SCHWESTER VON

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SCHWESTER VON
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© 2013 Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs-GmbH

Schweinfurthstraße 60, 14195 Berlin

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

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ISBN 978-3--8442-7814-9

Mit Dank an Simone Steinert!

Sie lassen die Hunde los

Gleich

Gleich lassen sie die Hunde los

Zuerst hört man sie heulen

Grrrauuuw-wauuuw

Hört ihr?

Dieses nicht enden wollende Geheule

Morgens, wenn man aufwacht

Manchmal auch nachts

Am lautesten jaulen sie kurz bevor sie losgelassen werden

Ich weiß das

Inzwischen weiß ich das

Jahrelang hab ich dem zugehört

Hunde jaulen am lautesten kurz bevor sie losgelassen werden

Grrrauuuw Wauuuw

Grrauuuw Wauuuw

Hört ihr?

Die Hunde und ich, das hat was, das hat etwas

Ich höre sie

Ich höre sie immer

Ich habe sie immer gehört, so lange ich hier bin

Ich könnte sagen … schon Tausende Jahre, aber das weiß ich nicht

Lassen wir es also dabei, dass ich sie schon sehr lange höre

Am Anfang war mir … unheimlich

Oder ängstlich

Durch das Geheule

Es hatte etwas … Be-droh-liches?

Genau wie die Hunde früher heulten

Vor den Toren der Stadt

Wenn es dunkel wurde

Die Stunde, zu der sich niemand mehr raus wagte

Höchstens um zu fliehen

Zu verschwinden

Grrauuuw wauuuw

Jetzt macht es mich … ganz … ruhig

Der Gedanke, dass ich nicht … allein …

Nicht ganz allein … bin

Ich habe so lange nicht geredet

Ich habe so lange nur hier geredet

S ie weist auf ihren Kopf.

Endlose Gespräche habe ich hier geführt

Aber reden?

Laut reden?

Etwa ganze Sätze hintereinander

Eine Geschichte

Von Anfang bis Ende

Das ist … neu für mich, also

Nicht neu-neu, wie nie getan

Es ist eher ...

Lange her

Alles ist lange her

Jetzt ist es still

Hört ihr das?

Plötzlich ist es still, man hört nichts mehr

Das ist der Augenblick, in dem sie losgelassen sind

Wenn man gute Ohren hat, hört man das Schnüffeln, ja

Dann spürt man den Wind, den die wedelnden Schwänze verursachen

So was spürt man natürlich nicht

Das zu spüren wäre … übermenschlich

Und übermenschlich bin ich nicht

Übermenschlich sein ist etwas … Übermenschliches, ja

Ich würde gern wissen, was man von mir erwartet

Hier

Jetzt

Was jetzt und hier von mir erwartet wird

Das würde ich sofort machen

Ganz einfach

Es ist nicht so, dass ich viel kann

Aber ich kann es versuchen

Wenn ihr es wollt

Von mir

Ich meine, ihr wollt doch sicher irgendetwas

Oder … erwartet etwas

Jeder Mensch will etwas

Erwartet etwas

Jeder Mensch

Jedes Wesen

Wer seid ihr?

Jedenfalls, die meisten wollen etwas

Auch wenn sie selbst nicht wissen, was

Wenn man sie danach fragt

Sie wollen immer etwas

Etwas

Ist doch so

Ich habe immer gedacht …

Na ja, nicht immer

Manchmal

Gehofft

Gebetet vielleicht?

Das eines Tages jemand … hierherkommt

Nie gedacht, dass es so viele sein würden

Jemand

Der über mich … richtet?

Der über mich urteilt auf Grundlage … guter Führung?

Oder einer EINSICHT?

Wohin ich gehen darf

Hiernach

Wenn es überhaupt ein Hiernach gibt

Keine Ahnung

Man kann lange über den Tod nachdenken

Wenn man noch lebt

Aber, wenn man tot ist …

Dann ist es vorbei

Nicht, dass ich ein Denker bin

Nein

Ich bin eine einfache Seele

Schon immer gewesen

Als ich noch lebte und jetzt seit ich tot bin

Als einfache Seele geboren, als einfache Seele gestorben

Au

Sie schlägt eine Fliege tot.

Es gibt eine Sache, die mich hier stört

Die mich wirklich stört

Fliegen

Fliegen, die stechen

Ja, diese Fliegen stechen

Sogar so, dass man blutet

So doll stechen die

Manchmal, nicht immer

Zu unregelmäßigen Zeiten

Zu sehr unregelmäßigen Zeiten

Völlig unberechenbar

Mal morgens

Mal nachmittags

Dann wieder vor einem Regenschauer

Dann nach einem Regenschauer

Dann wieder, wenn es stürmt

Wenn es windstill ist

Wahnsinnig wird man

Es ist ihnen auch nicht anzusehen

Ob sie zustechen

Es sind dieselben Fliegen, die über meine Haut krabbeln

Meine Arme, meine Beine, meinen Kopf

Das sollte man mal erforschen

Wie das möglich ist, das Stechen

Ein Mal tun sie’s, dann wieder nicht

Das ist doch nicht normal

Ich finde das nicht normal

Manchmal schlage ich eine tot

Patsch

So mit der flachen Hand

Ein gezielter Schlag

Damit sie nicht zu Matsch werden

Keine Flecke

Kaum zu sehen, dass sie tot sind

Es ist eher, als ob sie schlafen

Na ja, Fliegen schlafen nicht

So weit ich weiß

Schlafende Fliegen

Schon mal eine schlafende Fliege gesehen?

Ich nicht

Scheißviecher sind es

Zu nichts nütze

Höchstens Nahrung für andere Tiere

Nennt man das …. eine Daseinsberechtigung

Schmecken tun sie auch nicht

Ich hab es mal probiert

Ein muffiger Pfropfen mit einem ledernen Häutchen

Das sind die Flügel

Zäh im Mund, beinahe nicht runter zu kriegen

Nur mit viel Speichel

Sehr viel Speichel

Nein nein nein, darum geht es auch nicht, das ist mir klar

Warum sagt ihr nicht einfach, was ihr hören wollt

Ich kann sehr viel erzählen

Über die Hunde

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