Buchreihe:Respekt - Wirtschaft -

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Das Bruttosozialprodukt, das BIP

Das Bruttosozialprodukt ist die Gesamtmenge aller Waren und Dienstleistungen, die eine Volkswirtschaft, also ein Land produziert. Wenn das BIP steigt, dann spricht man von Wirtschaftswachstum. Wirtschaftswachstum soll gut sein. Alternativlos, so sagt man. Das muss gewährleistet werden. Das ist natürlich dummes Zeug, wie du in diesem Respektbuch sehen wirst, aber dazu später mehr.

Das Bruttosozialprodukt ist eine der seltsamsten Blüten des Casinoskapitalismus. Und das aus verschiedenen Gründen. Zum einen ist die Zusammenstellung, was zum BIP beiträgt und was nicht, irgendwie willkürlich. Die Regeln werden von sogenannten Wirtschaftsfachleuten zusammengestellt, die natürlich irgendwelchen Interessen folgen und dafür sorgen, dass es der Industrie, der Wirtschaft und den Banken gut geht. Keiner beißt die Hand, die ihn füttert.

Diese Regeln besagen zum Beispiel auch, dass Mütter die Kinder umsonst erziehen müssen. Mütterliche Erziehung und Pflege bereichern das BIP nicht. Auch freiwillige Leistungen in Vereinen oder bei Verbänden, die freiwillige Arbeit bei den Tafeln und ähnlichen Organisationen bereichern das BIP nicht. Ein Krieg hingegen würde das BIP erhöhen, denn wenn Waffen produziert werden, dann sind das Waren, die eine Volkswirtschaft produziert und verkauft.

Alleine an diesem kurzem Beispiel erkennst du, dass das Bruttosozialprodukt und auch das Wort Wirtschaftswachstum schön klingen, aber irgendwie auch nur willkürlich berechnete Zahlen sind, die leicht verändert und manipuliert werden können.

Das BIP und die Inflation sind Augenwischerei

Genauso wie übrigens auch die sogenannte Inflation, die aus der Preisveränderung eines definierten Warenkorbs, der ihr zugrunde liegt, berechnet wird. Genau wie beim BIP kann der aber Produkte beinhalten, die mehr oder weniger stark im Preis steigen oder fallen und wird schon mal nach Bedarf angepasst. Dazu ein einfaches Beispiel: Wie hoch wäre die Inflation, also die Preissteigerung, in Deutschland wohl, wenn man die Mietsteigerung oder die Immobilienpreise mitberücksichtigen würde? Immer noch unter 2 % pro Jahr, wie die Politik angibt?

Aber auch hier sind es die Wirtschaftsfachleute, die diesen Warenkorb definieren und diese Wirtschaftsfachleute folgen natürlich irgendwelchen Interessen, oft genug den Interessen der Lobbyisten, die von der Industrie und den Banken bezahlt werden. Auch hier gilt, man beißt doch nicht in die Hand, die einen füttert. Schon gar nicht, wenn man selbst dadurch seinen eigenen Warenkorb mit ganz anderen Produkten füllen kann als der gemeine Bürger, der bei Discountern einkaufen muss, um über die Runden zu kommen.

Mariana Mazzucato leitet ihr Buch „Wie kommt der Wert in die Welt“ mit folgenden Zahlen zum Wirtschaftswachstum in den USA, gemessen am BIP, ein: „Zwischen 1975 und 2017 verdreifachte sich in den USA das reale Bruttosozialprodukt … von 5.49 Billionen auf 17.29 Billionen Dollar. In diesem Zeitraum stieg die Produktivität um etwa 60 Prozent. Der reale Stundenlohn der Mehrzahl der Amerikaner stagnierte jedoch von 1979 an, wenn er nicht gar sank.“

