Die Advisoren Band VI

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Aus der Reihe: Die Advisoren #6
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Die Advisoren Band VI
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Justin Mader

Die Advisoren Band VI

Ze-Us oder das Grab der Götter

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Einleitung

Prolog

Kurzinhalt

Der Auftrag

Im Jawet-System

Beratungen

In einer fernen Vergangenheit, oder auch den Göttern schlägt einmal die Stunde

Schlagzeilen

In einem anderen Universum

Der Donner des Re

Flucht ins Irgendwo

Ägypten

Konsultationen

Apophis

Amun Re

Ad Astra

In einem fremden, jedoch vertrauten Universum

Qadešs

Der Weg zum Ziel

Die Entscheidung

Die neue Zeit

Fremder im eigenen Land?

Das Grab der Götter

Impressum:

Danksagung:

Quellen:

Justin Mader

Impressum neobooks

Einleitung

Die Advisoren Band VI

Ze-Us oder das Grab der Götter

Da es zum Teil etwas Kritik zu meinem kostenlos erschienenen Roman "Erstkontakt" gegeben hat, dass er zu kurz, oder eben zu schnell abgehandelt wurde, möchte ich nun einen neuen Roman, der das Thema nochmals aufgreift nachschießen. Der Grund für die Kürze des Erstkontakt-Romans war, dass ich bei einem Wettbewerb mitgemacht hatte, bei dem maximal 50.000 Zeichen enthalten sein durften. Aus diesem Grund habe ich den Roman auch damals kostenlos zur Verfügung gestellt und über 1.800 Downloads geben mir den Auftrieb den Roman auszubauen und überarbeitet herauszugeben. Ich habe den Roman natürlich in meine Romanserie "Die Advisoren" eingebunden und einen neuen Konnex mit neuen Charakteren und somit auch eine Fortsetzung zu dieser Serie geschaffen.

Ich hoffe er gefällt euch!

Mit freundlichen Grüßen

Euer Justin Mader

Prolog

Bei außerirdischen Intelligenzen erhebt sich natürlich immer die Frage, wie ein möglicher Erstkontakt mit so einer fremden Lebensform ablaufen könnte. Würde es friedlich zugehen, oder würde die Aggression einer der beiden Spezies obsiegen?

Wären es friedfertige Forscher, die nur auf die Erkenntnisse der Wissenschaft aus wären, wie dies ein Carl Sagan einmal postuliert hatte. Eine Spezies, die so viele Milliarden von Kilometer zurückgelegt hat, kann technologisch nur reif sein. Allerdings muss sie auch moralisch so reif sein?

Oder würden es aggressive Eroberer sein, die die Macht und den Willen der Vernichtung in sich tragen würden? Hat diese Spezies eine Botschaft die sie verbreiten will und somit einen Grund für ihre Expansion? Will sie also die Völker des Universums missionieren und ist deshalb zu solch einer Expansion bereit? Sind es also aggressive Fanatiker, denen wir vielleicht begegnen werden, wie dies der berühmte Kosmologe und Physiker Stephen W. Hawking vermutet?

Oder sind all diese Überlegungen und Gedanken über Moral und Ethik rein menschlicher Natur und in der Ewigkeit des Kosmos völlig irrelevant? Und ticken ET & Co vielleicht gänzlich anders?

Die Zeit wird es uns zeigen!

Kurzinhalt

Nachdem der Friedensvertrag von Newet abgeschlossen ist, wollen unsere Helden Lilian und Raphael wieder nach Hause in ihre Wirklichkeitsebene. Doch es läuft anders als sie es sich vorstellen. Inzwischen kommt ein großes unheimliches Ereignis auf die Menschen der Erde zu. Die Götter versuchen das letzte Aufgebot gegen die siegreichen Terraner aufzustellen. Doch die Zusammenhänge sind anders geartet als vermutet und ein großer Gott tritt ab, nicht ohne ein Zeichen gesetzt zu haben. Doch eine Frage stellt sich, ist die Erde nur für ihn das Grab der Götter?

Der Auftrag

Wirklichkeitsebene: Ebene 3

Ort: In der Nähe des Solsystems

Zeit: Vor ca. sieben Jahren

Person: Am-Schut

Der Böse!

Klick – Srrr – Klack.

Klick – Srrr – Klack.

Das Geräusch war monoton aber einprägsam.

