Kreuzfahrt-Neulinge

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Aus der Reihe: Reisebericht #6
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Kreuzfahrt-Neulinge
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Kreuzfahrt-Neulinge

Vorwort zur Gesamtausgabe

Im Jahre 2012 unternahmen meine Frau und ich unsere erste Kreuzfahrt. Bis Ende 2015 sind es vier geworden, alle mit der gleichen Reederei AIDA und alle auf dem gleichen Schiff: Der Mutter der AIDA-Flotte, der AIDAcara.

Was Kreuzfahrten angeht, waren wir 2012 ziemlich unbeleckt einfach auf das Schiff gestiegen - wir waren damals echte Kreuzfahrt-Neulinge. Inzwischen mussten wir einiges lernen und erkennen, dass auch Kreuzfahrt-Urlaube nicht immer nur eitel Sonnenschein beinhalten müssen. Als alte „Kreuzfahrt-Hasen“ würde ich uns nun immer noch nicht bezeichnen - aber irgendetwas dazwischen wird es wohl sein.

Diese Kreuzfahrten führten uns zu den Kanaren, den Kapverden und einem Großteil der Ostküste Südamerikas. Das vorliegende eBook mit etwa 270 Seiten ist eine kostengünstige „Gesamtausgabe“ aller drei bisher von mir veröffentlichten Kreuzfahrt-Reiseberichte in Reihenfolge ihres Erscheinungsdatums. Im Vergleich zum Kauf der drei einzelnen eBooks können Sie hiermit etwa ein Drittel des Kaufpreises sparen. Oder anders herum: Das zweite der drei eBooks bekommen Sie faktisch gratis.

Die AIDAcara wird am 17.10.2017 zur ersten echten Weltreise eines Schiffes der AIDA-Flotte starten. Mit etwas Augenzwinkern kann ich formulieren, dass wir etwa ein Fünftel der Weltreise schon mal 2013 im Voraus abgefahren haben. Das Bild auf der Titelseite dieser Gesamtausgabe ist ein Screenshot vom Geo-Mapping-Modul meines Freeware-Bildbetrachters „PRIMA Image Racer“. Damit habe ich unsere 2013-er Tour auf einer Landkarte abgebildet.

Jens Wahl im Dezember 2016

Erstes Buch: Rio für Paranoide


Vorwort zur 2. Auflage

Der Inhalt ist gleich geblieben.

Das Cover wurde an das einheitliche Coverlayout für Reiseberichte von mir angepasst. Zusätzlich gibt es noch folgende Änderungen gegenüber der 1. Auflage:

 Korrektur einiger doch „durchgerutschter“ Tippfehler.

 Eine bessere Abgrenzung der Bildunterschriften vom Text.

Vorwort

Vorab ein Wort zu dem Begriff „Geschmack“: Da hat jeder einen eigenen und jeder andere, seine eigenen, Vorstellungen. Und die soll auch jeder behalten. Die Bewertungen, die ich hier abgebe zu Essen, Ausflügen usw. beziehen sich auf meinen Geschmack. Jeder kann dazu eine ganz andere Meinung haben. Wenn ich also mal etwas als nicht so gut kritisiere, kann ein anderer genau dies ganz toll finden. Und umgekehrt genau so.

Ich versuche hier also nicht, „Stimmungsmache“ für oder gegen etwas oder jemanden zu betreiben, sondern schildere MEINE Eindrücke und Gefühle. Jeder Leser kann und soll sich aufgrund der geschilderten Umstände eine eigene Meinung bilden.


So zwischen 2009 und 2011 kam bei meiner Frau, gefördert durch mehrere Fernsehberichte und Spielfilme, immer stärker der Wunsch auf, mal selbst nach Rio de Janeiro zu fliegen und vom Corcovado auf den Zuckerhut herab zu schauen. Deshalb prüften wir Anfang 2012 verschiedene Reiseanbieter, um dann bei einem Hotel und Flug zu buchen - so war es jedenfalls geplant.