Das scheint ein Missverhältnis zu sein und deshalb kommt sie zu der Konklusion, dass eine winzige Elite nahezu alle Gewinne aus diesem Wirtschaftswachstum einstreicht. Sie schließt den ersten Absatz ihres empfehlenswerten Buchs mit der folgenden faszinierenden Frage ab: „Sollte das daran liegen, dass diese Elite aus besonders produktiven Mitgliedern der Gesellschaft besteht?“

Manche leisten Ungeheuerliches

Das scheint sehr unwahrscheinlich, auch wenn die Daten es nahelegen. Obwohl wir uns wieder in der gleichen Situation wiederfinden wie zuvor, in der der normal Arbeitende ca. 5 Millionen Jahre arbeiten muss, um so reich zu werden, wie einer der momentan reichsten Männer der Welt. Wieder klafft zwischen dem Reichen und dem Durchschnittsmenschen eine riesige Lücke. Dieses Mal eine Produktivitätslücke.

Vielleicht ist es aber auch nur der Unterschied in der Deutung des Worts produktiv? Warum ist das überhaupt wichtig? Ist der Gewinn aus Aktienanlagen produktiv? Oder sollten wir nur von Produktion und sprechen, wenn der Bauer die Kartoffel aus der Erde holt oder eine Firma ein neues Auto gebaut hat? Oder ist das eigentlich sowieso egal?

Sollten nicht andere Kennzahlen eine Rolle spielen, wie zum Beispiel die Zahl der Armen in einem Land oder die Zahl der Obdachlosen? Diese Zahlen zählen nicht zum BIP. Diese und viele andere Zahlen zählen nicht im Casinokapitalimus. Aber es gibt Unterschiede zwischen Kapitalismus und Kapitalismus.

Das Gesetz des Stärkeren

Um diese Unterschiede geht es mir in diesem Respektbuch. Der ungezügelte, unregulierte Raubtier- und Casinokapitalimus, der nichts anderem folgt als dem Gesetz des Stärkeren, führt zu Ungleichheit in einem ungesunden Maß. Wenn die Vermögensverteilung zu extrem wird, geht es zu vielen in der Bevölkerung schlecht. Je schlechter es ihnen geht, desto unzufriedener werden sie.

Wenn du Tag und Nacht schuftest und trotzdem am Ende des Geldes noch viel Monat übrig bleibt, dann ist das auf Dauer frustrierend. Das kann dann nur noch übertroffen werden, wenn dein Chef dich für deine Arbeit lobt und sagt: „Sie sind ein wertvoller Mitarbeiter und durch Sie verdient die Firma viel Geld. Machen Sie bitte weiter so, denn dann kann ich mir schon nächstes Jahr wieder einen neuen Sportwagen anschaffen.“ Gefolgt von einem Schulterklopfen.

Das ist natürlich auch wieder eine übertriebene Satire und hat keinen Bezug zur Wirklichkeit. Keine Satire ist es, dass ein Zehntel der Bevölkerung, rund 67 %, also zwei Drittel von allem, besitzen.

Das hat natürlich nichts mit deiner Arbeitsleistung für deinen Boss zu tun, denn das Geld verdienen die Reichen ja nicht durch deine Arbeit, sondern durch die Spekulation an den Kapitalmärkten. Durch Aktien, Anleihen und Hedgefonds. Das können sie, weil ihnen der Zugang zu diesen Spekulationen möglich ist und weil sie, im Gegensatz zu dir, genügend Zeit, Kontakte und vor allen Dingen Geld haben, um in dem Restmonat – der nach dem Ende deines Geldes – ihr Geld noch spekulativ und gewinnbringend einzusetzen.

Das alles in einem Finanzcasino, dem die Politik immer mehr Türen geöffnet hat und für den seit 40 Jahren die Regeln immer weiter gelockert werden. Und das war jetzt gar nicht mehr satirisch gemeint.

