EXO Assimilation

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Aus der Reihe: Die Neu Welt #236
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EXO Assimilation
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Klevno Valentin

EXO Assimilation

Ich Liebe Dich, Kosmos.

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Inhalt

Ein Hoffnungsschimmer.

Die Mannschaft erhält Zuwachs.

Märchen aus 1001 Nacht.

Kapitel 2. Hypothese

Impressum neobooks

Inhalt

Valentin Klevno

geb: 07.06.1964 Lebenskünstler.

Hab ich Glückliche Familie, drei Tochter.

Schreibe in mehrere Genre: Detektiv, Politische detektive, Märchen, Legenden.

“EXO Assimilation” roman - profe zeichnung, alles was ich beschreiben lassen, liegt schon Heute in sicht.

Klevno Valentin 43.9 50 Wörter

Oberer Wasenweg 4

73240 Wendlingen am Neckar

+49017647245549

klevnovalentin@gmail.com

valentin191@hotmail.de

“Exo-Assimilation”

Science – Fiction – Roman

von

Valentin Klevno

16.01.2019

Vorwort des Autors.

1 Ein großes Ziel. . . . . .

2 Hypothese. . . . . . . .

3 Ein schwieriger Weg. . .

4 Resonanz. . . . . . . . .

5 Die neue Welt. . . . . .

Vorwort des Autors

Verschiedene Wege führen zum Beruf des Schriftstellers: Manche erlernen ihn von der Pike auf, andere schreiben einfach drauflos. Und dann gibt es noch die besonders Unglückseligen, denen urplötzlich ein Thema in den Sinn kommt. Nicht etwa in einzelnen Teilen oder Episoden, nein – es klopft sofort als greifbares Ganzes an die geistige Tür. Das kannte ich zwar auch von früher, doch da fand sich stets ein Grund, dem Ganzen aus dem Weg zu gehen. In meinem Fall stimmten schlichtweg die Voraussetzungen nicht, oder vielmehr – sie waren überhaupt nicht gegeben. Meine Rechtschreibung ist katastrophal, vom Stil ganz zu schweigen. Meine Gedanken pflegte ich zur Not auch mit wenig geeigneten Worten darzulegen. Ich lief umher, dachte nach, nahm einen kräftigen Schluck, und am nächsten Tag trat das Wesentliche in den Vordergrund, während das Wünschenswerte sich weit weg versteckt hielt.

Doch diesmal war alles anders, und ich konnte weder ausweichen noch abtauchen. Das Thema wuchs wie ein Schneeball, Tag für Tag kamen neue Details hinzu. Ich wurde nicht nur von seinem Sinn durchdrungen, sondern ich sah es, mein Bewusstsein verlieh jeder einzelnen Episode eine sichtbare Form: Mein Zustand glich dem eines Wahnsinnigen. Irgendwann wurde mir klar, dass es so nicht weiterging, dass ich etwas tun musste. Das alles erwähne ich deshalb, weil die Leser im Roman keinen Spannungsbogen aus Helden, klassischer Dramaturgie und weiteren grundlegenden Elementen vorfinden werden, die der Konzeption eines künstlerischen Werkes nach landläufiger Meinung zugrunde liegen. Die Kritiker können sich beruhigt zur Ruhe legen, denn ich bin kein Autor, der durch die Feder Neues schafft. Mir blieb lediglich keine andere Wahl, als das niederzuschreiben, was irgendwie von meinem Bewusstsein Besitz ergriffen hatte. Warum also Exo? Das Wort stammt aus dem Griechischen und bedeutet etwa „außen“ - „von außen“ - „entfernt“. Genauso stellt mein Roman eine entfernte Variante eines tatsächlichen Romans dar. Am ursprünglichen Text wurden kaum Änderungen vorgenommen, wer also stilistische und grammatikalische Fehler suchen möchte, wird solche zuhauf finden. Den Leser wird einzig und allein der Wunsch, das bisher Gelesene zu begreifen, zum Weiterlesen bewegen können. Vielleicht gelingt es ihm mithilfe meines Sujets, die Perspektive einer neuen Zeit als Alternative zu erkennen. Und diese Zeit hat mit Sicherheit nichts mit den Vorstellungen der Architekten unserer Gegenwart zu tun.

