The sound of your soul

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The sound of your soul
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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Eins

Zwei

Drei

Vier

Fünf

Sechs

Sieben

Acht

Neun

Zehn

Epilog

Anhang/Danksagungen

The Sound of your Soul – Eine Hochsensiblen-Lovestory

Text: © by Isabella Kniest, 9184 St. Jakob im Rosental, Österreich

Cover: © by thehungyjpeg.com, Isabella Kniest

Brushes: © by Colorburned/Grant Friedman www.colorburned.com

Vectors: © by all-free-download.com, designed by Freepik.com

Verwendete Schriftarten: Adobe Garamond Pro, BlackWhite Script, Intima Script, Loves, Aphrodite Pro,

E-Mail: swevennovel@gmail.com

Website: https://swevennovel.jimdofree.com

Erstveröffentlichung des Textes als E-Book (ASIN: B01BAROHEQ): 31. Januar 2016

1. Auflage des Taschenbuchs (ISBN-13: 978-1983260001, ASIN: 1983260002): 10. August 2019 (vollständige Überarbeitung des Textes)

1. Auflage des Hardcovers (ISBN-13: 979-8479807541, ASIN: B09M9N84YV): 27 November 2021 (geringfügige Korrekturen, Buchsatz, Infotext, Cover)

2. Auflage des Taschenbuchs (ISBN-13: 979-8486088094, ASIN: B09MB5R2SH): 27. November 2021

Weitere Korrekturen des Covers/Textes: 05. Juni 2020, 26. Juni 2021, 06. Januar 2022

Nun noch das übliche rechtliche Geplänkel:

Alle in diesem Roman vorkommenden Personen, Ereignisse und Handlungen sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen oder Ereignissen sind rein zufällig. Eventuell erwähnte Markennamen sind Eigentum ihrer jeweiligen Inhaber und wurden rein zu schriftstellerischen Zwecken benutzt.

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem Anhang und den Danksagungen am Ende des Buches.

Um Missverständnissen vorzubeugen, nachfolgend einige wichtige Informationen für jeden potentiellen Leser/Käufer:

Erstens.

Ich bin Selfpublisher. Korrektorat, Lektorat, Coverdesign, Buchsatz, E-Book-Gestaltung, Kapitelverzierungen – alle diese Arbeiten werden ausschließlich von mir selbst durchgeführt. Für ein fehlerfreies Buch kann ich somit nicht garantieren. Dafür jedoch einer jeden Seite, einem jeden Kapitel, einem jeden niedergetippten Wort, einer jeden Szene und Aussage meine gesamte Aufmerksamkeit und Liebe gewidmet zu haben. Jeder Satz beinhaltet mein Herzblut, meine Gefühle, meine Lebensauffassung – ein Stück meiner selbst. Wenn ich ein Buch zur Veröffentlichung freigebe, präsentiert es meinen aktuellen Wissensstand. Aus diesem profanen Grund überarbeite ich meine Bücher in zeitlich zwar längeren dennoch regelmäßigen Abständen. Werde ich mir hingegen über Rechtschreib-, Kommasetzungs- oder Grammatikfehler bewusst, korrigiere ich diese stets sofort in all meinen Manuskripten und aktualisiere sie auf allen käuflichen Plattformen. Sollte Ihnen, lieber Leser, eine solche Vorgehensweise zu amateurhaft oder zu billig anmuten, bitte ich Sie, mein Buch nicht zu erstehen. Falls Sie sich nun unsicher sind oder die Vermutung in Ihnen erwächst, ich könnte Schund verkaufen, bitte ich Sie, zuerst die Leseprobe zu lesen und sich dann zu entscheiden. Ist Ihnen meine Fehlerquote zu hoch, werde ich Ihnen nicht böse sein, wenn Sie mein Werk nicht in den Warenkorb legen.

Schreiben ist mein Hobby. Weder strebe ich Reichtum noch Berühmtheit an. Menschen zu bereichern, ihnen den intellektuellen und seelischen Horizont zu erweitern und eine andere Sichtweise zu offenbaren – das ist mein einziges Bestreben. Deshalb bin ich finanziell außerstande, ein Lektorat und Korrektorat oder Coverdesign auszulagern. Besäße ich die Möglichkeiten, würde ich keine Sekunde zögern und meine Werke einem Experten übergeben.

Zweitens.

Trotz mehrerer Rechtschreibreformen verwende ich die alte Schreibweise der unterbrochenen direkten Rede.

