Frauen im frühen Christentum

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Frauen im frühen Christentum

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K. Kiefel

published by epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

Copyright © 2012 K. Kiefel

ISBN 978-3-8442-3502-9

1 Einleitung

„Von der Frau nahm die Sünde ihren Anfang, ihretwegen werden wir alle sterben. Gib dem Wasser keinen Abfluss und einer schlechten Frau keine Freiheit.“

(Sir 25, 24-25)1

Dieses Zitat aus dem Alten Testament ist aus dem zweiten Jahrhundert vor Christi Geburt und lässt auf ein sehr negatives Frauenbild im Judentum der damaligen Zeit schließen. In der Entstehungszeit des Christentums2 war Palästina ein römisches Eroberungsgebiet. Demnach befand sich das Urchristentum3 in einem von römisch-hellenistisch Kulturkreis geprägten Gebiet. In diesem Kulturkreis herrschte das Ideal vom souveränen, arbeitenden Mann und das einer Frau, deren Wirkungsbereich sich auf das Haus, die Kinder und Knechte beschränkte. Politische Einflussmöglichkeiten hatten die Frauen nicht, da sie ihr ganzes Leben lang als unmündig galten. Die Rechte, die den Frauen zugesprochen wurden, hingen jedoch nicht nur von ihrer kulturellen Herkunft, sondern auch von ihrer sozialen Stellung ab. Die Frauen aus den unteren Schichten mussten zusätzlich zu ihren Pflichten im Haushalt zum Unterhalt der Familie beitragen, um das überleben zu sichern. Zu diesem Zweck arbeiteten die Frauen als „Wirtinnen, Serviererinnen, Tänzerinnen, Musikerinnen, Schauspielerinnen oder Prostituierte. Oftmals arbeiteten die Frauen auch in mehreren Berufsfeldern gleichzeitig.“4 Frauen aus höheren sozialen Schichten genossen mehr Freiheit und konnten zum Beispiel weitgehend über ihr Vermögen verfügen. Obwohl diese Frauen nicht wahlberechtigt waren, geht aus den Zeugnissen der Wahlpropaganda hervor, dass sie dennoch an der Finanzierung von Tempelanlagen, Weizen- und Geldspenden, Ausstattung von Festen und öffentlichen Spielen beteiligt waren.5 Die ChristInnen6 im römisch-hellenistischen Kulturbereich lebten demzufolge in einer androzentrischen Gesellschaft, in der Frauen kaum Rechte zugesprochen wurden. Im Rahmen dieser Arbeit soll die Entwicklung der Frauenrolle von den Anfängen der christlichen Gemeinden bis zum Prozess der Marginalisierung dargestellt werden. Hierbei wird auf die Bibel, die sowohl das Alte7 als auch das Neue Testament beinhaltet, eingegangen, da neben den jeweiligen Kulturkreisen, in denen die Frauen gelebt haben diese Schriften das Frauenbild geprägt haben.

Das Urchristentum stützte ihren Glauben zunächst nur auf neutestamentarischen Überlieferungen. Das Neue Testament wurde im Zeitraum von 50 n. Chr. bis ins frühe zweite Jahrhundert von einer Vielzahl verschiedener Autoren verfasst, die soweit heute bekannt ist, alle Männer waren. Der biblische Kanon ist eine Zusammenfassung von 27 Schriften, die in die neutestamentliche Bibel aufgenommen wurden. Bei der Auswahl für die Aufnahme in den Kanon wurde die apostolische Autorität der Texte diskutiert. Viele Schriften wurden jedoch abgelehnt, meist aus inhaltlichen Gründen oder weil sie damals nicht allgemein bekannt waren. Die Schriften, die nicht in den Kanon aufgenommen wurden, werden als apokryphe Schriften bezeichnet. In der Bibel sind nicht nur Aussagen über den Glauben zu finden, sondern auch über die Art und Weise, wie man als frommer Christ und fromme Christin leben sollte. Im Rahmen dieses Buches werde ich ausgewählte Beispiele aus dem Leben der Frauen in den christlichen Gemeinden auswählen und untersuchen.

