Spitz ist das Messer

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Spitz ist das Messer
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Jan Schreiber

Spitz ist das Messer

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Spitz ist das Messer

Impressum neobooks

Spitz ist das Messer

Nachdem die Sache halbwegs ausgestanden war, dachte Lisa oft, dass sie früher einen Entschluss hätte treffen sollen. Möglicherweise wären ihr dann die Messergedanken gar nicht erst gekommen. Zu jener Zeit aber ahnte Lisa von alldem noch nichts.

Lisa saß im Wohnzimmer und betrachtete ein Bild ihres Mannes, das fünfzehn Jahre zuvor während ihrer Abiturfeier entstanden war. Groß und schlank stand Bernhardt hinter einem Getränketisch. In der einen Hand hielt er eine Flasche Rum, die andere Hand holte zu einer weiten Geste aus. Ines Hochstett schaute zu ihm auf. Hinter ihr standen noch ein paar andere Mädchen. Alle lachten. Wahrscheinlich hatte Bernhardt ihnen von Portugal und Frankreich erzählt und davon, dass er beinahe die berühmte Fadosängerin geküsst hätte. Von dem Bild, genau genommen von Bernhardt, ging etwas Positives aus. Lisa lächelte und fuhr mit dem Zeigefinger Bernhardts Konturen ab. Während der letzten zwei Jahre hatte sie dieses Bild oft hervorgeholt. In ihren Erinnerungen tauchte dann der Bernhardt auf, in den sie sich verliebt hatte. Bernhardt war erst in der elften Klasse an Lisas Gymnasium gekommen. Vorher hatte er mit seinem Vater jahrelang die südlichen Länder bereist. Als die Barrenberg während einer Biologiestunde angefangen hatte, eine Frage nach der anderen in Lisas Richtung zu schleudern, geschah etwas, das Lisa auch heute noch aus dem Schlaf hochschrecken ließ.

Lisa hatte nie dem Bild der Lehrerin entsprochen, denn dazu war sie viel zu dick. Außerdem malte sie immer in ihrem Heft, während die Barrenberg über ihr Lieblingsthema Ernährung sprach. Doch die Barrenberg verstand es, sich zu rächen. Jede Frage traf Lisa wie ein Säbelhieb. Lisa war vor Aufregung aus dem Stuhl gesprungen und schlug mit ihren Antworten zurück. Sie war vorbereitet gewesen und so nahm das Gefecht zwischen der Barrenberg und Lisa, nicht den Lauf, den sich die Lehrerin vorgestellt hatte. Der Barrenberg blieb nichts anderes übrig, als kurz zu nicken und mit der Hand abzuwinken.

In diesem Moment glaubte Lisa, die Sache gut überstanden zu haben. Sie wollte sich schnell setzen und zurückkehren in die gesichtslose Masse der Klasse. Sie spürte die Stuhlkante am Gesäß wie einen sicheren Balken. Doch plötzlich brach der Balken unter ihr zusammen. Im letzten Moment versuchte sie sich an der Tischkante festzuhalten. Aber der Tisch verrutschte und Lisa knallte auf den Boden. Sie prellte sich den Steiß und ein unglaublicher Schmerz fuhr ihr den Rücken hinauf. So stark, dass sie einen Moment gelähmt auf dem Boden des Klassenzimmers liegen blieb. Als der Schmerz nachließ, fing Lisa an, von einer Körperseite auf die andere zu schaukeln. Mit dem Schwung wollte sie auf Knie und Hände kommen. Jetzt johlten viele aus der Klasse auf. Am lautesten hörte Lisa die Stimme von Ines heraus. „Die Tonne bewegt sich“, riefen einige. Andere nur: „Tonne, Tonne...! Dazu klopften sie mit den Händen auf die Tischplatten.

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?