Vier Jahre in der Stonewall Brigade

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Kapitel 03: Die Erste Schlacht von Manassas

Der Morgen des 21. Juli war sonnig und klar (es sollte dies für so manchen armen Soldaten der letzte Morgen sein). Mit dem ersten Tageslicht begannen die Scharfschützen beider Seiten aufeinander zu feuern. Wir mussten in Marschordnung antreten und folgten dem Verlaufe des Bull Run für etwa sechs Kilometer bevor wir zu Blackburn's Ford zurückbeordert wurden. Unsere Kompanie und die "Hardy Greys" wurden als Plänkler in einem Wäldchen an der Furt aufgestellt, von wo aus wir ein freies Sichtfeld hatten. Unser Befehl lautete, das Feuer auf den Feind zu eröffnen, falls dieser versuchen sollte, die Furt zu durchqueren. Während wir es uns in unserer Stellung bequem machten, hörten wir heftiges Kanonen- und Musketenfeuer zu unserer Linken. Bald darauf wurden wir angewiesen, uns wieder dem Regiment anzuschließen und im Laufschritt dem Verlaufe des Baches zu folgen, bis wir den Ort der Kampfhandlungen erreichten. Der Rest der Brigade stand bereits gefechtsbereit hinter der Kuppe eines kleinen Hügels. Wir hielten am Fuße dieses Hügels und Colonel Cummings verkündete uns, es sei General Jacksons Wunsch, dass unser Regiment in der Schlacht reichlich vom Bajonette Gebrauch machen solle, da wir nur mit Musketen mit recht geringer Reichweite ausgerüstet seien.

Einige der Jungs fieberten dem Kampfe entgegen und während wir in unserer Stellung an der Furt gewartet hatten, hatten sie ihre Sorge geäußert, die Schlacht könne vorüber sein, bevor wir zum Einsatz kämen. Besonders ein Bursche, Thomas McGraw, war begierig gewesen, den "Blaujacken" etwas Blei zu verabreichen. Als nun der Colonel seine Order verlas und wir den Teil über den Bajonetteinsatz hörten, fragte ich den kampfeslüsternen Tom, wie sehr ihm dieser Teil unserer bevorstehenden Arbeit zusage und er gestand mir, dass dies doch ein ganzes Stück persönlicher sei als er erwartet hätte.

Unser Regiment marschierte den Hügel hinauf und nahm an der linken Flanke der Brigade Aufstellung, wobei wir uns an unserer Rechten ausrichteten. Wir waren nun die äußerste linke Flanke unserer gesamten Armee. Während wir an den übrigen Regimentern vorübermarschierten, explodierten über uns Granaten und rissen Äste von den Kiefern. Wir reichten einander die Hände und verabschiedeten uns von liebgewonnenen Freunden, da wir uns bewusst waren, dass bereits in wenigen Augenblicken viele von uns leblos im Gras liegen würden.

Zu diesem Zeitpunkt wichen unsere Truppen zurück, aber sie taten dies in guter Ordnung und feuerten unablässig auf ihre Verfolger. Sie konnten ihren Boden allerdings nicht halten, da sie von einer zahlenmäßigen Übermacht bedrängt und in der Flanke gepackt wurden. Bei diesen zurückweichenden Truppen handelte es sich um das 2nd Mississippi Regiment, Colonel Evans' 4th Alabama Regiment, General Bees South Carolina Brigade, Colonel Bartows 7th und 8th Georgia Regimenter, Major Wheats Bataillon (die sogenannten "Louisiana Tigers") und Imbodens Geschützbatterie. Sie hatten dem Großteil der Unionsarmee Widerstand geleistet, sich dabei so tapfer betragen, wie man es von einem Manne nur erwarten kann und enorme Verluste erlitten. Während wir uns formierten und sie weichen mussten, verschafften sie uns mit ihrer Gegenwehr noch immer dringend benötigte Zeit.

Hier geschah es, dass General Jackson seinen Spitznamen "Stonewall" erhielt und seine Brigade als "Stonewall Brigade" berühmt wurde. General Barnard E. Bee näherte sich General Jackson, der ruhig und gelassen auf seinem Pferde saß, obgleich er bereits eine ernste Wunde an der Hand erlitten hatte, und rief mit verzweifelter Stimme aus: "General, sie treiben uns zurück!" Jackson wandte sich General Bee zu und entgegnete ruhig: "Sir, wir werden ihnen das Bajonett zu kosten geben." Hierauf eilte General Bee zu seinen Männern zurück, deutete auf Jackson und rief von neuem Mute erfüllt: "Schaut dorthin! Dort stehen Jackson und seine Brigade wie eine Steinmauer! Wenn wir bereit sind, hier zu sterben, so werden wir siegen! Sammelt euch hinter Jacksons Männern!"