Hierbei wird methodisch wie folgt vorgegangen:

Als erstes wird im zweiten Kapitel die Frau im Alten Testament und ihre Stellung im Judentum untersucht, da im Urchristentum zunächst hauptsächlich Juden missioniert wurden. Daraufhin folgt die Beschreibung der Frau im neuen Testament und die damit verbundene Veränderung der Frauenrolle in den christlichen Gemeinden. Anschließend wird im vierten Kapitel die Stellung der Frau in der Gnosis diskutiert. Im fünften Kapitel dieser Arbeit wird auf das Frauenbild der Kirchenväter Clemens von Alexandrien und Tertullian eingegangen, wegen der kontroversen Diskussionen, die diese Personen bei feministischen ExegetInnen erzeugen. Daraufhin folgen die Marginalisierungstheorien und abschließend die Rolle der Frauen in den bedeutenden Kirchengeschichten der Frühzeit.

1 Das Buch Jesus Sirach zählt nicht zu den apokryphen Schriften. Als spätes Werk fand das Buch keine Aufnahme mehr in den jüdischen Kanon, die Kirche übernahm es wie die anderen deutrokanonischen Bücher als Heilige Schrift.

2 Die Entstehungszeit des Christentums wird um den die Auferstehung Christi wird um das Jahr 33 n. Chr. datiert.

3 Bezeichnung für das Christentum bis zur Verschriftlichung der der vier neutestamentlichen Evangelien, die Evangelien nach Markus, nach Matthäus, nach Lukas und nach Johannes, um das Jahr 130n.Chr.

4 Vgl. S. Bieberstein, D. Egger, S. Kutzelmann: „Werkstattbibel, Prophetinnen - Apostelinnen - Diakoninnen“. Stuttgart 2003. S. 22.

5 Vgl. http://www.kaththeol.uni-muenchen.de/einrichtungen/lehrstuehle/bibl_einleitung/downloads/umwelt/umweltl.pdf (20.03.2008).

6 In der vorliegenden Arbeit wird die maskuline Form eines Subjekts für Männer, die weibliche Form für Frauen verwendet. Die Endung -Innen, wie bei Christinnen, umfasst hingegen beide Geschlechter.

7 Das Alte Testament ist die heilige Schrift für Christen, Juden und Muslime.

2 Die Frau im Alten Testament und ihre Stellung im Judentum

Zu den ersten Geschichten des Alten Testaments gehört die jahwistische Schöpfungsgeschichte, sie beinhaltet den folgenden Auszug:

„Die Schlange war schlauer als alle Tiere des Feldes, die Gott, der Herr, gemacht hatte. Sie sagte zu der Frau: Hat Gott wirklich gesagt: Ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen? 2Die Frau entgegnete der Schlange: Von den Früchten der Bäume im Garten dürfen wir essen; 3nur von den Früchten des Baumes, der in der Mitte des Gartens steht, hat Gott gesagt: Davon dürft ihr nicht Essen und daran dürft ihr nicht rühren, sonst werdet ihr sterben. 4Darauf sagte die Schlange zur Frau: Nein ihr werdet nicht sterben. 5Gott weiß vielmehr: Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse. 6Da sah die Frau, dass es köstlich wäre von dem Baum zu essen, dass der Baum eine Augenweide war und dazu verlockte, klug zu werden. Sie nahm von seinen Früchten und aß; sie gab auch ihrem Mann, der bei ihr war, und auch er aß.“

(Gen 3,1-6)

Das Streben des Menschen nach der Ebenbildlichkeit Gottes hat zu einer Störung in dem Verhältnis zwischen Gott und den Menschen geführt. Die Konsequenz des hier beschriebenen Sündenfalls war die Verbannung der Menschheit aus dem Paradies und die Ursache für die Sterblichkeit des Menschen. Mit der Verbannung aus dem Paradies wurde den Juden ihr Lebensraum genommen. So lebten, nach der Geschichte, ab Zeitpunkt des Sündenfalls bis zur Zeit Davids die Juden als Nomaden in verschiedenen Stämmen. Die Tatsache, dass es die Frau war, die dem Wort Gottes zuwidergehandelt hat und damit den Sündenfall mit allen Konsequenzen verschuldet hat, wurde Jahrhunderte lang herangezogen, um die Unterordnung der Frau unter dem Mann zu rechtfertigen.