Da wir uns aber in Rio nicht auskannten und auch die Berichte über überfallende Touristen nicht abrissen, wollten wir dazu einen, wenn möglich, deutsch sprechenden Stadtführer dabei haben. Im Internet waren nicht allzu viele zu finden und nur ein Einziger der deutsch sprechenden Stadtführer, die wir dann vor Ort persönlich kennenlernen sollten. Wir einigten uns auf Herrn Frank Hopfe, einem seiner sächsischen Heimat „Entlaufenen“, der eine Brasilianerin geheiratet hatte. Die Bewertungen waren ganz gut und so verfassten wir am 19.06.2012 eine E-Mail an ihn mit einer entsprechenden Anfrage zwecks Führungen zum Zuckerhut und Corcovado.

In seiner Antwort wurden wir sofort geduzt und “...wir werden viel Spaß haben...“ und so weiter in diesem Sinne. Er wollte nach dem Besuch des Zuckerhutes den Urca-Hügel mit uns hinunter laufen, was nun nicht so in unserem Sinne war (wir waren damals Mitte 50 und sind zwar wetterabhängig von Frühjahr bis Herbst fast wöchentlich zu Fuß in den bayerischen Bergen unterwegs, aber nicht in so einer Wärme; auch wollten wir keine Trekkingausrüstung mitschleppen).

In einer zweiten Mail an ihn baten wir um ein paar Änderungen seiner Pläne, fragten nach der Kriminalität in Rio und stellten dann noch eine weitere Frage: meine Frau hat in der Wirbelsäule zwei Implantate, darf deshalb nichts tragen und hätte damit ein paar Probleme, wenn sie in einem fremden Land auf sich allein gestellt sein sollte. Deshalb fragten wir an, ob er - falls mir etwas passieren sollte (dies kann ja neben einem Überfall auch ein Infarkt o. ä. sein) - meiner Frau als Dolmetscher zur Seite stehen und sie bei Behördengängen begleiten würde, natürlich gegen Bezahlung.

Nach dem Lesen seiner Antwort vom 21.06.12 waren wir erst einmal platt. Zitat: “...leider kan ich Ihnen aus persoenlichen Gruenden nicht weiterhelfen. Ich bitte dafuer um Verstaendnis. Bei dieser Art von "Paranoia" sollten sie vielleicht doch von einer Reise ins traumhaft schoene und in den letzten Jahren sehr sicher gewordene Rio de Janeiro absehen...“!

In meiner Antwortmail verwies ich auf die aktuellen Warnungen des Auswärtigen Amtes und fragte, ob die etwa auch alle...? Daraufhin machte er am 02.7.12 per Mail einen Rückzieher und meinte, er werde im geplanten Reisezeitraum (Juni 2013) nicht zur Verfügung stehen, da er dann in Bolivien sein würde und auch eine Südamerika-Rundreise plane - Ende Mai 2013 hat er jedenfalls noch Führungen in Rio gemacht.


Aus heutiger Sicht (Mai 2014) möchte ich mich bei Herrn Hopfe bedanken:

Wir wären ohne seine bösartigen Bemerkungen genau in die Protestbewegung im Juni 2013 geraten - und das Wetter war ja zu diesem Zeitpunkt dort auch nicht gerade ideal. Genügend überfallene bzw. angeschossene deutsche Touristen gab es in dem so sicheren Rio inzwischen ja auch; z. B. im April 2013 wurden bei einer Tour mit dem Kleinbus zum Corcovado 10 Deutsche angehalten, einem die Pistole an den Kopf gesetzt und alle ausgeraubt [15]. Im September 2013 riet das Auswärtige Amt auf seiner Webseite sogar vom Besuch sogenannter „befriedeter“ Favelas ab (wohl wegen des zuvor dort angeschossenen deutschen Touristen).


Die Gemeinheit Herrn Hopfes wurde nun Teil des Titels dieses Reiseberichtes. Wir sind ja paranoid. Es war uns nur noch nicht bewusst. Erst durch den Hinweis von unserem selbst ernannten Ferndiagnose-Psychologen Herrn Hopfe wurden wir darüber informiert.


Humor ist, wenn man trotzdem lacht, besonders über sich selbst.