Ein Beispiel: Nach der neuen Richtlinie müsste ich schreiben »Man wird nicht«, sagte sie und schloss die Tür ab, »als Misanthrop geboren – man wird dazu gemacht.«

Ich hingegen schreibe »Man wird nicht«, sagte sie und schloss die Tür ab. »Als Misanthrop geboren – man wird dazu gemacht.«

Wie man sieht, ist mir die korrekte Schreibweise bestens bekannt. Ich entschied mich jedoch bewusst dafür, diese Regel aus persönlichen und ästhetischen Gründen zu brechen.

Drittens.

Da ich Österreicher bin, schleichen sich zwangsläufig viele österreichische Begriffe in meine Texte ein. Begriffe, die von deutschen Landsleuten unwissentlich als Fehler angesehen werden können.

Ein Beispiel: In unseren Breitengraden spricht man nicht von Kasse, sondern von Kassa. Dies ist kein Tippfehler und hat auch nichts mit einer Rechtschreibschwäche oder läppischen Korrektur meinerseits zu tun.

Viertens:

Die unscheinbaren Wörter »welche«, »welcher«, »welches« gelten in der schriftstellerischen Zunft als schlechter Stil.

Ein Beispiel: Sie betrat den Secondhandladen, welcher sich neben der stark befahrenen Hauptstraße befand.

Erfahrene Lektoren und Autoren werden nun schreien, wüten, sich in Wänden verbeißen oder höhnisch lachen. Denn diese Benutzung des Wörtchens »welcher« stellt das Todesurteil schlechthin dar und ist ein Zeichen dafür, den Text eines armseligen Amateurs/Pseudoschriftstellers vor sich liegen zu haben. Dennoch werde ich diesen literarischen Toilettengriff immer wieder wagen. Warum? Weil er einen Teil meines persönlichen Stils darstellt. Weder benutze ich diese Pronomen als erzwungenes Synonym für »die, der, das«, noch möchte ich damit intelligent oder belesen anmuten. Sie sind schlicht eine Farbnuance, um das Bild detaillierter darzustellen. Ein Bild von sensiblen oder sich altmodisch benehmenden Protagonisten. Ein Bild von Respekt und Ehrerbietung vergessener Werte.

Fünftens:

Abgesehen von wenigen Ausnahmen verfasse ich manchmal längere, manchmal kürzere Vorwörter, die sich nahtlos an das Impressum anschließen. Stets behandeln diese Texte ein oder mehrere in der Geschichte erwähnte Themen. Gewisse Passagen enthalten meine persönliche Erfahrung/Haltung/Meinung/Ausbildung/Lebensauffassung, gewisse Passagen enthalten einen an die Gesellschaft gerichteten Appell. Falls der geneigte Leser sich dadurch persönlich angegriffen oder beleidigt fühlt, kann ich nur sagen, dass mich das nicht im Geringsten kümmert. Texte und Geschichten verfasse ich nicht, um Leser zu beleidigen, sondern um nachdenklich zu stimmen. Wer sich daran stört, soll mein Buch in Gottes Christi willen nicht weiterlesen oder eben erst gar nicht kaufen.

Abschließend danke ich jedem Leser, der diese Information durchgelesen hat. Und ich danke jeden, der sich nicht beleidigt fühlt und entscheidet, erst nach der Leseprobe sein endgültiges Urteil zu fällen.


Für all diejenigen, die stolz genug sind, nicht jedem Trend hinterherjagen zu müssen; genügend Demut in sich tragen, um sich selbst nicht gar so wichtig zu nehmen; ausreichend Vernunft besitzen, um die Realität mit allen Licht- und Schattenseiten zu erkennen; die nötige Objektivität aufbringen, um die Gesellschaft im Allgemeinen und ihr Gegenüber im Speziellen korrekt einzuschätzen. Aber vor allem die erforderliche Weisheit und Stärke in sich vereinen, um zwischen Wesentlichkeit und Belanglosigkeit zu unterscheiden und Mut, Ehrlichkeit, Einfühlungsvermögen und Gerechtigkeit gedeihen zu lassen.

Approximativ gesehen, existieren zwei Arten von Menschen: die Selbstsüchtigen und die Selbstlosen. Bilden Erstere das geschmiedete, unzerstörbare Konstrukt der menschlichen Gesellschaft, stellen Letztere die wenigen, winzigen, die ölige Finsternis durchbrechenden Lichter dar, welche den Alltag und das Leben aller bereichern, durch ihr aufopferndes, verständnisvolles Naturell jedoch früher oder später jedwede Lebensfreude verlieren und elendig zugrunde gehen.