Möge der Roman dem Leser als Motivation dienen, sämtliche Vorgänge, die einem modernen Gesellschaftsmodell zugrunde liegen, geistig zu durchdringen. Die Vorstellung eines bevorstehenden neuen Menschentyps schwirrt schon seit vielen Jahren in den Köpfen der Menschen umher. Interessant jedoch bleibt, in welcher Form sich dieses Neue im Menschen äußern soll.

Der Titel entstand von allein, denn der ganze Roman dreht sich um Assimilation, Verschmelzung und Aneignung. Das Thema steht so sehr mit der heutigen Lebensart im Einklang, dass auch das Genre sich selbst definierte: Science-Fiction.

Die Ereignisse entwickeln sich sowohl in vertikaler als auch in horizontaler Richtung und bringen dem Leser das Jahr 2070 nahe, während meine Geschichte viele Jahre später mit der Entstehung eines neuen Sonnensystems endet. Ich schildere Ereignisse, weshalb die allgemeinen zeitlichen Vorgänge von größerer Bedeutung sind als das Leben einzelner Romanfiguren. Dabei bin ich weder Astronaut noch Mikrobiologe, um qualifiziert über diese Themen schreiben zu können, doch die objektive Realität lässt schon heute bei vielen Menschen den Eindruck entstehen, dass die Ressourcen unserer Erde nicht unerschöpflich sind. Ihr Abbau unterliegt faktisch keiner Kontrolle, und es gibt keine alternativen Quellen.

So bleibt mir die Hoffnung, dass Sie beim Lesen des Romans „Exo-Assimilation“ nicht sinnlos Zeit vergeuden. Reagieren Sie, äußern Sie Ihre Meinung, dann gibt es vielleicht eine Fortsetzung.

Sollten Ihnen jedoch auf den ersten Seiten die Augen zufallen, dann legen Sie den Text guten Gewissens beiseite – dann ist er nicht für Sie.

P.S.: Übereinstimmungen mit realen Personen oder Ereignissen sind rein zufälliger Natur.

Kapitel 1. Ein großes Ziel

Was hat die Menschheit in den vergangenen 300 Jahren nicht alles erreicht: Mehrere Tausend Jahre lang holte sie Schwung, dann fand auf einmal ein riesiger Evolutionssprung statt. Noch vor gar nicht allzu langer Zeit gruben unsere Vorfahren die Erde mit Hacke und Spaten um und erschlugen einander wegen eines Stückchens Papier, auf dem Zahlen und ein Gegenwert abgebildet waren. Lange diente das Geld als Maßstab zahlreicher Ereignisse und Vorgänge unter den Menschen, bis schließlich allen klar wurde, dass es seine positive Rolle längst eingebüßt hatte. Viel Zeit verbrachte die Menschheit damit, die Geburt eines neuen Menschen auf der Erde bildlich darzustellen und auf eine neue Mission zu warten, die sie von allem Leid erlösen und das Paradies auf Erden einläuten sollte. Die Erleuchtung tritt mit der wissenschaftlichen Entwicklung ein.

Wie viele Entdeckungen wurden in verschiedenen Bereichen gemacht, insbesondere in der Elektronik. Die Quantentechnologie löste geradezu eine Revolution auf dem Feld der lebenden und leblosen Materie aus. Doch stellen Sie einem beliebigen Passanten einmal die Frage, was er über das Leben weiß. Ich versichere Ihnen, dass Sie, sooft Sie diese Frage auch stellen, jedes Mal eine andere Antwort bekommen. Hatten die Menschen früher keine einheitliche Vorstellung vom Leben, so haben sie auch heute noch keine. Mag unser Einfluss auf die Umwelt noch so weit reichen, mag ein Mensch noch so bedeutsam erscheinen – das Leben als solches ist und bleibt ein Rätsel. Der Mensch bleibt stets ein Kind der Natur, deren Werte ebenfalls unerschütterlich bleiben. Und so bleiben vom Leben: Verteidigung, Schutz, Stärkung, Verlängerung. Steckt nicht in diesen Begriffen die Essenz unseres gesamten Daseins?