Irgendwie fanden wir dann ein YouTube-Video vom Einlaufen der AIDAcara in den Hafen von Rio und kamen so auf die Idee, es mit einem Schiff zu probieren, denn der Blick von der Seeseite aus war auch nicht zu verachten; und den hat man nicht bei An- und Abreise mit dem Flieger:

Erster Versuch: Royal Caribbean im Dezember. Aufgrund der jährlichen Urlaubssperre für die Monate Dezember und Januar in der Firma, in der ich als Softwareentwickler angestellt bin, war dies nicht möglich.

Zweiter Versuch: eine Reise mit Costa von Savona nach Rio im Februar. Aufgrund der Behinderung meiner Frau muss ich bei Flügen neben ihr sitzen, da sie sich nichts selbst aus der Gepäckablage holen kann. Deshalb erfolgte eine Anfrage bei Costa wegen Sitzplatzreservierungen für Flüge mit der ernüchternden Antwort: Wir wissen selbst nicht, mit wem Sie fliegen, also können auch keine Sitzplätze reserviert werden. Ein toller Service, der uns sofort abschreckte. Ich frage mich nur, wie die dann die Flugtickets ausstellen wollen, wenn sie nicht wissen, mit wem der jeweilige Passagier fliegt. Hierzu passt der Filmtitel „Denn sie wissen nicht, was sie tun“.


Nur deshalb „landeten“ wir bei AIDA. Und lernten während der dann insgesamt 6 Tage in Rio doch so einige Stadtführer mit deutschen Wurzeln kennen, die noch wissen, wie man sich Kunden gegenüber zu benehmen hat.


Übrigens hatte ich im Mai 2014 den Artikel eines Journalisten gefunden, der schrieb, dass er sich, wie die Brasilianer selbst, für Rio-Besuche eine Art Überlebens-Paranoia zugelegt habe [14]. Wir sind also nicht allein!

Erste Reise „Transbrasilien 1“ vom 26.10. - 09.11.2012

Für uns kamen 2 der angebotenen Reisen infrage: die „Transbrasilien 1“ mit einem (kurzen) Flug nach Las Palmas und einem langen Rückflug oder die Südamerika 5 mit 2 langen Flügen. Da wir vor 11 Jahren das letzte Mal geflogen waren, entschieden wir uns trotz der vielen Seetage für die „Transbrasilien 1“, um uns erst einmal wieder langsam an das Fliegen zu gewöhnen. Die Buchung erfolgte ziemlich plötzlich in einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“ am 06. Juli 2012, einem Freitag, gegen 23 Uhr. Wir wählten eine Kabine auf Deck 6, dem Hauptdeck, möglichst weit zur Schiffsmitte hin: Nr. 6218.

Am darauf folgenden Montag musste ich dann erst einmal meinen für das Jahr 2012 fertigen Urlaubsplan komplett umschmeißen und zu allererst die Genehmigung meines Abteilungsleiters einholen. Die erhielt ich und so konnten wir uns um das „Nebenher“ kümmern: Was ist alles noch einzukaufen, welche Ausflüge buchen wir usw.


Für uns lag nach Einsicht aller „Bedingungen“ der Vorteil von AIDA gegenüber Costa im für uns bevorzugten Bereich: Kein Dressingcode, kein Kapitänsdinner, keine festen Tischzeiten und -plätze, kein Menüessen, sondern alles in Buffetform.

 

Von einer einstündigen Kutterfahrt vor Mallorca abgesehen, sollte das für meine Frau die erste Seereise werden. Ich hatte aufgrund meines erlernten Berufes (Studium der Fischereitechnik) schon ein paar mehrtägige Fahrten auf Fischkuttern auf der Ostsee hinter mir, aber mehr auch nicht.


Dummerweise sah meine Frau kurz nach der Buchung eine Sendung von N24 „Auf der Spur der Killerwellen“ - damit hatte ich dann die ehrenhafte Aufgabe herauszufinden, ob ein solch gefährdetes Gebiet auf der Reiseroute liegt. Glücklicherweise waren auf der geplanten Route noch keine dieser Wellen registriert worden. Und bis zur Abreise wiederholte N24 diesen Bericht noch mehrmals. Sollte das eine Vorwarnung sein?