Der Kapitalismus ist die beste Wirtschaftsform

Ich bin nicht gegen den Kapitalismus. Im Gegenteil. Ich glaube, dass es die beste Wirtschaftsform ist, die unserer Gesellschaft den größten Vorteil bringt und vor allen Dingen dafür sorgen kann, dass wir weiterhin in einer Demokratie leben können. Kapitalismus bedeutet auch, gegenüber den sonstigen Herrschaftsformen wie Diktaturen oder auch Monarchien, für alle Freiheit und Recht. Das dürfen wir nicht verspielen, zu viele Menschen sind in den vergangenen Jahrhunderten im Kampf dafür gestorben.

Leider schürt der Raubtierkapitalismus aber das Feuer der Diktatur, des Geldes und der damit verbundenen Ungleichheit und Unfreiheit. Der Raubtierkapitalismus pervertiert Demokratie, Freiheit und zerstört unsere Natur und damit die Grundlage unseres Lebens, indem er die Umwelt so beschädigt, dass wir bald keine Umwelt mehr haben. Dann gibt es auch keinen sicheren Lebensraum mehr und vielleicht auch nicht mehr genug zu essen und trinken für alle. Die Konsequenzen kannst du dir leicht selbst ausmalen, ich will keine Weltuntergangsstimmung verbreiten.

Die Unzufriedenheit wächst

Man sieht heute schon wie die Unzufriedenheit wächst, wie Verschwörungstheorien und rechte, faschistische Vereine und Parteien Zulauf erhalten. Immer mehr Menschen protestieren durch Aufruf zu Gewalt gegen den Staat, Gewalt gegen bestimmte Politiker und immer mehr Menschen stören den sozialen Frieden. Das ist ein Zeichen von mangelndem, beziehungsweise erodierendem Respekt gegenüber Menschen, dem Tierwohl und der Umwelt. Mangelnder Respekt, der von der Jagd nach mehr Kohle, nach noch mehr Schotter, Penunzen und Kröten – nämlich Geld – mehr und mehr und bald ganz verschwindet.

Wenn es uns nicht gelingt den Raubtierkapitalismus zu bändigen und einen Kapitalismus mit Herz zur Richtlinie zu machen, dann wird diese Erosion zu mehr Unzufriedenheit, zu mehr Ungleichheit und zuletzt zu sozialem Unfrieden und einer zerstörten Umwelt führen.

Deshalb plädiere ich in diesen Kapitel definitiv für den Kapitalismus, aber einen Kapitalismus mit Herz.

Was ist „Kapitalismus mit Herz“?

Was hat das Wort „Herz“ in diesem Zusammenhang für eine Bedeutung? Nun, man kann es für die, die es nicht intuitiv verstehen, auch einen Kapitalismus mit Leitplanken nennen. Leitplanken, die den Kapitalismus einzäunen und dafür sorgen, dass Profite nur ein Teil der Lösung sind, aber nicht das ultimative Ziel.

Gerade die Corona-Pandemie 2020 hat gezeigt, dass alles Geld der Welt und die Jagd nach dem Profit für einen Virus keine Bedeutung haben. Das Virus hat sich nicht darum geschert, ob ein Infizierter reich oder arm ist. Es hat einfach einen biologischen Wirt mit bestimmter chemisch biologischer Zusammensetzung benötigt, um seinerseits zu „überleben“ und um sich zu vermehren. Dieser Wirt waren nun mal Menschen und nicht wie bei früheren und anderen Viren ein anderes Tier, ein Schwein oder ein Rind.

Was wir aber auch erleben mussten, war, dass auch wenn das Virus keinen Unterschied macht, die Lebensumstände des Einzelnen einen großen Unterscheid ausmachen. Arme Menschen sind alleine durch die Lebensumstände einem sehr viel höherem Infektionsrisiko ausgesetzt als reichere. Arme Menschen leben enger zusammen, was eine Infektion begünstigt.