Beschienen vom kalten Licht des Neumondes und das der fahlen Sterne irrte eine Gestalt durch die finstre Nacht. Ihr knielanger Mantel flatterte im schneidenden Wind. Vereinzelte weit auseinanderliegende Häuser wiesen ihr den Weg.

Es ist kalt, ging es ihr durch den Sinn. So eisig kalt.

Von irgendwo her drang das aufgeregte Bellen eines Hundes, wodurch die Gestalt dazu veranlasst wurde, ihr Haupt Richtung Stadt zu drehen.

Hell erleuchtet war sie. Selbst von hier – einige Kilometer entfernt auf dieser für Häuselbauer unattraktiven Anhöhe – war es möglich, die fröhlich blinkenden Weihnachtsdekorationen zu erkennen.

Weihnachten mit meinen Großeltern.

Kopfschüttelnd versuchte die Person, den Gedanken loszuwerden.

Dies ist vergangen. Und über Vergangenes brauche ich nicht mehr nachzusinnen.

Das mit einer dicken Raureifschicht überzogene Gras raschelte unter ihren schwarzen Schuhen. Die Luft war getränkt vom Duft der schneebedeckten Berge.

Ein warmes Bett, schoss es ihr durch den Sinn.

Wie lange lag es nun zurück, seitdem sie ein warmes Bett gespürt hatte?

Ein warmes Bett – allerdings nicht im Sinne von einer temperierten Wohnung, sondern gewärmt von Liebe, Geborgenheit, Nähe und Vertrauen.

 

Liebe.

Wie gerne würde sie noch einmal Liebe spüren! Einmal noch. Und mit dieser einen geliebten Person bis zum Ende ihrer Tage verweilen. Lediglich eine letzte Beziehung. Die Richtige finden. Wenn es mit der eigenen Familie nicht funktionierte, dann zumindest mit der richtigen Frau.

Die Gestalt stemmte sich gegen den anwachsenden Wind, welcher ihren Augen mehr und mehr Tränen entlockte. Ein leises Schluchzen bewies ihr jedoch, dass nicht der Dezemberatem Schuld daran trug.

Die vertraute Silhouette des Heuschuppens gelang es, der zitternden Person für wenige Augenblicke diese ihr erbarmungslos in die Knochen vordringende Verzweiflung zu vertreiben.

Langsam öffnete sie die angelehnte Holztür, glitt lautlos hinein und drückte sie hinter sich zu. Gerüche von altem Holz und frischem Stroh und Heu stiegen ihr stechend-vertraut in die Nase. Bis auf ein paar durch Ritzen der Holzbalken fallende Lichtstrahlen der Stadt lag der Raum in erstickender Dunkelheit. Der Person reichte es aus, ihre Augen hatten sich an die Finsternis gewöhnt – schließlich lagen bereits einige Nächte hinter ihr, in welchen sie bei Wind und Kälte herumzuirren verdammt gewesen war und hier Unterschlupf gefunden hatte.

Sie trat zur geschätzt drei Meter langen, sich filigran anfühlenden Holzleiter und erklomm diese mit bebenden Armen und Beinen. Ein jeder Schritt entlockte den Sprossen angsteinflößende knarzende Geräusche. Das Ende erreicht, krabbelte die Person auf allen vieren Richtung Strohhaufen. Still, ja beinahe würdevoll, türmte sich dieser vor ihr auf.

Sie kuschelte sich in das getrocknete kratzende Getreide. Zitternd wischte sie sich kalte Tränen aus dem Gesicht. Dabei ertappte sie sich, wie sie daran dachte, den Mantel auszuziehen, sich in die Wiese zu legen, einzuschlafen und niemals mehr zu erwachen.

Nein! Meine Situation wird sich bessern. Bald habe ich sämtliche Schulden beglichen, dann muss er mich zurück in die Wohnung lassen.

Die Gestalt schloss die Lider.

Ja, es wird besser … Es wird besser … Bestimmt. Dort draußen existiert jemand … wartet jemand auf mich … ja, es wird sich bessern …

Ein leichter wie unruhiger Schlaf überkam sie, welcher ihr jedwede Sorgen für eine kurze Zeit zu vergessen erlaubte.