Lange Zeit fantasierte die Menschheit über übermenschliche Kräfte und den Übermenschen. Die Religion erstickte im wahrsten Sinne des Wortes die Wissenschaft, deren Arme und Beine gebunden waren. Untersuchungen wurden anhand moralisch-ethischer Normen bewertet. Die Evolution der Amöbe folgt zum Beispiel nur einem einzigen Gesetz: dem von Leben und Tod. Die menschlichen Wertvorstellungen hingegen wurden lange anhand falscher Maßeinheiten bemessen, selbst wenn man davon ausging, der Mensch herrsche über die Natur. Wie wir jedoch wissen, stellt die Natur eine aggressive Umgebung dar, die ihren Herrscher im unpassendsten Moment verschlingen kann.

Der Verstand, der kollektive Verstand der Menschheit ist jedoch stärker als sämtliche Überzeugungen, so fest diese auch sein mögen.

Das 21. Jahrhundert verlief für die Menschheit besonders erfolgreich. Im Weltraum wurde das Projekt einer internationalen Raumstation verwirklicht – ein hinsichtlich seiner Größenordnung beispielloses Projekt, das sich mit nichts vergleichen ließ, was die Menschheit bisher auf der Erde oder im Weltraum erbaut hatte.

 

Trotz ihrer immensen Kosten wurde die Raumstation in Betrieb genommen. Sie eröffnete der Menschheit im Bereich der Wissenschaft und Technik völlig neue Möglichkeiten. Die ersten Prototypen konnten den tatsächlichen Anforderungen der Wissenschaftsverbände aufgrund ihrer geringen Abmessungen und ihrer Anfälligkeit im Weltraum noch nicht gerecht werden. Ihre Hauptaufgabe bewältigten sie jedoch voll und ganz, denn dort wurde ein neues Element entdeckt und entwickelt, das das Kristallgitter von Metall veränderte. Dieses besteht nun weder aus Metall noch aus Plastik oder Glas, sondern liegt irgendwo zwischen diesen drei Stoffen.

Dieses Material erwies sich als leicht und überaus durchlässig und behielt im Weltraum konstant seine Form bei. Letztendlich gelang es, mithilfe dieses neuen Elements in vergleichsweise kurzer Zeit das Problem von Anlieferung und Bau einer riesigen Raumstation im Weltraum zu lösen. Aus Sicht der ersten Jahre des neuen Jahrtausends erweckte das gesamte Projekt einer großen, im Weltraum fliegenden Stadt einen unglaublichen Eindruck.

Nahezu alle grundsätzlichen Arbeitsabläufe, die den Bau und die Funktionsfähigkeit der Raumstation betreffen, wurden und werden weiterhin von Robotern erledigt.

Das Bestreben zahlreicher Hersteller, der Robotertechnik in Sachen äußeres Erscheinungsbild und Verhalten menschliche Züge zu verleihen, führte zu einem großen Disput der internationalen Gemeinschaft. Da Ziel und Aufgabe jedes Roboters darin bestehen, dem Menschen zu helfen und ihm das Leben zu erleichtern, fasste man den vernünftigen Beschluss, keine zusätzlichen Gelder dafür aufzuwenden, die Roboter weiter den Menschen anzugleichen.

Der Moment der Wahrheit.

Als die Menschheit zu Beginn des Jahres 2070 erkannte, welch große Bedeutung der sparsame Umgang mit sämtlichen Gütern des Erdballs hatte, waren die destruktiven Prozesse bereits nicht mehr aufzuhalten. Diese hatten sich stark beschleunigt, nachdem die Roboter, die keine Erschöpfung innerhalb kürzester Zeit kannten, über 65 % der Lithospäre abgebaut hatten. Zudem stellte sich zu jener Zeit heraus, dass kein Ersatzmaterial entwickelt worden war, mit dem man die erschöpften Zechen hätte wieder auffüllen können.