Arme Menschen haben weniger Überlebenschancen

 

Arme Menschen sind in der Regel schlechter ernährt und verfügen auch dadurch über ein schwächeres Immunsystem und können dem Virus weniger entgegensetzen. Ärmere Menschen müssen unter riskanten Bedingungen arbeiten, weil sie über keinerlei Reserven verfügen, um ein paar Wochen oder Monate in Quarantäne zu leben. All dies zeugt von einer riesigen Ungleichheit gegenüber einer Bedrohung durch eine unsichtbare Gefahr für Leib und Leben.

Ärmere Menschen erhalten auch keine perfekte Behandlung, vielleicht können sie gar kein Krankenhaus aufsuchen, weil sie es sich nicht leisten können. Sie sterben dann einfach zu Hause, weil sie nicht beatmet werden.

Der US-Präsident hat das vorgeführt. Er erkrankte am Virus, wurde in dem besten Hospital in den USA von den besten Ärzten und mit den besten Methoden behandelt und überlebte. Seine Lüge, dass alle Menschen in den USA mit den besten Methoden behandelt werden würden, glaubte wohl keiner, der ein bisschen Verstand hat.

Ärmere Menschen, die kein Geld und keine entsprechende Krankenversicherung haben, sterben immer noch durch das Virus.

Eine unfaire Wirtschaftsordnung

All das ist ein direktes Resultat einer unfairen Wirtschaftsordnung, die als frei und demokratisch angepriesen wird. Sie ist aber nichts anderes als eine Politik, in der der Stärkere überlebt, zulasten der Schwächeren. Das gilt es zu ändern. Dringend. Schnell. Nachhaltig.

Wir stehen dort, wo der Legende nach die französische Königin Marie-Antoinette26 stand, als sie erfuhr, dass die Menschen kein Brot kaufen können, weil sie kein Geld haben und deshalb verhungern müssen. Ihre Lösung, dass die Menschen doch anstelle Brot Kuchen essen sollten, war nicht die richtige. Am 16. Oktober 1793 verlor sie dann den Kopf im wahrsten Sinne des Worts, denn sie wurde auf dem Schafott hingerichtet.

Nicht wegen des Kuchen-Zitats, sondern weil die Welt sich mit der französischen Revolution änderte und sie nur eines der Opfer dieser Änderung wurde. Ob sie nun vorschlug, Kuchen zu essen oder ob dieses Zitat frei erfunden wurde, werden wir wohl nie wirklich erfahren.

Dass die Ungleichheit in der Welt immer mehr und immer beschleunigter zunimmt und dass die Umwelt immer mehr beschädigt wird, kann von keinem aufrechten und gebildeten Menschen ernsthaft geleugnet werden. Deshalb müssen wir alle auffordern, ab sofort den Respektfilter zu nutzen, um wirtschaftliche und politische Entscheidungen zu treffen.

Es wird noch schlimmer

Wenn wir weitermachen wie bisher, wird es noch schlimmer. Klaus Schwab, Chef des Weltwirtschaftsforums, einer, der mit den mächtigsten Wirtschaftsbossen und mit den wichtigsten Politikern der Welt auf Augenhöhe kommuniziert, antwortete auf die Frage von Zeit Online, was passieren würde, wenn wir nichts unternehmen sehr deutlich: „Die sozialen und wirtschaftlichen Ungleichgewichte werden weiter zunehmen, die Ungerechtigkeiten und die Umweltzerstörung werden wachsen. Wenn wir dagegen nichts unternehmen, werden die Veränderungen irgendwann auf anderem Wege kommen, durch gewalttätige Konflikte oder Revolutionen etwa. Das lehrt uns die Geschichte.“27

Deshalb müssen wir den Respekt vor Menschen, dem Tierwohl und der Umwelt zur Maxime unserer Entscheidungen machen, denn sonst landen wir alle auf dem Schafott.

Die Guillotine, die uns alle tötet, ist nicht das Fallbeil, sondern ein zerstörter Planet, der nicht mehr genug Sauerstoff produziert, zu heiß und zu überflutet ist, um darauf als Mensch zu leben. Dann nutzt es den Raubtierkapitalisten auch nichts mehr, wenn der deutsche Börsenindex einen neuen Höchststand erreicht. Nur ein Kapitalismus mit Herz, der als Wertmaßstab den Respekt vor anderen Menschen, dem Tierwohl und der Umwelt anlegt, kann diese Katastrophen verhindern.