Die Brigade erhält ihren Spitznamen, 21. Juli 1861


Sie marschierten durch unsere Reihen hindurch und formierten sich hinter uns. Ich wusste, dass es sich um Männer aus South Carolina handelte, da sie das Abzeichen der Palmettopalme an ihren Mützen trugen. General Bee und Colonel Bartow wurden kurze Zeit später tödlich verwundet. Der Feind drängte im Siegestaumel stetig weiter vorwärts und ahnte nicht, was ihn hinter der Hügelkuppe im Schatten der Kiefern erwartete. Um diese Zeit schien das Musketenfeuer nachzulassen und Sergeant James P. Daily aus meiner Kompanie lief zur Kuppe hinauf, nur um gleich darauf mit dem Ausruf zurückzueilen: "Jungs, dort oben bietet sich der schönste Anblick, den ihr jemals gesehen habt! Sie kommen den anderen Hang heraufmarschiert, vier Reihen tief und sie tragen rote Uniformen!" Als wir dies hörten, sprangen ich und einige andere auf, um selbst nachzusehen, aber Colonel Cummings befahl uns sogleich, an unseren Platz zurückzukehren. Daily bemerkte: "Wir bekommen sie noch früh genug zu sehen." Tatsächlich erschien wenige Sekunden später die erste Reihe vor uns, allen voran drei berittene Offiziere. Sie vollführten einen Schwenk, um einer unserer Batterien, der Rockbridge Artillery unter Captain W. N. Pendleton, in die Flanke zu fallen. Wenige Minuten später sahen sie uns in unserer verborgenen Stellung liegen und ich hörte einen der drei Offiziere rufen: "Hallo! Um welche Einheit handelt es sich?" In diesem Moment eröffneten einige unserer Männer, die offenbar das Jagdfieber gepackt hatte, ohne den entsprechenden Befehl abzuwarten ein vereinzeltes Feuer. Hierauf gab der Feind eine volle Salve auf uns ab, aber da wir flach auf der Erde lagen, pfiffen die Kugeln harmlos über uns hinweg.

Man hatte uns am Morgen ein Signal mitgeteilt, mit dem wir in der Schlacht Freund von Feind unterscheiden sollten: Wir legten die rechte Hand mit der Handfläche nach außen an unsere Stirn und riefen: "Sumter!" Als dieses Regiment (es handelte sich um das 14th Brooklyn Regiment aus New York) vor uns erschien, gab Colonel Cummings das Signal und es wurde von einem der Offiziere erwidert. Es ist mir unerklärlich, warum sie das Signal kannten. Nachdem nun einige unserer Jungs vereinzelte Schüsse abgefeuert hatten, rief Colonel Cummings: "Feuer einstellen! Ihr schießt auf Freunde!" Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als ihre Salve über uns hinweg pfiff und ich weiß noch, dass ich murmelte: "Von wegen Freunde! Sieht mir nicht so aus."

Colonel Cummings bemerkte seinen Irrtum und sah zudem eine Geschützbatterie, die eine Stellung bezog, von der aus sie unsere Flanke bestreichen konnte. Er beschloss also, diese Kanonen zu erobern, bevor sie Schaden anrichten konnten. Ich glaube nicht, dass er eine entsprechende Order erhalten hatte, er handelte wohl auf eigene Verantwortung. Das Kommando "Achtung! Vorwärts marsch! Bajonettangriff! Im Laufschritt!" erschallte und wir stürmten vorwärts, entschlossen, jeden Widerstand aus dem Wege zu fegen. Die feindliche Formation brach auseinander und die Burschen rannten um ihr Leben.

Bald hatten wir die Geschütze überrannt, nahezu sämtliche Pferde der Batterie getötet und etliche der Kanoniere getötet oder verwundet. Wir waren keine Minute zu früh vorgestürmt, denn wohl eine Minute später hätten die vier Kanonen Tod und Verderben in unsere Reihen gespien. Wären sie gefechtsbereit gewesen, hätten wir sie wahrscheinlich nicht erstürmen können. Wir machten die Geschütze rasch unbrauchbar und sie kamen an jenem Tage nicht mehr zum Einsatz, obgleich der Feind sie vorübergehend zurückerobern konnte.