Nicht nur der bedrohliche Klimawandel auf dem Planeten brachte die Menschen wieder zur Vernunft, sondern auch der akute Mangel an unverarbeiteten biologischen Lebensmitteln.

Dies lag nicht etwa an der ständig wachsenden Bevölkerung auf dem Planeten, sondern daran, dass die Böden ihre Regenerationsfähigkeit eingebüßt hatten. Sie waren ausgelaugt. Die Lebensmittelproduktion durch die Landwirtschaft ging rapide zurück. Dabei wurde es immer schwieriger, die Menschen von Plastik zu ernähren.

Das bekannte Energieerhaltungsgesetz wurde zunehmend in Frage gestellt. Verschiedene Untersuchungen führten zum Ergebnis, dass Quantität nur selten oder eben gar nicht in Qualität übergeht.

Blickt man auf den Beginn des 21. Jahrhunderts zurück, so wird einem schnell klar, wo und wie die Menschheit ins Straucheln geriet und sich weiter auf den Abgrund zubewegte, indem sie von einer Kursänderung absah.

Als sich der gesamten Zivilisation die Frage stellte, ob sie wie Menschen oder wie eine transformierte Form des Lebens weiterleben wollte, schlossen sich die Menschen zusammen und machten sich ernsthafte Gedanken über die unausweichlich heranrückende Katastrophe. Dabei ließ man nichts unversucht, um eine solche zumindest in den nächsten Jahrzehnten auszuschließen.

Diese Versuche hatten jedoch nichts mit bedrohlichen Genmanipulationen oder alles verschlingenden Machtfantasien zu tun. Vielmehr lagen die Ursachen tief unter der Erde. Im Kreislauf des Ökosystems war ein winziges Glied abhanden gekommen, das für den Verschluss des Reproduktionszyklus der Erdrinde verantwortlich war.

Die Tatsache, dass die für die Regeneration des Bodens verantwortlichen Mikroorganismen in großem Stil verschwanden, setzte dem Leben auf der Erde eine klar definierte Grenze. Der Planet starb langsam ab. Eine Vielzahl der Probleme, die das Zusammenleben in dieser Phase mit sich brachte, lösten sich auf natürlichem Wege auf. Der Lebensstil der Verbraucher änderte sich radikal und damit ging natürlich auch eine Veränderung der Menschen einher. Der Welt zeigte sich ein direkter und jedem verständlicher Weg des Fortbestehens auf. Sämtliche sozialen und internationalen Beziehungen wurden im Wesentlichen von der Vorstellung einer Gemeinschaft reguliert.

Jugend macht Schicksal.

Vor diesem Hintergrund beginnt nun unsere Geschichte, deren weiterer Verlauf von einer Gruppe junger Menschen abhängt, die unter der Schirmherrschaft der Internationalen Wissenschaftlichen Gemeinschaft die mikrobiologische Fakultät abschließen. Niemand hatte diese Gruppe mit einem bestimmten Ziel gegründet. Schon vom ersten Semester an hatte sie sich von selbst an der Fakultät herausgebildet. Auffällig war, dass die Gruppe keinen eindeutigen Anführer hatte – wahrscheinlich wollte niemand diese Rolle übernehmen, wenngleich sich das nur schwer mit Bestimmtheit sagen lässt.

Wie zwischen einzelnen Menschen Freundschaft entsteht, ist seit jeher eine Art Geheimnis: Die einen führen die Chemie als Ursache an, die anderen die jeweiligen Überzeugungen, der wahrhaftige Grund für die Entstehung einer Freundschaft ist jedoch im natürlichen Magnetfeld des menschlichen Bewusstseins zu suchen. Begriffe wie Sympathie, Empathie und vieles weitere waren seinerzeit detailliert erforscht worden, es war jedoch niemandem gelungen, ein ganzheitliches Bild zu zeichnen. Wahrscheinlich kommen wir später auf dieses Thema zurück.

Und so wurden die Studenten der Mikrobiologie im Jahre 2074 auf die Internationale Raumstation ISS geschickt, um eine Reihe von Experimenten durchzuführen, die in direktem Zusammenhang mit ihrer Diplomarbeit standen. „Das Verhalten von Mikroorganismen in veränderter Umgebung“ - so lautete ihr gemeinsames Thema.

