Spielregeln für Game Changer

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Aus der Reihe: Dein Business
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Ohne Ergebnis kein Erfolgserlebnis

Allgemeine Lustlosigkeit zieht sich wie eine Seuche durch viele Unternehmen. Nach den allgemein bekannten Gallup-Umfragen gehen nur 15 Prozent aller Menschen täglich motiviert an ihren Arbeitsplatz (Stand 2018). Fragt man nach den Ursachen, bekommt man sehr häufig die Antwort, dass es zu wenig Wertschätzung für gut geleistete Arbeit gebe. Das gilt sowohl für individuelle als auch für Teamleistungen. Das Problem ist umso verbreiteter, je größer das Unternehmen ist. Am Anfang, wenn noch jeder jeden kennt und man direkt miteinander kommuniziert, werden Erfolge und Misserfolge direkt erlebbar. Wird das Unternehmen dann größer, ziehen sich die Spezialisten in ihre eigenen Abteilungen (man könnte auch sagen: Wagenburgen) zurück. Dabei geht der Blick auf das große Ganze und damit auf Ergebnisse und Erfolge verloren. Wir sehen gerade mal den eigenen Beitrag, aber nicht mehr die Leistungen der Kollegen. In Sportsprache ausgedrückt: Wir sehen, dass wir selbst einen guten Pass gespielt oder ein Tor verhindert haben; wie jedoch die anderen spielen und wie der Spielstand aktuell ist, sehen wir nicht mehr. Dort, wo man keine Erfolge sieht, können auch keine gefeiert werden.

Anders ausgedrückt: Gute Leistung ist nicht transparent – genauso wenig wie schlechte. Weil zentrale Rückkopplungsmechanismen fehlen, fehlt es auch an zentralen Motivatoren. Wenn sich niemand für das interessiert, was wir erreicht haben, verfallen viele in einen Dienst-nach-Vorschrift-Modus und wurschteln vor sich hin. Bei Vorgesetzten verfestigt sich so schnell der Eindruck, dass »die Leute« zu wenig Initiative zeigen. Und dann beginnt die endlose Suche nach Motivationsmethoden, besseren Führungskräften, neuen Anreizsystemen und so weiter und so fort. Einen großen Teil (oder all das) kann man sich sparen, wenn eine wichtige systemische Grundvoraussetzung erfüllt wird: Transparenz hinsichtlich Kopplung von Verhalten und Ergebnis.

In diesem Buch kannst du erfahren, wie du durch einfache Veränderungen der Rahmenbedingungen in deinem Unternehmen

• die natürliche Motivation deines Teams freilegst und in produktive Bahnen lenkst,

• dafür sorgst, dass alle guten Ideen einen Platz finden, auf dem sie gesehen und gehört werden,

• ein Fitnesstracker installiert wird, der allen Beteiligten zu jeder Zeit zeigt, wie gut oder schlecht es dem Unternehmen auf vielen Ebenen geht,

• den Aufwand für Management und Führung drastisch reduzierst,

• die Profitabilität deutlich steigerst,

• ein System installierst, das für jede Menge Anerkennung und Wertschätzung sorgt.

Im nächsten Kapitel erfährst du, wie wir es überhaupt »geschafft« haben, weltweit ein demotivierendes Führungssystem zu etablieren, und warum wir das dringend ändern müssen. Wenn du gleich wissen willst, wie du Transparenz in deinem Unternehmen herstellst, lies direkt Kapitel 4 (»Systeme ändern durch Transparenz und Verbundenheit – die universelle Gewinnerformel«).

KAPITEL 2
Der Weg in die Sackgasse

Wenn man Menschen für bequeme Egoisten hält, muss man Systeme von Anreizen und Sanktionen einsetzen. Deprimierenderweise erzeugen wir aber gerade damit die Haltung, die wir eigentlich bekämpfen wollen. Der Mensch ist in seinem Wesenskern ein Sozialwesen, das auf positive soziale Resonanz angewiesen ist. Wir brauchen weder Druck noch Kontrollen, um gute Arbeit zu leisten; wir wollen von Natur aus erfolgreich sein und als Team gewinnen.