Bei den Geschützen machten wir Halt und ein Bursche aus meiner Kompanie, Thomas Furlough, der als Artillerist im Mexikokriege gedient hatte, ließ seine Muskete fallen und sagte: "Jungs, lasst uns die Kanonen gegen die Kerle richten." Im selben Augenblicke sackte er tödlich getroffen zusammen.

Währenddessen sandte der Feind im Schutze der Kiefern eine Einheit gegen unsere linke Flanke aus. Wir wurden nun von vorne und der Seite unter heftiges Feuer genommen und unsere Verluste waren ausgesprochen schwer, bis wir endlich den Befehl erhielten, uns auf unsere ursprüngliche Stellung zurückzuziehen.

Dort erhielten wir Verstärkung durch das 49th Virginia und das 6th North Carolina unter dem Kommando der Colonels Charles F. Fisher (der wenige Minuten später tödlich getroffen wurde) und William "Extra Billy" Smith. Die Verstärkungen verlängerten unsere Linie und man befahl uns einen erneuten Sturmangriff. Der Angriff von Jacksons Männern war grandios. Der Feind wurde beiseite gefegt wie Blätter im Wind. Niemand vermochte ihrem Drängen standzuhalten. Der kühne Geist ihres Kommandeurs hatte sich auf die Männer übertragen und sie erzwangen ihren Weg vorwärts gegen jeden Widerstand. Mein Regiment (das 33rd Virginia) verhalf mit seinem rechtzeitigen Angriff unserer Seite zum Siege, indem es Captain Griffins Geschützbatterie überrannte und außer Gefecht setzte, obgleich wir die eroberte Stellung nicht zu halten vermochten. An jenem Tage erhielten wir und unser Kommandeur unseren unsterblichen Spitznamen.

Hierbei stand unser Regiment alleine an der äußersten Linken, denn der Rest der Brigade wurde erst später ins Gefecht geworfen, und so mussten wir uns nach fürchterlichen Verlusten zurückziehen. General Jackson sagte, er würde bereitwillig ein Regiment opfern, wenn er dadurch den Sieg erringen könne. Es war dies das erste Mal in dieser Schlacht, dass der Vormarsch des Feindes gänzlich gestoppt und er gar zurückgeworfen wurde. Im weiteren Verlaufe des Tages gewannen die Konföderierten dann endgültig die Oberhand.

 

Wir konnten sie nicht weit verfolgen, denn sie erhielten unablässig frische Verstärkungen. Wir hingegen hatten einen immensen Blutzoll gezahlt und entsprechend war unsere Moral angeschlagen. Als die Kampfhandlungen an unserem Teile der Linie eingeschlafen waren, schritt ich das Schlachtfeld ab und suchte nach bekannten Gesichtern unter den Toten und Verwundeten. Ich fand meinen Freund William I. Blue; er lag auf seinem Gesicht, tot. Ich drehte ihn auf den Rücken, um zu sehen, wo er getroffen worden war. Ich entdeckte einen Einschuss in Herznähe, wie er es sich gewünscht hatte, so er denn schon sterben müsse. Er muss sofort tot gewesen sein und ich sah, dass er gerade dabei gewesen war, seine Muskete zu laden. Eine Hand umklammerte den Lauf seiner Waffe und in der anderen hielt er eine Papierpatrone, deren abgebissenes Ende noch zwischen seinen Zähnen stak. Ich setzte mich neben ihm auf die Erde und weinte bitterlich. Der Gedanke schoss mir durch den Kopf, dass es sich für einen Soldaten nicht geziemte, zu weinen, doch ich konnte die Tränen nicht zurückhalten. Ich rammte seine Muskete neben ihm in den Boden, schrieb seinen Namen, Kompanie und Regiment auf ein Stück Papier, heftete es ihm an die Brust und lief weiter.