Und noch einmal.

Ein kurzer Impuls über mein Astrolab zu meinem Waffengürtel und der automatische Holster warf den Ank-Blaster aus.

Klick!

Ich musste meinen rechten Arm nur leicht angewinkelt halten und die Waffe rutsche fast selbsttätig in meine Hand. Ein kleiner Ruck nach oben, ein leichter Druck auf den Auslöser und …

Srrr!

… das virtuelle Target wurde von der Waffenwirkung in zwei Hälften geschnitten.

Eine leicht rotierende Bewegung mit der Hand und …

Klack!

… die Ank rastete wieder im Holster ein. Leicht strich ich über die funkelnde Ank 22/10, ein Schmuckstück in meinem Besitz. Sie war wunderschön mit Elektrum ziseliert und trotzdem von unglaublicher Präzision und das über mehrere Kalis hinweg. Dann zog ich die Waffe zärtlich aus dem Holster und polierte mit etwas Waffenöl und einem Putztuch über das geschwungene Griffstück und dem spiralförmig gezogenen Lauf, der von der Überschlagsenergie der Djed-Kondensatoren leicht perlmutfarbig schimmerte.

Meine mortalen Werkzeuge pflegte ich stets liebevoll, sodass derartige Jobs für mich fast schon zu einer Art von Routine gerieten. Jedoch ich war überzeugt, exakt darin lag die größte Gefahr. Routine bedeutete Sorglosigkeit und Sorglosigkeit konnte jederzeit das Ende bedeuten, besonders in meiner Branche. Deshalb war Übung und die Wiederholung der Abläufe von unverzichtbarer Notwendigkeit.

„Na, kannst Du es endlich?“

Sarkastisch kamen diese Worte von ihm.

„Aber halt doch den Schnabel!“

Dabei hatte er gar keinen Schnabel. Nur durch das Wunder der Technik und über die zahlreichen an ihm angebrachten Sensoren übermittelte Este Volante mir seine Gedanken. Denn von einem radiärsymmetrischen Lebewesen mit Hydroskelett konnte man eigentlich keine Lautäußerung erwarten. Este Volante war mein Newetwurm und er schwamm dort drüben auf dem Besprechungstisch in seiner Nährlösung in einer allseitig abgeschlossenen Box. Ich war froh diesen Wurm nicht sehen zu müssen, denn seine aufgedunsene weiße, sich nach glitschigem Leichnam anfühlende Haut sah nicht besonders erbauend aus.

Damals, also vor rund sechstausend Jahren waren sie zu uns gekommen und hatten sich in meinem Volk eingenistet. Es passierte von einem Tag auf den anderen. Ein Expeditionsleiter war bei seinen Forschungsreisen auf diese Würmer gestoßen. Er untersuchte eines dieser schlangenähnlichen Dinger. Aber bevor er es verhindern konnte, bohrte sich einer der Würmer in seine Halsregion. Unsere Mediker wollten das Ding sofort aus ihm herausoperieren, aber unmöglich, es war bis in seine Hirnregion vorgedrungen und hatte sich mit dem Hypothalamus des Wissenschaftlers verbunden. Die Besorgnis war groß, da sich der Expeditionsleiter vehement wehrte den Wurm zu entfernen. Jedoch nach einigen Tagen benahm er sich wieder völlig normal und zeigte keine Anzeichen einer Beeinflussung. Normal, nun nicht ganz. Denn auf einmal legte er unglaubliche Eigenschaften an den Tag. Er konnte unlösbare erscheinende Gleichungen lösen, zu dem jeder andere einen Tag am Großrechner benötigte. Unsere Wissenschaftler stellten fest, dass diese Würmer intelligent waren und den Träger mit segensreichen Fähigkeiten ausstatteten. Die Newets, wie sie sich nannten, eröffneten uns durch ihre Anwesenheit eine vielversprechende Zukunft. Und sie hielten auch ihr Wort – mehr oder weniger. Die meisten meines Volkes sahen diese Würmer somit als symbiotisch an und nahmen sie schließlich nur allzu gerne und freiwillig in sich auf.