Wir müssen alle handeln. Sofort. Dringend. Schnell. Nachhaltig.

Notwendige Änderungen

Damit der Raubtierkapitalismus keine weiteren Schäden, keine weitere Spaltung, kein weiteres Unheil anrichtet, müssen wir schnell Maßnahmen ergreifen, die ihn eindämmen und für eine gerechtere Welt sorgen.

Nur wenn wir jetzt konsequent dagegen vorgehen, kommen wir zu einer respektvollen Wirtschaftsform, in der das Allgemeinwohl über dem Profit steht. Einer Gesellschaft, in denen es vielen gut geht und jeder zufrieden, gesund und sicher leben kann.

Verbale Abrüstung!

In diesem Kapitel geht es um konkrete Forderungen, die die Basis für Veränderungen sein werden. Wenn wir unser Zusammenleben besser gestalten wollen, wenn wir wollen, dass alle mehr Lebensfreude, Glück, Zufriedenheit und Gesundheit erleben, dann muss sich einiges ändern. Deshalb fange ich mit einer grundlegenden Forderung an, denn:

Unsere Demokratie ist in Gefahr.
Unsere Umwelt ist in Gefahr.

Unsere Freiheit ist in Gefahr.

Jeder von uns, auch du ganz persönlich, kann Einfluss nehmen und mit einfachen Maßnahmen, echten Bekenntnissen und intelligenten Ideen diese Gefahren eindämmen. Das beginnt damit, dass wir aus Respekt vor Menschen, dem Tierwohl und der Natur sprachlich abrüsten.

In dem außerordentlich interessanten und lehrreichen Buch „Wie Demokratien sterben“28 definieren die Autoren, Steven Levitsky und Daniel Ziblatt, den Anfang vom Ende auf das Jahr 1978. Der Täter: der Republikaner Newt Gingrich, der persönliche Beleidigungen seiner Gegner als Stilmittel in die Politik einführte.

Den vorläufigen Gipfel erlebten wir in den Jahren 2016–2020, in denen ein menschenverachtender, frauenfeindlicher Rassist im Weißen Haus die Demokratie der Vereinigten Staaten massiv belastete und beinahe eine Autokratie errichtet hätte. Sein Stilmittel waren persönliche Angriffe und eine respektlose Rhetorik, vor der niemand gefeit war, noch nicht einmal ausländische Politiker.

Wenn man unsere westliche Demokratie als Krieg verschiedener Parteien und politischer Ideen gegeneinander definiert, dann kann kein sinnvoller und zielführender Diskurs entstehen. Es kann nur schlimmer werden, denn die, die unterliegen, werden immer weiter aufrüsten und zum Schluss sogar bereit sein die Demokratie aufzugeben, zugunsten eines vermeintlich besseren Systems. Das ist 1933 schon schiefgegangen und seitdem immer wieder.

„Ihr kämpft in einem Krieg. In einem Krieg um die Macht“, versuchte Gingrich andere Republikaner zu begeistern. Wer so denkt, der handelt auch so und wer die Medien als Lügenpresse bezeichnet, Wissenschaft mit Füßen tritt und lauthals „Fake News“ schreit, der hat in einer zivilisierten Gesellschaft nichts verloren. Aber gerade diesen Demagogen, Lügnern und Psychopathen gelingt immer wieder der Aufstieg, nicht nur in die Parlamente, sondern sogar an deren Spitze. Es beginnt mit der Sprache. Es beginnt mit Worten.

Wir müssen verbal abrüsten

Terrorismus im Besonderen und Respektlosigkeit im Allgemeinen beginnt mit Worten. Besonders in den Parlamenten müssen wir darauf achten, dass wir eine respektvolle Wortwahl nutzen und den Radikalen, den Rassisten und den Nazis keine Vorlage bieten.