In meiner Nähe entdeckte ich drei Offiziere, die durch einen Feldstecher blickten. Ich näherte mich ihnen gemessenen Schrittes, fragte, ob ich kurz hindurchschauen dürfe und tatsächlich gestatteten sie es mir. Ich starrte durch den Feldstecher und sah auf einem etwa drei Kilometer entfernten Felde wohl um die 10.000 feindliche Soldaten. Das Feld schien förmlich von ihnen zu wimmeln. Ich gab den Feldstecher zurück und platzte heraus: "Mein Gott! Müssen wir gegen alle von denen noch kämpfen?" Just in diesem Moment richtete Pendletons Batterie ihre Geschütze auf die blaue Masse und ich sah die erste Granate in das Feld einschlagen. Binnen fünf Minuten war das Feld wie leergefegt. Bei diesem Anblick verspürte ich eine unsagbare Erleichterung, denn ich hatte genug Blutvergießen für einen Tag gesehen. Wir hatten einen großen Sieg errungen. Der Feind war auf ganzer Linie geschlagen und rannte in panischer Flucht um sein Leben. Die Männer rannten, bis sie Alexandria und Washington erreicht hatten.

Als meine Kompanie an die Front aufbrach, war sie gerade einmal 55 Mann stark, doch dann wüteten die Masern und andere Krankheiten in unserem Lager und so zogen wir am 21. Juli mit nicht mehr als 27 Mann in die Schlacht. Von diesen wurden fünf getötet und sechs verwundet. Die Namen der Gefallenen lauteten: William I. Blue, Thomas Furlough, James Adams, John W. Marker und Amos Hollenback. Die Verwundeten hießen: Sergeant William Montgomery, John Rinehart, Robert C. Grace, Edward Allen, A. A. Young und Joseph Cadwallader.

Unser gesamtes Regiment verfügte am Morgen der Schlacht über etwa 450 Soldaten und hatte am Ende des Tages 43 Tote und 140 Verwundete zu beklagen. Wir kämpften gegen die 14th Brooklyn Zouaves und das 1st Michigan Regiment und diese beiden Einheiten setzten uns arg zu. Als wir nach dem Angriff in unserer eroberten Stellung kämpften und Colonel Cummings einen Rückzug für angeraten hielt, musste er den Befehl dreimal erteilen, bevor wir ihm gehorchten. Alle aktiv kämpfenden Einheiten erlitten mehr oder minder große Verluste, aber auf beiden Seiten hatte kein Regiment mehr Tote zu beklagen als das 33rd Virginia, welches zudem das kleinste der kämpfenden Regimenter war, noch nicht über all seine Kompanien verfügte und deswegen auch noch nicht seine offizielle Regimentsnummer trug.

Wir waren nahezu die gesamte Nacht hindurch damit beschäftigt, die Verwundeten zu bergen, da der Großteil der feindlichen Verwundeten auf dem Schlachtfelde zurückgeblieben war. Ich wurde von Müdigkeit übermannt und legte mich zu einem kurzen Schläfchen auf die Erde. Der folgende Tag war regnerisch und schlammig. Das Regiment musste antreten, doch ich wusste nicht, wohin man uns verlegen würde und ich wollte meinen gefallenen Freund nicht zurücklassen, da ich ihm ein Begräbnis versprochen hatte. Als die Kolonne sich also in Bewegung setzte, versteckte ich mich hinter einem Wagen, aber Sergeant Daily sah mich und forderte mich auf, meinen Platz in der Formation einzunehmen. Ich erklärte ihm, dass ich keinesfalls das Schlachtfeld verlassen würde, ohne meinen Freund bestattet zu haben und wenn der Sergeant mich zwingen wolle, so müsse er mich in Arrest nehmen. Daily ließ mich gewähren und ich schaute mich nach geeigneten Werkzeugen um. Bald fand ich eine alte Hacke und einen Spaten und machte mich an die Arbeit, unter einem Apfelbaum in einer kleinen Plantage unweit des Hauses der Familie Henry ein Grab auszuheben (dieses Haus erlangte durch die Schlacht beträchtliche Bekanntheit).

Während ich mich abmühte, kam ein Bursche aus Georgia heran, um sich die Werkzeuge zu borgen, sobald ich sie nicht mehr benötigte. Ihm stand die traurige Pflicht bevor, seinen Bruder zu begraben und er fragte mich, ob ich dieses Grab ebenfalls für einen Bruder grub. Ich entgegnete: "Nein, aber ich habe ihn geliebt wie einen Bruder." Hierauf schlug er vor: "Du hast niemanden, der dir hilft und ich ebenfalls nicht. Was hältst du davon, wenn wir gemeinsam ein großes Grab ausheben und mit vereinten Kräften beide hineinlegen?" Ich erklärte mich einverstanden, stellte jedoch eine Bedingung: "Ich möchte meinen Freund direkt neben dem Baumstamm beerdigen, damit sein Vater den Leichnam finden kann, falls er ihn nach Hause überführen will." So taten wir es dann auch. Wir sammelten einige Dachschindeln ein, mit denen wir die Körper bedeckten und steckten eine Holzplanke als Trennwand zwischen die beiden Toten. Ich vollendete das Grab, indem ich ungeschickt Williams Namen in den Baumstamm ritzte.