Bei der Exegese solcher Schriften ist die Entstehungszeit einzubeziehen. Die Geschichte des Sündenfalls wurde zur Zeit Davids um 1000 v. Chr. in Israel verfasst. David wurde zum ersten König der Israeliten und vereinigte alle Stämme Israels zu einem Volk.1 Bei dieser Schrift handelt es sich um einen Mythos, der den Ursprung und das Wesen der Welt erklären will. Der ätiologische2 Charakter dieser Schrift lässt darauf schließen, dass Frauen zu der Zeit Davids eine untergeordnete Rolle einnahmen, denn der Sündenfall beinhaltet den Ausspruch Gottes zu der Frau: „Viel Mühsal bereite ich dir, sooft du schwanger wirst. Unter Schmerzen gebierst du Kinder. Du hast das Verlangen nach dem Mann; er aber wird über dich herrschen“(Gen 3,16). Der Traditionscharakter des Alten Testaments führte in den folgenden Jahrtausenden zu einer weiteren Abwertung und Disziplinierung der Frau. Diese historisch-kritischen Exegesen3 treffen auch für alle anderen Stellen im Alten Testament zu. Es ist zu beachten, dass einige Schriften zur Bewältigung von bestimmten Lebenssituationen geschrieben wurden oder um gewisse Sachverhalte in der Gesellschaft zu begründen. Trotzdem wurden patriarchale Interpretationen in den folgenden Jahrhunderten oft als Dogma angesehen. In der feministischen Forschung wird versucht verschiedene Bibelstellen in Bezug auf die Rolle der Frau zu untersuchen und diese im Kontext zueinander zu betrachten. Die feministische Exegese betrachtet die Schriften hinter ihrem patriarchalen Entstehungshintergrund und stellt in diesem Fall die Schöpfungsgeschichte der Priesterschrift als einen Gegensatz zur jahwistischen Schöpfungsgeschichte dar. Diese Schrift besagt, dass Mann und Frau nach dem Ebenbild Gottes geschaffen wurden (Gen 1,27). In der Interpretationsgeschichte des Urchristentums mag die Priesterschrift noch eine Rolle gespielt haben, in den darauf folgenden Jahrhunderten gewann der Sündenfall jedoch immer mehr an Bedeutung und wurde als Argument für die Unterordnung der Frau herangezogen. Ein Grund dafür mag sein, dass auch andere Stellen im Alten Testament vorzufinden sind, die ein negatives Frauenbild deutlich machen. Richter 19,22-24 stellt die Wertlosigkeit der Frauen auf eine überspitzte Art und Weise dar:

 

22Während sie sich’s nun wohl sein ließen, umringten plötzlich einige Männer aus der Stadt, übles Gesindel, das Haus, schlugen an der Tür und sagten zu dem alten Mann, dem Besitzer des Hauses: Bring den Mann heraus, der in dein Haus gekommen ist; wir wollen unseren Mutwillen mit ihm treiben. 23Der Besitzer des Hauses ging zu ihnen heraus und sagte zu ihnen: Nein meine Brüder, so etwas Schlimmes dürft ihr nicht tun. Dieser Mann ist als Gast in mein Haus gekommen; darum dürft ihr keine solche Schandtat begehen. 24Da ist meine jungfräuliche Tochter und seine Nebenfrau. Sie will ich zu euch hinausbringen; ihr könnt sie euch gefügig machen und mit ihnen tun, was euch gefällt. Aber an diesen Mann dürft ihr keine solche Schandtat begehen.“

Zwar musste ein Hausherr nach den Regeln der Gastfreundschaft seinen Gast schützen, doch galt die Nebenfrau des Leviten wohl nicht als Gast. Aus dem Kontext ist festzustellen, dass es sich bei dem Hausherren und dem Leviten um Fremde handelt. Trotzdem ist der Hausherr dazu bereit, seine eigene Tochter für einen fremden Mann zu opfern. Das abgelehnte Angebot, zwei Frauen für einen Mann einzutauschen, lässt die Bedeutungslosigkeit der Frau im Alten Testament erkennen.