Vorgeplänkel

Nun blieb im Endeffekt noch das Problem mit der Sitzplatzreservierung im Flugzeug. Da ich mir bei der Buchung die nur ganz kurz angezeigten Flugnummern gemerkt hatte, war es problemlos möglich, die dazu gehörenden Flüge mit Datum, Uhrzeit und Fluggesellschaft herauszufinden. Eine Mailanfrage bei AIDA ergab dann die Reservierung der Sitzplätze für den Hinflug mit Air Berlin. Das war es aber auch. Bei Iberia (Rückflüge) war nichts möglich für Gruppenflüge - erst am Check-In-Schalter. Dies war uns zu riskant. So probierte ich es direkt bei Iberia und dann wieder bei AIDA. Nach vielem Hin und Her ein Ergebnis, mit dem wir leben konnten: Da meine Frau eine amtlich anerkannte Teilbehinderung hat, wäre es möglich, ab 14 Tage vor dem Rückflug eine Sitzplatzreservierung vorzunehmen. Dies sollte dann über den Reise-Service-Manager direkt an Bord erfolgen.


So ganz verstehe ich dieses Hickhack mit den Sitzplatzreservierungen sowieso nicht: Auch wenn meine Frau keine Behinderung hätte, legte ich Wert darauf, auf Flügen definitiv neben ihr zu sitzen.

Es geht los - die Anreise

Unser Flieger sollte in München um 6:00 Uhr starten. So nahm ich schon 2 Tage vor dem Abflug Urlaub, um am ersten der beiden noch einen Ausflug auf des Kitzbüheler Horn (diesmal nur mit dem Auto) zu unternehmen - die Koffer waren ja schon gepackt. Der Abschied von den Bergen war perfekt: Ab ca. 1300 m Höhe waren wir über der sich dick ausbreitenden Nebelsuppe, dabei ging die Sonne auf.



Blick zu den Hohen Tauern.


Dann weiter bis zum Gasthaus und von dort den Blick auf die Hohen Tauern mit Großvenediger und Großglockner genießen - das sollte es erst einmal für die nächsten 14 Tage sein mit den Bergen. Möglich wären dann ja noch Wellenberge - aber da verzichten wir sehr gern auf besonders hohe...


Am Vortag noch schnell alles zu erledigende abarbeiten - meine Frau hatte da mit ihren Checklisten sehr gute Vorarbeit geleistet. Am frühen Nachmittag legten wir uns hin, um kurz vor Mitternacht wieder aufzustehen.

Gegen 1:30 Uhr fuhren wir bei zwar kaltem, aber noch trockenem Wetter los. Für den Nachmittag waren Schneefälle angekündigt. Wir hofften sehr, dass sich diese auch an die von den Meteorologen prognostizierten Zeiten halten würden, was ja erfahrungsgemäß selten ist (wie sagte mein Schwiegervater immer: „Meteorologen sind die bestbezahltesten Lügner der Welt“).


Ich hatte schon 2 Wochen vorher einen Langzeitparkplatz online reserviert, was zu einem Preis im Parkhaus P5 direkt gegenüber dem Terminal 1 führte, den ich sonst für einen außerhalb liegenden Parkplatz hätte zahlen müssen. Die Einfahrt klappte, auch Stellplätze waren genügend frei - schließlich war ja auch keine Urlaubssaison. Um dann die Parkpreis-Ermässigungskarte zu erhalten, mussten wir noch die Parkleitzentrale finden, die im Detailplan rechts zwischen den Modulen B und C eingezeichnet war, gefühlt aber links lag.


Gegen 4:00 Uhr öffnete der Schalter von Air Berlin, um die sich um diese Uhrzeit schon gebildete Schlange abzuarbeiten. Nach dem Sicherheitscheck stärkten wir uns noch mit einer Butterbrezn für 2,50 Euro das Stück - da legst di nieda bei dem Flughafen-Preis. Aber vielleicht hatte die Brezn auch durch die Sicherheitskontrolle gemusst und dies war der Aufschlag dafür, dass man garantiert nicht auf Dynamit oder TNT beißt?