Unsere Art, Unternehmen zu organisieren und zu führen, ist aus einem sehr wichtigen Grund ein Auslaufmodell: Dieses Modell ist von Anfang an nicht dafür konzipiert worden, dass Menschen ihre Talente im Team optimal entfalten, sondern um ein Maximum an Produktivität zu erzeugen. Das war über viele Jahrhunderte auch sinnvoll, musste doch die Versorgung der Menschen mit knappen Gütern gewährleistet werden. Es schien nicht besonders wichtig zu sein, ob dieses Modell auch dazu führte, dass grundlegende Bedürfnisse der arbeitenden Menschen erfüllt wurden. Vielmehr reichte es, dass sie sich mithilfe der (ungeliebten) Arbeit möglichst viele Konsumwünsche erfüllen konnten.

Das Ziel der maximalen Produktivität ist in einigen Landstrichen der Erde – unter anderem in Mitteleuropa – so gut wie erfüllt. Nichts bringt dies besser auf den Punkt als der schöne Satz: »Früher haben wir Hungrige satt gemacht, heute müssen wir Satte hungrig machen.« Es war noch vor wenigen Jahrzehnten kaum vorstellbar, dass alle physischen Bedürfnisse nach Essen und Bekleidung zu derart günstigen Preisen erfüllbar sind. Zumindest in den sogenannten entwickelten Industrienationen sehen wir auf praktisch allen Konsumgütermärkten ein brutales Überangebot. Kaum ein Unternehmen ist heute vor dem internationalen Wettbewerb geschützt. Und um dem zu entkommen, stehen sie unter einem noch nie da gewesenen Innovationsdruck: Entweder müssen sie noch attraktivere Produkte oder Dienstleistungen entwickeln oder sie müssen ihre Prozesse immer mehr optimieren, um im Preiswettbewerb mithalten zu können.

Für diese Innovationen braucht man vor allem eines: fähige und motivierte Mitarbeiter. Und eine Struktur, in der diese Mitarbeiter ihre Ideen optimal im Rahmen marktfähiger Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse zum Leben erwecken können. Hier gehen die Probleme weiter: Diese hoch qualifizierten Menschen sind auf dem Arbeitsmarkt schwer zu bekommen, und wenn es sie gibt, stellen sie mittlerweile andere Ansprüche als noch ihre Eltern und Großeltern. Die berühmte Generation Y traut sich heute, neben Gehalt, guten Arbeitsbedingungen und einem lebensfreundlichen Betriebsklima auch nach Sinn in ihrem Tun zu verlangen. Hat man diese innovativen Menschen denn an Bord, so brauchen sie Arbeitsbedingungen, unter denen Kreativität und Innovationskraft blühen können. Spätestens jetzt wird es für viele Unternehmen eng. Die Organisationen sind nämlich eher darauf angelegt, mit hoher Effizienz Routinetätigkeiten zu erledigen. »Erfinden« und »Produzieren« haben wir seit mehr als 100 Jahren auch wissenschaftlich fein säuberlich voneinander getrennt. Frederick Taylor, der eigentlich angetreten war, um die Arbeitsbedingungen in Fabriken zu verbessern, betrieb die Spezialisierung und Optimierung in der Produktion bis zur Perfektion. Mit seinem Shopfloor-Management legte er den Grundstein für enorme Produktivitätssteigerungen und brachte die amerikanische Industrie zum Blühen. Von nun an durften die Arbeiter mit dem Segen der Wissenschaft ihr Gehirn getrost zu Hause lassen und einfach nur Dienst nach Vorschrift machen.

In Zeiten hoher struktureller Arbeitslosigkeit mussten sich Arbeitgeber keine besonders großen Gedanken machen, wie sie fähige Mitarbeiter anziehen und – noch wichtiger – wie sie diesen dann Arbeitsbedingungen bieten können, unter denen sie gern an ihren Arbeitsplatz gehen, um dort ihr Bestes zu geben. Die Angst vor Arbeitsplatzverlust und die Hoffnung, über mehr Konsum das Glück zu finden, reichten aus, damit Menschen sich anstrengten. Das hat sich mittlerweile geändert. Fragte man vor 20 Jahren, was die Unternehmen zum Wachstum brauchen, lautete die Antwort: mehr zahlungskräftige Kunden. Heute lautet die Antwort: mehr fähige Mitarbeiter, mit denen wir das erschaffen, was zahlungskräftige Kunden anlockt. Die wichtigste Überlebensfrage lautet also nicht mehr: »Mit welcher Strategie schlage ich die Konkurrenz?« – das ist nicht besonders schwierig herauszufinden –, sondern: »Wie bekomme und fördere ich die Mitarbeiter, mit denen ich diese Strategien entwickeln und vor allem auch umsetzen kann?«