Darf ich erblühen?

Darf ich lieben lachen, spüren?


Oder muss ich verwelken?

Meine Hoffnung in Finsternis ertränken?


Wie lange muss ich noch warten?

In diesem trostlosen, finstren Garten?


Wer kann mich erretten?

Sprengen diese mich umschließenden Ketten?


Mein Herz ruft nach Erlösung,

Meine Seele dürstet nach Genesung.


Und falls niemand mich mehr findet,

Die Finsternis sich ewig an mich bindet.


Dann erlaube es mir zu gehen,

Denn erst wenn ich nicht mehr atme, werde ich klar sehen.



Samstagabend. Überall Menschen – auf den Straßen, in Lokalen, Restaurants, Kinos. Das blühende Leben. Und eine typische verfluchte Drecksjanuarkälte. Die minus zehn Grad fraßen sich förmlich durch meinen grünen Mantel – und das schwarze hautenge Wickelkleid sowie die schwarzen Strumpfhosen waren blöderweise auch nicht eben hilfreich dabei, mich warmzuhalten.

Ich war dumm gewesen. So dumm! Ich hatte mir dieses Outfit ausgesucht, um einmal bemerkt zu werden – von der männlichen Gattung Mensch. Doch wie üblich hatte niemand sich die Mühe gemacht, mich anzusprechen. Andererseits musste ich mir eingestehen: Dieser Schrott an männlichen Individuen, welcher da durch die Gegend stampfte, hatte mich ohnehin nicht interessiert.

Die Männer von heute waren allesamt vollumfängliche Idioten – aber vor allem eierlos und gefühlskalt.

Meine in den Manteltaschen gesteckten erkalteten Hände ballten sich zu Fäusten.

Weswegen wollte ich überhaupt bemerkt werden?

Bereits vor vielen Jahren hatte ich es mir geschworen: keine Männer mehr. Nie mehr!

War das etwa der letzte Aufschrei meiner zu sterben im Begriff stehenden weiblichen Hormone?

All die Erniedrigungen, die Lügen, die Faulheit … was brachte eine Beziehung? Was brachten Bekanntschaften? Was sollte all dies mir noch geben?

Bestenfalls mehr Schwierigkeiten, mehr Schmerz, mehr Belastungen!

In meinen Augen setzte ein allzu vertrautes Brennen ein – ob es von der Kälte oder doch eher von meiner tonnenschweren Traurigkeit herrührte, vermochte ich nicht zu sagen.

Eine Gruppe lachender an mir vorbeimarschierender junger Leute brachte meine Gedanken zurück in die Gegenwart und erinnerte mich daran, wo ich mich befand: Vor einer Jazz-Bar, deren Namen ich nicht kannte.

Ich suchte einen Schriftzug oder ein Informationsschild, doch nichts davon war vorzufinden. Nicht einmal in dem winzigen quadratischen mit schwarzen Vorhängen verhüllten Fenster hatte man irgendetwas angebracht, das Besuchern oder allfälligen Touristen erklärt hätte, wohin das Schicksal sie gelenkt hatte.

Wie ich dann wissen konnte, um welche Art von Bar es sich handelte? Im Internet hatte ich davon gelesen. Ein unbedeutender Zeitungsartikel war verfasst worden, um Werbung für eher unbekannte Bars, Pubs und Cafés in Villach – der inoffiziellen zweiten Hauptstadt Kärntens – zu machen.

Tja, und nun stand ich hier in dieser grauenhaften Kälte, quälte mich mit Seelenschmerz und Schüttelfrost herum und starrte eine abgeblätterte, durch jahrelange Sonneneinstrahlung nachgedunkelte Holzeingangstür an, welche mich von einer hoffentlich warmem Stube trennte.

Ein letztes Mal blickte ich durch die mindestens dreihundert Jahre alte mit dunkelgrauen Steinblöcken ausgelegte und von einer mich an das neunzehnte Jahrhundert erinnernden mickrigen Straßenlaterne ausgeleuchtete Gasse, deren finstres Flair der Zivilbevölkerung nicht einmal ein Mindestmaß an Sicherheit bot – und trat zögerlich ein.

Genau genommen wusste ich nicht, was mich hierher bewogen hatte. Zuvor hatte ich mir einen Actionfilm im Kino angesehen – und normalerweise wäre ich daraufhin sofort nach Hause gefahren. Dann war mir jedoch der Zeitungsartikel eingefallen, und ein mir unverständliches Begehr, sich dieses Lokal anzusehen, hatte Besitz von mir ergriffen.