Das Begräbnis von William I. Blue


Captain William Lee, der als unser Lieutenant-Colonel fungierte, wurde getötet und unser Sergeant-Major Randolph Barton (ein Kadett des Virginia Military Institute) wurde ernsthaft verwundet.

An jenem Abend stellte jede Kompanie ein Beerdigungskommando ab. Wir begruben sämtliche Gefallenen und machten keinen Unterschied zwischen Freund und Feind. So endete die Erste Schlacht von Manassas, auch "Bull Run" genannt. Sie war die erste große Schlacht des Krieges.

Es besteht kein Zweifel daran, dass der rechtzeitige Sturmangriff des 33rd Virginia das Schlachtenglück zu unseren Gunsten wandelte und somit letztlich den Konföderierten den Sieg bescherte. Colonel Cummings scheute sich nicht, auf eigene Verantwortung zu handeln und er befahl den Angriff im entscheidenden Augenblicke, denn bereits fünf Minuten später hätte sich die Unionsbatterie in ihrer Stellung eingerichtet und unsere Brigade sowie Pendletons Geschützbatterie mit Flankenfeuer bestrichen, was unsere Position unhaltbar gemacht hätte. Ich möchte meinen Erinnerungen an dieser Stelle Briefe von Colonel Cummings und Captain Randolph Barton beifügen, die meine Schilderung der Dinge bestätigen und die Ereignisse in einiger Ausführlichkeit beschreiben. Auch ein Brief, den ich drei Tage nach der Schlacht an meine Eltern schrieb und der sich heute in meinem Besitz befindet, soll an dieser Stelle veröffentlicht werden.

Kapitel 04: Briefe von Colonel Cummings, Captain Barton und meiner Wenigkeit

Colonel A. C. Cummings' Brief:


"Abington, Virginia, 10. November 1896.

Sehr geehrter Herr John O. Casler,

Mein geliebter Freund, Sie können sich kaum eine Vorstellung von der Freude machen, welche Ihr Brief mir bereitet hat und ich versichere Ihnen, dass die Zeit, welche Sie zu seiner Niederschrift aufgewendet haben, keinesfalls vergeudet wurde. Wie Sie wissen, bestand das 33rd Virginia Regiment, das ich in Winchester organisierte, aus je einer Kompanie aus den Countys Hampshire, Hardy, Frederick, Rockingham und Page sowie fünf Kompanien aus Shenandoah County. Da ich in den vergangenen 15 Jahren nur selten mein Heim verlassen habe, habe ich nur sehr wenige der alten Kameraden wiedergesehen. Richtete der Zufall doch einmal ein Treffen ein oder hörte ich Neuigkeiten über einen meiner alten Jungs, so bereitete mir dies stets große Freude, besonders, wenn ich erfuhr, dass es ihnen gut ging. Ich bin überzeugt, Sie empfinden ebenso.

Es ist, wie Sie in Ihrem Brief schrieben: Ich war niemals ein sonderlich beredter Mensch und bin von zurückhaltender Wesensart. Die größte Lehre, welche ich aus meinem Dienste als Captain im Mexikokriege zog, war jene, dass es meine Pflicht und Verantwortung war, so gut für das Wohlergehen der Männer unter meinem Kommando zu sorgen, wie die Umstände es gestatteten.

Es freut mich zu hören, dass Sie Ihre Erinnerungen an Ihre vier Jahre in der Stonewall Brigade niedergeschrieben haben und sobald das Buch wieder verfügbar ist, werde ich gewiss ein Exemplar erstehen, da ich nicht daran zweifle, dass sein Inhalt mein Interesse erregen wird.