Eben dieses Thema schweißte unsere Mannschaft auf der Zielgeraden zusammen. Das Ziel, ein Diplom zu erhalten, hatte von Anfang an keine Rolle gespielt – der Beruf als Mittel, der Gesellschaft von maximalem Nutzen zu sein, bildete die Grundlage für den berechtigten Enthusiasmus der jungen Leute.

Irgendwo gab es noch Menschen, denen der Leitspruch der Vorzeit im Gedächtnis geblieben war: “Leb', verlieb dich und vermehr' dich”. Aus heutiger Perspektive wirkt das allzu unbesorgt und zweitrangig, insbesondere vor dem Hintergrund der Bevölkerung des Planeten. Im Vergleich zum Beginn des 21. Jahrhunderts war sie um ein Vielfaches gewachsen. Der heutige Menschentyp ist sich der Bedeutung seines Daseins auf der Erde und der Kostbarkeit des Lebens bewusst. Und dies nicht nur auf dem Papier dank ausformulierter Gesetze über Menschenrechte, sondern auch in Wirklichkeit. Denn wohin künstlich erdachte Überzeugungen führen, wissen wir bereits, wohin wahrhaftige führen, erfahren wir in Bälde.

Die Vordiplomantengruppe bestand aus fünf Personen. Sie stammten alle aus verschiedenen Ecken des Planeten und waren überzeugte junge Menschen, die mit sich selbst im Reinen waren. Nun ist es an der Zeit, jeden von ihnen persönlich kennenzulernen: Konstantin, den alle “Kostja” nennen, hat helles Haar, ist durch und durch Realist, hat eine starke Physis, ist selbstbewusst, verfügt über einzigartige analytische Fähigkeiten und kann Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge schnell begreifen. Im Grunde ist er ein gutmütiger und hilfsbereiter junger Mann.

Michael ist ein Intellektueller und gilt unter den Mitstudenten als besonders ausgeglichen. Schon die Präsentation der ersten Seminararbeiten glich bei ihm der Aufführung eines Theaterstücks. Er ist ein ausgezeichneter Redner und organisiert sämtliche größeren Veranstaltungen der Fakultät.

Habib verfügt über eine mathematische Denkweise, hat stets nur Zahlen und mathematische Analysen im Kopf und ist das Paradebeispiel einer introvertierten Person. Er erweckt einen stillen und verschlossenen Eindruck, allerdings nur bis zum Beginn einer Diskussion.

Samantha ist eine gutherzige, rothaarige Mutter Teresa, aufmerksam bis zum Gehtnichtmehr. Sie bemerkt einfach alles, liebt Disziplin und Ordnung und ist auch beim wissenschaftlichen Arbeiten äußerst pedantisch.

Julia ist klug und hübsch, liebt Chemie über alles und ist durch und durch Perfektionist. Sie hat ein wunderbares Gehör, spielt Geige und weiß stets, was sie will. Privat ist sie scharfsinnig und geradeheraus, bei der Arbeit hingegen eine unersetzliche Hilfe.

Das Leben auf der Raumstation unterscheidet sich rein theoretisch kaum vom Leben auf der Erde – vor allem dann, wenn die Arbeit einen voll und ganz beansprucht. Natürlich gibt es auf der Erde ganz andere Möglichkeiten, für helle Köpfe sind diese in der Regel jedoch kaum von Interesse. Man wird mit allerhand nebensächlichen Reizen überflutet, und einfachen Menschen fehlt es mitunter an der Kraft, sich auf ein bestimmtes Thema zu fokussieren. Dabei waren Begriffe wie Werbung oder Direktmarketing bereits vor etwa 50 Jahren in Vergessenheit geraten. Der soziale Raum hatte viel freiere und unkompliziertere Züge angenommen.