 

Egal, was die andern denken, ich sehe in diesen Dingern jedoch eindeutig eine parasitäre Lebensform, die Körper wie die unseren benötigt um zu überleben. Und ich will ja niemanden kritisieren, aber scheinbar ist es einfacher, den Gedanken eines anderen Lebewesens zu folgen, als selbst über die eigene Situation nachzudenken. Doch auch ich kann nicht abstreiten, dass die großartigen technischen Entwicklungen und evolutionäre Erfolge bei meinem Volk erst begannen, als die Newetwürmer uns vereinnahmt hatten. Und die Mehrheit der Führungsschicht meiner Spezies dachte und denkt genauso.

Eigentlich sollte einer dieser Newetwürmer ja auch in meiner Halsregion wohnen und direkten Kontakt mit meinem Gehirn haben. Jedoch nicht mit mir, ich war anders. Ich wollte stets ich selbst sein und mich auf meine eigenen Gedanken und Reflexe verlassen. Deshalb krümmte sich Este Volante dort drüben in einer Box und nicht in mir. Dass ihm das natürlich nicht ganz recht war, wusste ich, ich würde es jedoch nie ändern.

Einmal hatte er mich fast überrumpelt und war mitten in der Nacht, als ich schlief, aus seiner Nährlösung gekrochen und näherte sich mir. Nur ein halber Meter fehlte noch, dann hätte sich dieses Ding untrennbar mit mir verbunden. Doch bevor er seine ringförmigen Zähne ausfahren und sich in meinen Körper bohren konnte, weckten mich meine geübten Reflexe und ich erwischte ihn gerade noch. Mein erster Gedanke war, sein rückgratloses Dasein sofort zu beenden. Allerdings würden sich damit ein paar Probleme ergeben, die ich nicht ignorieren durfte. Somit beließ ich es damit, sein Gefängnis unüberwindbar zu machen.

Denn mittlerweile waren die Newetwürmer unsere wahren Herrscher und es wäre mir nicht gut bekommen, ihn zu terminieren. Und…, sie hätten mir dann zwangsweise einen anderen Wurm verpasst, das konnte ich nicht riskieren. Außerdem waren seine Tipps auch nicht immer schlecht und halfen mir über so manche Momente der Einsamkeit und der Langeweile hinweg. Eine Zeitlang hatten wir ein gespanntes Verhältnis zueinander, inzwischen quatscht er mich wieder mit seinen Kommentaren voll. Obwohl er immer noch in der allseitig umschlossenen Box hauste, hatte er sich so langsam an die Situation gewöhnt, hoffte ich zumindest.

Außerdem konnte mich niemand zu meinem Glück zwingen, also so einen Newetwurm im Hirn zu tragen. Denn ich war einfach zu gut in meinem Job.

Ach ja, mein Job.

„Glaubst Du wirklich, dass Solumtee eine Chance gegen dich hat? Und übst Du deshalb so intensiv mit der Ank?“, bohrte mein Wurm nach. Also ob ich diese Übung nicht schon seit tausenden von Jahren perfekt beherrschen würde.

„No, aber Du kennst doch meine Neurose zum Perfektionismus!“ antwortete ich lässig, in der Hoffnung ihn zu provozieren. Denn Neurosen hatte ich in den letzten fünftausend Jahren nie gehabt, ich nicht! Schade, er schwieg nur einfach dazu.

Solumtee war ein Erzschürfer mit zweifelhaftem Ruf. Außerdem hatte er sich mit seinem „Geschäftspartner“, namens Anzuvie etwas entzweit. Nur deshalb hatte ich von dieser „Konkurrenzfirma“ den kleinen Auftrag erhalten, nämlich ihn zu killen, egal wie. Hauptsache es war endgültig und … der Preis stimmte.

Ich musste fast einen Monat lange recherchieren, bis ich ihn ausfindig machen konnte. Doch nun hatte ich ihn. In einer kleinen Mine, mitten in einem Asteroidengürtel. Eine kleine Bar mit wenig Publikum.

Ich ging in meine Waffenkammer, legte meine Ausrüstung an, zog meinen Waffengurt straff und schritt mit wiegenden Schritten zu meinem Zubringerschiff. Ich aktivierte die Tarnschirme und schwebte damit langsam auf die steinige Wüste des Asteroiden zu, wo ein paar silbrig glänzenden Kuppelbauten standen. Das Schiff befestigte ich so nah an der Bar wie möglich. Nur für den Fall der Fälle.