Das Finden und Binden der besten Mitarbeiter ist zur wichtigsten unternehmerischen Aufgabe geworden. Denn ohne diese gelingt weder die Strategieentwicklung noch die -umsetzung. Habe ich gute Leute um mich versammelt, lösen sich alle anderen Probleme wesentlich leichter. Denn wenn sich das Team mit all seiner Intelligenz und Erfahrung bedingungslos und voll Freude für die Zukunft des Unternehmens einsetzt, kann ich auch als Unternehmer und Führungskraft meine ganze Kraft entwickeln. Ich muss meine Zeit nicht mehr mit Motivationsversuchen und Kontrollen verbringen. Meine Sorgen um operative Engpässe nehmen ab, weil sich entweder andere darum kümmern oder weil sie gar nicht erst entstehen. Und meine ureigene unternehmerische Aufgabe, nämlich an der Zukunft des Unternehmens zu arbeiten, brauche ich nicht mehr allein zu erledigen, sondern tue das gemeinsam im Team.

Kompliziert versus komplex

Warum brauchen wir heute mehr denn je fähige Mitarbeiter? Weil wir es häufiger als früher mit komplexen Aufgaben und Herausforderungen zu tun haben. Dazu ein kleiner Ausflug in die Systemtheorie: Dort kennt man zwei Arten von Problemen, nämlich komplizierte (»blaue Aufgaben«) und komplexe (»rote Aufgaben«).5 Komplizierte Systeme laufen immer wieder gleich ab, ihre Teile wirken immer wieder gleich zusammen, sie sind von außen beobachtbar und steuerbar. Sie bergen keinerlei Überraschungen. Ein kompliziertes Problem ist allein durch Wissen zu lösen. Beispiel: Wenn meine Waschmaschine kaputt ist, ist das für mich ein kompliziertes Problem, da ich absolut keine Ahnung habe, wie Waschmaschinen funktionieren (egal, ob von AEG, Bosch, Siemens oder Miele). Für den Miele-Servicetechniker dagegen ist eine kaputte Miele-Waschmaschine kein Problem, sondern eine Banalität: kurze Fehlerdiagnose, Ersatzteil montiert, fertig. Kompliziertheit entsteht also durch einen Mangel an Wissen. Bei blauen Problemen stehen die Fragen »Wie geht es?« und »Wer weiß das?« im Vordergrund. »Blau« sind zum Beispiel alle Maschinen und genau standardisierbaren Prozesse. Mit dem nötigen Wissen werden komplizierte Probleme trivial und damit sofort lösbar und zu entscheiden.

 

Für das Funktionieren einer Organisation ist es erforderlich, dass für alle blauen Aufgaben und Probleme die richtigen Fachleute verfügbar sind und dass deren Fachwissen ausreichend dokumentiert ist. Dann ist es mehr oder weniger problemlos in der Organisation multiplizierbar. Alle komplizierten Probleme können theoretisch von Algorithmen, Maschinen und Robotern erledigt werden. Hierarchische Führungsstrukturen aus der Zeit der Industrialisierung vertragen sich prima mit blauen Aufgaben, in denen Vorgabe und Kontrolle notwendig sind. Die blaue Welt ist die der Checklisten, Prozessbeschreibungen und ISOs, der Null-Fehler-Toleranz und Perfektionierung.

Komplexe (rote) Systeme hingegen sind prinzipiell unberechenbar. Das Zusammenwirken ihrer Teile ist dynamisch; es folgt keinen festen Regeln. Komplexität ist das Maß an Überraschungen, mit denen man rechnen muss. Typischerweise sind alle Systeme »rot«, in denen unberechenbare Naturkräfte oder der zuweilen unberechenbare Mensch eine Rolle für das Gelingen spielen. Bisher sind einzig Menschen in der Lage, rote Probleme zu lösen, denn diese brauchen Ideen und Kreativität. Rote Probleme kann man nicht der Reihe nach systematisch abarbeiten. Sie brauchen Könner, die sehr schnell experimentieren und schnell die richtigen Schlüsse aus den Ergebnissen ziehen können. Bei roten Problemen steht also die Frage »Wer kann es schaffen?« im Vordergrund. Rote Probleme werden typischerweise in Projekten organisiert. Kommunikation und Kreativität spielen eine außerordentlich wichtige Rolle. Die Entscheidungen werden häufig im Team gefällt. Die notwendigen Ideen entstehen in einer Mischung aus individueller und kollektiver Arbeit. Sie erfordern den Rückzug und die Stille ebenso wie den Austausch und die gegenseitige Anregung. In dem Maße, wie Unternehmen unter Innovationsdruck stehen, steigt der Anteil roter Aufgaben.