Nach der Stärkung noch einmal das Fluggewicht verringern (Toilettenbesuch) und dann setzten wir uns um die Ecke in einen Gang, da es an unserem vorigen Platz zu zugig war. Den Schalter hatten wir im Blickwinkel. Direkt vor der Fensterfront „parkten“ mehrere „Air Berlin“-Flugzeuge. Und dann warteten wir, dass der Aufruf zum Flieger erfolgte. Und warteten. Und warteten.

Bis meine Frau meinte: Jetzt gehen wir wieder zu unserem alten Platz, langsam müsste sich doch dort etwas tun! Und als wir um die Ecke bogen, hatte sich da etwas getan. Allerdings nicht an dem Schalter, den wir vermutet hatten, sondern an einem, den wir nicht sehen konnten. Da hatten wir uns ja ziemlich deppert angestellt! Mit dem vorletzten Bus kamen wir doch noch rechtzeitig in den Flieger, wo wir uns in die Sitze zwängten - war das eng! Wer hier nicht zwergwüchsig und untergewichtig ist, hat erhöhte Chancen auf Thrombose. Vor 11 Jahren waren wir doch noch etwas leichter und hatten damals auch einen etwas geringeren Umfang...


Kurz vor dem Start stellte sich der Pilot per Durchsage vor und meinte zum Schluss: „Heute fliegt der Kopilot. Es ist sein erster Flug.“ Die vielen herunterklappenden Unterkiefer ließen gefühlsmäßig den Flieger in die Knie gehen. Bis dann der Pilot noch hinzufügte: „Natürlich sein Erster für heute!“ Sein Grinsen sah ich deutlich vor mir und konnte mir auch die erhobenen Daumen im Cockpit vorstellen: Die haben wir erst mal geschockt!

Am 04.10.13 fand ich unter www.rosenheim24.de einen Link [19] mit einer deutlich heftigeren „Verarschung“ der Passagiere, wieder durch einen Air Berlin-Piloten (u. a. “...Sehen Sie das gelbe Schlauchboot unter sich, von wo ich zu Ihnen spreche...“). Das scheint wohl bei denen im Flugpreis inbegriffen zu sein.


Wir hatten die Plätze A und B in der zweiten Reihe, also links. Beim Start dröhnte das linke Triebwerk so lautstark, dass wir erst einmal an einen Motorfehler dachten. Aber das Dröhnen hielt sich und das Triebwerk auch. Mit dem Erreichen der Flughöhe nahm der Kopilot Leistung weg und damit wurde es auch wieder leiser im „Saal“. Wir hatten bei unseren bisherigen Flügen nur noch nie vor einem Triebwerk gesessen, sodass das Startgedröhne für uns neu war.

Von den Alpen war nichts zu sehen - es war gerade noch Sommerzeit und dunkel draußen. Später hatten wir unter uns ziemlich viel Bewölkung, die sich erst mit dem Erreichen des Atlantiks „verdünnisierte“. Dazwischen gab es eine Kleinigkeit zu essen, nicht toll, aber auch nicht schlecht, also genießbar.


Als nach etwa 4,5 Stunden der Flieger eine Schleife flog, um einen korrekten Kurs zur Landebahn zu bekommen, war auf der rechten Seite ganz kurz Teneriffa zu sehen. Allerdings nur für die, die auch rechts saßen - deren Köpfe vor den Fenstern ließen den Links sitzenden keine Chance, etwas zu sehen.

Die Landung war für meine Begriffe etwas zu forsch und hart - die Spanier und auch Germania haben das bei allen Flügen in 2012 und 2013 dann besser hin bekommen. Oder lag das ganz einfach am ersten Flug (für heute)?


Endlich wieder die Beine lang machen, sich strecken und raus aus dem „Heringsdösche“. Kurz die Toilette auf dem Flughafen benutzt und dann zum Gepäckband: Da kamen auch schon unser Koffer und die Reisetasche. Beide geschnappt und raus aus der Halle. Dort warteten AIDA-Mitarbeiterinnen, die uns den Weg zu den richtigen Bussen wiesen.