Laute, rhythmische Musik drang mir aus der kleinen Spelunke entgegen. Der Geruch von betäubenden und süchtig machenden Substanzen durchzog den Raum, sodass meine Geruchsnerven rebellierten. Der Barkeeper putzte gerade geflissentlich ein stark geschwungenes Glas. Was er sich eigentlich schenken konnte, denn der Tresen wies eine ein Millimeter hohe Schmutzschicht auf.

Als ich den Raum gemächlich betrat, verstummten auf einmal alle Gespräche und auch die Musik verging mit einem Schlag. Eine tödliche Stille breitete sich aus. Alle Blicke richteten sich auf mich und … meine Ank im Waffengurt.

„Kann ich Solumtee sprechen?“ fragte ich den Barmann.

Ein erschrockener Blick in die Runde und ein Zucken des Kopfes deuteten auf ein Zimmer im oberen Stockwerk. Ich nickte höflich und justierte eine Schaltung am Waffengurt. Mit aktiviertem Antigrav schwebte ich langsam aufwärts. Eine Stufe konnte knarren, ein Antigrav hingegen war lautlos. Obwohl…, er müsste die veränderte Situation längst gemerkt haben. Aber auch ich hatte ihn bereits durch die einzige dort oben befindliche Tür lokalisiert. Ich spürte richtig seine Anwesenheit. Kalter Schweiß hatte eine ganz bestimmte Geruchsmarke. Die Tür war für mich oder meine Ank kein Hindernis.

Klick – Srrr – Klack – Wumm.

Alle Achtung, hatte er hinter der Tür doch tatsächlich einen Warpwerfer auf mich gerichtet gehabt. Tja, abgedrückt allerdings noch nicht. Nun lagen die Reste der Waffe in tausend Splitter verstreut in der Ecke, nachdem die Ank sie in der Mitte traf und sie zum Explodieren brachte. Er schrie vor Schmerz auf, da sich die Splitter der Waffe in seine ledrige Haut gebohrt hatten, gelbgrünes Blut quoll aus den Wunden, speziell aus seiner rechten oberen Extremität. Este Volante hätte sich geschüttelt, er konnte kein Blut sehen, aber so war nun mal mein Job. Komisch, dass ich gerade in dieser Situation an Este Volante denken musste. Eigentlich sehr komisch sogar. Weshalb konnte der Wurm eigentlich kein Blut sehen? Seine genetischen Sinne würden sich ohne zu zögern in einen organischen, gut durchbluteten Leib bohren, wenn er die Möglichkeit dazu hätte. Kein Blut, pah!

.

„Was, was willst Du von mir? Ich kenne Dich nicht!“, keuchte Solumtee erschreckt und drückt seine andere Hand auf die blutende Wunde. Ich schritt langsam durch die zerstörte Tür, die eigentlich nur mehr in Bruchstücken vorhanden war. Interessiert blickte ich auf die seitlichen Scharniere, die trotz der Zerstörung noch immer ihren Dienst versahen.

„Ich Dich auch nicht, ich erledige hier nur meinen Job. Nimm es also nicht persönlich, es ist nur wegen eines Auftrages“, lächelte ich beruhigend.

„Hast Du einen Wurm im Hirn? Weshalb willst Du mich umbringen? Ich habe Dir nichts getan!“ zornerfüllt brüllte er mich an. Doch ich lächelte ihn nach wie vor an. Es war immer dasselbe. Sie wollten ihr Schicksal einfach nicht akzeptieren. Seine weitere Zukunft vor Augen flehte und bettelte er, „Bitte, bring mich nicht um. Ich kann Dich reich belohnen. Ich habe hier in diesem Raum große Vermögenswerte. Bitte, bitte lass mich am Leben!“

„Welche Vermögenswerte?“

„Abgepasstes, in Gold gepresstes Elektrum.“

„Wie gesagt, es ist nichts Persönliches, es ist nur ein Auftrag.“

„Ja, aber von wem?“

„Von deinem Konkurrenten, Anzuvie!“

„Dann bring doch ihn um, hier hast Du meine ganzen Elektrumvorräte!“

„OK, wirklich? Ein neuer Auftrag?“

„Ja! Und jetzt lass mich gehen…“

Klick – Srrr – Klack.

Entsetzt riss er die Augen auf

„Aber…“

Sein Leben erlosch.