In Ihrem Brief ist mir eine kleine Ungenauigkeit bezüglich meiner Person aufgefallen, die jedoch keineswegs von Belang ist. Ich quittierte damals nicht meinen Posten, sondern war aus einem triftigen Grunde (dessen Details hier nicht erörtert werden müssen) kein Kandidat für eine Wiederwahl bei der Umstrukturierung der Armee. Ich wurde in die Legislative gewählt, in welcher ich die letzten Kriegsjahre hindurch bis zur Kapitulation diente. Anschließend praktizierte ich rund 15 Jahre lang als Anwalt, bevor ich mich auf eine kleine Farm unweit Abington zurückzog.

Recht und Gesetz waren mein angestammtes Berufsfeld und ein Jahr nach dem Ende des Mexikokrieges betätigte ich mich erstmals als Anwalt. Erst kürzlich erhielt ich zwei Schreiben von Randolph Barton, an den Sie sich womöglich noch erinnern. Er schrieb mir, er habe erstmals seit Kriegsende das Schlachtfeld bei Manassas besucht und sei sehr interessiert an Berichten über die Taten des 33rd Virginia und der Stonewall Brigade an jenem denkwürdigen 21. Juli 1861.

Barton war bei Ausbruch des Krieges Kadett am Virginia Military Institute in Lexington, Virginia. Als ich Anfang Juli in Winchester das 33rd Virginia aufstellte, wurde er dem Regiment zugewiesen. Ich verfügte zu jenem Zeitpunkt über keinen Stabsoffizier und so ernannte ich ihn zum Sergeant-Major. Er war ein intelligenter, junger Mann, diente als Generaladjutant in General Walkers Stab und ist heute ein geachteter Anwalt in Baltimore. Er bat mich um eine Niederschrift meiner Erinnerungen an die Rolle des 33rd Virginia und der Stonewall Brigade in der Schlacht und ich ließ sie ihm zukommen. Abgesehen von einigen kleinen Unterschieden entsprachen sie seinen eigenen Erinnerungen.

Unsere Armee verließ Winchester am 18. Juli gegen 14.00 Uhr; die Stonewall Brigade marschierte an der Spitze. Das 33rd Virginia erreichte Manassas erst kurz vor Tagesanbruch des 20. Juli (einem Samstag). An diesem Morgen brachen wir auf und schlossen uns bei McLane's Ford am Bull Run den übrigen Regimentern der Brigade an. Unsere Gefechtslinie erstreckte sich von Union Mills am Bull Run nach links bis zur Steinbrücke. Wir rechneten mit einem Angriff auf unser Zentrum und unsere rechte Flanke, aber am frühen Sonntagmorgen stellte sich heraus, dass der Feind in Richtung der Steinbrücke marschierte, offensichtlich, um unsere linke Flanke zu umgehen und die Manassas Gap-Bahnlinie zu erreichen. Die Stonewall Brigade wurde den Bull Run hinauf geschickt (wobei sie annähernd parallel zum Wasserlauf marschierte und mehrere kurze Marschpausen einlegte), bis sie die Kuppe des Hügels beim Haus der Familie Henry erreichte. Dort formierte sich die Brigade in einem kleinen Kiefernwäldchen in Gefechtslinie. Zwischenzeitlich tobte die Schlacht bereits an der Steinbrücke und unsere dortigen Einheiten mussten vor einer erdrückenden Übermacht zurückweichen. Die Linie unserer Brigade war folgendermaßen aufgestellt: Das 5th Virginia an der rechten Flanke, zu seiner Linken das 4th und 27th Virginia (diese beiden Regimenter unterstützten Pendletons Geschützbatterie), das 2nd Virginia und schließlich an der linken Flanke das 33rd Virginia.

Unsere Brigade bildete zu diesem Zeitpunkt die äußerste Linke unserer Armee und das 33rd Virginia, das die linke Flanke unserer Brigade bildete, erhielt den Befehl, sich am Rande des Kiefernwäldchens niederzulegen. Durch die Bäume und die Geländebeschaffenheit waren wir somit vor den Blicken des Feindes verborgen, der in großer Zahl zu unserer Rechten vorwärts drängte.