Diese Situation war höchst eigenartig, zumal ich noch nie zuvor in einer Jazz-Bar gewesen war und ich im Allgemeinen nicht sonderlich gerne aus ging. Das höchste der Gefühle stellten Kinobesuche oder ein Abendessen in einem Durchschnittsrestaurant dar.

Was sollte ich alleine auch großartig unternehmen? Ich hatte keine Freunde – und Discos sagten mir seit jeher nicht zu.

Eine mir entgegenschlagende, wohlige Wärme unterlegt mit dumpfen Jazzklängen sowie stickigen Gerüchen, welche sich aus Tabak und altem Mobiliar zusammensetzten, gebot meinen ausufernden Gedankenspielen Einhalt.

Ich zog den Mantel aus und hängte diesen auf eine heillos überladene Kleiderablage.

Um meinen rasenden Puls zu senken, atmete ich einmal tief durch. Logischerweise half es nichts. Ebenso wenig gelang es mir, das Zittern aus meinen Händen zu verbannen oder diese prickelnd-schneidenden Adrenalinausstöße zu stoppen.

Verständlich zusammengefasst bedeutete dies: Wie üblich war ich ein nervliches Wrack, ohne überhaupt jemanden angetroffen oder schlechte Erfahrungen gesammelt zu haben …

Innerlich verzog ich das Gesicht.

Schlechte Erfahrungen hatte ich doch zur Genüge gesammelt! In der Schule sowie im privaten Bereich.

Womöglich reagierte mein Körper deshalb andauernd solcherweise heftig?

Unwichtig.

Nun war ich hier – nun räumte ich dem Lokal eine Chance ein. Sollte es mir nicht sympathisch sein, würde ich eben kein zweites Mal mehr vorbeischauen.

Ich stemmte mich gegen die wuchtig anmutende Holzzwischentür und stolperte in einen vernebelten, nächtigen Raum.

Aus dem zuvor noch undefinierbaren matschigen Musik-Tingeltangel erwuchs ein satter, von einer weiblichen Stimme leidenschaftlich vorgetragener Frank-Sinatra-Song.

Halb verunsichert, halb neugierig ging ich ein paar Schritte weiter und nahm die vor mir willkürlich aufgestellten Tische genauer in Augenschein.

Ein jeder Einzelne war belegt.

Verdammt.

War ich gar umsonst durch diese elende Kälte hierher geirrt?

Das hätte mir gefehlt!

Nochmals unterzog ich den trüben Raum einer Prüfung – und entdeckte einen schmalen leeren Tisch im hinteren Bereich – dort, wo sich normalerweise schwer verliebten Pärchen verdrückten, um wild herumzuknutschen oder zu fummeln … oder beides.

Regelrechter Hass wallte in mir empor und stahl selbst den kläglichen Rest meiner guten Laune.

Diese impertinenten, kichernden Pärchen – ich hasste sie. Allesamt! Und erst ihr fürchterliches Gehabe! Die lieblichen Blicke, das Händchenhalten – die schrecklichen Kosenamen.

Ja, Schatzi, ja Schnucki, ja Mausi, ja Hasi …

Wie konnte man so etwas niedlich finden? Dies waren bestenfalls peinlich! Wenn jemand mich auf eine solche Weise genannt hätte – ich hätte mich in Grund und Boden geschämt.

Meine Gedanken kreisten unaufhörlich weiter.

Verliebtheit.

Alles drumherum war peinlich, ja infantil. Die körperlichen Reaktionen, die Tagträume, die hochnaive Fröhlichkeit. Einfach alles! Am dümmsten allerdings war nach wie vor der Glaube, der oder die Auserwählte empfände dasselbe wie man selbst!

Das taten sie nicht! Das taten sie nie!

In meinem spärlichen Bekanntenkreis gab es niemanden, welcher jemals die wahre Liebe gefunden hatte.

Und ich? Ich wurde benutzt, ignoriert und belächelt.

Warum eigentlich gingen Menschen Beziehungen ein? Ehen hielten ohnehin bloß durchschnittlich zehn Jahre. Und gegenüber einer fixen Beziehung bevorzugten Männer seit jeher One-Night-Stands.

Damit stellte sich wiederum erneut die Frage: Weshalb war ich hierher gekommen?