Ein „Ola“ zum freundlichen Busfahrer, der unser Gepäck verstaute und dann saßen wir schon wieder. Nach circa 10 Minuten informierte uns eine Mitarbeiterin, dass die Fahrt etwa 25 Minuten dauern würde, und sammelte die Beförderungstickets ein. Der Torero auf dem Fahrersitz ging das Ganze flott, aber sicher an und lieferte uns wohlbehalten ab. Um die Koffer brauchten wir uns nicht zu kümmern, wir wurden zum Check-In in ein Gebäude geschickt. Dort waren wir nach etwa 20 Minuten an der Reihe und konnten dann zum Schiff hinüber gehen.

Erst einmal die Hände desinfizieren (liebe AIDA-Mitarbeiter: Wer offene Hände hat, kann den enthaltenen Alkohol Tropfen für Tropfen sehr genau spüren. Gibt es denn nichts Alkoholfreies zur Desinfektion?) und dann das Standardfoto vor dem Schiff hinter dem „Schwimmring“. Dieser verbarg wenigstens die unseren. Entweder war die Fotografin zu schnell oder wir zu langsam - wie wir später sehen sollten, wurde es kein „schönes“ Foto.

In der Schleuse Taschenkontrolle und dann konnten wir uns ein ruhiges Plätzchen suchen. Allzu viel Zeit hatten wir nicht, 12:00 öffnete das Marktrestaurant seine Pforten. Hier saßen jetzt Neuankömmlinge und auf die Abreise Wartende mit ihrem Handgepäck zusammen. Wir stutzten nur etwas, als wir die nackten, farbig lackierten Tische sahen - keine Tischdecke. Aber daran gewöhnt man sich. Einer der Abreisenden meinte zu seiner Frau: „Na, dann wollen wir uns ein letztes des guten AIDA-Bieres genehmigen!“ Seine Ironie verstand ich erst, als ich zum Abendessen das Berliner Bier selbst probierte.


Ab 16 Uhr sollten laut Katalog die Kabinen zur Verfügung stehen; wir konnten schon gegen 14 Uhr unsere beziehen und gegen 15 Uhr wurden auch der Koffer und die Reisetasche unbeschädigt auf die Innenkabine gebracht. Die Klimaanlage war leise und zugfrei, konnte aber nicht komplett ausgeschaltet werden. Dagegen etwas gewöhnungsbedürftig waren die ständige „Schummerbeleuchtung“ sowie die laut „brüllende“ Vakuum-Toilette - wenn man die mal nachts betätigt, stehen die Kabinennachbarn im Bett.

Was wir vermissten, waren die Tickets für unsere schon online im Voraus gebuchten Ausflüge, aber die werden sicherlich noch kommen.

Sachen einräumen, duschen und umziehen. Dann gingen wir mit Fernglas und Fotoapparat auf Deck 11, um uns umzusehen und ein paar Fotos zu schießen.



(Fischerei-)Hafen von Las Palmas.

18:00 dann Abendessen und die Tische hatten alle eine Tischdecke. Das Licht war etwas gedämpft und einige der Passagiere drängelten sich etwas ungedämpft vor den Buffets. Es war aber ausreichend da und wurde auch wieder nachgefüllt - das Drängeln war also überhaupt nicht angebracht. Sehr viel Auswahl, alles sehr schön fürs Auge hergerichtet und viele Kennzeichnungen: vegetarisch, laktosefrei usw. Sehr gut.

Nun kam auch die Probe des „guten AIDA-Bieres“: „dürre Plürre“ oder alkoholfrei? Oder eben aus bayerischer Sicht „Preissnbier“ und so etwas kann ja nicht schmecken! Quatsch. Ich bin wahrhaftig kein Bierfan und kann die jährlich ausgetrunkenen Bierflaschen an den Fingern beider Hände abzählen. Aber dass es auch außerhalb Bayerns etliche Biersorten gibt, die besser schmecken als dieses, musste sogar ich feststellen. Allerdings war für uns das Abendbrot-Bier nun das am wenigsten Wichtige an dieser Reise: Wir wollten etwas sehen und erleben!


Nach dem Essen gingen wir auf Deck 6 (der Jogging-Runde) ein paar Runden um das Schiff.