 

Unsere Befehle lauteten, die feindlichen Soldaten bis auf 30 Schritte herankommen zu lassen, eine Salve abzufeuern und dann sogleich mit dem Bajonett auf sie einzustürmen. General Jackson kam die Linie entlang geritten und wies mich an, die feindliche Artillerie im Blicke zu behalten. Wie Sie ja wissen, war das 33rd Virginia erst unmittelbar vor unserem Aufbruch aus Winchester aufgestellt worden und mit Ausnahme von zwei oder drei Kompanien waren die Männer noch gänzlich unerfahren. Zudem blieben die beiden Kompanien von Captain Holliday (der es später zum Gouverneur brachte) und Captain Jones (später Colonel) zurück. Eine fungierte als Wachtabteilung, die andere musste anderweitige Dienste verrichten und folglich standen uns beide in der Schlacht nicht zur Verfügung. Wir zogen also mit lediglich acht Kompanien in den Kampf und verfügten insgesamt über etwa 400 kampfbereite Männer. Als General Jackson mich anwies, die Artillerie des Feindes im Auge zu behalten, liefen Captain William Lee (ein tapferer Mann, der als unser Lieutenant-Colonel fungierte) und ich zur Kuppe des Hügels hinauf, von wo aus wir die feindlichen Kanonen vor uns und zu unserer Linken zügig über die Sudley Road herankommen sahen. Zudem bewegte sich feindliche Infanterie den Hügel entlang auf unsere linke Flanke zu. Wir eilten unverzüglich zum Regiment zurück.

Unsere Jungs befanden sich in beträchtlicher Aufregung, da eine solide Kanonenkugel knapp vor ihrer Stellung den Boden aufgerissen hatte und zugleich unbekannte Soldaten in roten Uniformen zu ihrer Linken aufgetaucht waren. Zuvor hatten die feindlichen Geschütze die übrigen Regimenter der Brigade und Pendletons Batterie beschossen. Da meine Männer unerfahrene Rekruten und bereits sichtlich beunruhigt waren, machte ich mir Sorgen um ihr Betragen, falls ich den Feind tatsächlich auf 30 Schritte herankommen ließe, wie General Jackson es befohlen hatte. Ich beschloss also, nicht länger zu warten und unverzüglich einen Sturmangriff zu befehlen, der in der Eroberung der feindlichen Batterie (oder zumindest einer Sektion der Batterie) resultierte. Soweit ich mich erinnere, konnten die Kanonen kein einziges Geschoss auf uns abfeuern. Kein Regiment aus abgehärteten Veteranen trug jemals einen entschlosseneren Sturmangriff vor, wenn er auch nicht ganz mustergültig verlief. Natürlich vermochten wir die eroberte Stellung ohne Unterstützung nicht gegen die feindliche Übermacht zu halten. Wir hatten die Artilleriepferde niedergeschossen und ich nahm als Souvenir die Trense eines Pferdes an mich. Ich benutze sie noch heute.

Das 33rd Virginia verlor in dieser Schlacht mehr Männer als jedes andere Regiment unserer Armee. Captain Lees Tod betrübte mich sehr. Ich hatte erst kurz zuvor seine Bekanntschaft gemacht, empfand aber bereits starke Sympathie für ihn. Er war ein aufrechter und tapferer Mann und da er bereits im regulären Heere gedient hatte und über Kampferfahrung verfügte, war er mir von ausgesprochen großem Nutzen. Auch mein Freund Barton ist stets ein verlässlicher Kamerad gewesen. Ich hege noch immer die Hoffnung, das Shenandoah-Tal besuchen zu können und einige der Überlebenden des 33rd Virginia zu treffen, doch womöglich muss ich mich damit bescheiden, mich ihrer mit der zärtlichsten Zuneigung zu entsinnen. Ich bin nun 75 Jahre alt und spüre die schwere Last des Alters.

Ich verbleibe als Ihr ergebener Freund,

Arthur C. Cummings, Colonel der 33rd Virginia Infantry."


John O. Caslers Brief:


"Manassas Junction, 24. Juli 1861.

Geliebter Vater, geliebte Mutter,

Erneut greife ich zur Feder, um euch einige Zeilen zu schreiben, damit ihr wisst, wo ich gegenwärtig bin und dass es mir noch gutgeht.

Der vergangene Sonntag war ein Tag, wie ich ihn noch niemals zuvor erlebt habe und ich bete zu Gott, dass ich derartiges nie wieder erleben muss. Wir fochten eine der erbittertsten Schlachten aus, die der amerikanische Kontinent je gesehen hat. Mir fehlen die Worte, die Szenen dieser Schlacht zu beschreiben. Die menschliche Sprache kann dem Schrecken nicht gerecht werden.