Ein sexuelles Abenteuer suchte ich nicht. Wenn ich es nötig hatte, machte ich es mir selbst. Erstens kam ich und zweitens konnte ich es machen, wann und so oft ich Lust dazu hatte. Darüber hinaus wollte ich keine Beziehung mehr. Nie, nie mehr.

Weshalb hast du dann dieses Kleid angezogen?, schoss es mir durch den Schädel.

Damit jemand mich angaffte?

Nein.

Ich brauchte keine Aufmerksamkeit. Ich bekam keine Aufmerksamkeit. Also, was tat ich hier? Verdammt noch einmal!

Offenbar war ich frustriert oder dumm oder beides zusammen.

Unterdessen ich mich auf den Weg zu dem freien Tisch machte – und mich gedanklich ein paar Mal mehr verteufelte – wandte ich mich der Bühne zu. Die volle, weiche Stimme, welche die Besucher größtenteils schweigend zum Takt wippen ließ, gehörte einer etwa fünfunddreißigjährigen afrikanischen Frau. Ihr wohlgeformter Körper war in ein dunkelblaues, tief ausgeschnittenes Samtkleid gehüllt. Ein protziges, silbrig schimmerndes Collier zierte ihr üppiges Dekolleté. Passend zu ihrem Look trug sie einen immensen Afro, der ihren markanten Gesichtszügen einen Teil ihrer Härte nahm. Begleitet wurde die Frau von einem Saxofon, einer spanischen Gitarre und einer Bass-Gitarre, deren sanfte Spielweise mir regelmäßige wohlige Schauer bescherte.

Die Bühne fiel ziemlich klein aus. Die Musiker hatten eben genügend Platz, um sich nicht gegenseitig im Weg zu stehen oder sich ungewollte Kinnhaken zu verpassen. Die Wand dahinter war mit einem schwarzen Samtvorhang ausgeschmückt worden und der sepiafarbene Bühnenholzboden war derselbe, welcher im restlichen Lokal verlegt worden war.

Letztgenanntes, so schätzte ich, fasste um die hundert Personen. Von der vertäfelten Holzdecke hingen schummrige Lampen, welche ein gelbliches Licht ausschickten. Dieses wurde von der dunklen Einrichtung jedoch vollends verschluckt. Durch den übermäßigen Tabakkonsum reichte der blaue Dunst nahezu bis zum Boden. Mich störte es nicht. Eher das Gegenteil traf zu. Die Musik, die Leute, der Rauch, der Geruch, das Licht – alles passte irgendwie zusammen … nein, gehörte zusammen. Fehlte lediglich eine dieser Komponenten, hätte dies einen beträchtlichen Teil der gediegenen Atmosphäre genommen. Dabei war ich grundsätzlich kein Freund von Menschenansammlungen …

 

Ich ließ mich auf den gepolsterten Holzstuhl nieder, stellte meine schwarze Tasche neben mich auf den Boden hin und nahm die Getränkekarte aus der Halterung.

Spirituosen mied ich, seitdem ich zu denken in der Lage war. Cola zählte auch nicht eben zu meinen Lieblingsgetränken. Und auf bloßes Wasser hatte ich erst recht keine Lust. Somit fiel meine Wahl auf einen Kakao mit viel Schlag.


Stört es Sie, wenn ich mich zu Ihnen setze?«

Eben war ich dabei gewesen, den dritten Schluck des köstlichen Heißgetränks zu nehmen, da brachte eine jugendlich-sanfte Männerstimme mich dazu, mitten in der Bewegung innezuhalten und nach links zu blicken.

Mir blieb die Luft weg.

Himmel … Diese Augen. Diese ausdrucksstarken, verlorenen, selbstsicheren, verhaltenen, ehrlichen Augen … auf eine eigenartige Weise muteten sie mir vertraut an – und strahlender hätten sie nicht sein können. Die Farbe jedoch war mir beim besten Willen nicht zu erkennen möglich. Waren sie blau, grün, grau?

Dieser mich aufwühlende, reine Ausdruck in ihnen intensivierte sich sekündlich. Sie erforschten mich. Sie durchbohrten mich. Sie drangen tief in mich ein, berührten mein Innerstes.

Ich fühlte mich entblößt … ebenso behütet … ungleich mehr verunsichert.