Leider werden wir in unserem Schulsystem durch und durch auf die blaue Welt vorbereitet. Es stecken keine wirklichen Überraschungen in den Schulbüchern und Lösungsheften, denn es werden ausschließlich Fragen gestellt, deren Antworten zweifelsfrei feststehen. Auch das Experimentieren und das Fehlermachen werden eher nicht gefördert, vielmehr führen Fehler meist unweigerlich zu schlechten Noten. Das Kooperieren darf man ab und an im Projektunterricht üben. Typischerweise lernt man da, dass es immer einen hoch motivierten, fähigen Idioten gibt, der die Arbeit für den Rest der Gruppe erledigt. Ansonsten wird jede Form intelligenter Kooperation – etwa das Abschreiben – streng geahndet. Nicht gerade die perfekten Voraussetzungen, um später im Berufsleben gemeinsam mit einer Gruppe von Menschen zu experimentieren und (zu Lernzwecken) zu scheitern.

Fazit: Wir brauchen neue Formen der Arbeitsorganisation, weil sich komplexe Aufgaben und schnelles Reagieren schlecht mit hierarchischen Strukturen vertragen.

Das wahre Elend der Managementlehre liegt indes an der Wurzel einer jeden sozialwissenschaftlichen Theorie und Weltanschauung: dem Menschenbild. Im Theoriegebäude der Ökonomie agiert der Mensch (der Homo oeconomicus) als gefühlsamputierte, egozentrische Witzfigur. Der wichtigste Protagonist (der Unternehmer / das Unternehmen) hat zum obersten Daseinszweck das Schaufeln von Gewinnen. Der Antagonist kennt nur einen einzigen Lebenszweck: das Konsumieren von Gütern und Dienstleistungen bis zur Sättigungsgrenze. Diese ist bei einzelnen Gütern schnell erreicht (der Grenznutzen des fünften Biers in Folge ist in aller Regel negativ), in Gänze jedoch sind die Bedürfnisse unendlich. Ob irgendjemand durch das eigene Streben nach Befriedigung zu Schaden kommt, interessiert den Modell-Konsumenten nicht. Auch hat er keinerlei relevante Bedürfnisse nach Dingen, die nicht von Knappheit regiert werden. Luft und Liebe, die Nahrung der Verliebten, kommen im Marktmodell nicht vor.

Das Menschenbild, das der Managementlehre – und auch unserem Bildungssystem (!) – zugrunde liegt, stammt aus der psychologischen Forschung des 19. Jahrhunderts und basiert auf den Theorien der Evolutionspsychologie und der Soziobiologie. Diesen zufolge ist der Mensch so wie jedes andere tierische Wesen in erster Linie auf Selbst- und Arterhalt programmiert. Grob vereinfacht ausgedrückt dienen alle Anstrengungen dazu, möglichst attraktiv für potenzielle Sexualpartner zu werden und dann ordentlich für die Nachkommen zu sorgen. Demnach strengen wir uns nur um der eigenen Vermehrung und des eigenen Vorteils willen an und gehen darüber hinaus den Weg des geringsten Widerstands.

Auf den ersten Blick ein Modell von bestechender Logik. Man braucht sich nur anzuschauen, welchen Aufwand wir betreiben, um in den Unternehmenshierarchien nach oben zu steigen, und wie viel Geld wir für demonstrativen Konsum ausgeben: Guccitasche, Manolo Blahniks, Rolex und Porsche sind demnach nichts anderes als Rangabzeichen im Kampf um die passenden Vermehrungspartner.