Wenn Politiker es sich erlauben im Parlament volksverhetzende und menschenverachtende Reden zu schwingen, wie sollen du und ich dann noch verstehen, dass das nicht in Ordnung ist. Wenn Politiker in Wahlveranstaltungen erlaubt ist, rassistische Sprechchöre anzustimmen, wie soll der normale Mensch dann die Grenzen zwischen Erlaubtem und Verbotenem erkennen? Was nutzt es uns dann noch, wenn wir in unserer Kindheit eine Mark in ein Sparschwein schmeißen mussten, weil wir Scheiße gesagt haben?

Die Grenze zum respektlosen Verhalten und zur respektlosen Sprache verschwimmt immer mehr und am Ende ist alles erlaubt. Eine neue Normalität, in der man Andersdenkende beleidigen, verunglimpfen und bedrohen kann, etabliert sich schleichend, aber unausweichlich.

Wir brauchen neben einer strengen Abrüstung aber auch klare rote Linien und müssen die Gesetze mit voller Tragweite anwenden.

Wenn ein dumpfer Wirrkopf die Hacken zusammenschlägt und den rechten Arm hochreißt, dann muss er umgehend in Haft genommen werden und mit voller Härte des Gesetzes zur Verantwortung gezogen werden. Ohne Wenn und Aber.

Wenn jemand in einem Online-Post auf einer Webseite oder einer Social-Media-Seite einem anderen mit Vergeltung, Vergewaltigung oder Mord droht, dann muss dieser Verbrecher aufgespürt werden und muss mit voller Härte des Gesetzes verurteilt werden.

Solange wir diesen Spießgesellen immer weiter Leine geben, werden die Anmaßungen und die offen vorgetragenen Beleidigungen, Erpressungen, Morddrohungen, staatsfeindlichen Aussagen und Aktivitäten immer mehr und mehr.

Wenn wir verharmlosen oder gar wegschauen, dann steigt die Gefahr für den demokratischen Staat.

Konsequent weltweit

Das gilt allerdings nicht nur im Inland, sondern muss auch mit allen Konsequenzen gegenüber dem Ausland gelebt werden. Der Zweite Weltkrieg kostete 60 Millionen Menschen das Leben, weil die Welt weggeschaut hat und dem blutrünstigen Massenmörder Hitler zu viel Leine gegeben hat. Appeasement-Politik nannte man das.

Wenn wir ein bisschen nachgeben, wird er schon zu Besinnung kommen. Wer so denkt, der versteht die Psychologie nicht, die dahinter steht. Menschen, die so drauf sind, ändern sich nicht. Sie machen weiter und dehnen die Grenzen immer weiter und weiter aus. Sie kennen keinen Respekt, kein Mitgefühl und keine Gnade.

Wir dürfen diesen Fehler nicht wieder machen. Wir müssen einem Trump, einem Erdogan und auch einem Orban deutlich die Grenzen aufzeigen und unmissverständlich zu verstehen geben, dass Respektlosigkeit Grenzen hat. Natürlich werden wir gegebenenfalls mit Konsequenzen zu leben haben, aber die sind nur temporär.

Wenn wir uns nicht positionieren und weiterhin nur inhaltslose Debatten führen, dann werden wir die Arschlöcher nicht stoppen. Wenn diese respektlosen Rassisten und würdelosen Geschöpfe weiter wüten, dann werden die mittel- und langfristigen Konsequenzen sehr viel schlimmer als die, die wir bei einer konsequenten Haltung kurzfristig erdulden müssten, wenn überhaupt.

Deshalb brauchen wir einen Indikator, der uns anzeigt, wenn ein Arschloch auf dem Radar auftaucht. Wir brauchen ein Frühwarnsystem und eine innere Analysemöglichkeit, damit wir zwischen Arschlöchern und normalen Menschen entscheiden können. Das soll der Respektkompass sein.