Für einen unbedeutenden, verrückten Moment erweckten sie in mir den Eindruck, sie hätten bereits einen jeden Quadratmillimeter meines Körpers, meiner Seele, meiner Gefühlswelt erforscht, gesehen, vereinnahmt.

Räuspernd schüttelte ich den Kopf – zum einen, um dem Besitzer dieser wahnsinnigen Augen eine Antwort zu geben, zum anderen, um meine Gedanken zu fokussieren. »Nein, keine Sorge. Setzen Sie sich ruhig.«

»Vielen Dank.« Mit einer überraschend eleganten Bewegung ließ der junge Mann sich mir gegenüber nieder, dessen Outfit aus einem schneeweißen Hemd und einer schwarzen Anzughose bestand. Ein Sakko fehlte. Ebenso eine Krawatte – was mir sehr zusagte. Krawatten hatten etwas Verklemmtes, Altmodisches, Steifes an sich, das mich stets an kleinkarierte, zwanghaft pingelige oder nach Selbstbestätigung dürstende Personen erinnerte.

Die obersten drei Besätze des Hemds trug der Mann verwegen offen.

»Heute ist es ungewöhnlich voll«, meinte dieser. »Üblicherweise sind die Tische nicht einmal zur Hälfte besetzt.«

»Ja?«

Nickend warf er mir ein aufgeschlossenes Lächeln zu, das es dennoch nicht gänzlich vollbrachte, den hantigen Beigeschmack der vorgespielten Freundlichkeit zu übertünchen. »Wahrscheinlich liegt dies an der Sängerin. Sie ist ein aufsteigender Stern. Wenn Sie mich fragen –« Unvermittelt stockte er. »Obgleich Sie dies nun nicht getan haben –« Ein sich nervös anhörendes minimales Kichern drang aus seiner Kehle. »Ich bin mir sicher, sie wird noch einmal Weltruhm erlangen.« Im Anschluss daran senkte sich sein Blick nahezu reumütig. Auf seinen Lippen dagegen ruhte weiterhin dieses – nun wesentlich lockerere – Dauerlächeln, von welchem mir ungewollt ein wenig warm wurde.

Wer war dieser Mann?

Dem Kleidungsstil nach hätte ich ihn geradewegs in die Businesskategorie eingeordnet – eine Art Regionalleiter auf dem Weg zum Managerposten. Seine von ihm zwanghaft unterdrückte verhaltene Ausstrahlung wiederum ließ eher auf einen Stammbesucher mit Schwerpunkt One-Night-Stands schließen. Genauso gut könnte es sich aber auch um den Sohn des Lokalbesitzers handeln, welcher sein aufpoliertes Ego an weiblichen Gästen präpotent zur Schau stellen wollte.

Ich betrachtete sein freundliches Gesicht, spürte seine Nervosität …

Oder war er gar ein arbeitsloser Studienabbrecher?

Möglichst unauffällig – sprich indem ich einen Schluck Kakao trank – versuchte ich, Mr. Mysteriös nochmals genauer unter die Lupe zu nehmen, was durch die fahle Lokalbeleuchtung bedauerlicherweise recht schwer zu bewerkstelligen war.

Seine Lippen waren weder voll noch schmal – für meinen Geschmack genau richtig. Seine Augen zeigten eine angedeutet ovale bis schräge Form und wurden von langen dichten Wimpern umsäumt. Das füllige, höchstwahrscheinlich braune Haar – allmählich begann dieses dumpfe Licht mich wahrhaftig zu stören – trug der Mann locker nach hinten gekämmt. Dennoch hatten einige gewellte Strähnen sich gelöst, welche nun sachte über seine Stirn fielen. Eine elegant geformte, kleine Nase rundete sein jugendlich-feminines Angesicht ab. Seine Hände ruhten auf dem Tisch, die Finger ineinander verschränkt, und sahen gepflegt, ja nahezu zerbrechlich aus. Korrektur: Seine gesamte Statur wirkte filigran, ätherisch.

Kurzum: Er sah umwerfend aus.

Umwerfend für mich – andere Frauen in meinem Alter hätten ihm eher den Stempel Jungspund aufgedrückt. Insbesondere durch seine einerseits frische, unbeschwerte, andererseits unsichere, vorsichtige Wirkung. Dieser zum Trotz schätzte ich den Mann um die Dreißig ein. Vielleicht ein, zwei Jahre darunter.

Ich konnte mir gut ausmalen, wie er regelmäßig um Akzeptanz kämpfen musste und von Menschen im Allgemeinen nicht ernstgenommen wurde.