Aus dem Alten Testament können jedoch auch Passagen entnommen werden, die Mann und Frau gleichwertig erscheinen lassen. In den alttestamentlichen Erzählungen gibt es Frauen, die einen besonderen Zugang zu Gott haben. Miriam (2. Buch Mose 15,20) und Hulda (2. Könige 22,11-16) werden zum Beispiel als Prophetinnen bezeichnet. Sie verkünden das Wort Gottes und werden in kritischen Situationen um Rat gefragt. Eine herausragende Rolle nimmt Debora ein (Richter 4,4). Sie wird nicht nur als Prophetin bezeichnet, sondern hat auch die oberste Autorität, die es in der damaligen Zeit gab. Sie war Richterin in Israel und zu dieser Zeit unterlag die politische, rechtliche und geistliche Führung Israels den Richtern. Besonders auffällig dabei ist, dass aus dem Text hervorgeht, dass Deborah verheiratet war. Doch sie und nicht ihr Mann, wurde dazu auserwählt das Volk Gottes anzuführen.4 Über solche Texte äußert sich das Alte Testament nicht, es akzeptiert diese Frauen als Gottes Stimme. In vielen Geschichten des Alten Testaments wird zwar eine abwertende Frauenrolle beschrieben und der Frau in den meisten Fällen gehorsam gelehrt, doch können auch Frauen sich in dem Alten Testament in Füh-rungsrollen etablieren. Allerdings handelt es sich hier um von Gott ausgewählte Frauen. Diese besondere Beziehung einer Prophetin zu Gott lässt diese Frauen eine besondere Rolle in der damaligen Gesellschaft einnehmen. Die Frauen, die diese Beziehung nicht aufweisen konnten, hatten vermutlich, auch zu der Regierungszeit von Deborah, in der Gesellschaft keinen hohen Stellenwert.

Ein sehr negatives Frauenbild entstand allerdings in den letzten vorchristlichen Jahrhunderten.5 Ein besonderer Grund für die weibliche Diskriminierung lag sicherlich darin, dass die Juden zu dieser Zeit glaubten das Himmelreich werde noch zu ihren Lebzeiten eintreten. Als das Gottesreich ausblieb, mussten die Menschen davon ausgehen, etwas falsch gemacht zu haben. Da sich unter Anderem die Ansicht manifestierte, dass die Ursache für das Ausbleiben des Himmelreiches auf den Sündenfall zurückzuführen ist, wurde der Frau immer mehr Missachtung entgegengebracht. Es ging sogar soweit, dass die „Dreiheit von Frau - Sexualität - Sünde“6 aufgestellt wurde. Aufgrund solcher Auslegungen wurden Frauen gefürchtet, denn wegen ihrer erotischen Ausstrahlung war die Frau eine Gefahr für den Mann. Dem Mann wurde daher geraten Frauen zu meiden und sich keinesfalls in ein Gespräch mit ihnen verwickeln zu lassen. Selbst mit der eigenen Frau sollte der Mann so wenig wie möglich reden.7 Dies führte zu einer gesellschaftlichen Brandmarkung der Frau. Je länger der Messias ausblieb, desto weniger Akzeptanz fand die Frau in der von Männern geprägten Gesellschaft. Die beste Möglichkeit, sich von der sündigen Frau nicht verführen zu lassen, schien, sie zu unterdrücken. Sie sollte dem Willen des Mannes unterstehen, damit die leicht verführbare Frau8 nicht der Sünde verfalle. Äußerungen im Alten Testament, wie bei Jesus Sirach (2.Jh. v. Chr.) machen diese Einstellung besonders deutlich (Sir 25,24; Vgl. auch: Sir 42,11). Die Rabbis in der Zeit um Christi Geburt waren der Ansicht die Tora, das heilige Buch der Juden, lieber zu verbrennen, als sie einer Frau zum Lesen zu geben.9 Trotz der Versuche vieler Feminis-tInnen die positiven Aspekte des Alten Testaments in Bezug auf Frauen hervorzuheben, ist das Bild der „normalen“ Frau im Alten Testament ein sehr negatives. Frauen im Alten Testament können zwar eine besondere Gottesbeziehung nachweisen, und sie können auch unter dem Schutz von Gott stehen (Vgl. Sara in Gen 20,3), doch sind dies nur Ausnahmefälle gewesen und wurden daher von der damaligen patriarchalen Gesellschaft akzeptiert.

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