Nackte Brüste sind unsere Waffen

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Nackte Brüste sind unsere Waffen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Nackte Brüste sind

unsere Waffen

Nacktheit & Protestbewegung

Jürgen Prommersberger:

Nackte Brüste sind unsere Waffen – Nacktheit & Protestbewegung

Regenstauf , Juli 2016

Alle Rechte bei:

Jürgen Prommersberger

Händelstr 17

93128 Regenstauf

Vorbemerkung

Als oben ohne, busenfrei, barbusig und topless bezeichnet man umgangssprachlich das Zeigen des nackten weiblichen Oberkörpers mit unbedeckten Brüsten. Im 17. Jahrhundert war es in England zeitweise üblich, dass Frauen eine oder auch beide Brüste unbedeckt ließen. Auch in anderen Epochen – so zum Beispiel in der minoischen Kultur und nach der französischen Revolution – gab es immer wieder die Mode, die Brüste nicht zu bedecken. Sogar im 20. Jahrhundert wurde im Sportunterricht das Turnen mit freiem Oberkörper auch für Mädchen propagiert.

Das Baden mit Höschen, aber ohne Bikini-Oberteil wurde an den öffentlichen Stränden Europas im Laufe der siebziger Jahre mehr und mehr toleriert. Vorreiter war dabei die Avantgarde zum Beispiel an Stränden von Saint Tropez (Frankreich) oder Ibiza (Spanien) bereits in den 1960er Jahren. Seit den 1980er Jahren ist in Westeuropa oben ohne an den Stränden und öffentlichen Badestellen sowie in einigen wenigen Freibädern, außenliegenden Hotelpools und Parks geduldet, allerdings ist die Grenze zwischen Erlaubtem und Unerlaubtem bei diesem Thema regional unterschiedlich. So ist zum Beispiel der Englische Garten in München für seine Oben-ohne-Kultur bekannt.

Gründe für das (Sonnen-)Baden oben ohne sind unter anderem der Wunsch nach vollständiger Bräunung oder gesundheitliche Gründe (allerdings lediglich geringere Erkältungsgefahr durch weniger nassen Stoff). Vor allem in außereuropäischen Ländern gibt es nach wie vor sittliche oder ästhetische Bedenken. In Ländern, in denen Religion eine große Rolle spielt, insbesondere in der arabischen Welt, sind oben ohne und FKK sogar verboten. In Kuba gilt oben ohne als Zeichen westlicher Dekadenz.

Topless als Protestform

Außerhalb von Stränden und Badestellen ist oben ohne im europäisch-westlichen Kulturkreis nur gering verbreitet. Oft wird es als Form des öffentlichen Protests eingesetzt, so z. B. auf Demonstrationen. 1968, im Jahr des Studentenprotests, ließen Frauen in einem Gerichtssaal ihre Oberbekleidung fallen, um gegen die „Klassenjustiz“ zu protestieren.

Im angloamerikanischen Raum ist oben ohne bei Frauen entweder als sozial inakzeptabel deklariert oder sogar bei Strafe verboten, dies gilt mitunter sogar für den Strand. Aber auch in Kontinentaleuropa existieren Situationen, in denen ein freier männlicher Oberkörper als akzeptabel angesehen wird, wohingegen dies bei Frauen nicht toleriert wird. Gegen diese Praxis formiert sich in jüngster Zeit Widerstand von verschiedenen Gruppen, die, insbesondere in den USA unter der Sammelbezeichnung „topless equality“ bzw. „topfreedom“, für eine Gleichbehandlung vor dem Gesetz eintreten. Die Forderung lautet dabei, dass es Frauen überall dort gestattet sein muss, sich oben ohne zu bewegen, wo Männer dies auch dürfen.

Go Topless Day

Topfreedom ist der Oberbegriff für eine politisch-kulturelle Bewegung im Rahmen der Geschlechtergleichstellung, die sich dafür einsetzt, dass Frauen und Mädchen das gleiche Recht haben sollten wie Männer und Jungen, sich in der Öffentlichkeit mit nacktem Oberkörper zeigen zu können. Sie setzt sich zusätzlich für das Recht von Frauen ein, in der Öffentlichkeit zu stillen und oben ohne sonnenzubaden. Zugehörige Veranstalter und Organisationen sind unter anderem GoTopless, die Topfree Equal Rights Association in den USA sowie in Schweden Bara Bröst und in Dänemark die Topless Front.