„Tja, es tut mir sehr leid, aber Auftrag ist Auftrag.“

Ich fertigte mit den Sensordrohnen aus meinem Waffengurt ein Bild von Solumtee an und ließ mir das Ende seiner Vitalfunktionen für Anzuvie bestätigen. Sonst würde der Geizhals meine Belohnung nicht springen lassen.

Langsam steckte ich dann die Elektrumvorräte ein und stieg die Treppe hinab in den Barraum. Die Treppe knarrte tatsächlich. Alle Gäste blickten mich entsetzt an. Dem verdatterten Barkeeper gab ich ein paar der Elektrumnuggets.

„Dafür, dass Du die Schweinerei im oberen Stock wegräumst, die Tür war sicherlich teuer.“ Wohlgemuth, ein Liedchen trällernd, verließ ich die Spelunke.

Ich hob mit dem Zubringerschiff ab und ich musste nicht allzu weit fliegen, um zu meinem Auftraggeber Anzuvie zu gelangen. Mit der Nestru war die Strecke zu ihm nicht mal eine Nemetwurmlänge.

„Nun, alles erledigt?“, fragte er. Geschäftig ging er gerade eine Tabellenkalkulation auf seinem Rechner durch.

„Ja, alles erledigt“, lächelte ich ihn kalt an, als ich die Prämie in Empfang genommen hatte, „ich habe übrigens einen neuen Auftrag. Und wenn wir schon dabei sind, schöne Grüße von Solumtee!“

Klick – Srrr – Klack.

Erschreckt starrte er mich aus ungläubigen, tot geweiteten Augen an. Ich zuckte nur mit den Achseln.

Denn immerhin hatte ich meinen Berufsstolz und Auftrag ist Auftrag. Und irgendwie sah ich die Lösung als gerechter an. Und gerecht sein, das war einfach ein verdammt gutes Gefühl, noch dazu, wenn man bei einem Auftrag gleich zwei Prämien kassieren kann.

Drei Monate später:

Langsam glitt die Nestru durch die Schwärze der Unendlichkeit. Ein Hauch von Erhabenheit durchzuckte meinen Geist, als ich weit in der Ferne eines dieser Fanale des Lichtes in der Fernortung wahrnehmen konnte. Fast hatte ich die programmierten Zielkoordinaten erreicht und bald würde ich neuerlich mit meiner destruktiven Arbeit beginnen.

Mein Schiff war ursprünglich als gigantischer Erzfrachtschiff konstruiert worden. Es entsprach mit seinen über fünfzehn Kalis Länge, was etwa ein Komma vier Kilometern entsprach, einem Kreuzer unserer alten Sobek-Klasse. Aber es hatte zahlreiche Modifikationen erfahren und war von mir stets auf den letzten Stand der Technik gebracht worden. Lange spiralförmige Ausleger waren seitlich am Rumpf angebracht. Doch diese Ausleger enthielten schon längst nicht mehr gewichtige Erzkontainer, sondern zahlreiche, zierlich anzusehende, antennenartige Waffensysteme. Das Schiff war ursprünglich für eine sechzigköpfige Mannschaft gebaut worden, doch durch meine Modifikationen konnte es autark agieren und ich musste nur geringfügig in die Schiffsautomatik eingreifen.


Der neue Auftrag den ich jetzt zu erledigen hatte war wichtig und ich hatte ihn mir tausendmal memoriert. Nicht so ein kleiner Zwischenauftrag wie der vor drei Monaten. So kleine Mordaufträge gegen nur eine einzige Person waren im Normalfall auch nicht mein Ding. Aber ich musste auch von etwas leben. Und zur Not frisst der Teufel auch Fliegen. Diesmal ging es jedoch um mehr, um viel mehr. Wenn ich diesen Auftrag nicht minutiöse erfüllen könnte, würde es das Ende meiner Spezies bedeuten. Zwar nicht sofort, aber in einigen Jahrzehnten. Zumindest hatten es mir meine Auftraggeber so vermittelt. Woher sie das wussten, keine Ahnung, es interessierte mich auch nicht. Ich wusste lediglich wie ich meinen Auftrag auszuführen hatte und vor allem bis wann. Es musste ein minutiöser Zeitplan eingehalten werden, sonst war meine Chance vertan.

Deshalb vollzog ich neuerlich alle von mir bereits tausende Male erfolgten Sicherheitschecks, ging alle Protokolle nochmals durch, doch wie nicht anders zu erwarten, alles war bereit.