Dieses Schubladendenken kannte ich aus persönlicher, schmerzhafter Erfahrung. Alsbald man nicht dem gängigen Ideal entsprach – überhebliches Getue, altes und reifes Aussehen – wurde man zu einem unfähigen, eingeschüchterten Mauerblümchen degradiert. Vor allem im Job nagte ein solches Verhalten schwer am Ego, und Lebensfreude und Tatendrang nahmen sukzessiv ab.

»Sind Sie zum ersten Mal hier?«, zog mein fremder Tischgenosse mich aus meinen ausschweifenden Überlegungen.

Ich bejahte. »Und ich muss sagen, es gefällt mir – bisher jedenfalls.«

Ein glückliches Lächeln enthüllte strahlend weiße Zähne. »Das freut mich! Hübsche junge Frauen begegnet man hier selten.«

Eine peinliche Wärme stieg mir in die Wangen.

Offenkundig ging Mr. Mysteriös sofort in die Vollen, alsbald seine Hemmungen sich gelegt hatten – was mich zurück auf meine anfängliche Vermutung brachte: War er Stammgast in diesem Lokal, auf der Suche nach einem sexuellen Abenteuer?

»Soviel ich gesehen habe«, erwiderte ich. »Tummeln sich hier einige junge Frauen.«

Frauen, welchen ich niemals das Wasser reichen konnte. Frauen, welche dieser Schönling normalerweise hätte ansprechen müssen.

Sein durchdringender Blick nahm nochmals an Intensität zu. »Nun, die Betonung lag ja auf hübsch.«

Ich und hübsch?

Ich war nicht hübsch – bestenfalls langweiliger, normaler Durchschnitt … womit eindeutig bewiesen war: Feschak war ausnahmslos auf einen One-Night-Stand aus.

Innerlich seufzte ich.

Typisch.

Welcher gut aussehende, ledige Mann war schon auf der Suche nach einer festen Beziehung? Stellte eine solche doch bestenfalls Pflichten, Freiheitsentzug und Alltagsallüren dar. Zumindest, wenn es nach männlicher Auffassung ging. Und der klägliche Rest hübscher, anständiger Männer? Dieser war bekanntlich längst verheiratet und mit unliebsamen Kindern gesegnet.

Ich räusperte mich – und Mr. Ich-blicke-dir-bis-in-deine-Seele warf mir ein Lächeln zu, das in etwa sagte: »Ich habe dich damit erreicht – ob du es willst, oder nicht.«

Wie viele Frauen riss er mit dieser plumpen Masche wohl auf?

Nun, unbedeutend wie viele. Mich jedenfalls nicht! Dies konnte er sich gehörig in die engelsgleichen Haare schmieren!

»Ich glaube, es gibt sehr viele hübsche Frauen hier.«

»Tatsächlich?« Er zog die Augenbrauen hoch. »Ist mir bislang nicht aufgefallen.«

Allmählich wurde es ernsthaft eigenartig.

Derart angeflirtet hatte mich noch kein Mann zuvor in meinem Leben – weder unsympathische, ungepflegte Alkoholiker, geschweige denn Modeltypen, wie dieses Prachtexemplar.

»Dann sind Sie wohl nicht sonderlich oft hier?«, vermutete ich und nahm einen weiteren Schluck Kakao.

Über den Tassenrand hinweg durfte ich beobachten, wie eine markante Überraschung in seinem Gesicht aufblitzte.

»O doch! Jeden Tag.«

Wie jetzt? Jeden Tag?

Was machte er, bitte schön, jeden Tag hier? Hatte er nichts Besseres zu tun? War er tatsächlich arbeitslos, der Sohn des Lokalbesitzers … oder etwa hoffnungslos unbefriedigt?

»Dann haben Sie den anderen Damen anscheinend nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet.«

Für den Bruchteil einer Sekunde huschte über seine zarten Züge etwas Ähnliches wie ein Schatten. Doch noch ehe ich recht darüber hätte nachdenken können, war seine strahlende Freude zurück in den Vordergrund getreten. »Da muss ich nochmals widersprechen! Ich schenke Frauen grundsätzlich Aufmerksamkeit.« Er setzte eine perfekt platzierte, selbstsichere Kunstpause. »Darum nehmen Sie mein Kompliment endlich an. Selbst, wenn Sie es nicht hören wollen.«