Dieses Geschwür des 20. Jahrhunderts war jedoch durch ein anderes ersetzt worden: durch die künstliche Intelligenz mit all ihren Assistenten, Helferlein und Transkriptoren. Alles, was man tut, wird von ihnen kontrolliert. Sie streben vor allem danach, den Kontakt zu Ihrem Bewusstsein ständig aufrechtzuerhalten. Der Mensch gewöhnt sich zwar daran, die Maschine aber nicht. Wird diese Unterstützung missbraucht, so hat man nach einem halben Jahr direkter Kommunikation vergessen, wo das eigene Haus steht.

Im Weltraum sieht alles ein wenig anders aus – Geräusche, Licht und Feuchtigkeit unterliegen keinerlei Veränderungen, was der schöpferischen Arbeit zuträglich ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn von der Erde ein ganzer Schwall an komplizierten und wichtigen experimentellen Projekten zugestellt wird.

Auf der Station befinden sich zahlreiche unterschiedliche Laboratorien, die mit der neuesten Technik ausgestattet sind. Einzelne Gruppen können notwendige Untersuchungen entweder in ihren eigenen Labors durchführen oder Tests von der Roboterzentrale anfordern. Die Datenbank der ISS ist online über einen Zentralserver mit der Internationalen Wissenschaftlichen Gemeinschaft auf der Erde verbunden. Dieses pulsierende System ermöglicht es, sämtliche auf der Erdoberfläche stattfindenden Prozesse zu analysieren und über alles Neue auf dem Laufenden zu sein.

Das retrospektive Kaleidoskop.

Der Morgen beginnt für alle Bewohner der ISS in der Küche des Wohnbereichs. Jeder Sektor verfügt über eine eigene Küche. Es gibt drei Sektoren: einen wissenschaftlichen, einen technischen, einen für die Steuerungspiloten. Normalerweise ist ein Roboter für den Haushalt in der Küche verantwortlich, er nimmt von jedem Bewohner der ISS Menübestellungen entgegen. Er kann die Bestellung auch von einem einzelnen Gruppenmitglied entgegennehmen, das über die persönlichen Vorlieben der anderen Bescheid weiß. Dabei handelt es sich meist um eine freiwillige Aufgabe, die in unserer Gruppe Samantha bereitwillig übernommen hat – so kann sie sich wie eine fürsorgliche Mutter um den männlichen Teil der Gruppe kümmern. Übrigens wusste Julia das Ganze ebenfalls zu schätzen. Ihr zartbesaitetes Wesen bedurfte der Fürsorge. Und wie in jeder eingeschworenen Gemeinschaft zählte keiner die Ausgaben, vielmehr kam alles nur von Herzen.

In dieser Welt wurde schon vieles zum Thema zwischenmenschliche Beziehungen geschrieben, gedeutet und interpretiert. Anhand von Laboruntersuchungen wurde aufgezeigt, dass eine Vorstellung wie die der Einmütigkeit gleich auf die der Liebe folgt. Und das ist nur allzu gut verständlich, denn was bedeutet schon „mein“ im Vergleich zu „unser“? In Summe lässt sich ein solches Team nur mit einem Kometen vergleichen, der am Firmament aufleuchtet, dabei eine gigantische Entfernung zurücklegt und seine Spur in der Ewigkeit hinterlässt. Dass so etwas nur selten vorkommt, dürfte uns allen bekannt sein. Hat man jedoch das Glück, einmal im Leben auf ein solches Team zu treffen und seine Entwicklung zu verfolgen, so gibt es mit Sicherheit keinen schöneren Anblick im Leben.

Ich blicke ein wenig in die Zukunft, wenn ich an dieser Stelle die Liebe in unserem Team anspreche, denn bisher denkt noch keiner daran. Wahrscheinlich ist sie zwischen einzelnen Gruppenmitgliedern bereits entflammt, obwohl noch niemand seine Gefühle offen gestanden oder angedeutet hat. Das Leben weiß genau, wann es dieses Lämpchen einzuschalten gilt, von dem das Gesicht eines Menschen zu leuchten beginnt, während sein Gesichtsausdruck dem eines Kindes ☺ gleicht, das soeben ein lebendes Küken erblickt hat.