„Ordnungsperfektionist“, schimpfte Este Volante, „Du glaubst es zwar nicht, aber Du hast tatsächlich einen Schuss in der Birne, also eine Zwangsneurose! Na, hast Du heute eigentlich schon deine Schießübungen gemacht. Klick – Srrr – Klack. Haha, wo bleibt denn das Geräusch? Bist Du schon so gut? Und das nach drei Monaten Pause in einem zeitabsorbierenden Stasisfeld? Bedenke, wer rastet, der rostet, ha, ha, ha!“

Ich blickte wütend in den Hyperraum, der als schwarzgrauer Tunnel an meinem Schiff vorbeizuhuschen schien. In Wirklichkeit waren es aber nicht die Tunnelwände, die da an mir vorbeizogen, sondern das Raumschiff selbst glitt mit fast 2,1-millionenfacher Lichtgeschwindigkeit durch den Tunnel hindurch.

„Was ereiferst Du dich so, mein Spickzettelchen?“, antwortete ich mit gleichem Sarkasmus.

Ich wusste, Este Volante bedeutete in seiner Sprache so viel wie „Steuerrad des Osten“, oder poetisch ausgedrückt „Lenker der aufgehenden Sonne“. Nur man konnte es in der heutigen Zeit modern auch anders übersetzen, nämlich „Handout“ oder aber auch „Spickzettel“! Und im Grunde waren Newetwürmer für meine Empfindung auch zu nichts Anderes zu gebrauchen. Nämlich als Notizblöcke, in die man Daten eingeben konnte und aus denen in weiterer Folge gefilterte Ergebnisse, jedoch mit bemerkenswerten Lösungsoptionen herauskamen.

 

„Eine Frechheit sondergleichen! Meinen wunderschönen Namen so zu verunglimpfen“, brach es aus meinem Newetwurm hervor, „ist Dir etwa fad? Oder hast Du etwa gar eine neue gedankliche Gehirnflatulenz die dich quält, weil du keine Ahnung hast, wie du den Auftrag erfolgreich ausführen sollst?“

Es war mir zwar nicht nach solchen Gesprächen und ich war auch nicht der Typ von großen Worten… und doch… vielleicht kam ich durch die Reflexionen meines Newetwurms zu neuen Erkenntnissen. Aber ich war nicht so dumm, Este Volante direkt darauf anzusprechen. So, als ob ich ihn nicht gehört hätte, musterte ich den dunklen Tunnel. Erst eine kleine Lektion für meinen Wurm, dann die Erkenntnisse.

„Ist Dir bewusst, dass andere Völker diesen Schlund da vor uns, eher als Wurmlochtunnel oder als eine Einstein-Rosen-Brücke, empfinden würden?“, dozierte ich. „Nur ist dies in Wirklichkeit ein 'durch die Abschirmung der von außen wirkenden Schwerkraftstrahlung in den Normalraum gestanztes Pseudo-Blackhole, das jeweils vor dem Raumschiff projiziert wird und das einerseits die friktionslose Vorwärtsbewegung erlaubt, als auch andererseits die hohe Beschleunigung verursacht. ’ Wie es im Benutzerhandbuch so schön steht. Und diesen Antrieb hat mein Volk vor nunmehr schon rund fünftausend Jahren entwickelt, es ist ein sogenannter Tachyonenantrieb.“

„Falsch, falsch“, wand Este Volante ein, „wir haben ihn erfunden, wir!“

„Ach halt doch den Schnabel!“

„Natürlich, zuerst die Lorbeeren selbst einheimsen wollen und dann sich nicht eingestehen können, dass man falsch liegt!“ Este Volante verdrehte seine nicht vorhandenen Augen und es sprudelte nur so aus ihm heraus.

„Diese Tachyonen, das ist klar, sind nach mittlerweile schon lange überholter Vorstellung rein hypothetische Teilchen, die nie nachgewiesen worden sind. Sie sollten eben stets mit einer Geschwindigkeit, die größer als die Vakuumlichtgeschwindigkeit c wäre, dahineilen. Ihre Masse wäre imaginär, das heißt, das Quadrat ihrer Masse wäre negativ. Und da einer rein imaginären Ruhemasse bis damals keinerlei physikalische Entsprechung zuzuordnen war, waren Tachyonen früher eine rein mathematische Kuriosität ohne jede reale Bedeutung.“

Siehe da, siehe da, schon hatte ich ihn am Haken.