21 Uhr begann dann die obligatorische Seenot-Rettungsübung. Diese wurde durch mehrere lautstarke Ansagen eingeleitet. Wir zogen eine Jacke an, da unser Stellplatz im Notfall auf der Backbordseite außen sein sollte. Dann legten wir die Schwimmwesten an und begaben uns in den Trubel vor der Rezeption. Dort ließen wir uns als teilnehmend registrieren und harrten der Dinge, die da kommen sollten. Offensichtlich hatten einige der Passagiere keine Lust, an der Übung teilzunehmen. Die Durchsagen mit den konkreten Kabinennummern wurden eindringlicher und die Dame, die das Ganze leiten sollte, wohl etwas überfordert: Sie fing an, herumzuschreien. Vielleicht half das, denn etwa 20 Minuten nach dem geplanten Beginn wurde es dann ruhig: der „Almabtrieb“ der Passagiere, mangels Blumen mit Schwimmwesten „geschmückt“, war endlich erfolgreich. Nun durften wir uns (mit den angezogenen Jacken im warmen Raum vor der Rezeption) ein Band mit einer Männerstimme anhören, die auf Englisch und Deutsch erklärte, wie wir uns im Notfall zu verhalten hätten. Das war es dann.

 

Irgendwie war ich enttäuscht: Wie soll ein Nicht-Seefahrer im Notfall wissen, wie er ins Rettungsboot oder -floss kommt? Da hätte ich mir eigentlich eine Praxisübung vorgestellt. Aber um es vorwegzunehmen: Wir haben keinen Notfall gehabt. Glücklicherweise.


Kurz vor 22 Uhr klopfte es an unserer Kabinentür und ein uns bis dahin unbekannter Mitreisender brachte unsere Ausflugstickets, die bei ihm auf der Kabine „gelandet“ waren. Nachträglich nochmals vielen Dank für die Ehrlichkeit.


22 Uhr startete die „Auslauf“-Party - ich glaube nicht, dass diese Bezeichnung auf die vielen Senioren an Bord abzielte. Es gab ein Glas Sekt, eine Lasershow, eine überlaute Männerstimme des Club-Direktors Steffen Haller, die alle Passagiere und noch mehr die Vielfahrer begrüßte (verständlich - die bringen ja auch mehr Einnahmen), und noch lautere Musik. Bei dieser Lautstärke konnten alle Hörgeschädigten ihr Hörgerät ausschalten und bekamen trotzdem alles mit; wer bis dato noch nichts an den Ohren hatte, war jetzt an der Reihe. Herr Haller machte seinem Namen alle Ehre und bekam von uns sofort zwei Spitznamen: Beschaller-Haller und Hörsturz-Steffen.


Als wir dann 23 Uhr bei etwa 20 Grad Lufttemperatur (in Deutschland hatte es wirklich geschneit!) mit dem 2. Aida-Song (nicht „Orinoco Flow“ von Enya, sondern der danach) ablegten, war es für uns beide doch ein gemischtes Gefühl: Da steht man auf ca. 193 x 27 Metern Stahl, der an sich nicht schwimmen kann und bei Wasserkontakt schnell rostet. Und soll damit über den ganzen Atlantik. Hoffentlich geht das gut.

Daneben ging uns dieser Aida-Song unter die Haut. Als ich ihn mir nach der Reise im Dezember zu Hause mal komplett in Ruhe angehört hatte, kam ich zu der Überzeugung, dass dieser Song nicht nur von einem begabten Komponisten, sondern auch von einem genialen Psychologen und Marketingstrategen geschrieben wurde. Er prägt sich ein, erzeugt Sehnsucht und man möchte ihn immer wieder hören - nichts einfacher als das, einfach wieder mit AIDA fahren. Wie hatte eine Dame im Internet sinngemäß über die AIDA-Konkurrenz MSC geschrieben: Die haben beim Auslaufen nicht so eine schöne Musik wie AIDA.

Selber schuld, was fährt sie auch mit MSC?



Die Reise beginnt ...

Nach dem Passieren der Mole gingen wir in unsere Kabine und ließen uns vom leichten Seegang sanft in den Schlaf wiegen.