 

***

Der folgende Tag beginnt mit der Morgenroutine. Einmal im Kreis um die Wohneinheit zu laufen, dauert elf bis zwölf Minuten, wobei etwa 3000 Meter zurückgelegt werden – eine hervorragende Distanz, um den Kreislauf in Schwung zu bringen. Als Erster läuft Michael los, daraufhin Habib, zuletzt schließt sich Kostja an. Normalerweise bestellt Samantha genau zu dieser Zeit das Frühstück für alle und nimmt regelmäßig Verbindung zu den Läufern auf, um die Bestellung mit den Daten des Personal Trainers abzustimmen, der die Chemie des Organismus im Auge behält.

Der Organismus gewöhnt sich rasch an das Leben auf der Station. Wenn er nicht gestört wird, funktioniert das System stabil. Auf der Erde gibt es zu viele Faktoren, die das menschliche Befinden beeinflussen, und normalerweise kann der Mensch diese Einflüsse nicht kontrollieren. Daneben treten zahlreiche sekundäre Einflüsse auf, die im Grunde nicht vorhersagbar sind ��: Wo und wie wird man von Magnetwellen durchdrungen oder von UV-Strahlen verbrannt? In der Summe nennt sich das „Extremum“. Das Leben findet dann in einer Extremsituation statt, wenn alles, wirklich alles um einen herum nicht zum eigenen Wachstum beiträgt, sondern die eigene Existenz aktiv beeinträchtigt.

Nachdem sie genügend Informationen eingeholt hat, bestellt Samantha das Frühstück beim Küchenroboter TKB – die Abkürzung steht für „Technischer Küchenbetreiber“. In dessen Aufgabenbereich fällt alles, was mit dem Essen und der Organisation dieses Prozesses zu tun hat. Er vergisst nie etwas, ist sorgfältig, pflichtbewusst und – darin sind sich alle einig – ein äußerst organisierter Roboter. Im Idealfall nimmt er selbst zu allen Kontakt auf.

Normalerweise sind die morgendlichen Treffen in der Küche Briefings, bei denen aktuelle Fragen erörtert und gemeinsame Maßnahmen besprochen werden. Trotzdem sind alle auch im Laufe des Tages online über den Hauptserver „ISS“ miteinander verbunden. Dieser wiederum wird von der elektronischen Schaltzentrale „ALL“ verwaltet.

Dabei handelt es sich um einen Super-Quantencomputer, der die Kommunikation sämtlicher Systeme und Mechanismen der ISS aufeinander abstimmt. Seine Möglichkeiten sind noch nicht gänzlich erforscht, er befindet sich im Stadium der Selbstvervollkommnung, und niemand weiß genau, wie lange das dauert. Es ist auch heute noch beeindruckend, wozu die künstliche Intelligenz in der Lage ist. Wie verwundert wären doch unsere Vorfahren gewesen, hätten sie die Möglichkeiten dieses Systems mit eigenen Augen gesehen!

In der Regel können nur wenige mit außergewöhnlichen Erfolgen prahlen, wenn sie auf ihren bisherigen Lebensweg zurückblicken. Insbesondere mit einigem zeitlichen Abstand erscheint der zurückgelegte Weg leicht und wenig komplex, und alle Drehungen und Wendungen kommen einem nur allzu bekannt und verständlich vor. Viele von uns haben darüber nachgedacht, ob sie diesen Weg im Wissen um alle Wendungen, die er mit sich bringen würde, schnell und ohne Verluste hätten zurücklegen können. Ist es da nicht viel angenehmer, an einer echten Geschichte teilzunehmen und zu erleben, wie präzise jeder einzelne Schritt im multiplen Raum der möglichen Lösungen abgemessen wird? Dadurch lässt sich meine Vision gewissermaßen rechtfertigen. Ich möchte Sie nicht in die Geschichte der Ereignisse einweihen, die der Bildung unserer Vordiplomantengruppe auf der ISS vorangegangen sind. Die wichtigsten Momente ihres Lebens spielen sich nämlich genau hier ab und bilden den Anfang einer neuen Ära auf der progressiven Leiter der menschlichen Evolution.