Wenn wir glauben, der Mensch sei nur von Eigennutz getrieben, müssen wir zwangsläufig mit Vorgaben und Anreizen arbeiten, um ein gewünschtes Verhalten zu erzeugen. Schauen wir ins Bildungssystem: Wenn wir meinen, dass Kinder nicht von Natur aus Lust auf Lernen und Entwicklung haben, müssen wir die deprimierenden Dressursysteme installieren, die wir an praktisch jeder Schule vorfinden. Die Kinder werden in einen festen Lernplan gepresst, müssen dort den Lernstoff abarbeiten wie Fabrikarbeiter und werden durch ein perfides Angstsystem von Schulnoten und »Sitzenbleiben« dazu »motiviert«, das zu tun, was man von ihnen erwartet. So oder ähnlich geht es dann in den Unternehmen weiter: Stellenbeschreibungen, Zielvorgaben, Kontroll- und Beurteilungssysteme sollen dafür sorgen, dass Menschen das tun, was wir von ihnen erwarten.

Deprimierenderweise erzeugen wir aber gerade damit die Haltung, die wir eigentlich bekämpfen wollen. Denn wenn wir Menschen behandeln wie bequeme Egoisten, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn sie sich genau so verhalten. Dass es in vielen Unternehmen eine Dienst-nach-Vorschrift-Mentalität gibt, ist eine logische Folge der vielen Vorschriften und Misstrauenssysteme. Der Autor Reinhard K. Sprenger hat schon vor 30 Jahren in seinem wegweisenden Buch Mythos Motivation offengelegt, dass variable, von der Leistung abhängige Gehälter (wie Umsatzprämien im Verkauf) eine unausgesprochene Misstrauenserklärung sind. Sie sagen schließlich nichts anderes aus als: »Wenn ich dir ein angemessenes Fixgehalt gebe, machst du weniger, als du zu leisten imstande bist.«

Es ist klar, dass wir mit einem negativen, reduktionistischen Menschenbild keine Unternehmensstruktur (und daraus resultierend eine Unternehmenskultur) aufbauen können, die auf gegenseitigem Vertrauen, Transparenz und Selbstorganisation aufbaut.

Wie Menschen wirklich ticken

Mittlerweile wissen wir – insbesondere durch neuere Forschung der Positiven Psychologie und der Neurobiologie – dass wir das Menschenbild der Soziobiologie gehörig erweitern müssen. Natürlich ist der Wunsch, uns fortzupflanzen und für unsere Liebsten zu sorgen, ein riesiger Motivator. Und, ja, für Männer ist es nach wie vor vorteilhaft, auf der sozialen Leiter möglichst weit oben zu stehen, denn das verspricht den Frauen, denen so etwas wichtig ist, ein hohes Maß an Sicherheit und Status. Umgekehrt dreht sich das Leben von vielen Frauen um gutes Aussehen, da auch dies von den männlichen Alphatieren belohnt wird – im Amerikanischen spricht man sehr schön von den sogenannten Trophy Wifes. Aber das ist natürlich nicht alles! Über Fortpflanzung und Sozialstatus hinaus schlummert in jedem Menschen der Wunsch, Teil von etwas Größerem zu sein und das eigene Talent zum Nutzen anderer zu entfalten. Wir wollen Dinge tun, die Sinn ergeben und auf die wir stolz sind. Und wir alle haben den großen Wunsch, Anerkennung und Wertschätzung für gute Leistung zu bekommen. Der Mensch ist ein Sozialwesen durch und durch, das dringend auf positive soziale Resonanz angewiesen ist. Wir brauchen weder Druck noch Kontrollen, um gute Arbeit zu leisten; wir wollen von Natur aus erfolgreich sein und als Team gewinnen. Das tradierte Menschenbild des habgierigen Egoisten gehört auf den Müll der Geschichte, und damit die Systeme von Kommando und Kontrolle, die wir jahrhundertelang gepflegt haben. Alles, was wir tun müssen, ist, das neue Menschenbild annehmen und uns fragen, wie wir Arbeit organisieren müssen, damit dort menschliche Grundbedürfnisse nach Entfaltung, Wirkung, Erfolg, Anerkennung und Wertschätzung erfüllt werden.

Das Unternehmen von gestern wurde um die Frage herum konstruiert, wie wir ein Maximum an Kapitalproduktivität erzeugen. Die Unternehmen von morgen werden um die Frage herum konstruiert, wie Menschen ihr Potenzial bestmöglich im Dienste des Nutzens für andere6 entfalten können.