„Richtig, doch durch die Erkenntnisse, die ein kluger Wissenschaftler meines Volkes…, ok, oder meinetwegen auch einer von euch Newets, gewonnen hat, weiß man es nun besser. Die Tachyonen haben eindeutig eine negative Masse und wirken daher auf normale Materie abstoßend, das heißt also antigravitativ. Und beweisen damit, dass es in der Wirkweise so etwas Ähnliches wie die sog. 'Dunkle Energie' gibt, die eben gleichbedeutend mit der permanent vorhandenen Tachyonenstrahlung ist. Doch diese 'Dunkle Energie' ist nicht auf gewisse Regionen des Kosmos beschränkt, sondern wirkt überall, aber eben vektorisiert, abhängig von der umgebenden 'normalen’ Materie.“

„Gähn. Ja, aber das weiß ohnehin jedes Kind!“

Ich schluckte, ja er hatte natürlich recht, aber ich würde meinen Gedankengang fortführen, ob es ihm nun passte oder nicht. Ohne intellektuelle Herausforderung und einem Ansprechpartner würde ich hier heraußen allein in den Tiefen des Alls wahrscheinlich wahnsinnig werden. Außerdem war da noch die Kleinigkeit mit dem Auftrag. Vielleicht kam da noch etwas.

„Die erstaunlichste Schlussfolgerung daraus aber ist“, rekapitulierte ich daher, „dass diese antigravitative Wirkung der Tachyonen der tatsächliche Verursacher einer bisher völlig als selbstverständlich angesehenen Kraft ist.“

„Weiß ich natürlich, nämlich der Schwerkraft! Aber was soll mir das bringen? Hier in der Nährlösung kommt es auf die Viskosität, die Oberflächenspannung und den Auftrieb an. Ja und wie viel Energie Du mir durch diese saure Lösung zugestehst.“

„Ja, aber der Auftrieb in deiner Nährlösung wirkt so ähnlich wie der Tachyonendruck. Auch der ist allgegenwärtig, er durchdringt jegliche normale Materie, wird jedoch von dieser zum Teil abgestoßen, abgebremst und somit zum Teil seiner kinetischen Energie beraubt. Was zur Folge hat, dass der Grund der Anziehungskraft eines Planeten eben der von außen auf den Planeten wirkende Tachyonendruck ist. Er übt dadurch auf die normale Materie einen Impuls aus. Von der Planetenseite her ist die Wirkung der Tachyonen und somit der Druck geringer, da hier eben die Materie des Planeten den Druck reduzierte bzw. die Energie der Tachyonen verringert. Und dieser Druckunterschied erzeugte eben die Schwerkraft, oder eben das was die Wissenschaft oft in früheren mythischen Abhandlungen als 'Masse’ oder als 'Higgs-Mechanismus’ bezeichnet hatte. Im freien Weltall ist der Druck nicht messbar, da er von allen Richtungen gleichförmig auf jedes Objekt wirkt und sich somit aufhebt.“

„Woher kommt es eigentlich, dass vernunftbegabte Wesen sich so einen Nonsens, wie die Higgsteilchen ausdenken können? Das sind doch nur spontane, temporär sehr kurzlebige Energieemissionen, die bei Photonenkollisionen entstehen und dann wieder vergehen. Und das ohne weitere Konsequenzen.“

Er hatte natürlich recht, im Nachhinein betrachtet, waren diese Überlegungen Fehlentwicklungen gewesen.

„Ja, ja, natürlich. Was wären wir nur ohne euch Newetwürmer und eure unendliche Arroganz. Ja, da haben wir geirrt. Aber geschadet hat es keinem.“

Längst hatte ich es mir hinter meiner zentralen Steuerkonsole bequem gemacht und blickte gedankenversunken in den unendlichen Tunneln des Überraums. In meinen kleinen grauen Zellen arbeitete es jedoch mit Hochdruck. Tachyonendruck, Gravitation, Leben in der Abgeschiedenheit einer Nährlösung, zusätzliche Energiezufuhr… Langsam kristallisierte sich für mich, dank meiner Reflexionen mit dem Newetwurm ein neuer Gedankengang für die Lösung meiner Aufgabe heraus.