Am Donnerstag verließen wir Winchester und marschierten den ganzen Tag und die ganze Nacht hindurch. Am Freitag gegen 09.00 Uhr erreichten wir die Piedmont-Bahnstation und am Abend bestiegen wir schließlich die Waggons, in denen wir in der Nacht Manassas Junction erreichten. Am folgenden Morgen marschierten wir etwa sechs Kilometer in östliche Richtung zu einer Stelle, wo bereits am Donnerstag ein Gefecht stattgefunden hatte. Dort verbrachten wir den Rest des Tages und die Nacht, wobei wir jederzeit mit einem Angriff rechneten.

Am Sonntagmorgen wurden unsere Truppen in sechs Kilometern Entfernung angegriffen und wir strebten im Eilmarsch dem Schlachtfeld entgegen, das wir gegen 12.00 Uhr erreichten. Bereits seit dem Morgen fanden unablässige Kämpfe statt, doch seit 10.00 Uhr waren diese zu einer regelrechten Schlacht eskaliert. Als wir (also Jacksons Brigade) dort eintrafen, war das Gemetzel bereits im Gange und unser Regiment wurde an die äußerste Linke unserer Armee gestellt. Der Feind versuchte, unsere Flanke zu umgehen, doch er sah unsere tatsächliche Position erst, als er auf weniger als 50 Meter herangekommen war, da wir hinter einer Hügelkuppe verborgen lagen. Die feindliche Linie versuchte, eine Salve auf uns abzufeuern, doch wir waren schneller. Wir eröffneten das Feuer und rückten bereits gegen sie vor, als sie ihre Salve abfeuerten. Wir begannen zu rennen, um einen Bajonettangriff vorzutragen und dabei brüllten wir wie die Wilden. Der Feind wich vor uns zurück und wir konnten seine Artillerie überrennen, doch dann trafen Verstärkungen ein und wir mussten uns zurückziehen, da wir von zwei Seiten unter heftiges Feuer genommen wurden. Ein North Carolina-Regiment eilte uns zu Hilfe und wir stürmten erneut vorwärts. Der Feind musste wieder weichen und jener Teil des Schlachtfeldes befand sich in unserer Hand, ebenso Griffins Geschützbatterie, deren Name bereits in aller Munde ist. Auf einem anderen Teil des Feldes dauerte die Schlacht noch eine weitere Stunde an, doch schließlich zog sich der Feind in beträchtlicher Verwirrung nach Alexandria zurück. Unsere Kavallerie und Artillerie setzten ihm noch etwa zehn Kilometer weit nach, wobei sie viele feindliche Soldaten töteten und verwundeten und nahezu alle ihre Geschütze und Planwagen eroberten. Das Schlachtfeld war wohl acht Kilometer weit von Toten und Sterbenden bedeckt.

Ich vermag noch nicht zu sagen, wie viele Männer wir verloren haben, aber es waren sehr viele. Der Feind hat wohl dreimal so viele Soldaten verloren wie wir. Soweit ich weiß, hat unser Regiment 35 Tote und mehr als 100 Verwundete zu beklagen. In unserer kleinen Kompanie von 32 Mann wurden fünf Mann getötet und fünf verwundet. Unter den Toten befindet sich auch der arme Will Blue. Er wurde von einer Musketenkugel getötet, die ihn durch das Herz traf. Er war wohl sofort tot. Auch Amos Hollenback, Polk Marker, Tom Furlough und Jim Adams (der Bursche, der bei Dr. Moore wohnte) sind gefallen. Will Montgomery hat eine üble Verwundung erlitten, die aber nicht lebensbedrohlich ist. John Rinehart, Bob Grace, Arch Young und Ed Allen wurden leicht verwundet, sind aber schon wieder auf den Beinen.

Wir haben 26 Kanonen erbeutet und zwischen 1.000 und 2.000 Gefangene gemacht, darunter einige hohe Tiere aus Lincolns Regierung. Auch General Scotts persönliche Kutsche ist uns in die Hände gefallen. Er und einige feine Damen kamen eigens aus Washington nach Centreville gefahren, um "die Rebellen rennen zu sehen". Nun, sie sahen uns tatsächlich rennen, aber wohl nicht in die Richtung, die sie erwartet hatten.

Am nächsten Morgen lief ich etwa drei Kilometer weit über das Schlachtfeld und sah mir den Fluchtweg der Yankees an. Überall lag weggeworfene Ausrüstung herum: Mäntel, Patronentaschen, Feldflaschen, Musketen und Decken. Ich sah auch viele unbrauchbare Planwagen.