Ein Go Topless Day (auch National Go Topless Day, International Go Topless Day) wird zumeist um den US-amerikanischen Women's Equality Day am 26. August begangen. Die Organisation GoTopless wurde von dem Journalisten und Ufogläubigen Claude Vorilhon, auch als Raël bekannt, in Nevada gegründet. GoTopless hat sich seitdem auch in anderen Ländern etabliert. „As long as men can go topless, women should have the same constitutional right or men should also be forced to wear something that hides their chests. (Solange Männer sich oben ohne in der Öffentlichkeit bewegen können, sollten Frauen das ebenso zugestanden bekommen oder Männer gezwungen werden, ihre Brust zu bedecken.)“

Veranstaltungen

Der Go Topless Day (auch National Go Topless Day, International Go Topless Day) ist eine jährlich stattfindende Veranstaltung, die Frauen bei der Durchsetzung von Topfreedom unterstützt. Das Event wurde 2007 von der amerikanischen Organization Go Topless eingerichtet.

Der erste Go Topless Day fand 2008 in den USA statt, in Kanada 2011 und 2012 am 26. August in den USA, Kanada, Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz. Die Topfree Equal Rights Association in den USA unterstützt betroffene Frauen bei Rechtsstreitigkeiten und veranstaltet Demonstrationen. In Schweden wurden die Aktivistinnen von Bara Bröst mit ähnlichen Aktionen bekannt, in Dänemark die Topless Front.


Copyright Elvert Barnes

International Women's Day Marsch auf das Weiße Haus


Copyright dieses und folgendes Bild: Mark Lidikay

Frau demonstriert topless gegen das Verbot öffentlicher Nacktheit in San Francisco



Copyright dieses und die nächsten vier Bilder: SFWheelchair


eine Frau demonstriert splitternackt gegen das Verbot öffentlicher Nacktheit in San Francisco

Vereinigte Staaten von Amerika, New York

New York ist ein Bundesstaat in den Vereinigten Staaten von Amerika, in dem sich Frauen legal „oben ohne“ in der Öffentlichkeit bewegen dürfen. 1992 hat dies das höchste Gericht im Staat geurteilt. Das bedeutet, jede Frau kann sich „oben ohne“ in der Stadt frei bewegen, zu jeder Zeit und überall.

Deutschland

In Deutschland sind die öffentliche Nacktheit und damit die Nacktheit der Brüste – wie in den meisten Ländern – nicht explizit verboten. Durch gerichtliche Entscheidungen ist die „Nacktheit in Strandnähe“ in Deutschland faktisch legalisiert. Die Nacktheit in freier Natur gilt als juristischer Grenzfall – faktisch kommt es darauf an, ob jemand behauptet, belästigt zu werden und deswegen Strafverfolgung verlangt, was in Fällen völliger weiblicher Nacktheit selten, bei oben ohne gar nicht vorkommt. Hingegen ist Nacktheit in der eigenen Wohnung und auf dem eigenen Grundstück grundsätzlich erlaubt, auch bei Einsehbarkeit der Wohnung.

Österreich

In Österreich ist oben ohne zwar erlaubt, wird jedoch mittlerweile relativ selten praktiziert. Nur an einigen Kärntner Seen und in manchen Wiener Freibädern (wie zum Beispiel der Alten Donau oder dem Gänsehäufel) wird oben ohne manchmal noch praktiziert. In letzter Zeit kam es in den Freibädern außerdem zu einem Rückgang an Freizügigkeit.

Polen

In Polen wird oben ohne an den Stränden teilweise vom Amts wegen verfolgt, ohne dass es Geschädigte (belästigte Personen) gibt. Nach dem polnischen Vergehensgesetzbuch (kodeks wykroczeń) können Ungehörigkeitsvergehen mit Arrest, einer Geldbuße von bis zu 1.500 PLN (ca. 350 €) oder einer Rüge geahndet werden. Üblicherweise wird durch die Polizei Verwarnungsgeld erhoben; bei Nichtannahme des Strafzettels wird ein Strafverfahren eingeleitet. Im Jahr 2008 kam es in einem Präzedenzfall in der ersten Instanz zur Verurteilung von zwei oben ohne badenden Frauen wegen Ungehörigkeitsvergehen mit der Begründung, dass „die öffentliche Nacktheit einen Normbruch in unserer Gesellschaft“ darstelle. Infolge der Berufung und nach der Intervention des Beauftragten für Bürgerrechte wurden diese Anfang 2009 freigesprochen.