„Diesen Druck kann man jedoch auch künstlich mit speziellen Vorrichtungen, wie beispielsweise rotierende, gepulste elektromagnetische Felder beeinflussen. Mit diesen Magnetfeldern wird somit diese Druckstrahlung einseitig abgeschirmt und der damit ausgestattete Flugkörper wird dadurch in diese eine Richtung mit atemberaubender Geschwindigkeit beschleunigt, da von der anderen Seite der überlichtschnelle Tachyonendruck ja noch wirkt. Und wenn man das Ablenkfeld um das gesamte Schiff schließt, wird damit quasi ein in sich geschlossener Raum geschaffen, in dem die Gesetzte des Kosmos nicht mehr gelten, also keine Schwerkraft, aber auch keine Massenträgheit existent ist. Denn Massenträgheit ist lediglich der Gegendruck gegen den von den Tachyonen erzeugten Primärdruck. Somit kann man mit Beschleunigungen agieren, die im Normalfall jeden Gegenstand sonst zerquetschen würde. Jeder noch so kleine Impuls, der auf diesen nunmehr schwere- und masselosen Gegenstand wirkt, hat unmittelbar eine Beschleunigung zur Folge, da der Gegenstand ja keinerlei Massenträgheit mehr besitzt.“

Ein leises Schnarchgeräusch drang aus der Box. Wollte mich der Kerl jetzt provozieren, oder war er tatsächlich eingeschlafen? Vielleicht konnte man ihn durch diese Belanglosigkeiten wirklich aus dem Konzept bringen? Ob er doch noch lauschte, würde ich merken, wenn ich ihn beim Weiterreden ein bisschen provozierte.

„Diese Technologie, die bisher eher als Zauberei angesehen wurde, hatte vor nunmehr fünftausend Jahren einen richtiggehenden Boom und einen Technologieschub in meinem Volk ausgelöst. Die gesamte bisherige Technologie war über den Haufen geworfen worden und die Tachyonentechnologie wurde nunmehr zu dem bestimmenden Faktor in meinem Volk. Denn ein mit Tachyonentechnologie angetriebener Antigravtransporter konnte viel mehr Leistung erbringen als ein normaler mechanischer Arbeitskran.“

Ich kontrollierte nun die Sensorphalanx der Newetbox genau.

„Aber nicht nur die technologischen Voraussetzungen änderten sich durch diese neue Erkenntnis, sondern auch die sozialen. Denn nicht alle meines Volkes konnten sich diese revolutionären Neuerungen auch leisten. Die Schere zwischen Arm und Reich klaffte immer mehr auseinander. Das einfache Volk wurde nun als billige Arbeitskraft ausgenutzt und die elitäre Klasse die diese neuen Technologien nutzte, entwickelte sich zuerst zu einer Oligarchie und schließlich zu einer Geheimorgansation, die ängstlich darauf achtete, dass diese Technologie nicht in fremde Hände geriet. Diese fortschrittliche Technik garantierte nämlich, dass dieser Cyrcle immer mehr Einfluss erhielt.“

Keine Reaktion von meinem Wurm! Dabei müsste es ihn ja treffen, da diese negative Entwicklung primär von seiner Spezies ausgegangen ist.

„Als es zur ersten Begegnung mit einem Fremdvolk in den Weiten des Universums kam, bewährte sich diese Art der Regierung und das andere Volk zog den Kürzeren. Was die Macht der Wenigen weiter stärkte. Die Regierung nahm nun das Zepter immer mehr in ihre Hände und setzte ihre Position nicht nur gegen das eigene Volk, sondern nun auch immer mehr gegen andere Völkerschaften ein.

Meine Spezies wurde immer mächtiger und keiner konnte es schließlich mit uns aufnehmen. Doch es war wie ein Zwang. Der Cyrcle wurde einerseits immer mächtiger, sodass sich unsere Mächtigen schließlich als Gottkönige sahen, die niemand bezwingen konnte, aber andererseits stieg auch die Angst, dass es da draußen doch noch ein Volk geben könnte, das es mit ihnen vielleicht aufnehmen könnte. Die Schlussfolgerung daraus war nur logisch und konsequent. Mein Volk musste seine Macht immer schneller und destruktiver verbreiten und weitere Völker in seinen Bann zwingen. Es musste ein riesiges Heer von willfährigen Vasallen gebildet werden, um jede Regung anderer Völker im Keim ersticken zu können.“