skispringens und überrascht damit alle Favoritinnen.