Bara Bröst

Bara Bröst ist ein neofeministisches Aktionsbündnis in Schweden, das im Jahr 2007 entstanden ist. Vorrangiges Ziel ist es, dass Frauen im gleichen Maße wie Männer sich mit freiem Oberkörper („oben ohne“) zeigen dürfen. Aus Sicht des Bündnisses stellt die unterschiedliche Behandlung der Frauen eine Diskriminierung dar. Hauptkritikpunkt der Aktivistinnen ist das Verbot von barbusigem Baden für Frauen in schwedischen Schwimmbädern.

Die Wörter bara bröst haben eine doppelte Bedeutung, nämlich bloß Brüste, aber auch entblößte Brüste. Ein vergleichbares Wortspiel wäre „bloß(e) Brüste“.

Nach großem Medieninteresse im Jahr 2007 wurde es ab 2008 ruhiger um das Bündnis. Seit 2009, als Malmö das Baden ohne Oberteil erlaubte, was aber wenig Anklang fand, ist von Aktionen des Bündnisses oder Reaktionen der Behörden nichts mehr bekannt geworden. Die Internetseite des Bündnisses wurde zuletzt im August 2008 aktualisiert und ging im zweiten Halbjahr 2010 offline.

 

Ziele und Selbstverständnis

Bara Bröst sieht sich als politisch und religiös unabhängiges Netzwerk, das nicht für beide Geschlechter gleichermaßen gültige gesellschaftliche Normen wie die beliebige Definition von Anstand als Diskriminierung betrachtet und sich gegen diese einsetzt. Aus Sicht des Bündnisses muss die Situation so geändert werden, dass an allen Orten, wo das Auftreten von Männern mit freiem Oberkörper akzeptiert ist, Frauen dies ebenso dürfen. Im weiteren Kontext sieht Bara Bröst diese Thematik als Symbolfrage. Sie zeige auf, dass die Gesellschaft den weiblichen Körper sexualisiere, während dies für den männlichen Körper nicht gelte. Man verlange von Frauen, dass sie mit exponierten Männerkörpern in der Öffentlichkeit umgehen können, während dies umgekehrt von den Männern nicht verlangt werde. Eine weitere Benachteiligung wird auch darin gesehen, dass die nackte Frauenbrust nur dann geduldet werde, wenn es um kommerzielle Zwecke gehe.

Kritik

Von feministischer Seite wird das Netzwerk kritisiert, da es sich nur gegen die Sexualisierung des Frauenkörpers wende und nicht gegen die Sexualisierung im Allgemeinen. Damit werde das Thema auf eine Gleichstellungsfrage zwischen Mann und Frau reduziert. Es müsse konsequenterweise auch möglich sein, komplett nackt zu baden. Ebenso kritisiert wurde das Bündnis von der nationalsozialistischen Organisation Svenska Motståndsrörelsen (Schwedische Widerstandsbewegung).

Gründung

Anlass für die Gründung des Bündnisses war der Verweis zweier Studentinnen aus einem Schwimmbad in Uppsala wegen Badens mit freiem Oberkörper im September 2007. Sie hatten schon im Sommer begonnen, kein Oberteil mehr zu tragen. Die Leitung des Bades in Uppsala weigerte sich jedoch, das Verbot aufzuheben, da man sexuelle Belästigung von Frauen in dem Bad fürchtete. Die beiden Studentinnen sahen dies als Diskriminierung an und wandten sich an den zuständigen Ombudsmann der schwedischen Regierung.

Protestaktionen und unmittelbare Reaktionen

Die Aktivistinnen begannen ab September 2007 damit, in Gruppen Schwimmhallen zahlreicher schwedischer Städte aufzusuchen und dort ohne Oberteil zu baden. In Malmö sprangen sieben Aktivistinnen barbusig in das Badewasser. Sie wurden des Bades verwiesen, angeblich aus „hygienischen Gründen“. In Lund nahmen ebenfalls sieben Frauen an einer solchen Aktion teil. In Sandviken waren es sogar 17 Aktivistinnen, die die Schwimmhalle stürmten. Weitere Aktionen wurden in Uppsala und Stockholm durchgeführt. Es folgte jedes Mal ein Verweis durch die Bademeister. In Uppsala wurden drei Gründe für den Verweis genannt: die Sicherheit in der Schwimmhalle, die Hygiene und Anstand sowie Gepflogenheiten, wobei letzteres der wichtigste Grund sei.