Das nächste morgendliche Briefing in der Küche unterschied sich durch nichts von den vorhergehenden. Kostja, welcher der physischen Vorbereitung diesmal etwas mehr Zeit gewidmet hatte, begab sich eilends in die Küche. Sein Personal Trainer teilte ihm Folgendes mit: „Kostja, nehmen Sie Brötchen nur in Maßen zu sich, Ihr BMI und Ihre Eiweißwerte liegen dagegen im Normbereich.“

Er bedankte sich beim Provider und beschleunigte seinen Schritt. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich alle weiteren Gruppenmitglieder bereits im Saal.

Als Kostja das Zimmer betrat, fiel sein Blick sofort auf Samantha, deren Gesicht einerseits Verwunderung, andererseits Empörung zum Ausdruck brachte.

Kostja, der sich die Hände abtrocknet, meint:

„Anscheinend haben wir eine interessante Woche vor uns. Wer hat sich die letzte Zusammenfassung von der Erde angesehen?“

Samantha lächelte und fuhr mit dem Frühstück fort.

Habib sah mit starrem Blick auf das vor ihm stehende Frühstück, als würde er die in den Lebensmitteln enthaltenen Moleküle zählen.

Julias Blick trifft auf den von Michael, welcher zustimmend mit dem Kopf nickt und spricht:

„Der schläft noch halb.“

Mit monotoner Stimme meint Habib:

„Wir müssen die Daten der Saharaproben noch einmal überprüfen und sie mit den Daten der Subtropen abgleichen.“

Julia trinkt ihren Cocktail fertig und schaltet das Übersichtsdisplay in der Mitte des Tisches ein:

„Schauen wir uns die Nachrichten an.“

In den Nachrichten wurde von der Aufhebung bedeutender Systeme im Bereich der zwischenstaatlichen Beziehungen berichtet, wenngleich die Existenz von Staaten aus juristischer Sicht bereits lange vorher abgeschafft worden war. Dasselbe gilt auch für die Grenzen zwischen solchen.

Die Sprecherin las die wesentliche These eines Dekrets über die Erde vor, das zuvor lange ausgearbeitet worden war. Die These war kurz und verständlich: „Die Erde stellt eine unteilbare Einheit dar, die weder einzelnen Gruppen noch Rassen gehören kann.“

Anschließend wurde knapp über den erneuten Einsturz der Erdoberfläche an mehreren Stellen berichtet. In Anbetracht der Gesamtlage erweckten derartige Berichte einen durchaus beunruhigenden Eindruck.

Michael schlug vor, die Nachrichten auszuschalten und den Arbeitstag gemeinsam abzustimmen. Er las folgende Mitteilung vor:

„ALL schlägt vor, dass zwei von uns die gestern eingetroffenen Studenten mit der ISS vertraut machen sollen.“

Kostja und Samantha tauschten Blicke aus und erklärten sich dazu bereit.

„Habib fährt mit dem Abgleich der Daten von der Erde fort, und du, Julia, machst die biochemischen Testanalysen der Kapselproben fertig“, sagte Michael.

Kapselproben stellen eine Innovation in der Erforschung der oberen Schichten der Planeten des Sonnensystems dar. Auf diese Methode kommen wir später noch detailliert zurück.

Michael selbst wollte sich der Erstellung des Zeitplans für die Referate zu den im vergangenen Monat durchgeführten Untersuchungen widmen. Am Wochenende war eine Telekonferenz mit dem wissenschaftlichen Beirat anberaumt, bei der die Gruppe von den Ergebnissen ihrer Arbeit berichten und konkrete praktische Untersuchungen für ihre Diplomarbeit vorschlagen sollte. Alle Gruppenmitglieder sind erfahrene Forscher, die sich darüber im Klaren sind, dass die Regeneration der Erdkruste mehrere Jahrhunderte dauern kann. Den Luxus, auf die natürliche Regeneration zu warten, kann sich die Menschheit nicht leisten, vielmehr werden neue Logarithmen zur Prozessbeschleunigung benötigt, denn das irdische Potential ist signifikant gesunken. In diesem Zusammenhang werden schon heute Ergebnisse benötigt.