Die Gruppe zeigte dann jeweils die Bademeister bei der schwedischen Antidiskriminierungsbehörde an, die sich jedoch anfangs weigerte, der Anzeige nachzugehen. Auf die Anzeige in Malmö hin hatte der dortige Bademeister geäußert, dass dies in seinen 30 Berufsjahren nie ein Problem dargestellt hätte, aber sich das Bad danach richten werde, wenn der Ombudsmann gegen das Verbot entscheide. Am 30. November 2007 beschloss die Behörde, die Anzeige nicht weiter zu verfolgen. Aus Sicht des Ombudsmannes stellt die Situation keine Diskriminierung im Sinne des Gesetzes dar. Über die Regelungen müsse lokal entschieden werden. In jedem Falle gäbe es keinen Anspruch auf Entschädigung. Der Verband schwedischer Bademeister weigerte sich im November 2007, an einer Fernsehdebatte mit den Aktivistinnen teilzunehmen.

Erfolge

Als erste schwedische Stadt hat Sundsvall im Januar 2008 „Oben-ohne“-Baden im Schwimmbad ausdrücklich erlaubt. Allerdings sagte der Schwimmhallenleiter, dass dies nur gelte, solange es nicht zu Konflikten mit anderen Badegästen kommen. Laut ersten Berichten wird die Regelung umgesetzt.

Im Juni 2009 erlaubte auch Malmö das Baden ohne Oberteil. Die Aktivitäten des Bündnisses riefen eine große Aufmerksamkeit schwedischer und internationaler Medien hervor. In Schweden selbst wurde die Thematik in allen überregionalen Medien wiederholt aufgegriffen. Kommentatoren äußerten sich geteilt über das Aktionsbündnis. In der größten skandinavischen Zeitung Aftonbladet meinte die Kolumnistin Mian Lodalen, dass durch den negativen Bescheid des Ombudsmanns die Frage zu einem Problem wird, was sie vorher nicht gewesen sei. Sie sprach sich gegen ein Oben-Ohne-Verbot aus und argumentierte, dass es bislang zumeist kein Problem gewesen sei und die Gesellschaft ohnehin tagtäglich von entblößten Frauenkörpern umgeben sei. In einem Gegenkommentar in derselben Zeitung bezeichnete Mia Hinndal Bellander es als „verrückt“, diese Frage zu einer Gleichstellungsfrage zu machen. Die unterschiedlichen Bekleidungsvorschriften für Mann und Frau seien darin begründet, dass die Körper verschieden seien. Außerdem hätten Brüste eine sexuelle Funktion und schickten sexuelle Signale. Andere Kommentatoren verwiesen darauf, dass der Streit übertrieben sei und dies nicht zu einer besseren wirtschaftlichen und sozialen Gleichstellung der Frauen führe.


Copyright Ren Emre Kanal

Eine Anhängerin von Obama oben ohne


Bei einer Demonstration gegen die Weltbank ziehen einige Frauen blank. Oktober 2007

Urheber Ben Schumin


Topless Frauen auf einer Demonstration in Venice Beach im Jahr 2009

Urheber Eduardo Sciammarella


Studentin protestiert für Stillen in der Öffentlichkeit

Author David Xavier de Carvalho

FEMEN

Femen (ukrainisch Фемен, in Eigenschreibweise FEMEN) ist eine am 11. April 2008 in der ukrainischen Hauptstadt Kiew gegründete Gruppe, die sich als feministisch definiert und durch provokante Aktionen internationale Beachtung gewonnen hat. Gründerin und Leiterin der Gruppe ist Hanna Huzol, lange gemeinsam mit Wiktor Swjatskyj. Zu den prominentesten Aktivistinnen gehören Inna Schewtschenko, Alexandra Schewtschenko und Oksana Schatschko. Das Markenzeichen von Femen sind seit 2010 Oben-ohne-Aktionen, bei denen die Aktivistinnen ihre nackten Oberkörper mit Parolen bemalt haben und Blumenkränze im Haar tragen. Für diese Aktionsform wird von Femen auch die Bezeichnung Sextremismus verwendet. Femen bezeichnet sich selbst als neue globale Frauenbewegung.

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?